Franzosenzeit in Aukrug

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Ernst Henseler: Aus der Franzosenzeit (1894)

Als Franzosenzeit in Aukrug wurde die Epoche der französischen Herrschaft über große Teile Europas zwischen 1792 und 1815 (Napoleonische Kriege) bezeichnet. Sie wurde oft mit der Regierungszeit Napoleon Bonapartes gleichgesetzt und meinte insbesondere die Zeit der französischen Besatzung großer Teile des damaligen Deutschlands. Sie endete mit Napoleons militärischer Niederlage in der Schlacht bei Waterloo 1815.

Begriffsherkunft

Der Begriff entstand nach dem Ende der französischen Besatzung deutscher Staaten 1815; er wurde für den niederdeutschen Sprachraum durch Fritz Reuters populäres Werk Ut de Franzosentid (1860) geprägt. Teils abwertend verwendet, war er lange Bestandteil der antifranzösisch ausgerichteten Geschichtsschreibung der kleindeutschen Nationsbildung.[1]

Ursachen und Vorgeschichte

Die „Hanseatischen Departements“
Jean Baptiste Bernadotte, Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte (1810–1813). Der schwedische Tronfolger wurde später Karl XIV. Johann, Porträt von François Gérard (Ausschnitt)

In Schleswig-Holstein wird mit Franzosenzeit vor allem der Zeitraum bezeichnet, in welchem Norddeutschland in Eroberungskriege einbezogen wurde, mit denen Napoleon I. Bonaparte ab 1803 nach den Französischen Revolutionskriegen seine Herrschaft in Europa zu erweitern suchte. Die Region war zunächst vor allem wirtschaftlich – durch die 1806 von Frankreich gegen England verhängte Kontinentalsperre – beeinträchtigt. Erst 1807, nach dem Überfall Großbritanniens auf Kopenhagen, gab Dänemark seine Neutralitätspolitik auf, verbündete sich mit Frankreich und zog so die Herzogtümer in die Kriegshandlungen hinein.

An das zu Dänemark gehörende Herzogtum Holstein grenzte ab 1811 das Département des Bouches de l’Elbe (dt.: Departement der Elbmündung, in historischen Quellen auch: der Elbmündungen). Es war das Departement Nr. 128 des ersten Französischen Kaiserreichs und entstand als eines von vier hanseatischen Departements am 1. Januar 1811 infolge der Annexion des Gebietes durch Frankreich und wurde nach dem Sieg der Alliierten am 30. Mai 1814 aufgelöst. Das Gebiet umfasste das Staatsgebiete der vormaligen Freien und Hansestädte Hamburg und Lübeck, das ehemalige Herzogtum Lauenburg, einen Teil des Herzogtums Bremen und das Fürstentum Lüneburg.

Auswirkungen in den Kirchspielen Hohenwestedt und Nortorf

Die Kosaken überqueren die Elbe, Zeichnung um 1814
Mitteleuropa um 1806
Säule zur Erinnerung an den Kieler Frieden, der im Buchwaldschen Hof geschlossen wurde. Sie befindet sich in der Kieler Innenstadt in der Nähe des Kieler Schlosses (Dänische Straße 31

Napoleons Weltmachtspläne, die um 1800 ganz Europa ein Aufregung hielten, verschonten zunächst unser Land, ja, Holstein stand sich anfangs recht gut dabei. Als Napoleon 1803 Hannover, das den Engländern gehörte, besetzte, antwortete England mit der Blockade der Elbmündung. Aller Warenverkehr nach Hamburg mußte nun über Tönning gehen. Von da wurden die Waren auf der Eider nach Rendsburg und von hier auf dem Transitweg nach Hamburg gebracht. Vielen Bauern gab der rege Frachtverkehr erwünschten Verdienst, ja, manche vernachlässigten wegen der Frachtfuhren ihre Landwirtschaft.

1807 änderten sich die Verhältnisse. England fürchtete, Napoleon könnte sich der dänischen Flotte bemächtigen und sie gegen England verwenden. Daher nahm es die dänische Flotte mit Gewalt weg und führte sie nach England. Anfang 1808 schickte Napoleon ein Heer von 32 000 Mann zum Schutze Dänemarks hierher. Es bestand aus Franzosen und Spaniern. Sie benahmen sich, als wenn Holstein ein feindliches Land wäre. Die Dörfer wurden mit starken Einquartierungen belegt. Besonders die Kirchspiele Hohenwestedt und Nortorf hatten zu leiden. Die Truppen zogen durch diese beiden Kirchspiele nach Rendsburg, wo Bernadotte längere Zeit sein Hauptquartier hatte. Pastor Schulze in Hohenwestedt berichtet darüber in seinen Zurückerinnerungen des 1808ten Jahres:

„Das Dorf war Tag und Nacht mit Wagen besetzt, die auf ihre Passagiere warteten, und im Hause und außer demselben war das Gewühl immer sehr rege. Immer ging es hin und her. Diese Unruhe und Belästigung hielt auch lange, und zwar vom Frühling bis in den Herbst an. Eine Übersicht über die Einquartierungen zeigt, daß Hohenwestedt stets gedrängt voll von Militär war. In der Zeit vom März bis zum Dezember waren im Pastorat einquartiert 132 Offiziere (französische, spanische, holländische und dänische), 17 Offiziersdamen mit zehn Kindern und 8 weiblichen Dienstboten, außerdem noch 139 Bedienstete oder Soldaten, also in zehn Monaten 306 Personen. In gleicher Weise und meistens mit viel mehr Mannschaften waren auch die anderen Häuser belegt. Die Kirche war oft Einquartierungsraum für die Kriegsgefangenen, die ihre Mahlzeiten oft an den Gräbern auf dem Kirchhof verzehrten. Anfang des nächsten Jahres verschwanden die ungebetenen Gäste. Amtmann v. Schlanbusch erhob vom Kirchspiel Schenefeld, das von Einquartierungen frei geblieben war, 500 Rthlr, von denen er zwei Drittel an Hohenwestedt, das letzte Drittel an Nortorf überwies."

Auch während der Befreiungskriege stand Dänemark und damit Schleswig-Holstein auf Seiten von Napoleon. Um die Schweden zu gewinnen, hatten die Verbündeten ihnen den Erwerb Norwegens versprochen. Nachdem Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig geschlagen war, zog Bernadotte, der inzwischen Kronprinz von Schweden geworden war, nach Norden, um in Schleswig-Holstein Norwegen zu gewinnen. Sein Heer bestand aus Russen, Schweden und Preußen, besonders Lützower Jägern. Die Dänen zogen sich über Segeberg, Bornhöved und Kiel zurück, um Rendsburg zu erreichen. Bernadotte eilte über Segeberg und Neumünster direkt auf Rendsburg zu. Das Korps Wallmoden zog über Bramstedt und Innien nach Nortorf, wo am 8. Dezember 1813 das Hauptquartier war. Im Gefecht bei Sehestedt am 10. Dezember gelang es den Dänen, sich nach Rendsburg durchzuschlagen. Am 15. Dezember wurde ein fünfzehntägiger Waffenstillstand abgeschlossen.

Der strenge Winter 1813/14 (siehe "Kosakenwinter)" stellte mit ständigen Truppenbewegungen, drückenden Einquartierungslasten und der Vernichtung vieler Vorräte eine extreme Belastung für die Bevölkerung dar. Anfang 1814 wechselte Dänemark auf die Seite der napoleonischen Gegner (Frieden zu Kiel, 14. Januar 1814). Schleswig-Holstein blieb jedoch noch bis zum endgültigen Friedensschluss mit Preußen und Russland am 08. Februar 1915 von fremden Soldaten besetzt. Norwegen ging den Dänen verloren. Bernadottes Plan, ein Königreich Cimbrien zu gründen, kam infolge des schnell geschlossenen Friedens nicht zustande.

Schäden und wirtschaftliche Folgen

Der angerichtete Schaden war groß. Im Januar 1814 wurden in Böken, und wohl auch in den anderen Dörfern, die Schäden festgestellt. Zwei Tage brauchten Lehrer Tiedemann und Bauervogt Jochim Rathjen, um „über jedes Interessenten an den Feindlichen geleistete Requisitionen etc und gewaltsam Entwendetes und dadurch genommenen Schaden ein Protokoll aufzunehmen". Leider fehlten im L. A. Schleswig die Verlustlisten des Kirchspiels Nortorf, während die von den anderen vorhanden sind. Tiedemanns Tagebuch (Allerleibuch), das er erwähnt und das uns wohl mancherlei aus der Kriegszeit erzählen könnte, ist wohl längst vernichtet. Langheim (8) berichtet, daß das Kirchspiel Nortorf 297 Perde, 389 Rinder, 112 Schweine, 254 Schafe verloren habe. Mit sonstigen geraubten Sachen beziffert er den Verlust auf 149.000 rbt[2]. Die Einquartierungskosten beliefen sich auf 44 605 rbt. So war ein Verlust von knapp 200 000 rbt entstanden.

Nach dem Krieg erhielten die Bauern einige Entschädigung für die Verluste: Böken erhielt für Vieh und sonstige Verluste 440 rbt und für Requsisitionen 974 rbt, Bünzen 290 und 530, Innien mit Bucken 325 und 690, Homfeld 490 und 680, Bargfeld 370 und 320 rbt. Es soll damit nur ein Achtel der Schäden vergütet worden sein. Im Frühjahr 1814 brachen im Aukrug die Masern aus. In Böken starben im Verlauf von reichlich vier Wochen 27 Kinder. Im Kirchspiel Nortorf sind in dem Jahr 137 mehr gestorben als geboren. (9).

Am 8. Januar wurde Nortorf verpflichtet (10), zur Unterhaltung des Lazaretts in Neumünster beizutragen. Als Neumünster nun forderte, daß Nortorf auch zu den vorher entstandenen Kosten beitragen sollte, weigerte es sich mit der Begründung: Das Kirchspiel Nortorf hat vor allen anderen Distrikten äußerst viel gelitten, nicht nur hat es an beständiger übergroßen Einquartierung und den damit verbundenen Verpflegung-Lieferungs-Fuhren und anderen Verbindlichkeiten, die Erpressungen und Plünderungen ungerechnet, ungemeine Lasten getragen, sondern es hat selbst ein Militär-Lazarett reichlich drei Wochen hindurch bis ungefähr Neujahr 1814 unterhalten müssen. Nach der Schlacht bei Sehestedt wurde ein großer Teil der Verwundeten zu Nortorf untergebracht. Die Kirche mußte eingeräumt werden, und da in der Geschwindigkeit weder die Zahl der geforderten Bettstellen noch Bretter zur Verfertigung derselben herbeigeschafft werden konnte, wurden Bänke und Stühle aus der Kirche herausgerissen und daraus die erforderlichen Bettstellen verfertigt. Demnächst mußten Betten, Matratzen, Strümpfe, Medizin und Lebensmittel herbeigeliefert werden, welches alles von den Eingesessenen des Kirchspiels Nortorf einseitig ohne Beihilfe anderer drei Wochen hindurch abgehalten worden ist.

Wegen dieser Not baten die Vollmachten (10), die fälligen Steuern in Terminen, deren erster erst im nächsten Jahre liegen sollte, abtragen zu dürfen. Sie begründen ihre Bitte mit ähnlichen Angaben, wie sie eben genannt sind. „Der größte Teil der Eingesessenen hat die ganze Ernte an Korn, alles, was sie an Holz und Feuerung hatten, den größten Teil ihres Viehes verloren. Was die Einquartierung übrig gelassen, ist eine Beute der Viehseuche geworden, die noch zur Zeit in mehreren Dörfern ihre Verheerungen fortsetzt. Die beständigen Fuhren haben Wagen und Pferde teils vernichtet, teils sind sie genommen, und beständigen Erpressungen ausgesetzt, ist das bare Geld bis auf den letzten Schilling weggegangen. Die meisten Eingesessenen wissen nicht, wo sie Vieh und Pferde und Wagen, um notdürftig den Ackerbau zu betreiben, wieder hernehmen sollen, ja wie sie selbst sich nur mit ihrer Familie durchhelfen sollen. Von allem Gelde und von allen Mitteln Geld zu machen entblößt, ist es ihnen nicht möglich, Abgaben zu bezahlen. Wollte man selbst zur Beitreibung der Abgaben die Auspfändung vornehmen, so könnte man die Betten, worauf sie schlafen, ihnen nehmen und das übrige Vieh, was noch übrig ist, allein die Abgaben werden aus dem Verkauf dieser Stücke doch nicht bezahlt, und dann wären die Eingesessenen von allen Mitteln zur Betreibung des Ackerbaues entblößt, auf viele Jahre ruiniert, denn wenn sie kein Korn bauen, so kann in künftigen Jahren gar nichts bezahlt werden (7. März 1814).

Im Juli 1814 wurde die Bezahlung der Reichsbankzinsen gefordert und bei Nichtbezahlung die militärische Exekution angedroht. Wieder müssen die Vollmachten um Rücksichtnahme und Aussetzung der Zahlungen auf drei Jahre bitten (10). „Die Anschaffung der notdürftigsten Pferde und Wagen, um den Ackerbau betreiben zu können, hat von den meisten nicht bezahlt werden können, sondern wo es wirklich angeschafft ist, hat es auf Kredit geschehen müssen. Ebenso ist es mit der Anschaffung der Sommersaat und der Lebensbedürfnisse der Fall gewesen. Auf den Ertrag der diesjährigen Ernte ist soviel Bezahlung angewiesen, daß, wenn sie auch die reichlichste wäre, der Wert nicht hinreichen würde. Schon die Bezahlung des Saatkorns nimmt einen großen Teil der Ernte hin, und der Rest kann nur notdürftig hinreichen, die Familie zu unterhalten. Arbeiten der Schmiede und Rademacher kann man nur gegen bares Geld bekommen, da jeder Kredit verschwunden ist. Es steht nicht in der Macht der Leute, die Mittel zur Bezahlung der Bankzinsen zu beschaffen. Pfändet man bei ihnen, so werden die Hufen zum Konkurs getrieben. Die Armut wird sich so verbreiten, daß die Armenkassen nicht hinreichen würden, die Leute zu unterhalten. Die königlichen Kassen würden dabei natürlich ihre Einkünfte zum größten Teil verlieren (27.September 1814).

Zu dieser Not kamen noch in den Jahren von 1816-1834 viele Mißernten. 1834 regnete es in der Erntezeit täglich von morgens 6 bis abends 8 Uhr. Nachts mußte die Ernte so gut geborgen werden, wie es möglich war. Der Buchweizen mußte aus dem Wasser auf der Koppel getragen werden. Die Folge von allem waren sehr häufige Konkurse. In Böken gingen von 1808 bis 1835 6 Besitze, in Innien 5, in Bargfeld 3, in Bünzen und Homfeld je ein Besitz konkurs. Andere Hufen standen so schlecht, daß die Besitzer frei verkaufen, um wo möglich das Verlehnt zu retten. Hinrich Rathjen in Böken mußte 1835 verkaufen, da ihm 400 Mk, die er nicht beschaffen konnte, gekündigt waren. Viele blieben mit ihrer Steuerzahlung im Rückstand. Der Besitz von Timm in Bünzen, der, wie das vorhandene Steuerquittungsbuch zeigt, sehr regelmäßig die Steuern bezahlt hatte, blieb 1816 schon 66 rbt rückständig. 1822 und 1823 konnte er überhaupt keine Steuern aufbringen. Erst 1828 waren alle Rückstände getilgt.

Ähnlich stand es bei dem Bauervogt Jochim Rathjen in Böken, dessen Steuerquittungsbuch von 1808-1828 bei Hermann Rathjen aufbewahrt ist.

1808 mußte er 55 Rthlr 20 ß zahlen. Dazu kamen noch etwa 12 Rthlr Herrengeld, 1 Tn Roggen und Hafer, 800 Pfd Heu und Stroh und die Amtsumlage (Kreislasten), die 1809 rund 11 Rthlr betrugen. 1809 fangen die Steuerrückstände mit 18 Rthlr an. 1810 blieb er alle Steuern schuldig. 1815 sollte er 209 rbt zahlen. Davon wurden ihm für geleistete Kriegsfuhren fast 47 rbt angerechnet, nur 7 rbt konnte er bar bezahlen. 1816 war er 231 rbt schuldig, 119 rbt zahlte er in Bons, die er für Kriegsschäden erhalten hatte, 25 rbt gab er in Silber. Er blieb 51 rbt schuldig. 1817 waren es schon 70 rbt, 1818 aber 144 rbt. 1819 war die Schuld auf 208 rbt,1820 auf 258 rbt angewachsen. Ab 1821 ging es ihm besser, er hatte die Schulden bis auf 69 rbt abgetragen, wohl durch Zahlungen für erlittene Kriegsschäden. In den nächsten Jahren blieben noch kleine Rückstände. Erst 1826 heißt es: pr. Saldo: Nichts! 1827 betrugen seine Steuern 76 rbt.

Wie groß die Steuern überhaupt waren, zeigt eine Aufstellung über die Kaacksche Hufe in Böken (12) (jetzt Kaiserhof), die 1831 von Hans Joachim Kaack aus Schülp gekauft wurde. Bei der Hufe waren 82 Steuertonnen Land, taxiert zu 60 rbt die Tonne = 4920 rbt. Das Inventar war sehr mangelhaft: 2 Pferde, 2 Kühe, 3 Starken, 1 Kalb, 2 Wagen, 1 Pflug, 1 Egge, Kleinigkeiten und die Ernte. Der Kaufpreis betrug 2300 Mk Courant = 1226 rbt. 64 bs. somit nur 1/4 des Taxwertes zur Grund- und Benutzungssteuer. An Steuern waren zu bezahlen: Herrengeld 13 rbt 25 bs, Kontribution 36 rbt 84 bs, Grund- und Benutzungssteuer 20 rbt 48 bs. Dazu kamen Amtsunkosten, Kriminalgelder, Physikatstaxe, Zucht- und Werkhausgelder, Reuterpferdegelderzulage, Armenbeitrag, Brandkassenbeiträge, Kirchen- und Schulumlagen, Beiträge für die Hebamme, Brücken- und Wegebesserung, Magazinkorn und Fourage, extraordinäre Kontribution und Lieferungen in unbestimmter Höhe. 1843 betrugen diese unbestimmten Abgaben ohne Kirchen-, Schul-, Amts-, Gemeinde- und Armenlasten 25 rbt. Mit den Bankzinsen dürfen wir die Steuern auf etwa 105 rbt schätzen. Das wären reichlich 8 Prozent der Kaufsumme.

Folgewirkungen und heutige Bedeutung

Die Napoleonischen Kriege hatten ganz Holstein mit militärischen Einquartierungen, Zwangsverpflegung von Truppen und Pferden, Requirierungen von Vieh und Material, körperlichen Misshandlungen, Plünderungen und Flurschäden zu einer völligen Überlastung der Bauernstellen, der Zerstörung und Aufgabe zahlreicher Höfe, der Verarmung der Dörfer, dem Ausbruch von Seuchen (Fleckfieber, Ruhr, Typhus) und einer hohen Sterblichkeit geführt.

Die „Franzosenzeit“ trug auf lange Sicht zum Entstehen des Einheitsgedankens und des Nationalbewusstseins in den deutschen Staaten bei. Die vielen Regionen mit ihren verschiedenen Dialekten fanden sich im Kampf gegen die Besetzung in einer gemeinsamen antifranzösischen Definition von „deutsch“ oder „Freiheit“ wieder. In den Befreiungskriegen wurde die Wehrpflicht nach dem Vorbild der levée en masse von General Gerhard von Scharnhorst im Rahmen der explizit gegen die französische Besetzung formulierten preußischen Heeresreform auch in Preußen eingeführt. Auf dem Wartburgfest im Jahre 1817 formierte sich die Bewegung vieler seit 1813 neu gegründeter studentischen Burschenschaften und Studentenverbindungen. Die Farben Schwarz-Rot-Gold nach dem Vorbild der Uniformen des Lützower Freikorps wurden zum Symbol dieser Bewegung.

Einzelnachweise

  1. Armin Owzar: Vom Topos der Fremdherrschaft zum Modernisierungsparadigma. Zur Einführung. In: Gerd Dethlefs, Armin Owzar, Gisela Weiß (Hrsg.): Modell und Wirklichkeit. Politik, Kultur und Gesellschaft im Großherzogtum Berg und im Königreich Westphalen (= Forschungen zur Regionalgeschichte. Bd. 56). Paderborn 2008, S. 10 ff.
  2. Der Rigsbankdaler (zeitgenössisch deutsch Reichsbankthaler [RBTh. oder rbt]) war in einer kurzen Phase der dänischen Währungsgeschichte von 1813 bis 1854 die Währungseinheit im dänischen Gesamtstaat. Während dieser Zeit standen die Herzogtümer Schleswig und Holstein sowie Norwegen und Island unter Oberhoheit des Königs von Dänemark. Der Rigsbankdaler wurde 1854 vom „Rigsdaler R.M.“ (für dän. Rigsmønt, deutsch Reichswährung) abgelöst.