Archiv:SPD Ortsverein Aukrug - Informationsabend zur Energiepolitik 1981

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Zeitungsartikel aus der Hohenwestedter Kreiszeitung vom August 1981

Zeitungsartikel

Zeitungsbericht in der Hohenwestedter Kreiszeitung über einen Informationsabend des SPD Ortsvereins zur Energiepolitik- Text und Fotos: Holger Hauschildt

SPD Ortsverein Aukrug führte Diskussionsabend durch

AUKRUG (a). Der SPD-Ortsverein Aukrug hatte in der letzten Woche zu einem Diskussionsabend über den Themenbereich "Energieversorgung / Energiepolitik" vier sachkundige Politiker eingeladen. Günther Jansen, der SPD- Landesvorsitzende, Rainer Ute Harms von der CDU, Wolfgang Kubicki von der F.D.P. und Horst Mühlenhardt von den "Grünen" waren gekommen, um zunächst ihre Ansichten zum Thema vorzutragen und anschließend Fragen der etwa 50 erschienenen Zuhörer zu beantworten.

Der Aukruger SPD-Vorsitzende Reimer Reimers war erfreut, daß sich die Politiker bereitgefunden hatten, und daß auch die Zuschauer aus den verschiedenen politischen Richtungen erschienen waren. Eine Urteilsbildung über so wichtige Themen sollte für jeden Bürger auf einer umfassenden Information beruhen. Es war weder Wahlzeit, noch war das Fernsehen im Saal, und man konnte auf eine sachliche Diskussion aller Beteiligten hoffen. Rainer Ute Harms von der CDU gab einen Ausblick auf die Energieversorgung der nächsten Jahrzehnte. Im Jahr 2000 wird der Höhepunkt des Verbrauchs an Kohle, öl und Erdgas liegen. Der danach sehr schnell abfallenden Energievorrat könne nur durch Kernenergie gedeckt werden. Von den notwendigen 75.000 Megawatt können die heutigen Kernkraftwerke (KKW) erst 20.000 Megawatt erbringen. Gegenüber Kohlekraftwerken hätten KKW's auch den Vorteil der geringeren Umweltbelastung, so daß Harms im verstärkten Einsatz alternativer Energien, wozu er auch die Kernkraft zählte, den einzigen Weg sah, die Energieversorgung zu sichern und hiermit verbunden auch das Leistungsbilanzdefizit und die Arbeitslosigkeit abzubauen. Billige Energie gehe Hand in Hand mit der Vollbeschäftigung, weil die Nachfrage nach Konsumgütern wieder steigen würde.

Wolfgang Kubicki, der wissenschaftliche Referent der F.D.P.-Landtagsfraktion, sah das wesentliche Problem der Kernenergie in der immer noch ungeklärten Entsorgungsfrage. Die Sicherheit der Lagerung abgebrannter Kernelemente sei so unbefriedigend, daß ein weiterer Ausbau der Kernenergie nicht verantwortet werden könne. Beim Einsatz von Kohlekraftwerken müsse auf Importkohle zurückgegriffen werden, wodurch die Entwicklungsländer zu nehmend ausgebeutet würden. Die Frage, ob die Bundesrepublik beim Kampf um die Kohle "Hunger und Tod" in der Dritten Welt in Kauf nehmen soll oder lieber das Risiko der Kernkraft eingehen soll, müsse daher jeder für sich selbst beantworten.

Horst Mühlenhardt (Grüne) war entgegen seinen Vorrednern nicht der Auffassung, daß die Energieversorgung nur durch Ausbeutung der armen Länder oder durch Kernenergie zu sichern sein. Das Verändern von technischen Produkten, von Verbrauchergewohnheiten oder von Verkehrsmitteln könne derart viel Energie einsparen, daß der Energiebedarf drastisch gesenkt werden könne. Als Beispiel führte er an, daß durch eine um 6 cm dickere Isolierung aller Kühlschränke der Bundesrepublik ein Kernkraftwerk der Größe Biblis eingespart werden könne. Viele kleine Schritte zur Veränderung der Energienutzung seien viel wirksamer und vor allem auch sicherer als der verstärkte Einsatz von Kernenergie.

Günther Jansen (SPD) stimmte ihm in weiten Teilen zu. Durch neue Technologien auf den verschiedensten Gebieten ließen sich bis zu 14 KKW's einsparen. Die hiermit selbstverständlich verbundenen Verteuerungen um etwa 15% betrachtete er als zumutbar. Die jetzigen Zwischenlager der KKW's seien ein "höchstgefährliches Potential für die Gesamtbevölkerung" und eine "Verdummung" solange es keine Endlager gebe, könne es auch keine "Zwischenlager" geben. "Man könne auch keine Hängematte zwischen einen vorhandenen und einen gedachten Baum hängen".

Der Weg zur Lösung des Energie-Problems müsse für ihn und seine Partei zunächst über die Kohle und die Veränderung des Energiebewußtseins gehen. Moderne Kohlekraftwerke bringen keine zusätzliche Belastung sondern eher eine Entlastung, wie z.B. beim verstärkten Einsatz von Fernwärme. Zum Bundesparteitag wird die Landes-SPD den Antrag stellen, bis 1990 keine weiteren KKW's in Betrieb zu nehmen, sondern den anderen Weg stark voranzutreiben. Eine Bestätigung seiner Meinung fand Jansen in einem Gutachten der IG-Metall, das einen Abbau der Arbeitslosigkeit um 1 Million in acht Jahren prognostizierte, wenn in großem Maße Arbeiten an Isolierungen, Fernwärme und neuen energietechnischen Anlagen durchgeführt würden. Dies sei die Arbeit, die unsere Volkswirtschaft brauche.

Die Aussage von Rainer Ute Harms in der anschließenden Diskussion, daß wir heute in einem "kleinen Paradies" leben, das auch unseren Kindern noch erhalten bleiben sollte, war sowohl bei seinen Kollegen als auch im Zuhörer kreis sehr umstritten. Die Industriestaaten sollten es sich nicht zu Lasten der Entwicklungsländer wohlergehen lassen.

Der Export von Kernkraftwerken war ein weiterer Diskussionspunkt, der von Harms befürwortet wurde, weil unsere KKW's die sichersten der Welt seien. Jansen sah in einer Ausweitung der Kernenergie jedoch auch eine zunehmende Ausweitung der Angst. Nach kurzen Meinungsäußerungen zum allgemeinen Lebensrisiko im Gegensatz zum Risiko der Kernenergie, zur Atom-Bombe, die aus dem "Abfallstoff" der Kraftwerke Plutonium hergestellt werden könnte, zum Verhalten der Versorgungsunternehmen, die immer noch auf einen Zuwachs des Energieverbrauchs stolz sind und zu ökologischen Fragen bedankte Reimer Reimers sich bei allen Teilnehmern an der Diskussion. Die Meinungsbildung ist dadurch sicher nicht leichter geworden, jedoch habe man bessere Ansätze erhalten, weiter über das schwierige Thema nachzudenken.


Texte zu den Fotos:

  • Günther Jansen (SPD)
  • Wolfgang Kubicki (F.D.P)
  • Rainer Ute Harms (CDU)
  • Horst Mühlenhardt ("Grüne")

Anmerkung: Im abgedruckten Artikel war der Name des F.D.P.-Vertreters als "Dobicki" statt "Kubicki" aufgeführt gewesen (er war damals noch nicht so bekannt).


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