Archiv:Ausklang (Liebe Hermine!)
AUSKLANG
Den letzten der erhaltenen Briefe an ihre Schwägerin Hermine schrieb meine Mutter noch vor Wiebkes Abreise nach Schätzendorf, zögerte aber, ihn abzuschicken, und schwankte, ob sie es überhaupt tun sollte. Nach langem Überlegen entschloß sie sich im Frühherbst 1953 doch dazu. Es ist ein bitteres Schreiben. Im Laufe der harten Nachkriegszeit hatten meine Mutter und wir Kinder, und damit auch meine Großmutter und Tante Else, manche Hilfe von unseren Verwandten erfahren. Meine Tanten Adele und Berta lebten mit ihren Ehemännern als Bauern relativ wenig berührt von der Not der Zeit. Sicher mußten auch sie auf manches Gewohnte verzichten, doch so etwas wie Hunger, für uns ein täglicher Begleiter, war ihnen fremd. Das galt auch für meine Tante Hermine, die auf dem Hof ihrer Schwester Berta lebte.
Meine Mutter war für die geleistete Hilfe sehr dankbar, wie sie immer wieder in ihren Briefen betonte, doch brachte man kein Verständnis für ihren ungleich schwereren Kampf um das eigene Überleben und das ihrer kleinen Kinder auf. Vielfach wurde sie durch manch schäbige Behandlung und gebrochene Versprechungen verletzt, dem sie sich ohne den Schutz meines gefallenen Vaters ausgesetzt sah. Als Mensch, für den Ehrlichkeit und Offenheit im Umgang miteinander selbstverständlich waren - Verhaltensweisen, die sie beispielhaft vorlebte - erfuhr sie bei ihrer Verwandtschaft häufig eine wenig aufrechte Art und bei ihrer Schwägerin Hermine ein frömmelndes Scheinchristentum mit viel Selbstgerechtigkeit.
Not, Entbehrungen, Sorgen und Krankheiten hatten meine Mutter empfindlich gemacht. Nun schrieb sie sich alles, was sie im Umgang mit der Familie ihres Mannes bedrückte, auf elf eng beschriebenen Seiten von der Seele. So ein Brief gehört verständlicherweise nicht hierher.
Nach diesem Schreiben sind keine weiteren von ihr an meine Tante Hermine erhalten, obwohl der Schriftwechsel nicht eingestellt wurde und wir Kinder noch mehrfach unsere Verwandten besuchten. Die Gründe dafür sind mir unbekannt. Hat meine Tante nach dem Erhalt dieses Briefes ihn und alle von ihr seit 1943 gesammelten Schreiben empört an meine Mutter zurückgeschickt, und kamen sie so wieder in deren Besitz? Oder hat sie einfach die Briefe meiner Mutter nicht mehr aufbewahrt? Ich weiß es nicht.
PERSONENVERZEICHNIS
- Adele Asche
- Schwester meines Vater, in Schätzendorf mit dem Bauern Karl Asche verheiratet
- Familie Blöcker
- Nachbarsfamilie in Homfeld, mit uns befreundet
- Herr Braasch
- Inhaber eines Geschäftes in Innien
- Linny Claudius
Adoptivmutter meiner Mutter, in den Briefen auch „Oma“genannt
- Bauer Dierks
- Bauer in Homfeld
- Hermine Faust
- Schwester meines Vaters
- Rudolf Faust
- ihr Mann, Studienrat
- Erich Faust
- dessen Bruder
- Tante „Girlie“
- Verwandte aus dem englischen Zweig der Familie Jung
- Emma Isernhagen
- Schwester meines Vaters, betrieb in Harburg ein Parapack-Institut
- Gustav Isernhagen
- Bruder meines Vaters, 1912 nach Brasilien ausgewandert
- Otto Isernhagen
- Bruder meines Vaters, 1910 nach Brasilien ausgewandert
- Else Jung
- unverheiratete Schwester meiner Großmutter
- Fred Jung
- Bruder der beiden, in England lebend
- Frau Knauf
- half uns im Haushalt in Neumünster
- Dora Koeppen
- Studienkollegin meiner Mutter, Studienrätin in Eutin
- Siegfried Küster
- Studienkollege und bester Freund meines Vaters, Rechtsanwalt
- Herr Lohse
- Kohlenhändler in Innien
- „Bubi“ Müller
- Studienfreund meiner Mutter
- Familie Quasebarth
- mit uns befreundete Neumünsteraner Familie
- „Mimi“ und Paul Ratjen
- befreundete Bauernfamilie in Homfeld
- Frau Rauter
- Lehrerin in der Homfelder Dorfschule
- Grete Rey
- Tochter der ältesten Schwester meines Vaters
- Eibe Rey
- ihr Sohn
- Ernst und Karl-Heinz Schröder
- Spielkameraden von mir in Homfeld
- Berta Voss
- Schwester meines Vaters, in Schätzendorf verheiratet mit dem Kleinbauern Ernst Voss
- Karla Voss
- ihre Tochter
- Geschwister Wilde
- zwei Schwestern, in ihrem Haus wohnte mein Vater während seiner Zeit in Salzwedel zur Untermiete
- Herr Zillen
- Lehrer an der Homfelder Dorfschule
DANKSAGUNG
Ohne die Hilfe anderer hätte dieses Büchlein nicht entstehen können. Ihnen sei hier gedankt.
- Meiner Mutter für ihren Fleiß beim Briefeschreiben, wodurch sie einen Teil ihres, aber auch meines Lebens vor dem Vergessenwerden bewahrte.
- Meinem Nachbarn Günter Gehrmann für die graphische Aufbereitung von Fotos und Dokumenten.
- Meiner Nachbarin Annemarie Kruse für das Anfertigen der Kopiervorlagen.
- Meiner Ehefrau Renate für ihr Verständnis, sich mit meiner Vergangenheit auseinanderzusetzen.