Archiv:Der Wald (1913)
Der Wald.
Alte Berichte und Sagen wissen von dem ungeheuren Holzreichtum unserer Heimat zu erzählen. Es soll ein Eichhörnchen ohne den Boden zu berühren vom Osten nach Westen durch unser Land von Baum zu Baum haben springen können. Auch von Böken nach Gnutz reichte ein Wald, von dem dieselbe Sage geht.
In der ältesten Zeit hatten wir hier Birken und Espenwaldungen. Es folgte dann eine Zeit, in der die Kiefer die Herrschaft hatte. Ihre gewaltigen Reste und Stubben, die oft mehr als 2 Meter Durchmesser haben, finden wir noch heute im Bökener „Großen Moor“ nach dem Rethbrok zu. Dort scheinen sie durch Feuer vernichtet oder abgetrieben zu sein, denn in alter Zeit, ehe die Werkzeuge vollkommen ausgebildet waren, fällte man oft starke Bäume mit Hilfe des Feuers. Wahrscheinlicher scheint es mir aber zu sein, daß das Ankohlen der Stubben von einem Moorbrand herrührt. Nach der Kiefer wurde die Eiche der herrschende Waldbaum.
Die stärksten Stämme waren den alten Deutschen heilig, und sie wurden daher von der Axt verschont. Die Einführung des Christentums zerstörte ihre Heiligkeit, und die sich mehrende Bevölkerung lernte gar bald, ihr dauerhaftes Holz zum Hausbau und Gerätschaften zu benutzen und zu schätzen. Der sich ausbreitende Ackerbau rückte ebenfalls dem Walde zu Leibe und der Eintrieb der Rinderund Schweineherden in die Wälder verhinderte durch den Verbiß das Aufkommen eines jungen Nachwuchses. Da griff die Buche Platz, und sie wurde allmählich der herrschende Waldbaum.
Alle unsere Dörfer hatten Waldbestand aufzuweisen, wie schon die Flurnamen beweisen. Auch für die jetzt fast waldlosen Dörfer Böken und Bünzen gilt dies und die Waldungen müssen gar nicht so gering gewesen sein, bedingt sich doch ein Bökener Bauer 1662 freie Waldmast für einige Schweine als Verlehnt aus. Die Immenwiesen sollen um 1830 für 800 mk Holz geliefert haben und die Bockhorstländereien sind erst etwa 1850 entwaldet. In einer Mastbrokhölzung hat sogar der scheue schwarze Storch noch später sein Nest gehabt. Auch die Bünzener Wassermühle hatte Hölzung, aus der der Besitzer allerdings 1747 nur ein Fuder jährlich hauen durfte. Bei der Harmsschen Stelle waren 1766 noch Hölzungen, aus denen sie das Bauholz für die Reparatur ihres Hauses nach Bedarf hauen und außer dem Feuerungsbedarf noch jährlich 6 Faden Ellern und 1 Faden Birken zum Verkauf hauen konnten[1].
Das Eigentumsrecht am Walde besaß anfänglich die ganze Dorfschaft gemeinschaftlich, aber schon bald erfolgte eine Zuweisung von einzelnen Waldungen an die Besitzer, während ein großer Teil erst bei der Aufkoppelung mit verteilt wurde. Auch die Grundherrschaften, König, Kloster und Kirche hatten Anteil an den Waldungen unseres Bezirks. Daß bei der Ratjen'schen Hufe in Innien ein königliches Gehege vorhandenwar, habe ich schon erwähnt[2]. Auch die Kirche hatte Anteil an den Bökener Hölzungen. Claus Wichmann in Böken hatte 1738 Kirchenhölzungen im Besitz, die im guten Stande war. Auch bei der Schnoorschen Hufe (Glindemann) in Innien soll damals Kirchenhölzung gewesen sein, was der Besitzer aber in Abrede stellte. Ueberhaupt soll jeder, der Häuerroggen an die Kirche lieferte, Kirchenhölzungen zur Nutznießung gehabt haben[3]. Ob das überall stimmt, ist wohl zweifelhaft. Die Abgabe für Böken entstammt wohl der Schenkung, die Rode Clawes der Kirche zu seinen Memorien gemacht hatte[4]
Das Kloster besaß in Homfeld und Innien Hölzungen, aus denen es bedeutende Mastgelder zog[5]. Nach der Feldaufteilung verkaufte es seinen Anteil an die klösterlichen Hufner, „dergestalt, daß derselbe, anstatt er bisher nur die Weidegerechtigkeit und das Weichholz darauf gehabt, nunmehr auch auf beständig den Grund selbst und das darauf befindliche harte Holz und Busch besitzen soll, für 300 kl guter grober klingender conranter Münze und jährlich 4 f Canon[6].
Schon früh setzt ein reger Holzhandel hier ein. Die Bünzau, damals viel wasserreicher als jetzt, die Stör und Elbe bildeten die Ausfuhrstraße, und Hamburg, und später Holland und England waren die Absatzstellen, ja, Englands Seeherrlichkeit wäre ohne holsteinisches Holz schwerlich entstanden. Der Wald konnte ohne Schädigung eine solch starke Ausfuhr nicht ertragen. Dazu wurde viel Holz zum Hausbau verwendet. So sah sich die Regierung genötigt, gegen die unmäßige Ausnutzung des Waldes einzuschreiten. Dazu erließ sie Ausfuhrverbote in vielfacher Auflage, die aber immer wieder übertreten wurden und deshalb stets erneuert werden mußten. 1550 wurde den Itzehoer Bürgern der Holzhandel auf Königliche Verordnung hin untersagt, „weil solches nicht allein zur Verwüstung unserer Hölzungen gereichet, auch kaum Bauholz zu haben ist". Es durfte weiter kein Bau= und Fadenholz von Itzehoe aus die Stör hinabgeführt werden. Wer dagegen handelte, sollte nicht nur das Holz verlieren, sondern auch an Leib und Vermögen gestraft werden. 1575 und 1683 wurde das Verbot eingeschärft.
Für das Kirchspiel Nortorf wurde solche Holzverordnung vom Amtmann Detlef Rantzau am 13. Februar 1695 erlassen.
„Es wird hiemit allen und Jeden Unterthanen des Kirchspiels Nortorf, so eigene Hölzung haben bey 50 Rthlr. Straffe anbefohlen, sich des Holtzhauens und Verkaufes des Eichen Holtzes gäntzlich zu enthalten, sondern auch da Jemand einiges eichen Holtz zu seiner Nottdurfft, es sey in Königl. Abgrifften oder sonsten sollte Vonnöthen haben, derselbe sich allhier bey mir, als seinem vorgesetzten Ambtmann einfinden und ein Consens darüber einholen soll[7]. Wer die 50 Rthlr. nicht zahlen konnte, mußte zu Rendsburg „mit den Karren schieben“. Diese Verordnung wurde zunächst scharf durchgeführt und eine genaue Aufnahme über alle auf den Hofstellen liegenden Bäume gemacht. 27 Eichen lagen in den 3 Aukrugdörfern, 401 Eichen und 49 Buchen auf allen Hofstellen des Kirchspiels. Schon kurz vorher (1692) hatte der Kirchspielvogt in Kellinghusen, Hans Langfeldt, über Hans Rathjen-Homfeld berichtet: „Wie derselbe seine Haushaltung vorstehet, so bestehet sein größter Fehler darin, daß er seine Höltzung schärffer wie andere seiner Nachbaren angreifft, indehm Er in Zeit von 5 Jahren 60 Eichen und 10 Buchen an andere verkaufft und selbige nicht selbsten bearbeitet und gefahren. Jedennoch ist die Hube dadurch nicht verdorben, besonders annoch in guten Stande. Es ist aber Zeit, daß Er sie schont und nicht ferner so starck angreifft, wie er vorhin gethan hat[8].“
Auch die klösterlichen Bauern durften nur mit Genehmigung des Klosters Bäume fällen. Häufig holten sie aber die Erlaubnis nicht ein, sondern hieben nach eigenem Gutdünken. Gings gut, so war das Geld verdient, wurde es bemerkt, so erfolgte Strafe. Das Itzehoer „Klagund Brüchregister“ schreibt:
„Anno 1604 hebben iasper Snor tho Buntzing onde. Markert Trede tho hunuelde onde iasper Kröger tho hunuelde afgedinget, darvor dat se ahn wettende der Ebbedeßen boem gehouen hebben onde schollen ein ider op Micheli der Ebbedeßen 10 Daler geuen. hier louede voer hartich Rung tho Rade Stefen Fock thor Bockhorst Eler becken tho Hunuelde. lasper Snor den Dingestdach na micheli sin 10 Daler oth geuen.“
Auch Holzdiebstahl aus den klösterlichen Hölzungen war nichts sonderliches, sondern an der Tagesordnung, ja eine Haupteinnahmequelle der Bauern. Das Itzehoer Archiv zeigt, daß um 1640 in allen Klosterdörfern jährlich Eichen und Buchen gestohlen sind:
Verzeichnis des gestohlenen Holtzes[9] welches ca. 1653 den 28. u. 29. Aprilis ist gefunden und mit dem Dieb=Hammer gemercket:
Innien Claus Loefedantz 5 Eichen Noch derselbe 1 Buche gibt 8 Rthlr. auf Micheli. Tim Warnsholt 8 Eichen Noch derselbe 1 Eiche gibt 25 Rthlr. auf Micheli. Hinrich Bracker 4 Eichen gibt 10 Rthlr. auf Micheli.
Genau so ging es allen Dörfern. Holz stehlen war keine Sünde und Schande. Bemerkte das Kloster den Holzdiebstahl im Walde, so wurde das Dorf verpflichtet, den Täter zu liefern, oder es mußte die Strafe zahlen.
„Anno 1640 d. 3. Februarij ist in dem Wiedenboßeler Holtz eine Boecke gehawen, ond Muß deßwegen straffe erfolgen, ond der Thäter von die Sembtliche Wiedenboßeler geschaffet werden. Sollen alle drei geben 1 Rthlr.[10]“
Somit war die Obrigkeit bestrebt, den Waldbestand zu erhalten, und das war sehr nötig. Die vielen Kriege des 17. Jahrhunderts haben den Waldbestand scharf mitgenommen. Daß der Wald zwischen Böken und Gnutz 1657—60 durch die Schweden verbrannt wurde, ist bereits erwähnt[11]. Auch ließen die Schweden unter Torstenson in den Jahren 1643—1645 in den Hölzungen Bäume „bei Hunderten und Tausenden“ niederschlagen. Dann zwangen sie die Bauern, sie nach der Eider und Stör zu fahren, wo sie sie verkauften[12]. Die vielen Brände der Kriegsjahre erforderten dazu vermehrten Bedarf an Bauholz.
Die Nutzung des Waldes geschah einmal durch die Schweinemast[13]; dann aber auch durch Köhlerei und Holzverkauf.
Die Köhlerei wurde auch bei uns recht stark betrieben, wie die nicht seltenen Flurnamen mit „kaln“, „köln“, „Kohlstedt“ etc. zeigen. Auch die als Abgabe an das Kloster Itzehoe vorkommende Lieferung von Kohlen durch die klösterlichen Homfelder Bauern und die „Kohlhauer der Bauernschaften Homfeld und Bargfeld[14] beweisen das. Zum Verkohlen diente vorzüglich das Weichholz, aber auch junge Eichen und Buchen wurden dazu benutzt. Das Holz blieb zur gehörigen Austrocknung den Winter und den nächsten Sommer über aufgeschichtet liegen. Bald nach der Ernte nahm das Kohlenbrennen seinen Anfang. Man suchte den Meiler da einzurichten, wo schon früher gebrannt wurde. Er enthielt gewöhnlich 20 Fuß im Durchmesser und auf dieser Fläche wurden 6 Faden Holz aufgeschichtet. Diese wurden dann sorgfältig mit Rasenstücken von unten bis oben bedeckt. Dann wurde der Meiler oben angezündet und nach einiger Zeit die obere Oeffnung ebenfalls mit Rasenstücken zugedeckt. Unterhalb der Spitze wurden nun in einiger Entfernung von einander mit einer Stange Löcher in die Rasendecke des Meilers gestoßen, um dem Feuer Zug zu verschaffen. Stieg nun blauer Rauch hervor, so stach man etwa 1 Fuß tiefer Löcher und füllte den oberen Teil des Meilers wieder mit Knüppeln nach, bis der Meiler auf die Hälfte heruntergebrannt war. Dann stampfte man den oberen Teil des Meilers dicht, um das fernere Eindringen der Luft zu verhindern und das Feuer nach unten zu leiten. Nach 10—14 Tagen war er ausgebrannt. Dann deckte man frische Erde über den Meiler, um ihn abzukühlen. Das Herausnehmen der Kohlen mußte sorgfältig und schnell geschehen. Dabei wurden fünf Mann gebraucht, während für die übrige Zeit einer die Arbeit leisten konnte. Der mußte aber auch Tag und
Nacht in der Nähe des Meilers sein. Sein Obdach bildete eine kleine Hütte aus Busch und Soden.
Die Kohlen wurden von uns aus besonders nach Itzehoe, Kellinghusen und Neumünster verkauft, wo sie an Grob= und Goldschmieden, wie auch an Schlossern Abnehmer fanden.
Um 1800 hatte hier die Kohlenbrennerei aufgehört und dafür blühte der Holzhandel. Dieser ging die Bünzau und Stör hinab. Erlaubt ir das eigentlich nicht, denn die Rendsburger Schiffer hatten das Privileg des Holzhandels im Amte Rendsburg. „Es ist hierbey dem Haußmann nicht eine geringe Beschwerde, daß Er sein Holtz dem Meistbietenden nicht verkaufen, sondern damit nach der Reußburgischen Schiffern ihren willen richten muß, worauß dann folget, daß der Bauer anstatt was er auß einem Baume haben kann, wohl 2 darum nieder zu hauen veranlaßt wird,“ heißt es ca. 1660[15]. Die vom Amte Rendsburg nach Glückstadt zu liefernden 300 Faden Holz gingen, wenigstens soweit sie von den Kirchspielen Kellinghusen und Nortorf aufgebracht werden mußten, die Stör hinab. „Es muß das Kirchspiel Nortorf zu den 300 Faden Holtz, so Jährl. nach Glückstadt geliefert werden müßen, drey und achtzig und einen halben Faden nach Kellinghusen oder Wildenscharen liefern.“ 1666[16]
Ueber den hiesigen Holzhandel in den Jahren 1749—99 gibt uns das schon erwähnte Rechnungsbuch des Hans Ratjen=Homfeld Auskunft. Ratjen hatte, wie alle Homfelder und Innier Bauern, selbst ausgedehnte Hölzungen. Dazu kaufte er Holz in den Königl. Forsten und auch von Privaten auf und verkaufte es weiter nach Itzehoe, Glückstadt, Krempe und Kellinghusen (Overndorf). 1752 hatte er für 1964, 1753 für 2097 und 1754 für 2150 fl. Holz verkauft.
„1759 habe ich nach Büntzen gefahren:
40 Faden Böcken a 8 mK 8 ß . . . . 340 mk
33 Faden Böcken a 7 mK 8 ß . . . . 247 mk 8 ß
45 Faden Barcken a 6 mk . . . . . 270 mk
6 Faden Heböcken a 7 mK 8 ß . . . . 45 mk
12 Daden Ellern a 5 mk . . . . . 60 mk
Somit hatte er für . . . . . . . . . 962 mK 8 ß“
allein nach Bünzen geliefert. Die Lieferungen nach Kellinghusen, Willenscharen und direkt nach Itzehoe sind nicht gerechnet, und das war manchmal mehr als nach Büinzen. 1761 lieferte er nach Bünzen 20 Faden Buchen, 27 Faden Birken, 14 Faden Hainbuchen, 8 Faden Erlen und nach Kellinghusen 41 Faden Buchen, 26 Faden Birken, 2 Faden Erlen, Faden Erlenknüppel und 1 Faden Hainbuche. Die Eichen wurden meistens auf dem Stamm verkauft und mit dem Wagen an Ort und Stelle gebracht. Das in Bünzen gelieferte Eichenholz ist stets Abfall. Das Inventar der Ratjenhufe[17] zeigt uns den Holzhieb eines Jahres mit 133 Faden Holz und einigen Bäumen, von denen 3 zusammen 39 K einbrachten. Dabei ist anzunehmen, daß die Witwe nicht übermäßig viel schlagen ließ, sondern, daß dies so ziemlich der normale Schlag jedes Jahres war.
In Bünzen befanden sich an der Au Stapelplätze für das Holz, die den Bünzener Bauern gehörten. Für jeden Faden Holz mußte Standgeld gezahlt werden, zuletzt ca. 1870 waren es zwei Hamburger Schillinge oder 15 Pfg. Der Transport geschah auf flachen Kähnen die Bünzau hinab. Allerdings war er nur bei hohem Wasserstand möglich, wenigstens in den letzten Jahren bis 1880. Diese Kähne hießen „Bollen“. In dem Rechnungsbuche und in alten Kontrakten werden sie als „Prahm bezeichnet. In der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatten einige Ankruger Bauern solche Bollen. Ratjen selbst, oder wenigstens sein Vater und Bruder besaßen 1743 und 54 einen, ebenso Marx Heeschen und Hartwig Staven in Bünzen. Heeschen behielt sich 1752 bei der Uebergabe der Hufe „den halben Prahm und eine halbe Schiffsstede vor[18]. Den größten Anteil beim Abholen des Holzes hatte aber Kellinghusen, das 1830 etwa 16—18 Bollen hatte[19]. Um 1860 kamen noch 10—12 verschiedene Bollen nach Bünzen[20]. Dann wurde es immer weniger. Die Fracht von Bünzen nach Kellinghusen betrug zu Ratjens Zeit (1755) 1 Z für den Faden, von Willenscharen dahin 8 /3. Die Bollen konnten 12—15 Faden laden. Sie hatten 2 Mann Besatzung. Stromauf wurden sie von den Schiffern mit Seilen gezogen, stromab dagegen mit Stangen fortgestoßen und gesteuert. Vielfach brachten sie das Holz sofort an Kellinghusen vorbei nach Grönhude, wo die größeren Schiffe, Prahm und Ewer genannt, es übernahmen, um es nach Glückstadt, Altona und Hamburg zu fahren. Diese Schiffe faßten 40—50 Faden. Die meisten dieser Schiffe gehörten nach Itzehoe, das ja das Privileg der Störschiffahrt hatte. 1830 waren es 22 von 26 Fahrzeugen[21].
Wenn auch die Bollen stromauf nicht viel Fracht tragen konnten, so brachten sie doch allerhand Waren mit, besonders Salz und Kolonialwaren.
Ueber die Menge des ausgeführten Holzes sinden wir verschiedene Zahlen. Eine Klageschrift im Itzehoer Archiv vom 29. Juli 1819 sagt, daß aus den Königlichen Gehegen am Transitweg[22] jährlich 20—30000 Faden Holz nach der Stör gefahren und bei Bünzen verladen wurden. 1798 sollen aus Kellinghusen 20000 Faden ausgeführt sein[23]. Die Angaben, besonders die ersten, sind jedenfalls stark übertrieben. 1828 sind 222 Faden bei der Zollstätte in Kellinghusen 6150 Faden, 1829 aber 7222 Faden ausgemeldet[24].
Die Bauern lieferten das Holz teils gegen Barzahlung, teils fuhren sie es einfach hin und holten sich das Geld, wenn sie es gebrauchten. Mit einigen hatten die Händler einen festen Preis abgemacht, andere lieferten für den Preis, den das Holz im Herbste kosten würde. Die Preise stimmten für den Zeitraum des Ratjenschen Buches durchweg mit den vorhin genannten überein. Erst gegen Ende des Jahrhunderts stiegen sie bedeutend. So kostete 1798 das grobe Buchenholz in Kellinghusen 18 mK, das Eichenholz 12 mk. 1797 war es für die Hälfte zu haben[25]. Auch in Bünzen gab es damals 2 Holzhändler[26].
Die hiesigen Bauern handelten aber nicht nur mit Brenn= und rohem Nutzholz, sondern sie bearbeiteten auch teilweise das Holz. In Ratjens Rechnungsbuch finden wir verschiedene Angaben. Er lieferte 90 Stück Krummholz für 195 K nach Itzehoe, verkaufte „Banckfelden“ K 6 /, das Born=Brett 2 K“ und für 4 /, „2 Blang=Bretter a 1 Deichseln das Stück für 10 /. Besonders wurden in Homfeld auch „Candisladen“ aus Buchenholz hergestellt.
„1765 d. 4. März hat die Wiettwe Frahms (Itzehoe) Empfangen:
Candies Holtz von uns . . . . . .500 Kisten
Claus aus Homfeld . . . . . . . .250 Kisten
Them Riecken aus Möhrel . . . . .400 Kisten
___________________________________________
. . . . . . . . . . . . . .sint 1150 Kisten
Darauf Empfangen . . . . 200 mk
Dito Claus Ratjen fordert 24 mk
_______________________________
. . . . . . . Summa sint 224 mk
26. Martii haben Wier hingefahren 500 Kiesten
Do. Them Riecken . . . . . . . . . 400 Kiesten
______________________________________________
. . . . . . . . . . . . . . . sint 900 Kiesten
Darauf Empfangen 300 mk[27])“
Tonnenbänder verfertigt, womit Außerdem wurden aus Birkenhol nährte. Auch Bargfeld lieferte sich 1798 ein Einwohner in Homfeld Tonnenbänder“). Einen weiteren Verdienst bot das Binden von BirkenIn Homfeld nährten sich daund Heidbesen, sowie der „Schrubbers“ mals 12 Tagelöhner vom Holzhauen[28]. Ein weiterer Ertrag des Waldes bestand im Verkauf der Eichenborke an die Schuster, die damals selbst das Leder gerbten. Die Kirchspiele Nortorf und Kellinghusen durften die Borke nur an die Itzehoer Schuster verkaufen. (1688)[29].
Wild war in älteren Zeiten in unseren Wäldern reichlich vorhanden, aber die Jagd war den Bauern strengstens untersagt. Sie war ein Recht des Grundherrn und wurde bei uns vom Amtmann in Rendsburg und dem Kloster Itzehoe ausgeübt. Die Bauern hatten die Verpflichtung, die Schützen von Rendsburg und Itzehoe abzuholen, die Treiber zu den Klopfjagden zu stellen und Schützen und erlegtes Wild fortzuschaffen. Hatten die klösterlichen Einwohner keine Schützen gehabt, so mußten sie 1 mk Jagdgeld zahlen[30]. Diese Jagden waren für die Bauern wertvoll, solange noch Wölfe vorhanden waren. Noch im 18. Jahrhundert kamen sie vor. Um 1740 wurde auf einem Moor bei Remmels ein Mädchen von einem Wolfe zerrissen[31]. Ein Holzkreuz bezeichnete noch 1797 die Stelle. Nachher glaubte man sie völlig ausgerottet zu haben, „doch jetzt sind sie wieder so dreist, daß sie am hellen Tage morden. So hatte der Vollmacht Vollert zu Embühren in diesen Tagen (Ende September 1797) das Schicksal, daß ein Wolf, der sich in der Nähe seines Hauses in einer dichten Hecke versteckt gehalten, beim Eintreiben der Schafe den besten Hammel aus der Herde raubte und den Hirten verjagte"[32]. Die Folge waren erneute Jagden auf diese Räuber, aber noch 1806 ließen sich in den Aemtern Neumünster und Rendsburg vereinzelt Wölfe sehen. Der letzte Wolf in Schleswig=Holstein soll 1820 vor den Toren Hamburgs geschossen sein.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts ließen sich auch wieder wilde Schweine im Amte blicken, obgleich man jahrelang keine Spuren mehr von ihnen gesehen hatte. 1809 wurde ein wildes Schwein im Haaler Gehege geschossen[33]. Noch um 1830 kamen sie vereinzelt vor. „Hirsche und Rehe, die nur einzelne Büsche und Thäler zu durchirren pflegten, besuchen in ganzen Herden unsere Kornfelder und grünen Wiesen"[34], Das hat aber nicht lange gedauert und bald zeigte sich wieder eine Abnahme.
Die Nutzung des Waldes durch den Holzverkauf war eine bedeutende Einnahmequelle des Besitzers und manche Hufe ist nur durch den reichen Holzbestand in der Familie erhalten geblieben. Durch Holzfällen war es möglich, die Zinsen zu bezahlen und auch die Schulden abzutragen. Da die Erhaltung des Waldbestandes für die Hufe von größter Wichtigkeit war, so wurde in den Setzwirtkontrakten besonderes Gewicht darauf gelegt. So durfte Thies Wilken in Böken 1662 keine Eichen zum Verkauf hauen. Aber auch in dem waldreichen Homfeld finden 1771 diese Bestimmung. Der Setzwirt auf Heinrich Ratjens Hufe durfte 35 Faden Buchen, 5 Faden Hainbuchen, 40 Faden Birken, 20 Faden Erlen, aber keine Eichen hauen. Ein anderer Homfelder Kontrakt von 1780 sagt[35]: „Der Setzwirt soll verpflichtet seyn alle Jahr 10 EichenBäume, die an Orten, wo sie überflüssig oder zum Schaden stehen, und weggestoßen werden, zu verpflanzen und zum Wachsen zu bringen.“
Durch Aufsicht der Königlichen Hegereiter und die Waldvögte des Klosters wurde ebenfalls der Waldverwüstung entgegengearbeitet. Trotzdem verringerte sich der Waldbestand von Jahr zu Jahr. Immerhin hat der Ankrug noch heute einen bedeutenden Holzreichtum aufzuweisen.
Fußnoten
- ↑ Altes Kontraktenbuch Nortorf.
- ↑ Siehe S. 60.
- ↑ Protocollum Past. I Kirchenarchiv in Nortorf.
- ↑ Siehe S. 24.
- ↑ Siehe S. 47 ff
- ↑ Archiv des Klosters zu Itzehoe
- ↑ Staatsarch, z. Schleswig. Acta B. III.
- ↑ Ebenda B. III. 1. 84.
- ↑ Itzehoer Klosterarchiv: Klag= und Brüchregister.
- ↑ Itzehoer Klosterarchiv: Klag= und Brüchregister.
- ↑ Siehe S. 57
- ↑ Hegewisch: Geschichte II. 111.
- ↑ Siehe S. 47 ff
- ↑ Siehe S. 30 u. 32.
- ↑ Staatsarch. z Schleswig Acta B. III. 1. 83.
- ↑ Staatsarch. z Schleswig Acta B. III. 1. 83.
- ↑ Siehe S. 81 f.
- ↑ Altes Kontraktenbuch von Nortorf. 1752
- ↑ Kuß in Prov.=Berichte. 1830. S. 42 ff
- ↑ Mündl. Mitteilung des Herrn Harms=Bünzen.
- ↑ Kuß, a. a. O
- ↑ Transitweg = Weg von Rendsburg über Heinkenborstel, Innien nach Hamburg. Siehe S. 114
- ↑ Prov.=Berichte 1798. 1. 60—64.
- ↑ Kuß, a. a. O.
- ↑ Pro.v=Berichte 1798 a. a. O.
- ↑ Domeier in Niemanns Miscanelleen. II. 150.
- ↑ Ratjens Rechnungsbuch.
- ↑ Domeier a. a. O. II. 150 f.
- ↑ Staatsarchiv zu Schleswig.
- ↑ Restantenregister des Klosters Itzehoe. 1680.
- ↑ Prov.=Ber. 1797. VII. 232. Das Moor liegt auf der Gemarkung Embühren.
- ↑ Prov.=Ber 1798. VII. 232.
- ↑ Langhein: Nachrichten über das Amt Rendsburg.
- ↑ Prov=Ber. 1797. VII. 232.
- ↑ Familienpapiere d. Herrn Fr. Rathjen=Homfeld.