Archiv:Spielsachen und Spielereien der Nachkriegszeit

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Unsere Spielsachen, unsere Spielereien!

Während dieser Zeit lernte ich auch die verschiedensten Spielsachen und Gebrauchsgegenstände aus den einfachsten Dingen herzustellen.

Nach einem ganz bestimmten Verfahren wurden kleine Flöten aus Weidenstöcken konstruiert. Die Herstellung war relativ einfach. Man schnitt einen Weidenbaumast in einer Länge von ca. 15 bis 20 cm ab, klopfte mit dem Schaft des Messers die Rinde weich und zog die Hülle für die Pfeife ab. Vorher bohrte man entsprechende Löcher hinein, schnitzte das Mundstück, und schon konnte es losgehen. Einige meiner Freunde haben sogar richtige Lieder darauf gespielt. Mir fehlte allerdings die Musikalität, meine Fähigkeiten lagen ganz wo anders.

Aus der geschälten Weidenrinde fertigten wir auch eine Schalmei mit Mundstück, auf der man zwar keine richtige Melodien blasen konnte, aber viel Lärm erzeugte. Leider war ich vollkommen unmusikalisch, so dass ich es auch hier meinen Spielkameraden überlies, entsprechende Musikstücke zu erzeugen! Aus Holunderstämmen schnitzten wir die sogenannten „Eckelbüchsen“, die mit Eicheln oder Kartoffelstückchen geladen wurden und bei Betätigung einen lauten Knall verursachten. Die Ladung flog dabei über 30 Meter weit. Aus dünneren Holunderästen machten wir uns Blasrohre, wobei die unreifen, später auch die überreifen Holunderbeeren, als Munition dienten. Die Farbkleckse gingen in die Geschichte der Schimpfkanonaden der Eltern ein!

Ein Katapult (Zwille) oder ein Flitzebogen waren ebenfalls schnell hergestellt. Die Materialien wuchsen auf den Bäumen und das Gummi wurde aus alten Autoreifenschläuchen herausgeschnitten. Sogar eine funktionsfähige Armbrust wurde gebaut. Für die Spielstunden am Dorfbach falteten wir kleine Boote aus Papier oder schnitzten sie aus herumliegenden Holzästen. Als Segel diente bei den Holzbooten stets ein großes Baumblatt oder ein Stück Papier oder Borke.

Für ein Wasserrad benötigten wir zwei Y-Stöcke die wir rechts und links am Bachufer aufstellten. Darauf legten wir einen geraden Haselnussstock, der mit mehreren Querstöcken durchbohrt war. Diese wurden aufgeschlitzt und mit Konservendosendeckel versehen. Durch den natürlichen Wasserlauf des Baches drehte sich die Konstruktion monatelang zu unserer Freude.

Eine einfache Stelze fertigten wir aus zwei leeren Konservendosen. Wir machten in jede Dose zwei Löcher und befestigten jeweils Papierband daran, fertig war ein neues Spielgerät. Damit staksten wir durch die Gegend und freuten uns, wenn wir damit nicht hinfielen. Eine andere Variante waren zwei Holzstöcke mit entsprechenden Vergabelungen die als Fußaufsatz dienten. Sie waren etwas für die fortgeschrittene Jugend und verlangten ein wenig mehr Balancegefühl.

Aus einem alten Fahrradvorder- oder Hinterrad wurden die Speichen und die Radnabe entfernt und wir hatten einen wunderbaren Reif für unsere Rennspiele. Die Felgen wurde mittels eines Holzstöckchen nach vorne gedrückt/bewegt und dabei in alle Richtungen gesteuert. Wulstfelgen eigneten sich besser als Drahtfelgen für unsere trickreichen Lenkmanöver. Man konnte sie auch mit einem Drall nach vorne werfen und aufgrund des Dreheffektes kamen sie wieder an den Ausgangspunkt zurück.

Aus gebrauchten Holzleisten machten wir uns kleine Windmühlen und einfache Drachen, die durch das dicke Band, Packpapier und Mehlkleister recht schwer waren.

Aus Kastanien und Eicheln entstanden ganze Tierherden, ein Zoo und viele abstrakte Figuren. Streichhölzer stellten die Gliedmaßen und Verbindungen dar. Sie sahen recht ansprechbar aus und beflügelten unsere Phantasien.

Kartoffel oder Kastanien wurden mit großen Hühnerfedern gespickt, hoch in die Luft geworfen und kamen dann, sich drehend und leicht schwebend, wie ein Hubschrauber auf die Erde zurück. Etwas Ähnliches machten wir mit Taschentüchern, welche wir an den vier Ecken mit Band verknoteten und mit einem Gewicht am unteren Ende beschwerten. Dann wurden sie mit einem Flitzebogen in die Höhe geschossen und trudelten als Fallschirm wieder zur Erde herab.

Leere Garnrollen wurden mittels eines Gummibandes zu selbstfahrenden Autos umfunktioniert. Man drehte sie auf und die Kraft des Gummis ließ sie über den Tisch fahren. Aus einer durchgeschnittenen Kastanie wurde mit einem angespitzten Stock, der durch die Mitte gesteckt wurde, ein wunderschöner Kreisel angefertigt. Je spitzer der Stock war, desto besser ließ er sich kreiseln.

Aus festem Wachspapier wurde der Rumpf eines Schiffes ausgeschnitten. In der Mitte wurde ein Loch mit einem rückwärtslaufenden Kanal eingearbeitet und wenn man die Konstruktion auf eine Wasseroberfläche legte, ein Stückchen Seife oder einen Tropfen Öl in das Loch träufelte, fing das Seifenschiffchen an sich vorwärts zu bewegen.

Mit einem starken Zwirnsfaden und einem großen Knopf wurde ein rotierendes Instrument, die sogenannte Summscheibe, gefertigt, welche, nachdem sie mehrmals aufgedreht wurde, beim Auseinanderziehen und wieder zurückdrehen ein lautes surrendes Geräusch von sich gab. Auf etwas stärkerem Papier malten wir eine Spirale, schnitten sie aus, fixierten sie auf einer spitzen Nadel und ließen sie über einer Kerze oder auf der warmen Herdplatte rotieren. Es sah wie eine sich drehende Schlange aus.

Den so genannten Pfieper fertigten wir aus einem Streifen Papier, falteten ihn zu einem Doppelblatt, machten ein kleines Loch in die Falte und bliesen am gefalzten Ende hinein. Je nachdem wie groß und lang das Papier war, entstand ein schrecklicher Sirenenton, die alle Erwachsen zur Weißglut reizte. Aus alten Fahrradschläuchen, einer gespaltenen Holz-Wäscheklammer und einer Streichholzschachtel machten wir uns „scharfschießende“ Pistolen. Ich kann sie heute noch nachbauen.

Zwei leere Konservenbüchsen wurden mit einer Schnur verbunden und schon hatten wir unser erstes Telefon.

Auf einem Holzbrett wurde ein Teil einer Tannenastgabel fixiert. Das andere Teil war frei und zeigte je nach Temperatur eine Auf- oder Abwärtsbewegung an. Ein zusätzlicher Tannenzapfen bestätigte, durch das Auf- und Zugehen der Schuppen, die Temperaturschwankungen unserer einfachen Wetterstation.

Vogelbeeren wurden durchlöchert und auf einen Zwirnsfaden aufgezogen. Je nach Größe wurde die Halskette doppelt oder dreifach gelegt und es entstand ein toller Halsschmuck. Eine Nähnadel wurde leicht eingefettet und auf die Wasseroberfläche in einen Teller gelegt. Nach einer Weile richtete sich die Nadel automatisch nach Norden aus. Ein einfacher Kompass war entstanden.

Bei unseren Krämer gab es ein bestimmtes Pulver zu kaufen, aus dem wir in Verbindung mit normalem Wasser handgroße Bälle formten. Nach kurzer Zeit konnten wir sie auf die Erde werfen und sie sprangen wie ein richtiger Gummiball wieder hoch. Machte man es aber zu toll, zerplatzte der Ball und die Freude war dahin.

Mit einer selbstgefertigten Peitsche vollführten wir die tollsten Knaller. Das damalige Papierband eignete sich besonders gut für einen lauten Knall. Leider war es schnell verbraucht und wir mussten öfters „nachladen“! Das Band wurde bei den hiesigen Bauern requiriert.

Ein weiteres Knallgerät wurde aus einem DIN-A4-Blatt gefaltet, dass es beim Herunterschlagen einen lauten Knall verursachte. Es konnte immer wieder gebraucht werden. Eine genaue Beschreibung wäre zu umständlich, man muss es mir einfach glauben.

Schon damals interessierte ich mich für alles Magische. Ich lernte viele kleine Zaubertricks kennen, die ich dann auch mit mäßigem Erfolg vorführen konnte. Es waren Tricks mit Streichhölzern, Münzen und vor allem Spielkarten. Die berühmte Zaubertüte führe ich heute noch vor. Sie wurde aus einem DINA4-Blatt gefaltet und war äußerst effektiv.

An eine Kerze aus einem Apfel mit Docht aus Walnusskernen kann ich mich noch gut erinnern. Die Apfelkerze sah sehr echt aus und wenn ich den Walnussdocht ansteckte, brannte sie wie eine richtige Wachskerze, die ich dann vor allen Augen in den Mund steckte und genüsslich verspeiste. Ich war eben ein großer Zauberer für meine Spielkameraden.

Aus zerrissenem Zeitungspapier, über Nacht in Wasser eingeweicht und mit etwas Roggenmehl versehen, formten wir am nächsten Tag die verschiedensten Kasparpuppenköpfe mit Loch für die Fingerhaltung. Ließen sie trocknen und malten sie an, fertig waren richtige Kasperpuppen. Die Kleidung nähten wir aus alten Lumpen. Taschentücher gab es damals noch aus Stoff. Ich konnte aus einem Taschentuch, welches entsprechend gefaltet wurde, einen echten Büstenhalter zur Freude aller Anwesenden vorführen.

Ein Taschentuch wurde an allen vier Ecken verknotet und diente uns bei Regengüssen als Kopfschutz oder Piratenmütze. Es war immer eine große Freude, wenn wir in den Wintermonaten die Dunkelheit ausnutzen konnten, um mit unseren Feuersteinen, die überall herumlagen, wunderbare Feuerstreifen durch das Aneinanderschlagen demonstrieren konnten.

Angeln war zwar verboten, aber trotzdem bauten wir uns, vollkommen unkompliziert, eine funktionsfähige Angelrute. Ein Haselnussstock, eine dünne Schnur, ein durchbohrter Korken mit einer Hühnerfeder als Schwimmer, ein Stück Blei oder eine Eisenmutter zum Beschweren und einen Angelhaken aus einer Nähnadel war alles was wir brauchten. Ich kann mich aber nur an einen Fisch erinnern, den ich aus Mitleid wieder ins Wasser zurücksetzte.

Als Vogelfalle wurde eine Kiste umgekehrt über Lockfutter auf einen kleinen Holzstab einseitig hochgestellt. Der Holzstab war mit einer langen Schnur verbunden, die wir aus unserem Versteck jederzeit anziehen konnten. Kam ein Vogel zur Futteraufnahme unter die Kiste, wurde der Stab weggezogen und das arme Tier war gefangen. Alle Vögel wurden danach wieder in die Freiheit entlassen. Es klappte übrigens auch bestens bei den freilaufenden Hühnern der Bauern.

Aus gesammelten Distelknospen formten wir kleine Bälle. Es machte uns Jungen immer großen Spaß, wenn wir diese Distelbälle den Mädchen in die Haare werfen konnten. Es gab aber auch viel Ärger, wenn die Mädchen nach Hause liefen und mich verpetzten und beschuldigten. Aus Hagebutten nahmen wir die Körner heraus und steckten sie bei allen Gelegenheiten anderen Jungen und besonders den Mädchen, in den Nacken. Nur wer es selbst einmal erlebt hat, weiß wie unangenehm das natürliche Juckpulver peinigte.

Zu einer bestimmten Jahreszeit hingen überall die weißen Früchte des Weißdornes, wir nannten sie Schneeball-Knaller, an den Sträuchern. Sie wurden abgepflückt und hatten unseren Spaß, wenn sie zwischen den Fingern zerplatzen oder wenn wir sie mit den Füßen zertraten. Alte Tüten, egal wie sie aussahen, wurden aufgeblasen und dann in der Nähe einer schreckhaften Person durch Draufschlagen zu Knall gebracht. Die Tütenknaller waren ein echter Renner und sehr beliebt bei uns Kindern.

Ein Stock wurde angespitzt und mit einer Kartoffel gespickt, um sie dann schwungvoll über eine weite Strecke zu schleudern. Es war erstaunlich wie weit man mit diesem Stock die Kartoffeln werfen konnte.

Zur Rübenernte höhlten wir die Frucht gekonnt aus, schnitten Augen, Nase und Mund hinein und spießten sie auf einen Stock auf. Zündeten darin eine Kerze an und erschreckten damit die kleinen Kinder oder platzierten die Rübenleuchte im Garten eines Nachbarn und harrten der Dinge, die da kommen mussten.

Vogeleier wurden ausgepustet, getrocknete Pflanzen wurden gesammelt und für den Biologieunterricht (Herbarium) auf Pappe aufgeklebt und entsprechend beschriftet. Der lateinische Name des Buschwindröschens ist mir heute noch geläufig. (Annemone Nemorosa)

Ein gefährliches Spielzeug waren die Karbid-Flaschen. Man nahm eine Bierflaschen mit Schnappverschluss, füllte ein wenig Wasser rein, gab das Karbid dazu, verschloss die Flasche und warf sie weg. Nach einer geraumen Zeit explodierte sie mit einem lauten Knall. Karbid war damals überall vorhanden. (Lampen)

Für unsere Fahrräder konstruierten wir einen laut knatterten Motor. An der Querstange des Vorderradschutzbleches wurde ein aus dünnen Blech oder starker Pappe gefaltetes postkartengroßes Stück angebracht, mit einer Schnur (... Seite 69 fehlt)