Archiv:Der gute Hollenbeker Ziegelton

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Der Bericht im Original

Bericht im Holsteinischen Courier vom Sonnabend, 5. September 1953

Der gute Hollenbeker Ziegelton

Innier Ziegler blicken getrost in die Zukunft - Für erschöpfte Tongrube brachte ein glücklicher Fund besten Ersatz

Seit vielen Jahren hat er immer wacker geraucht, der hohe Schornstein, der als ein Wahrzeichen der Dampfziegelei Innien den sauberen ländlich-stillen Ort überragt. Diese Ziegelei besteht seit dem Jahre 1888 und solange mag auch wohl der Schlot über der Brennerei seinen langen Finger in die Luft recken. Und dann kam vor wenigen Jahren doch ein Tag, an dem ihm die Puste auszugehen schien.

Das lag aber nicht daran, daß es keine Kohlen gab, oder daß es der Ziegelei an Aufträgen fehlte, sondern vielmehr daran, daß die große Grube direkt an der Ziegelei, aus der man viele Jahre den Ton herausgekarrt hatte, völlig erschöpft war. Das war im Jahre 1951, ein Jahr nach dem Ableben des vormaligen Besitzers Jürgen Ulrich, der vom Jahre 1914 an die Ziegelei betrieben hatte. Dessen Vorgänger und Begründer des Unternehmens war der Ziegler R. Domine gewesen.

Inzwischen war Tuchfabrikant Heinz Ulrich aus Neumünster durch Übernahme des väterlichen Erbes Eigentümer der Ziegelei geworden und ließ sich durch seinen Zieglermeister Hinrich Harms das Gelände um Innien nach anderen Tonbänken abtasten. Koppel um Koppel wurde in mühseliger, geduldiger Arbeit unter die Sonde genommen, bis man schließlich im März 1952 auf eine Tonbank stieß, die sich in abbauwürdiger Mächtigkeit bei dem Hofe Hollenbek unweit des Dorfes Oeschebüttel hinzieht. Zwar ist der Ton von dort bis zur Ziegelei über eine Strecke von 12 km anzufahren, doch entgilt er den dadurch bedingten Aufwand an Transportkosten durch eine Qualität, die frei ist von allen schädlichen Substanzen, wie Wurzeln, Steinen, Kalk, usw. Ton wie dieser Hollenbeker soll nur sehr selten zu finden sein.

Das gab nun der Ziegelei einen neuen, kräftigen Auftrieb. Man beschaffte in aller Eile neue Anlagen für die Schürfung und den Transport des Tons und seitdem steht in Innien an der Straße auch ein seltsames Gebäude, dessen Zweck auf den ersten Blick nicht klar ersichtlich scheint. Es handelt sich um einen Bunker zum Lagern und ersten Mischen des von Hollenbek angefahrenen Tons. Die überaus klumpige, fette Erde wird schon hier mit dem weniger fetten Homfelder Ton vermengt und dann in Kipploren zur Ziegelei hinauf befördert. Dieser magere Homfelder Ton muß ihm zugesetzt werden, damit das Produkt eine konstante Form erhält. Nebenbei bewirkt er durch seinen Eisengehalt, daß das Produkt nach dem Brennen in einem schönen Rot aufleuchtet.

Dem Ziegelton geht es wie dem Sandtortenteig. Je länger und intensiver er bearbeitet wird, desto besser wird das Gemisch. Und so muß er denn vieles über sich ergehen lassen, bis er seine naturgewachsene Zähigkeit, die er aus der großen Grube bei Hollenbek mitbringt, aufgibt und sich schön ebenmäßig und geschmeidig in die Formen pressen läßt. Um verarbeitungsreif zu sein, muß er eine Beimischung von 25 Prozent Wasser erhalten, welche Feuchtigkeit ihm nachher wieder im Trockenschuppen vorsichtig entzogen werden muß. Dann kommt er im sog. Kollergang „unter die Räder“, die auch den härtesten Stein zu feinstem Pulver zermahlen. Elefantenbeine sind nicht gegen die beiden Läufer, die sich hier im kurzen Kreise drehen und den Ton tüchtig durchkneten. Ein jeder von ihnen wiegt die Kleinigkeit von 3500 Kg. Den Kollergang verläßt der Ton in bleistiftlangen Würstchen, die nun nochmals ein Feinwalzwerk passieren und dann in die Pressen gelangen.

Die Dampfziegelei Innien verpreßt den Ton zu hochwertigen Vormauersteinen in Gitterlochung, wie er z. B. bei den Neubauten von Bühse und Kowsky am Kuhberg zur Verwendung kam und die in Bezug auf Wärmehaltung und Schalldichtigkeit wesentliche Vorteile bieten und überwiegend zu Drainrohren. Sie ist die älteste Ziegelei für Drainrohre und produziert diese für die Landwirtschaft so wichtige Ware in zehn verschiedenen Größen von 5 cm bis 25 cm lichter Weite. Gerade jetzt nach dem Abernten der Koppeln und Wiesen sind die Drainrohre wieder ein gefragter Artikel. Nachdem umfangreiche Verbesserungen vorgenommen worden sind, kommt die Ziegelei in Innien auf eine Jahresproduktion von 4 Mill. Stück, was etwa einer Drainage von 500 km Länge und einem Ziegelhaufen für rund 100 Einfamilienhäuser entsprechen dürfte. Drainrohre aus Innien sind ein Begriff im ganzen schleswig-holsteinischen Land. Selbst das Ausland war mehrfach Kunde in diesem Artikel, doch ist der Betrieb gegenwärtig durch die inländischen Aufträge voll ausgelastet.

Sind die grau aussehenden Formlinge auf den Gestellen der Trockenschuppen genügend getrocknet – eine Arbeit, die in engster Tuchfühlung mit dem Wetter vorgenommen werden muß – dann wandern sie in die Kammern des Brennofens, in denen insgesamt 110 000 Steine untergebracht werden können. Bei einer Temperatur von rund 930 Grad erhalten sie während der Dauer von einer Woche ihre Festigkeit und rote Farbe. Dieser Zick-zack-Ofen in Innien brennt in der Woche „einmal rumdum“, wie die Fachleute sagen. Er setzt das ganze Jahr über seine 12 Kammern in Glut und läßt sie wieder abkühlen, um die fertigen Stücke entnehmen zu können. Nur im Frühjahr ist er für kurze Zeit außer Betrieb, um Reparaturen vornehmen zu können.

Die Arbeit auf und in ihm ist in der warmen Sommerzeit gerade kein Vergnügen, im Winter aber umso angenehmer. Als noch die „Monarchen“ das Land durchtippelten, waren die Brennöfen der Ziegeleien begehrte Plätze, um warm und trocken die Nacht verpennen zu können. Heute soll das aber kaum noch vorkommen. Heute gibt es auch die Saisonarbeiter nicht mehr, die früher aus dem lippischen Land kamen, einige Monate kräftig hineinhauten und dann wieder abzogen. Was aber geblieben ist, ist die Saisonarbeit, das Tonschürfen, Anfahren, Mischen und Pressen während der frostfreien Jahreszeit. Dabei wird auf Vorrat gearbeitet und soviel am Formlingen in die Schuppen geschafft, daß man den ganzen Winter den Brennofen damit füllen kann. Während der Saison werden in der Ziegelei Innien rund 40 Personen beschäftigt. Sie kommen sämtlich aus dem Ort und seiner näheren Umgebung. Und sie alle freuen sich, daß der Fund bei Hollenbek so schön glückte. Gibt er ihnen doch die Garantie für lohnende Beschäftigung im Betriebe der Dampfziegelei Innien auf Jahre hinaus.

Fotos im Artikel