Archiv:Auf den Spuren der Lübschen Trade

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Auf den Spuren der Lübschen Trade eines mittelalterlichen Verkehrsweges zwischen Lübeck und Dithmarschen, Landeszeitung vom 24. Oktober 1936

Schleswig=Holstein hat infolge seiner besonderen Lage zwischen Nord= und Ostsee und seiner Eigenschaft als völkerverbindende Brücke zwischen Skandinavien und Mitteleuropa auch in verkehrspolitischer Hinsicht immer eine eigene Rolle gespielt. Auf dem Ochsenweg, der von Dänemark über Rendsburg nach dem Süden führte, flutete im Mittelalter wie schon Jahrhunderte lang vorher der Hauptverkehr in nord=südlicher Richtung. Dabei war Rendsburg der wichtigste Ein= und Ausgangspunkt zwischen Schleswig und Holstein. Hier war ein Übergang über die Eider, und von hier führten zwei Straßen nach dem Süden, eine über Itzehoe nach Hamburg, die andere über Neumünster nach Hamburg. Welche gewaltige Bedeutung diese Verkehrswege hatten, mag daraus hervorgehen, daß 1611 nicht weniger als 52 000 Ochsen vom Norden her über Rendsburg südwärts getrieben wurden.

Als Lübeck durch das Vordringen deutscher Kolonisation nach Osten sich zu einem bedeutenden Machtzentrum entwickelt hatte, gewann es auch als Handelsplatz große Bedeutung. Einer der großen Handelswege von Lübeck aus, der den Verkehr mit Dithmarschen ermöglichte, war die Lübsche Trade. Auf diesem Weg bezog Lübeck große Mengen Korn aus Dithmarschen, die es gegen Pelze aus dem Osten tauschte. Durch den Pelzhandel wiederum hatte man Austauschmöglichkeiten mit flandrischem Tuch. Für diesen Kornhandel also war die Lübsche Trade von großer Bedeutung, und in der Reformationszeit fuhren sogar Wochenwagen von Lübeck nach Dithmarschen.

Eine solche Verkehrsstraße in jener Zeit wurde nicht planmäßig angelegt, wie wir es etwa heute bei den Autobahnen sehen, sondern sie entstand einfach aus den Gegebenheiten einer guten Verbindung zwischen zwei Orten. Infolgedessen war auch von irgendeiner Unterhaltung keine Rede. Man legte sie daher so an, daß sie schwieriges Gelände möglichst vermied und bei Bachübergängen möglichst die natürlichen Furten benutzte. So benutzte die Lübsche Trade die Wasserscheide zwischen der zur Eider fließenden Gieselau und der zur Elbe fließenden Holstenau. Sie kam von Ehndorf, führte an den Dithmarscher Bergen vorbei, wo 1317 Gerhard der Große die Dithmarscher besiegte, als sie von einem Beutezug zurückkehrten. Bei Bünzen führte der alte Weg über das schmale Autal, machte dann aber einen Bogen nach Süden, um die mit sumpfigen Wiesen erfüllten Täler der Buckener Au und der Reher Au zu umgehen und berührte Bargfeld.

Zwischen Bünzen und dem Wegestück, das heute noch als Lübsche Trade bezeichnet wird, führte der alte Verkehrsweg an den Tönsbergen vorüber, bog bei Tannenfelde nach Meezen ab, führte am Voxberg vorbei, und zog sich dann durch Meezen, Tannenberg bis nahe an Silzen, Ohlenjahn nach Jahrsdorf, Reher, Puls, Ohrsee, Gokels und Burg Keller nach Dithmarschen. Die alte Burg Keller lag bekanntlich südwestlich von Jahrsdorf bei dem Wirtshaus Keller.

Heute sind von dem einst so bedeutenden Weg nur noch einzelne Teilstücke vorhanden. Keine Chaussee, nicht einmal ein Fahrweg entspricht heute dieser alten Straße. Durch die Einkoppelung sind ihre Spuren teilweise völlig getilgt. Ihr Name ist nur an der Straße Bargfeld—Meezen noch haften geblieben. Es macht daher besondere Freude, einmal den wenigen noch erhaltenen Teilen der Lübschen Trade nachzuspüren, die Lehrer Reimer in Böken, ein ausgezeichneter Kenner des Aukruges, uns freundlicherweise zeigt.

Von Ehndorf her nach Bünzen schlängelt sich gemächlich ein Stück der alten Lübschen Trade durch den Wald. Zwischen hohen dunklen Tannen liegt der alte Weg da, breit ausgefahren, zum Teil von den Seiten her wieder etwas zugewachsen, ein rechter behäbiger Sandweg mit vielen nebeneinander laufenden Radspuren. Auf ihm fährt man heute wie wohl auch in alten Zeiten in gemächlichem Tempo. Am Ende des Tannenwaldes tritt der alte Weg in die offene Heidelandschaft ein. Rechts grüßen ihn wie in alten Zeiten die Dithmarscher Berge, jene drei mit Heidekraut überwucherten Hünengräber, bei denen Gerhard der Große 1317 mit den Dithmarschern die Klingen kreuzte.

Wenn wir dem alten Weg weiter folgen, so stoßen wir auf den Bredenbek, einen kleinen Bach, der in die Bünzener Au führt. Hier läß sich noch eine alte Furt erkennen, an der der Bach früher überquert wurde. Später, im Jahre 1782, wurde eine massige steinerne Brücke über das Wasser geschlagen. Sie besteht aus 14 schweren Decksteinen, die wahrscheinlich von dem Bargfelder Opferstein stammen, der im gleichen Jahre gesprengt wurde. Diese massive Brücke erfüllt auch heute noch völlig ihren Zweck und wird ihn voraussichtlich noch einige hundert Jahre erfüllen können.

Als nächstes Hindernis legt sich dem alten Weg die Bünzener Au in den Weg, über die heute eine Brücke führt. In alter Zeit mußte auch hier eine Furt zur Überquerung des Baches benutzt werden, deren Spuren noch zu sehen sind. Früher war hier ein bedeutender Stapelplatz für Holz; denn die Au war schiffbar, und die Schiffe fuhren bis nach Bünzen. Nach dem Bahnbau 1876 bestand noch etwas Schiffahrt für den lokalen Bedarf weiter, aber nach der Regulierung der Bünzener Au im Jahre 1885, als eine Schleuse zur Bewässerung der Wiesen eingebaut wurde, war es mit der Schiffahrt ganz vorbei.

Ein letztes Stück der alten Lübschen Trade, wohl das schönste und romantischste, liegt still und verträumt in dem hohen dunklen Tannenwald rund um die Tönsberge. Ein ausgefahrener selten benutzter Sandweg, der kaum noch etwas von seiner alten imponierenden Breite erkennen läßt, schlängelt sich bedächtig durch die Waldeinsamkeit. Er ist schmal geworden der junge Wald mit seiner unverbrauchten Kraft hat ihn zusammengedrängt und überschattet seine Spuren. Völlig zurückgezogen in die Stille träumt er von einstiger Bedeutung und Größe. Es war einmal...

Bergauf, bergab zieht sich der Weg um die Tönsberge, und die Höhenunterschiede sind zum Teil recht beträchtlich. An einer lichten Stelle gibt uns der Wald den Blick frei auf den 76 Meter hohen Boxberg. Von ihm aus hat man eine wunderschöne Aussicht auf die ganze reichbewaldete und abwechselungsreiche Gegend. Die Kuppe des Berges ist kahl, weil die großen Findlinge im Boden sich erfolgreich jedem Versuch einer Kultivierung widersetzen.

Nur üppiges Heidekraut hat ihn ganz überzogen, und zur Zeit der Heideblüte ist der Boxberg ein wundervolles Ausflugsziel. Seine Abhänge zieren einige hübsche Birkengruppen und umrahmen einige flache Senken. In einer dieser Senken hat man vor einigen Jahren sogar eine Freilichtaufführung durchgeführt.

Von der Lübschen Trade aus sieht man den Boxberg in seiner ganzen eigenartigen Schönheit vor sich liegen. Das wird auch in alten Zeiten so gewesen sein. Heute ist die Lübsche Trade vergessen. Sie war es eigentlich schon im 17. und 18. Jahrhundert, als Lübecks Stern im Sinken war, als es seine überragende Bedeutung verloren hatte. Nur der Name und einige kurze Wegstrecken erinnern an den alten Weg des Mittelalters und seine große Zeit.