Archiv:Das Mergeln (1913)

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Das Mergeln.

Zu der Landaufteilung und Einkoppelung, die jedem alleiniges Eigentumsrecht an seinem Lande gab und den besseren Einsichten freie Bahn geschaffen hat, kam in jenen Jahren eine tief in die Landwirtschaft einschneidende Entdeckung: die des Mergelns. Probsteier Bauern, nach einigen Nachrichten Adam Schneekloth, nach andern ein Göttsche sollen den Mergel zuerst um 1760—70 zur Verbesserung des Landes benutzt haben. Der Ertrag des Ackers stieg dadurch wesentlich, ja verdoppelte sich zuweilen. Das ließ die nicht unbedeutenden Kosten bald decken und reizte zur Nachahmung. Im Großen soll das Mergeln zuerst auf Emkendorf eingeführt sein (1794). Auf Deutsch=Nienhof war es schon vor 1776 bekannt.

Um diese Zeit fanden auch im Aukrug die ersten Mergelungen statt. Die Probsteier Frachtfuhrleute brachten die Kunde von der wundertätigen Erdart hierher. Die Wulfsrade, damals zum alten Ochsenkrug, in dem die Fuhrleute einkehrten, gehörig (jetziger Besitzer Herr H. Gloy), war die erste bemergelte Koppel im Aukrug. Die Bemergelung soll un 1780 geschehen sein. Ein Probsteier Bauer und Frachtfuhrmann namen Wiese hat die Anleitung dazu gegeben. Der Besitzer hat darauf soga Rapsaat dort gebaut[1]. „Seit 1803 suchen viele Eingesessenen (im Amte Rendsburg) durch Mergelauffahren ihr Land mit Erfolg zu verbessern, besonders in den Kirchspielen Nortorf und Hohenwestedt. Man rechnet 30 zweispännige Fuder auf die Tonne Land (340 OR) Sonst wird das Land mit Dünger befahren (12—16 Fuder)“[2] Mit der Bemergelung des Landes war die Grundlage zum Klee= und Flachsbau gegeben und der Bauer durfte jetzt wagen, der Quecke energisch zu Leibe zu gehen und sich so reines, ertragfähigeres Land zu schaffen. 1794 wurden denn auch im Nortorfer Kirchspiel Klee, Flachs und Kartoffeln angebaut[3].

Bei allen Früchten bewirkte der Mergel eine bedeutende Steigerung des Ertrags. Dadurch wurden die Kosten des Mergelns, die etwa 10 Rthlr. die Tonne betrugen, in einigen Jahren gedeckt. Es brach überhaupt eine glückliche Zeit für die Landwirtschaft an. Die schweren Viehseuchen, die fast das ganze Jahrhundert mit einigen Unterbrechungen und zuletzt 1771—82 gewütet und ungeheuren Schaden angerichtet hatten (der Gesamtverlust in Schleswig=Holstein betrug 150000 Stück Hornvieh), waren erloschen. Freilich kamen auch noch schlechte Ernten vor, aber die Kriege gegen Frankreich brachten die Kornpreise in die Höhe.

1781 kaufte man den Roggen für 6 k, in den nächsten 10 Jahren stieg er bis 13 fl, ja zeitweise bis 20 fl. 1805 und 07 erreichte er seinen Höhepunkt mit 20—22 Die hohen Kornpreise regten zur Vermehrung des Ackerlandes an. Der Bauer sah nach, ob in seinem Besitz noch Flächen vorhanden waren, die ungenutzt lagen. Heideflächen wurden aufgebrochen, Setzwirte erhielten sogar kontraktlich die Verpflichtung, „nachbars gleich aus der Heide zu pflügen[4]. Holzgründe, die keine lohnende Ausbeute brachten, wurden gerodet, moorige Felder mit Gräben durchzogen, Sichten und niedrige Gründe entwässert und zur Koppel gelegt. Man darf annehmen, daß durch diese Arbeit die urbare Fläche Schleswig=Holsteins bis 1811 um 1/5 vergrößert ist[5].

Fußnoten

  1. Mündl. Mitteilung des 1910 f Herrn H. Gloy=Innien, 91 Jahre alt
  2. Langheim Nachrichten über das Amt Rendsburg. Staatsarch. z. Schleswig.
  3. Prov. Berichte 1794. I. 176.
  4. Kontrakt für Hans Delffs, Setzwirt auf der Holmschen Hufe in Bünzen 1771, eine Verpflichtung, die für die Holmsche Hufe in Bucken schon 1699 vorkommt.
  5. Prov. Berichte. 1811. S. 255.