Archiv:Das Bauernhaus (Mein Dorf)

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Das Bauernhaus

Mitten im Dorf steht das alte Bauernhaus von Otto Lüthge, ein Niedersachsenhaus. 1722 ist es nach einer Inschrift im Torbalken von Johann Voß und seiner Frau Cilke Voß errichtet, 1859 nach einer weiteren Inschrift umgebaut. Durch die große Für betreten wir die aus Lehm mit Teerzusatz gestampfte große Diele. Links von ihr stehen die Pferde, rechts in einem angebauten Kreuzhaus die Kühe. Über der Diele liegen die dicken Balken, teils noch aus Eichenholz, wohl mindestens 200 Jahre alt und völlig gut erhalten. 1722 waren sie auf die Hövdständer (Hauptständer) gelegt, heute ruhen sie auf der Mauer.

Die starken Hövdständer und die dicken Balken trugen die Sparren und damit die ganze Last des Daches und der Ernte. Das Ständerwerk der Außenmauern ist bis auf die Vorderwand des Pferdestalles 1859 durch Brandmauer ersetzt. Über den Pferdeställen ist der "Hilgen“ der Raum zwischen der Decke des Stalles und der Höhe der Dielenbalken. Hier lagerte man Torf oder Spreu (Kaff).

Oben an der Diele befand sich der „Schwibbogen“, der offene Feuerherd. Über ihm befand sich ein dicker Ast, später eine eiserne Stange. An diesem hing der durch Zähne und einen Ring verstellbare Resselhaken und an diesem der kupferne Hochkessel. Auf einem Dreifuß daneben setzte man die kleineren Töpfe. Das Feuer des Herdes erhellte an Wintertagen beim Dreschen und anderen Arbeiten die große Diele. Der Rauch strich an der Decke entlang durch die „Speckwieben“ mit den Speckseiten, den Schinken und den Würsten, die hier in dem noch berühmten Landrauch ihre Dauerhaftigkeit und Güte erreichten. Die Ställe an der großen Diele reichten nicht bis an die Hinterwand der Diele, sondern es blieb rechts und links ein etwa 4 m breiter Raum frei, die „Hörn“. Hier befanden sich die eingebauten Betten der Knechte und Mägde. Eine Hörn war zum Aufwaschen des Geschirrs, die andere zum Buttern eingerichtet. Der Fußboden der Hörn bestand aus Feldsteinen, die Blangtür führte ins Freie zum Ziehbrunnen mit dem Sootschwang.

Hinter dem Schwibbogen lagen zwei Zimmer mit eingebauten Betten an der Zwischenwand der Zimmer. Sie waren mit auf Latten liegendem Stroh gefüllt. Dicke Federdecken und Kissen gaben eine warme Lagerstatt. Vor den Betten waren Schiebetüren oder geblümte Vorhänge. Die Stubenwände waren getäfelt, die Felder oft mit Blumenmalerei verziert. Die Fenster hatten kleine, in Blei gefaßte Scheiben, meistens die sogenannten Butzenscheiben aus grünlichem Glas, die in der Mitte 3–4 cm dick waren, an den Rändern aber so dünn waren, daß sie in die Bleifassung paßten.

Die Wohnungseinrichtung war einfach. Vor den Fenstern stand eine mit dicken Federkissen belegte Lade, die „Bank“, vor dieser ein schwerer Eichentisch; einige einfache Stühle mit Kissen oder Strohgeflecht standen an den Wänden, ein Lehnstuhl am Bilegger (dem eisernen Ofen, der vom Schwibbogen aus geheizt wurde). Neben der Tür zur großen Diele war ein Fenster, von dem aus Bauer oder Bauerin die Arbeiten und den Verkehr auf der Diele übersehen konnten. Über diesem Fenster befand sich ein Wandschrank mit Glasfenstern, in dem die Tassen standen, unter dem Fenster ein weiterer Schrank mit Tellern und Schüsseln.

In einigen Bauernhäusern befanden sich auch gute geschnitzte Laden, wie noch heute in Beringstedt und Umgegend, arbeiten tüchtiger Schnitzer aus Rendsburg, Wilster oder Meldorf. Nach 1750 finden wir in unseren Bauernhäusern große Standuhren von Poock in Kellinghusen, oder Stahl oder Götsche in Nortorf, die noch heute ihre Schuldigkeit tun.

Bis heute ist unser Bauernhaus in seiner Grundform erhalten, nur sind viele und Wohnräume durch eine Wand in der Höhe der Hörn getrennt, eine Hörn ist Vordiele, wie andere Küche geworden. Der Schwibbogen ist verschwunden, das Haus hat einen Schornstein bekommen, die Schinken, Speckseiten und Würste sind in die Räucherkammer verbannt. Die eingebauten Betten haben einem Schlafzimmer weichen müssen. So liegen drei Zimmer an der Hinterwand des Hauses.

Die Kammern für die Leute befinden sich an der großen Diele oder auf dem Boden über den Wohnräumen. Dort ist auch der Kornboden. Verschwunden sind viele veraltete Geräte: Butterkarrn, Schwingmaschinen und Braken, Gaffeln, die handgeschmiedeten, schweren Forken. Die Kornmaße (Scheffel, Himpten und Spint) sind sehr selten geworden. Das Korn wird nicht mehr gemessen, sondern gewogen. Nur die verschwindende Bezeichnung Tonne für 100 kg erinnert an das einstige Kornmaß. Der Dreschflegel tritt nur selten in Tätigkeit. Die offenen Brunnen mit dem Sootschwang sind 1908 durch eine Wasserleitung ersetzt, elektrisches Licht erhellt seit dem gleichen Jahre unsere Wohn- und Arbeitsräume, Elektromotoren treiben Häcksel-, Rüben- und Waschmaschinen.

Geändert ist leider vielfach das äußere Aussehen des Bauernhauses. Die vermehrte urbare Landfläche und der größere Ertrag der Felder zwangen um 1900 viele Bauern zu Neu- oder Umbauten ihrer Gebäude. Die Trämienpolitik der Brandkassen half mit zum Verschwinden des Strohdaches. Pappdächer wurden leider modern und oft ersetzte das Wellblech das herrliche Rethdach. Das schöne alte Dorf ist nicht mehr.

Geblieben ist der Bauer, der in schwerer Arbeit seinen Betrieb aufrecht erhält, der sich müht, dem kargen Boden Höchsterträge abzugewinnen, um unserm Volk die Ernährungsgrundlage zu verschaffen, der nicht die Flinte ins Korn wirft, trotz der vielen, nicht immer berechtigten Angriffe und Verleumdungen, die die Zeit mit sich bringt.