Archiv:Die vorgeschichtliche Zeit (1913)

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Die vorgeschichtliche Zeit

Bald nachdem die Vergletscherungen, die unserem norddeutschen Flachlande seine heutige Gestalt und seine obersten Schichten gegeben haben, dem wärmer werdenden Klima weichen mußten, siedelten sich die Menschen hier an. Welches Stammes sie waren, woher sie kamen, meldet uns keine Kunde. Wir erkennen ihre Anwesenheit und ihre Gewohnheiten nur aus den sogenannten „Kjökkenmöddinger“, den Küchenabfallhaufen, die wir hier und da an der Ostküste unseres Landes finden. Hauptsächlich enthalten diese Haufen Nahrungsmittelüberreste: Muschelschalen und Tierknochen (Hirsch und Wildschwein). Die Bevölkerung nährte sich von Jagd und Fischfang. Ackerbau wurde nicht getrieben. Die Haufen enthalten auch einfache Messer und sonstige Geräte aus Flintstein und Hirschgeweihen. In unserer Gegend sind bis jetzt solche Funde nicht gemacht. Ihr Vorkommen scheint sich auf das Gebiet der Ostsee zu beschränken, in Dänemark findet man sie sehr häufig.

Uns liefern die Hünengräber die älteste Kunde von unserer Gegend. Die ältesten Grabformen sind die Dolmen oder Steintische. Drei und vier Steinblöcke wurden aufgerichtet und ein großer Block als Deckstein darüber gelegt, sodaß man früher glaubte, man habe es mit Opferaltären zu tun. Ein Dolmengrab ist noch heute auf dem Brutkamp bei Albersdorf zu sehen. Auch im Ankrug befand sich ein solches Grab. Der Nortorfer Chronist, Pastor Domeier, hielt es für einen Opferaltar. Er berichtet: „Der gewesene Opferaltar auf der Bargfelder Feldmark war im Holze (Hain) dieser Dorfschaft. Er ruhte auf zwölf anderen drei Ellen hohen Steinen. Oben war er eben wie geschliffen oder behauen, und seine ganze Größe war so ansehnlich, daß ein Kührwagen mit zwei Pferden darauf Platz gehabt hätte. Seine Form stellte ein längliches Quadrat vor. Unstreitig war dieser also auch ein Opferaltar. In den Jahren 1781 und 82 wurde auch leider! diese Seltenheit mit Pulver zersprengt; ich habe es aber nicht erfahren, wozu die Fragmente angewandt sind[1]. Aehnliche Dolmen befanden sich zwischen Eisendorf und Warder, bei Langwedel und bei Blumenthal. Nach dieser Beschreibung ist dies Grab jedenfalls eines der schönsten gewesen. Es lag an dem Wege nach Sarlhusen links im ersten Gehölz. Einzelne Steinreste liegen noch dort. Wahrscheinlich ist der Stein zum Bau der Brücke bei den Ditmarscher Bergen benutzt, der in jenen Jahren erfolgte. Es sind dort 14 Decksteine von je 2,50 m Länge und 0,55 m Breite und Dicke, alle aus dem gleichen Material.

Die noch erhaltenen Hünengräber des Aukrugs sind runde Erdhügel, die im Innern, in einer aus großen Findlingen aufgesetzten Kammer den Leichnam des Verstorbenen in liegender oder hockender Stellung bergen. Beigegeben wurden den Leichen Waffen und Gerätschaften, die zum täglichen Gebrauch bestimmt waren und Schmuckstücke. Je nach der Art der Waffen und Beigaben bezeichnet man die Gräber. Die ältesten zeigen uns aus Flintstein geformte Waffen, Flintkeile, Aexte, =Dolche, Lanzen und Pfeilspitzen. Sie sind in einer Zeit entstanden, in der die Metalle hier noch unbekannt waren. Man bezeichnet diese Zeit als das Steinalter und unterscheidet eine ältere und eine jüngere Steinzeit.

Die Funde der jüngeren Steinzeit (5000—2000 v. Chr.) zeichnen sich dadurch aus, daß alle beil- und meißelförmigen Geräte sorgfältig geschliffen und poliert sind.

Jedenfalls sind es nur hervorragende Männer und Frauen gewesen, die in den Hünengräbern beigesetzt wurden, denn die Herstellung eines solchen Grabes erforderte viel Zeit und bedeutende Kräfte. In dem Gebiet des Aukrugs sind noch 11 Hünengräber erhalten, drei auf dem Bünzener Felde (die Ditmarscher Berge), zwei in Bargfeld, an dem Wege nach dem Glasberg, eins auf dem Tönsberge, links von der Chaussee nach Itzehoe (dicht dabei liegen zwei auf Wiedenborsteler Feld), der „Klusbarg“, rechts von der Itzehoer Chaussee, dessen schöner Buchenbestand hoch über dem Walde emporragt und von weitem zu sehen ist, und vier auf und an dem Boxberg, diese letzten sechs auf der Homfelder Feldmark.

Innien hat keine Hünengräber aufzuweisen. Bei Böken lagen einige auf Reimers Sandkoppel am Eingange des Dorfes von der Chaussee aus. Sie sind um ca. 1860—70 zum Zweck der Wegebesserung abgefahren. Gefunden ist in ihnen sehr wenig, manches natürlich auch nicht beachtet, da keine kundige Aufsicht dabei war. Sie gehörten, da ein Schwert gefunden wurde, der Bronzezeit an. Ihre Grundlage bildet eine schwarze Erdschicht, die bedeutend von dem sonstigen Boden der Koppel absticht und noch deutlich zu erkennen ist. Sie stammt wohl daher, daß die Gräber auf Heideboden angelegt wurden.

Ob die jetzt noch vorhandenen Gräber der Stein- oder Bronzezeit angehören, kann nur eine Untersuchung ergeben, die aber nur dann von kundiger Hand vorgenommen werden sollte, wenn eine Beseitigung der Hügel aus wirtschaftlichen Gründen dringend geboten ist. Hoffentlich bleiben sie aber noch lange als Zeugen einer alten Zeit erhalten. Es wäre überhaupt erwünscht, daß alle unter staatlichen Schutz gestellt würden. Daß unsere Gegend in der Steinzeit besiedelt gewesen ist, zeigen auch die Funde der Steinkeile in ihren verschiedensten Formen, von den rohesten bis zu den tadellos geglätteten, die Funde der Steinmesser und Reststücke von Steinen, von denen Späne abgeschlagen sind.

Am Ende der Steinzeit treten metallene Schmucksachen auf und bald werden auch Waffen aus Metall hergestellt. Man benutzte dazu die Bronze, eine Mischung aus Kupfer und Zinn und nennt daher die folgende Zeit das Bronzealter (2000—500 v. Chr.). Dann kam von Süden her das Eisen in unsere Gegend, und damit setzt das Eisenalter ein, das bis heute dauert. Anfangs war das Eisen sehr kostbar, und es wurde nur zu Verzierungen an bronzenen Gegenständen benutzt. Bald lernten die Bewohner selbst das Eisen aus dem Raseneisenerz gewinnen.

Zahlreiche Eisenschlackenhügel unserer Feldmarken bezeichnen die Stätten der Verhüttung. Ihre Bestandteile werden, wenn sie in geringer Menge vorhanden sind, als „Sönderklüten“ bezeichnet. Manche Schlackenhügel zeichnen sich durch besondere Größe aus. So wurde auf dem Innier Felde im „kleinen Bornveh“ vor ca. 20 Jahren ein Schlackenhügel abgefahren, der 17 Fuder Eisenschlacken enthielt. Die Unterlage des Hügels bildete eine Steinpackung[2]. Auf jeder Feldmark des Aukrugs findet man diese Hügel; oft liegen die Schlacken auch unter der Erdoberfläche. Mir sind z. B. innerhalb eines Jahres von 10 verschiedenen Stellen der Bökener Feldmark Eisenschlacken gebracht worden.

In der späteren Bronzezeit griff eine andere Art des Bestattens Platz: das Verbrennen der Toten auf dem Scheiterhaufen. Die Asche wurde dann gesammelt, in mehr oder minder kunstvolle Tongefäße (Urnen, Taterpött) gelegt und in diesen der Erde übergeben. Häufig wählte man zum Beisetzen der Urnen die Grabhügel aus der Stein- und Bronzezeit; aber auch andere Plätze wurden dazu ausersehen. Mitunter findet man die Urnen einzeln, zuweilen aber auch in größerer Anzahl beisammen in den sogen. Urnenfriedhöfen.

Solcher Begräbnisplätze findet man hier gar viele. Das Museum vaterländischer Altertümer in Kiel enthält von hier „3 Urnen ohne Beigabe gefunden auf dem Boxberg und eine Bronzefibel (Gewandspange) aus einer Urne, gefunden bei Bargfeld.“ Näheres über die Fundstellen ist nicht bekannt, da die Gegenstände angekauft oder geschenkt, nicht aber von der Museumsverwaltung gehoben sind. Im Sommer 1910 wurden beim Ausheben einer Kalkgrube auf der Thun'schen Hofstelle in Innien, die sich durch ihre mächtigen alten Eichen auszeichnet[3], einige besonders schöne Urnen gefunden, die der Zeit um 400—450 n. Chr. entstammen. Sie sind jetzt ebenfalls im Besitze des Kieler Altertumsmuseums.

Nach mir sonst gewordenen Mitteilungen findet man Urnen auf der den Ditmarscher Bergen gegenüberliegenden Koppel, auf dem Kreuzkamp in Böken, der französischen Koppel in Innien, den Tönsbergen, bei Bucken und in dem „Taterbusch“, einem bewaldeten Abhang an dem Wege von der Itzehoer Chaussee nach Meezen (Lübsche Trade), der seinen Namen jedenfalls von den Urnen, oder wie sie im Munde des Volkes heißen, „swarte Pött“ oder „Taterpött“ erhalten hat.

Leider wird vielfach von den Funden keine Mitteilung gemacht. Es muß Regel werden, daß alle Funde, seien es Steingeräte, Flachgräber, Eisenschlacken oder Urnen, dem Lehrer oder Gemeindevorsteher angezeigt und den Schulen übergeben werden. Lehrer bezw. Gemeindevorsteher haben sich dann mit dem Museum vaterländischer Altertümer in Verbindung zu setzen. Jeder, auch der kleinste, scheinbar unbedeutendste Fund kann von großer Bedeutung sein. Für die Schulen wäre es gut, wenn sie einiges Anschauungsmaterial jener Zeit zur Verfügung hätten.

Aus allem ergibt sich, daß der Aukrug in allen vorgeschichtlichen Perioden besiedelt gewesen ist.

Fußnoten

  1. Prov.=Ber. 1789, II. S. 171.
  2. Mündliche Mitteilung von Herrn Hans Reimers * Innien
  3. Eine dieser Eichen mißt in 1 m Höhe 6,50m im Umfang. In reichlich Im Höhe teilt sie sich in 6 große Aeste, von denen einer 1.80 m Umfang hat Vier gleichstarke Aeste sind im Laufe der Jahre abgebrochen. Die ganze Höhe des Baumes beträgt 26 m, der Kronendurchmesser 16—18 m. Abbildung: „Heimat: 1911, S. 247.