Archiv:Wirtschaftliche Einrichtungen

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Wirtschaftliche Einrichtungen

a) Ziegelwerk Innien

Georg Reimer weist in einigen Angaben S. 183 auf verschiedene Ziegeleigründungen in Böken, Bargfeld und Innien hin, die im Laufe des vorigen Jahrhunderts stattgefunden haben. Bis auf die 1888 von Rudolf Domine errichtete Innier Ziegelei wurden alle nach verhältnismäßig kurzer Zeit wieder stillgelegt, weil vermutlich die Tonvorräte nicht groß genug waren. Von der Familie Domine, die sich unmittelbar bei der Ziegelei ihr Wohnhaus, das jetzige Amtsgebäude, bauen ließ, ging die Ziegelei vor dem 1. Weltkrieg in den Besitz von Jürgen Ulrich über, der als Verwalter des Betriebes von Geheimrat Behm, Onkel des hiesigen Diplom-Landwirts Hans Behm, nach Innien gekommen war. Das „Lehmloch" auf der Behmschen Besitzung und der Ziegelteich bei dem Gästehaus künden noch von dem Abbau der Tonerde für die Ziegelei. Nach dem Tode Jürgen Ulrichs ging das Werk an seinen Sohn Heinz Ulrich über, der eine Tuchfabrik in Neumünster besaß und die Ziegelei verwalten ließ. Als dann auch in Innien der Tonvorrat zu Ende ging, entschloß man sich, den Betrieb trotzdem weiterzuführen und den benötigten Ton aus der Umgebung anzufahren. In den 60er Jahren mußte Heinz Ulrich seine Tuchfabrik aufgeben und siedelte in das väterliche Haus in Innien über.

Wirtschaftliche Verhältnisse veranlaßten ihn, im Februar 1973 sein inzwischen modernisiertes Werk an die Firma Ziegelwerk Pulverholz Hans-Peter Jöns KG in Schleswig zu verkaufen. Noch im gleichen Jahr wurde die Ziegelei zu einem ganz modernen POROTON-Werk umgebaut. Von der alten Ziegelei blieb nur der erst vor wenigen Jahren neuerstellte Ziegelofen mit der Ofenhalle bestehen. Es wurden eine neue Fertigungshalle mit Trocknungsanlage und umweltfreundliche Arbeitsplätze geschaffen.

Die Familie Jöns, die jetzt das Ziegelwerk Innien besitzt, ist eine alteingesessene Zieglerfamilie. Am Stadtrand von Schleswig gibt es große Tonvorkommen, die 1864 Anlaß zur Gründung einer Bauernziegelei wurden. Im Gegensatz zu den geologischen Verhältnissen im Aukrug sind dort die Vorkommen so mächtig, daß sie noch für weitere 100 Jahre reichen. Man begann damals, genau wie in Bargfeld und Böken, mit der Herstellung von Handstrichziegeln, indem man Ton und Sand so intensiv mischte, daß sich die Masse leicht von Hand in eine Form aus Holz streichen ließ, unter freiem Himmel trodcnete und dann in einem Feldbrandofen gebrannt werden konnte. Es erscheint dem Chronisten interessant genug einzufügen, daß man vom Landesmuseum für Frühgeschichte im März 1974 auf dem Werksgelände vom Werk Pulverholz eine Urform des Feldbrandofens nachgebaut und in Betrieb genommen hat. Dieser Erdofen wurde mit Buschholz befeuert und durch die besondere Bauweise des Ofens in ihm eine Temperatur von 700 Grad erreicht.

1881 übernahm Jürgen Jöns die Bauernziegelei und baute sie zum modernsten Werk der damaligen Zeit aus. 1919 folgte ihm sein Sohn Peter Jöns. Er modernisierte den Betrieb weiter durch den Einbau eines Hoffmannschen Ringofens, einer bahnbrechenden Neuerung; er faßte 200 000 Ziegel!

1962 starb Peter Jöns, und 4 Wochen nach seinem Tode vernichtete ein Großfeuer fast den gesamten Betrieb. Seine beiden Nachfolger, Hans-Peter und Wilhelm Jöns, bauten gemeinsam das Werk wieder auf. 1968 erwarben sie die Herstellungslizenz von POROTON, einem porosierten Ziegel, der alle Vorteile eines modernen Baustoffes mit den Vorzügen des altbewährten Ziegels in sich vereint.

Dem Ziegelrohton wird vor dem Verpressen Styropor in Form feinster Perlen beigemischt, die während des Brennprozesses ohne chemische Rückstände verbrennen und eine hochgradige, rissefreie Porosierung des Ziegelmaterials bewirken. Durch dieses Verfahren wird eine hohe Wärmedämmung mit hoher Druckfestigkeit erreicht. Gleichzeitig wirken POROTON-Wände wärmespeichernd, schirmen das Haus gegen Außentemperaturen ab, gleichen deren Schwankungen durch gespeicherte Wärme im Hausinnern wie eine Klimaanlage aus und schaffen ein gesundes Raumklima. POROTON ist frostbeständig und weist die geringste Dauerfeuchte auf.

Der Erfolg mit POROTON war so groß, daß man sich 1972 entschloß, die Kapazität durch Zukauf und Umbau des Ziegelwerks Innien, Aukrug, zu erweitern, da dieses Werk durch seine günstige Lage in der Mitte Schleswig-Holsteins vorteilhaften Absatz verspricht.

Produziert werden Formate von 1 bis 16 DF, d. h. Großblockziegel in einer Größe bis 49,5 x 24,0 x 23,8 cm. Die Produktionszahlen liegen bei 24 000 Tonnen gleich 20 Millionen Ziegel jährlich. Die Firma Jöns hat jetzt auch in dem Werk Innien einen guten Stamm von Mitarbeitern, die sich alle bemühen werden, auch in Zukunft gute Ziegel zu produzieren.

b) Ziegenkäse aus Bargfeld

Die ehrwürdige Bargfelder Meierei, die am 31. Dezember 1977 zum großen Bedauern der Mitglieder ihre Pforten schließen mußte, brauchte sie nur halb zu schließen, denn neues Leben will sich in den schon stillen Maschinenräumen regen. Nicht ein Betrieb, wie ihn das bald geschichtsträchtige Gebäude jahrzehntelang gesehen hat, soll wieder lebendig werden, wohl aber erneut eine Verarbeitung von Milch — Ziegenmilch!

Ziegen und Ziegenmilch sind im Aukrug nicht unbekannt. In den schlechten Zeiten zwischen den beiden Weltkriegen wurden in unseren Dörfern viele Ziegen gehalten, auch wenn gespöttelt wurde: Ziege, die Kuh des „kleinen Mannes". An damals reichlich vorhandenen Weg- und Grabenrändern fanden Ziegen immer noch ihre Nahrung, und ein gewisser Heu-, Rüben- und Schrotvorrat sicherte auch die Winterfütterung. So konnte mit wenig Geldausgaben die Milch- und Butterversorgung der Familie durch einige Ziegen gesichert werden.

Infolge der gepflegteren Wohnweise in der Zeit des wachsenden Wohlstandes wollte man keine Ziegenställe und nicht mehr die Mühe der Ziegen' haltung; man konnte Milch und Butter kaufen, ohne sich einschränken zu müssen, und Zuteilungen an Milch und Fett kannte man nur noch vom Hörensagen.

Nun gibt es fast keine Ziegen mehr im Aukrug. Wie kommt man dann aber zur Anlieferung von Ziegenmilch?

Der neue Besitzer der Bargfelder Meierei, Walter Münster, früher in Sparrieshoop bei Elmshorn, ist, was die Anlieferung und Verarbeitung von Ziegenmilch angeht, optimistisch. Vor einigen Jahren hat er in seinem früheren Wohnort mit behelfsmäßigen Einrichtungen eine Ziegenkäseproduktion entwickelt. Voraussetzung war natürlich eine gesicherte Anlieferung von Ziegenmilch und ein gesicherter Absatz von Ziegenkäse.

Der Beginn war so erfolgversprechend, daß die behelfsmäßige Einrichtung nicht mehr genügte und eine größere Produktionsstätte gefunden werden mußte. Die noch mit allen Einrichtungen der Milchverarbeitung ausgestattete Bargfelder Meierei bot sich geradezu an. Die zentrale Lage mag die Milchanlieferung begünstigen. Ob und in welchem Umfang sich die Verbraucher dem Verzehr von Ziegenkäse zuwenden werden, bleibt die für den Bestand des Unternehmens entscheidende Frage. Absatzgebiete sind gegenwärtig der Raum Hamburg, Hannover, Schleswig-Holstein und auch schon Nordrhein-Westfalen. Die Milch kommt aus den Kreisen Rendsburg-Eckernförde, Dithmarschen und Steinburg. Hersteller Münster hofft, daß gesteigerte Nachfrage auch zu gesteigerter Anlieferung durch vermehrte Ziegenhaltung führen wird. Es ist ihm zu wünschen! Im Anfang werden wöchentlich 2500 kg Milch verarbeitet. Der Hersteller hofft, noch in diesem Jahr die 100 000-kg-Grenze zu erreichen. Am 8. April 1978 wurde die Produktionsstätte für Ziegenkäse in Bargfeld eröffnet. MdL Fölster hob bei der Eröffnungsvorstellung der Käsesorten die Bedeutung dieser Produktionsstätte hervor und Dr. Gätgens vom Tierzuchtamt in Neumünster sprach über den heutigen Stand der Ziegenzucht in Schleswig-Holstein. Hatte es 1950 noch 16 000 Ziegen gegeben, wurden 1961 nur noch 651 gezählt. Von 1966 bis 1971 hat sich die Zahl der Tiere allerdings fast verdoppelt. So könnte die Ziege zu einem neuen „Wirtschaftsfaktor" werden.