Archiv:Unsere Orts- und Flurnamen (1913)

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Unsere Orts- und Flurnamen.

Eine weitere Auskunft über unsere Gegend gewähren uns die „Eine Orts- und Flurnamen. Am ältesten sind davon die Ortsnamen. Eine zweifellos einfache und primitive Art, menschliche Wohnungen zeichnen, ist die unmittelbare Benennung nach dem oder den Besitzern[1]. Das geschah durch Anhängung einer Nachsilbe an den Personennamen „Wir und in ältester Zeit wurde dazu die Nachsilbe „ing“ benutzt. gehen kaum fehl, wenn wir die so benannten Orte als Urdörfer betrachten[2]. v. Heedemann=Hespen: Geschichte der adeligen Güter Deutschtrachten Nienhof und Pohlsee, meint, daß die Endung „ing“ eine den Warnen (einem gleichzeitig mit den Angeln um 100 n. Chr. als Bewohner unserer Halbinsel genannten Volksstamm) eigentümliche Bildung sei, da die Endung auch in dem neuen Lande der Angeln und Warnen, im nordöstlichen Thüringen, auftritt. Demnach hätten wir im Aukrug ein von den Warnen besiedeltes Gebiet, denn zwei unserer Dörfer, Innien und Bünzen haben in ihren älteren Formen ein „ing". Innien hieß bei seiner ersten urkundlichen Erwähnung 1140 ennege, 1149 ennigge, 1261 eminghe (verschrieben für ennighe), 1281 ennige, 1440 und 1650 inningen. Bünzen 1140, 1300, 1440 und später bunzinge, ennige ist abgeleitet von dem altdeutschen Personennamen Ano, Anna, bunzinge von Punzo.

Es bedeutet demnach Innien: Siedelung (Dorf) des Ano oder seiner Sippe, Bünzen Siedelung des Punzo. Von Lokstedt und Hennstedt zieht sich westlich von uns über Hohenwestedt nach Nortorf ein Strich, der ausgeprägt sächsische Ortsnamen trägt, auf „stedt“ die oben genannten 3 und Bargstedt, auf „büttel Vaasbüttel, Thienbüttel, auf „dorf“ Tappendorf, Niendorf, Holtorf, Nortorf, auf „borstel“ Heinkenborstel. Nur in Glüsing und Meezen (metsin) findet sich ein „ing". Von diesen sind die auf „stede“ als Urdörfer, die anderen als ausgebaute Orte anzusehen.

Später ging die Bedeutung der Silbe „ing“ verloren und sie schwächte sich in „en“ ab. Dies abgeschwächte „en“ ist wohl in Bucken, das um 1200 erwähnt wird, vorhanden. Bucken kann aber auch vom plattdeutschen „bibucken" (- anschmiegen) entlehnt sein, da es sich ganz versteckt an den Boxberg anlehnt.

Eine zweite Gruppe unserer Ortsnamen bilden „Homfeld“ und „Bargfeld“. Bargfeld wird gleichzeitig mit Innien und Bünzen in einer Hamburger Domkapitelsurkunde von 1140 „berchuelde“ (—= Berchvelde) genannt, Homfeld 1336 in einer Itzehoer Urkunde „honuelde“ (— Honvelde). Obgleich also Bargfeld gleichzeitig mit Innien und Bünzen genannt wird, so müssen wir den letzteren doch ein höheres Alter zuschreiben und selbstverständlich haben sie, wie auch Bargfeld, lange vor ihrer ersten urkundlichen Erwähnung bestanden. „Ich glaube nun, daß auch die ältesten „veld“ nicht in ein sehr hohes Alter zurückgehen, weil man eben nicht auf dem „velde“ sondern im Hause (Dorfe usw.) wohnt. Ein Hinausziehen aufs Feld hat m. E. immer ältere geschlossene Siedelungen zur Voraussetzung[3]. „veld“ bezeichnet waldfreien Boden. Bargfeld ist also der bergige, Homfeld der hohe waldfreie Boden. Beide sind wahrscheinlich von Bünzen und Innien in vorgeschichtlicher Zeit ausgebaute Dörfer.

Böken hat dagegen einen bedeutend jüngeren Namen, der jedenfalls von der Buche herzuleiten ist, die ja manchem Orte den Namen gegeben hat. Der Name kann aber erst entstanden sein, als die Buche geschlossen auftrat. Der Buchenbestand auf den Bockhorstländereien, östlich vom Dorfe, der noch vor 60 Jahren vorhanden war, mag Ursache des Namens sein. Die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes stammt aus dem Register über die Einkünfte der Nortorfer Kirche von 1440. Die Siedelung ist jedoch viel älter, da Hünengräber, Eisenschlackenhügel und vorgeschichtliche Feuerstätten hier gefunden werden. Man möchte versucht sein, anzunehmen, daß ein älterer Name verloren gegangen oder in Böken, wie in Bucken, ein abgeschwächtes „ing“ zu suchen ist. Vielleicht ist es ein ursprünglich slavisches Dorf, da es Hufeisenform zeigt. Diese Form ist aber durch die beiden Auen bedingt, in deren Winkel das Dorf liegt. Alle diese Erwägungen werden aber hinfällig, wenn man bedenkt, daß die Sandbergländereien bis ca. 1780 ein gemeinschaftlicher Besitz der Dorfschaften Innien und Böken waren. Diese Flurgemeinschaft weist bestimmt auf einen Ausbau Bökens von Innien hin. Es wird also wohl eine alte Siedelung hier untergegangen und später ein Ausbau von Innien erfolgt sein.

Auf der Bökener Feldmark liegt ein erst 1872 ausgebauter Hof: Viertshöhe. Seinen Namen trägt er von den umliegenden Ländereien, die „Viert“ heißen. Es sind dies die Grenzländereien an Gnutz. Der Name bezeichnet sowohl Wald- als Heideflächen. Es bestand hier, wie auch auf dem Gnutzer Viert ein größerer Wald, der auf den Meyerschen Karten in Dankwerths Landesbeschreibung vorhanden ist. In dem Polackenkrieg von 1657—60 ist er von den Schweden abgebrannt[4]. Reste dieses Waldes bestanden noch 1780, zur Hauptsache jedoch als Krattbusch. Der Name Viert bedeutet hier also augenscheinlich waldiges Grenzgebiet.

Die fünf ausgebauten Stellen in der Bökener und die drei in der Bünzener Heide heißen im Volksmunde „in de Heid“, haben aber offiziell keine Bezeichnung.

In Bünzen trägt ein älterer Ausbau die Bezeichnung „die Heidkate". Der Name ist ja deutlich genug. Kleinere, am Eingang des Dorfes von Bargfeld und am Ausgang nach Neumünster gelegene Besitzungen heißen „Dwerkamp“ und „Wörden“, nach den Grundstücken so bezeichnet, um die ersten Besitzer (Rohwer) zu unterscheiden. Der kleinere, nördlich von der Au gelegene Teil von Bünzen führt im Volksmunde die Bezeichnung „das Kloster“. Der Name schreibt sich daher, daß die dort liegenden älteren Besitzungen (Gehrt, Glöy, Huß) dem Itzehoer Kloster unterstanden.

Das Gebiet der fünf Dörfer führt die Bezeichnung „der Aukrug“, oder genauer, Nortorfer Aukrug, da es bei Neumünster und Rendsburg auch Gebiete gibt, die diesen Namen führen. Der Name Aukrug kommt in Böken auch als Flurname vor und bezeichnet hier entlegene Wiesen an der Höllen- Au (Lütt-Au), deren Rand Heideflächen bilden. Sie werden von der Au in Schlangenwindungen durchflossen. Man bezeichnet sie „in den Aukrögen“. Es bedeutet „Aukrug“ demnach abgelegene Auwinkel. Diese Deutung trifft auch für den ganzen Bezirk zu. Abgeschlossen und weit entfernt von andern Orten, in den Winkeln und Biegungen der Bünzau und ihrer Nebenflüsse, liegt das Gebiet der Dörfer, diese selbst aber dicht zusammengedrängt, daß sie von Innien aus in ¼—½ Stunde zu erreichen sind.

Eine ziemlich deutliche Vorstellung von dem früheren Zustand unseres Landes geben uns die Flurnamen. Sie bezeichnen häufig den Zustand eines Landstückes bei oder vor seiner ersten Urbarmachung und gestatten somit einen Rückschluß auf seinen früheren Zustand. Sie lassen sich zur Hauptsache in vier Gruppen scheiden; solche, die auf Wasser, Wald, Heide und altes Kulturland hinweisen.

Auf Wasser deuten hin: Segn, Soll, Saal, Siek, Sichten, vi oder veh, Born, Furt, forth, Weddel, Hue, Diek, Pott, Rönne; auf Ackerland: Esch, Kamp, Rüm, Lann, Feld, Stücken, Spann, Koppel; auf Wiesen: Mede (Mitbek, Meewisch) und Wisch. Für Heide kommt dies Wort und mitunter auch wohl Viert in Betracht.

Die größte Menge unserer Flurnamen weist aber auf Be- und Entwaldung hin. Nach einer Zählung der in den Grundbüchern vorhandenen Namen deuten darauf hin in Bargfeld 26 von 51, in Böken 19 von 58, in Bünzen 11 von 51, in Homfeld 28 von 66 und in Innien 27 von 45. Böken und Bünzen haben demnach schon in früherer Zeit geringeren Waldbestand gehabt. Sie hatten ja beide Anteil an der großen Jloheide, die sich, wie das Vorkommen des Flurnamens Jloh zeigt, bis in die Bargfelder Feldmark erstreckte. Es deuten auf Waldbestand hin: Wohld, Hölln, Holln, Holt, Hagen, Loh, Horst, Hesel, Heise, Struck, Busch, Stuf, Bast, Brok, Raa, Ratjen, Rehm, Stubben, Kölln, Kahln, Kahlstä, Ek, Bök, Barken, Eller, Weten (Weide), Dorn, Dör, Hassel u. a.

Eine Betrachtung der Flurnamen ergibt demnach, daß der Aukrug einst bedeutend mehr Wald und Wasser zeigte, als heute. Urbares Land war in geringerer Menge vorhanden. Die Vermehrung der Bevölkerung zwang die Bewohner, sich mehr dem Ackerbau zuzuwenden. Der fruchtbare Boden des Waldes versprach die besten Erträge. So rückte man diesem zu Leibe und mit Feuer und Axt gewann man freie Flächen zum Anbau. Es setzt diese Zeit hauptsächlich in der Mitte des 12. Jahrhunderts ein. Von einem Bauern Gottschalk aus Horche (Harrie) wird uns um 1190 berichtet, daß er sich keine Mühe verdrießen ließ, Eichen, Buchen und andere Bäume mit der Wurzel auszugraben, um durch Besäung seine Ländereien zu erweitern[5]. Auch Wiesenland wurde in Pflugland umgewandelt. Als später durch den Einfluß der Holländer die Viehzucht in Blüte kam, mußte Winterfutter gewonnen werden. Was einmal dem Pflug gehörte, konnte nicht entbehrt werden. So wurde der Kampf gegen das Wasser aufgenommen und Sümpfe, Fischteiche ec. verschwanden. Namen und Zeichen deuten ihre Stelle an.

Man mußte sich allerdings mit dem leichter zu bearbeitenden Boden, besonders mit sandigen Ländereien begnügen, da die Ackergeräte nur aus Holz bestanden. Brachte ein Stück nicht mehr den genügenden Ertrag, so wurde es verlassen und die Heide belegte es mit Beschlag. Das geschah auch noch in viel späterer Zeit. Ich verweise auf die „Weddelstücken“ in Böken, die im Anfang des 18. Jahrhunderts urbares Land waren, später aber der Heide anheimfielen, bis sie in neuerer Zeit durch Kiefernanpflanzung bewaldet wurden.

Fußnoten

  1. Zeitschr. 38, 114.
  2. Zeitschr. 38, 114.
  3. Zeitschr. 38, 189
  4. Prov.=Ber. 1794. 1. 188.
  5. Kieler Blätter, IV, 1817, S. 74, nach Visio Godescalcii