Archiv:Aberglaube um 1600 (1913)

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Aberglaube um 1600.

Der Aberglaube, der noch heute nicht ganz verschwunden und im „Raten“ und Benutzen der „Wunderdoktoren“ u. a. noch heute gelegentlich seine Blüten treibt, ist in seiner Hauptsache ein Ueberbleibsel aus heidnischer Zeit. Die sich immer mehr ausbreitende Volksbildung räumt allmählich ein Stück nach dem andern fort.

Die Zeit des krassesten Aberglaubens reicht von der Reformationszeit bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts. Besonders die Hexen und ihre Uebeltaten spielen in diesem traurigen Kapitel eine besondere Rolle, und Hexenverfolgung und Hexenverbrennung war in den Augen aller damals lebenden ein verdienstvolles, gottwohlgefälliges Werk. Ob Leute aus unserer Gegend ihnen zum Opfer gefallen sind, ist unbekannt. Die Akten des Klosters über Hexenprozesse sind vernichtet. Daß dieser Aberglaube aber auch hier im Schwange war, beweist uns ein 1587 von dem Nortorfer Pastor Samuel Meigerius (Meier) herausgegebene Buch: De Panurgia Lamiarum, Sagarum, Strigum ac Veneficarum, totiusque cohortis Magicae Cacodaemonia libri tres, dat ys: Nödige und nütte underrichtinge 1. Van der der Töueschen geschwinden list und geschicklichkeit quadt tho doende. 2 Unde dat Töneri eine Düulsche Sünde sy etc. Hamborch 1587.

Samuel Meigerius oder Meier war der Sohn des Pastors Johann Meyer in Rendsburg. Dieser war in Hamburg Prediger gewesen und soll als erster Pastor Hamburgs in den Ehestand getreten sein. Er hatte in Nordstrand die Reformation durchgeführt und war 1532 in Rendsburg von den Bürgern zurückgehalten, um auch hier die Reformation durchzuführen. Samuel Meier berichtet selbst, daß er in Kopenhagen studiert und dort u. a. Johann Bugenhagen als Lehrer gehabt habe. Er kam 1555 nach Nortorf und hat dort bis 1610 gelebt. Von seiner Hand liegt im Nortorfer Archiv ein Verzeichnis der Einkünfte des Nortorfer Pastorats von 1605.

Aus dem obengenannten Buch entnehme ich:

I. Bauernregeln.

„So hebben wi ock onse obseruationes Rusticas eder Burenpractica / dat etlike tyde onde dage im jare syn / in welckerem dat Beer / so denne gebruet werdt duersamer ys ond länger waret alse tho anderen tyden / alse wat omme Michaelis ondt in dem Marcien gebruwet wert ys bestendiger ond duersamer alse dat sonsten tho andern tyden wert gemaket. Item dat holt omme de tidt gehowen / ys duesamer ond alse Vitruvius wil / alle buwholt / dat ym afbrekende des Manes gehowen werdt / ys onuergenckliker also sonst. Voroth wenn men holdt tho buwende vellet / den lesten dach ym Jare / schal datsueluige onnergencklick syn. De Cörper ock / de opden dach steruen / schölen auerlange in der Erden liggen ehr se vorwesen / alse men gisset / dat Köninck Olaus in Norwegen opp den dach gestoruen sy / dewyle syn lichnam na langen tyden in der Erden onnorseriget sy gefunden. De Buwluede hebben ere besunderigge dage angemercket / darna se sick ym seyende hebben gerichtet / ua der olden Buren regel: Seye Korne AEgidy (1. Sept.), Garsten, Haueren Benedicti (21. März), Seye Erfften Gregory (9. Mai), Linsen / Wicken Philippi (1. Mai), Seye Hennep (Hanf) Vrbani (25. Mai) etc. llse ock de olden hyr tho lande Bonifacy (14. Mai) tydt geholden den Boeckweiten tho seyende alse wen de meiste kuelde herdal ys / de de Boeckweite nicht vordragen kan Alse ys Medardi dach (8. Juni) vorlangest angemercket worden / dat dat wedder in der Ahrne sick gerne also werde vorholden alse ydt sick den dach auer schicket alse ick ock etlike Jare her war befunden."

„Von Johannis (24. Juni) ond Jacobi (25. Juli) dagen hebben se ere verdele van der Eckermast onde Boekmast efft se gedyen schölen edder nicht onde wo ydt vor middage op de beiden dage regenet / so ys weinich hapen vom bestände der Mast wo vullenkaemliken ydt sick. ock hebbe sehen laten. So ydt an Margreten dage (10. oder 12. Juli) regenet misgedeyen de Nöte ond blyuen doeff. Alse sick Vastelauendes dach ym wedder schicket tüht de Sommer gerne dem sueluigen na. So Petrus ond Mathias in der Vasten (22. u. 24. Februar) gelick wedder holden, gedeyet des Jares de Winterrogge wol i wo nicht mysgeradet he. Wen ydt Marien Berchganck (15. August) regenet volget darux gerne söß Weken ein onbestendich doch mererdeles regenhaftich wedder Wen op Martini dach de Suenne schinet vorhapen se opt volgende Jare eine gude Mast / onde andere anmerckinge mehr[1].

II. Heidnische Ueberbleibsel.

„Men vindet hen onde wedder hyr im Lande op den Tuenen steken Perde edder Ossen koeppe daran se ongetwiuelt bylouen[2] hebben welckes ick nich hebbe eruaren koenen7 ane dat se allene thom schine overwenden dat sick in sodane doden Koeppe wol ermals schoelen Adderen gelecht hebben; de dat Vehe wenn se dartho roeken gesteken onde gedödet schoelen hebben deme voerthokamende nemen se desueluigen ond steken se op de Tnene. Doch my düenket, dat dar noch wat anders achter schule.“ (Es war das die alte heidnische Sitte, mit den Köpfen der Opfertiere die Zäune des Gehölzes zu schmücken.) II. 1.

III. Die Hexen tun fromm und gehen viel zur Kirche.

„Dergeliken eine vor weinich tyden in mynem Caspel gewesen de erst ond latest in der Kercken was se so flitigen der Predige thohoerede dat ick meinde se were ein hillich Engel dar ydt sick doch doch beuandt dat se ein Ertztoeuersche on Meisterinne veler schölerschen gewesen. Welckere de Dueuel daruan halp do se der Overicheit denere wolden gripen doch entlick lonede he se na syner wyse aff dat se in einem dicken Ellerbroke an einer starcken Wichelen an einer hogen Elleren vpgehangen gefunden wort dar se allene ome des Dueuels huelpe nich hedde anstigen koenen.“ II. 2.

IV. Schilt der Prediger auf Hexen, so bezaubern (behexen) sie ihn:

Alse my dersuluen geringesten dener einem by lichten dage dyt bouenstücke van sodanen lueden wedderuaren ys de myner Personen leuer suelnen weren noeger getreden wenn se ydt hedden dhon könen. Se hebben my vuerst dre Veltsteine vp eines Perdestalles suell gelecht de ick etliken miner Naber getöget eer ick se wechgenamen. Hebbe auerst na der tidt nein Perdt im Stalle gesundt beholden moegen. Werden se darin getagen, so werden se tho schanden geraden in böse onardt werden sick viendt alse weren se rasende/ vallen vp einander im Stalle7 werden ock vor dem Wagen löepesch dat ick in demsuelnen Stalle nein Perdt dat auer eine nacht edder twe darinne steit ane schaden kan beholden. Ane dat ick ere boeßheit ond des Dueuels gewalt mermals wol hebbe eruaren/ ond von herten Gade dancke de my ond de mynen in düsse stunde gnedichliken beschüttet hefft de rechtuerdige Richter wert se wol vinden de synen Deneren vyendt syne ond dat Wordt vorachten.“ II. 2. So schaden sie Pferden, Kühen, Schweinen, auch dem Acker und den Feldfrüchten.

V. Bezaubern eines Baumes.

„Idt hefft sick in mynen Patria im Ampte Rendesborch im Kaspel Schoeneuelt omme dat Jahr 1570 ongeuere omme Philippi ond Jacobi thogedragen dat etlike Toeuerschen mit gespunnenem Hennipflessenem Garen dat starcke was ond nicht lichte breken wolde im Valerohe holte twischen Wacken ond Vale twoelff Boeme bespunnen hebben. De allerhoegeste Wippel ond kleinen Twige syn ock bespunnen gewesen / dor neinem Minschen mit ledderen henan tho stigende were moegelick gewest. Welckes velen erliken Lüden hyr bekannt ond hefft de eddele ond erenueste Christoffer Rantzouius seliger onde milder gedechtenisse damals im sueluigen Ampte vorwalter on Foerstlike Amptmann dessueluigen Garnes my mitgedelet onde seen lathen7 darmit se de Mast etlike Jar tho vorhinderen onde optho holdende willens syn gewesen.“ II. 7.

VI. Verschwinden der Waldmast.

„Dewyle uu ane dat de Minfchen yegen de hogen gauen Gades alltho ondanckbar syn willen nichtes daruan den Armen quennen de Quericheit ritt alles tho sick / vorkofft den Vuderdanen sodane gaue Gades thom dueresten dat dennoch de leue frame milde Gott in commune bonum, intgemene beste bescheret ond wassen laten hefft: daruemmen geit ock Gades floeck auer de Boeme ond dar voermals vast alle Jar Mast was dewile den Vuderdanen ond den armen voer de geboere darmit gedenet woerde dar gheit se nu mehr aff ( ond gifft de HEre den segen selden dewyle men nich weet, wo duere men densueluigen wille othoekeren ond wo sehr men de armen luede mit schüttende will plagen wenn dar wat gewesen ys.“ II. 7.

„Idt is my ein Exempel wol bekant dat de Luede in einem dorpe de op eine tidt schöne Eckermast hadde by sick int gemene beloeten dat onder en keiner em froemde Swin vp de Mast von nemande scholde annehmen ane de vor yeder Swin einen dicken daler ond eine vette Goeß geuen wolde. Do se sick nu des beslaten hadden gedachte de HEre ein anders ond ond leet einen untydigen frost kamen darmit dat Eckeren gantz ond all verfroer ond tho nichte wort dat noch se suelnen noch froemde gudt daruan kregen.“ II. 7.

Hexen gab es überall. Aus Homfeld ist uns vom Jahr 1640 „Trine Kadde zu der Name einer verdächtigten Frau aufbewahrt. Humfeldt Claget, daß Claus Trede zu Humfelt Ihr für eine Zaubersche = Hexe) gescholten ond mit einen Fuß gestoßen"!). Der Hexenglaube und die Hexenverfolgungen hatten damals aber schon an Heftigkeit verloren, sonst würde schon solche Anschuldigung das arme Weib auf die Folter gebracht haben und sie hätte unter den Folterqualen alles bekannt, was man von ihr wissen wollte. Nun aber durfte sie diese Anschuldigung als eine Beleidigung bei der klösterlichen Obrigkeit zur Anzeige bringen und Trede wurde zu 1 ß Brüche verurteilt.

Fußnoten

  1. S. Meyer: De Panurgia lamiarum. I. Bok, III. Cap.
  2. Aberglaube.