Archiv:Der landwirtschaftliche Verein an der Bünzau
Der landwirtschaftliche Verein an der Bünzau
Wir hörten bereits, daß der erste Zusammenschluß der Bauern unserer Aukrugdörfer 1869 in Form des "landwirtschaftlichen Casinos an der Bünzenerau" entstand. Über seine Arbeit haben wir berichtet. Wann das Casino seine Umwandlung in einen landwirtschaftlichen Verein beschlossen hat, ist nicht mehr nachweisbar.
Fest steht aber, daß im Jahre 1873 in Bünzen ein landwirtschaftlicher Verein bestand, dessen Vorsitz in Händen des Lehrers Lohse in Bargfeld lag. Er umfaßte damals 71 Mitglieder. Mit der Gründung dieses selbständigen Vereins lockerte sich vermutlich die Bindung an den Hohenwestedter Verein der damals 208 Mitglieder zählte. Dem "Nortorfer landwirtschaftlichen Verein“ gehörten 213 Mitglieder an. Wenngleich auch der Zweck dieses landwirtschaftlichen Vereins schon genügend durch den Namen gekennzeichnet ist. so dürfte es doch angebracht sein, eine in alten Vereinssatzungen gefundene Formulierung der Zweckbestimmung hier anzufügen:
"Der Zweck des Vereins ist die Vervollkommnung jedes Zweiges der Landwirtschaft im weitesten Sinne des Wortes, welcher gewiß am sichersten dadurch erreicht wird, wenn jedes Vereinsmitglied den andern seine gemachten Erfahrungen mitteile und wieder diejenigen Belehrungen und Erfahrungen von den andern zu erlangen sucht, welche ihm selbst fehlen.
Wenn auch Nachrichten und Belehrungen über jeden Zweig der Landwirtschaft wünschenswert sind, so ist es doch nicht zu leugnen, daß für unsere Herzogtümer besonders folgende Gegenstände von größter Wichtigkeit sind:
1. Die Vervollkommnung der Viehzucht im weitesten Sinne des Wortes, nämlich der Pferde-, Rindvieh-, Schaf- und Schweinezucht.
2. Einführung einer auf richtige Prinzipien gestützten und der Lokalität und dem vorhandenen Absatz angemessenen Wechselwirtschaft.
3. Die Vervollkommnung der vorhandenen und Einführung besserer landwirtschaftlicher Geräte."
Darüber hinaus aber haben Sozialprobleme und Fragen der Ausbildung und Weiterbildung der ländlichen Jugend schon frühzeitig in unseren alten landwirtschaftlichen Vereinen einen besonderen Platz in der Rangfolge der einzelnen Aufgabengebiete gehabt; wie auch die allgemeine Förderung des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens, der Kreditwesens, der Transport- und der Verkehrsverhältnisse und des Versicherungswesens zu den satzungsgemäßen Aufgaben der Vereine gehörten. Ein zufällig in alten Zeitschriften der Landesbibliothek, Kiel, gefundenes Protokoll aus dem Jahre 1873 trägt die Überschrift:
"57. Versammlung des landwirtschaftlichen Vereins an der Bünzau in Bargfeld",
in Beweis dafür, wie aktiv dieser junge Verein seit der 1869 vollzogenen Gründung war. 57 Versammlungen in vier Jahren – das sind jährlich 14 Versammlungen; so ernst nahmen es unsere Vorfahren mit ihren Aufgaben, in allen Kreisen der landwirtschaftlichen Bevölkerung für eine umfassende Aufklärung über neuzeitliche Wirtschaftsmethoden zu sorgen. Das nachfolgend wörtlich abgedruckte Protokoll läßt erkennen, wie bedeutungsvoll die Fragen einer verbesserten Wiesenwirtschaft (Berieselung und Düngung) damals vor mehr als 100 Jahren für die Aukrugbauern waren. Die Wanderlehrer des landwirtschaftlichen Generalvereins gaben mannigfache Hilfestellungen. Sie waren immer wieder zur Stellen, wenn sie gerufen wurden. Da der Vorsitzende in Bargfeld wohnte, ist wohl auch Bargfeld immer wieder als Versammlungsort gewählt worden. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß nicht nur Teilnehmer aus den fünf Aukrugdörfern zugegen waren; auch von außerhalb kam man gern zu den Versammlungen nach Bargfeld.
Im Protokoll selbst wird über den Verlauf der Versammlung und die dort geführte Diskussion folgendes gesagt:
"Bei einer Verhandlung über die Berieselung der Wiesen im Allgemeinen und im Besonderen über die düngende Wirkung des Wassers bemerkte Herr Hansing - Sarlhusen, daß man der Ansicht sei, daß man im Winter nicht rieseln müsse und daß auch er glaube, daß eine Berieslung mit gutem Wasser auf guten Wiesen wohl gut sein könne, dagegen auf Moorwiesen und mit schlechtem Wasser schaden dürfte.
Herr Wanderlehrer Bonsmann äußerte darüber es komme beim Rieseln der Wiese hauptsächlich darauf an, ob man immer Wasser zur Verfügung habe; das Wasser sei an sich Nahrung für die Gräser in denen bis 75 pCt. Wasser enthalten sei, aber es diene auch als Vermittler der Nährstoffe, von denen die flüchtigen und löslichen der Pflanze durch das Wasser zugeführt werden.
Kein Wasser sei chemisch rein, vielmehr enthalte es Pflanzennährstoffe, deshalb jedes und alles Wasser ausgenützt werden könne; schädlich wirke Wasser nur, wenn es unmittelbar aus ausgedehnten Moorstrecken herkomme oder viele Eisentheile enthalte, wodurch es eine schwarze Farbe annehme. Der Zweck der Berieselung sei ein zweifacher:
a) zu düngen und b) Witterungsverhältnisse zu beseitigen.
Man könne früh im Herbste rieseln und je länger, desto besser , selbst bis zum Eintritt stärkeren Frostes, dann aber müsse man das Wasser vollständig abführen und selbst in den Gräben nicht stehen lassen. Die Herbstrieselung kann 14 Tage bis 3 Wochen ohne Unterbrechung fortgesetzt, muß dann auf einige Tage abgestellt , die Wiese aber ganz trocken gelegt werden, wo rauf dann das Rieseln wieder beginnt und so abwechselnd fort gefahren wird. Im Winter, wenn k ein Frost da ist, kann gerieselt werden, tritt Frost ein, so muß das Wasser abgestellt werden . Im Frühjahr kann man rieseln , wenn auch noch Frost im Boden ist. Man riesele im Frühjahr so früh wie möglich , bei nicht ausreichendem Wasser späre man es des Nachts auf, riesele aber vor Aufgang der Sonne, wodurch die schädlichen Einwirkungen der Nachtfröste beseitigt werden.
Ungefähr 14 Tage vor dem Mähen lege man die Wiese trocken, jedoch lasse man etwa einen Tag vor dem Mähen noch einmal Wasser darüber. Die Herbsrieselung sei jedenfalls die werthvollste , weil sie den Wiesen die meisten Dungstoffe zuführt.
Herr Kaack - Bücken war der Ansicht, daß man im Frühjahr bei dürrer Witterung stets rieseln könne, Herr Bonsmann erwiderte, wenn man stets Wasser disponibel habe, so könne man stets rieseln.“
Wenn tatsächlich in allen Versammlung so umfassend protokolliert wurde, dann ist es sehr bedauerlich, daß diese Niederschriften nicht gesammelt und aufbewahrt wurden. Sie wären für uns heute eine Fundgrube agrarhistorischer und heimatkundlicher Erkenntnisse.