Archiv:Unsere Dorfmeiereien
Unsere Dorfmeiereien
Die Aukrugdörfer waren schon frühzeitig bemüht, eine intensive Milchwirtschaft zu betreiben. Der hohe Anteil an natürlichem Grünland gab hierzu Anlaß. Deshalb waren die Hufner unserer Dörfer auch lebhaft daran interessiert, die Erzeugnisse dieses Betriebszweiges (Butter und Käse) bestmöglichst zu verkaufen. Um welche Produktionsmengen es sich dabei im einzelnen handelte, zeigen uns die Ergebnisse einer aus dem Jahre 1866 stammenden Liste der auf einem gut geführten Vollhufenbetrieb erzeugten Butter- und Käsemengen. Die Ergebnisse wurden durch genaue Wiegungen ermittelt. Danach wurden je Kuh in 100 Tagen 45,3 Pfd. Butter und 53,65 Pfd. Käse erzeugt. Allgemein entfielen auf 100 Pfd. Butter 118 Pfd. Käse. Aus diesen Angaben kann wohl die Schlußfolgerung gezogen werden, daß 120 - 140 Pfd. Butter und 130 - 160 Pfd. Käse jährlich je Kuh erzeugt wurden. Dabei wird allerdings unterstellt, daß alle anfallende Magermilch verkäst wurde. Das dürfte jedoch nicht überall der Fall gewesen sein, da in vielen Wirtschaften eine durchaus lohnende Jungviehaufzucht betrieben wurde, so daß damit eine rentable Magermilchverwertung sichergestellt war.
Die Butter kostete Ende der 60er Jahre 13 - 14 Sch je Pfd. Käse wurde mit 3 Sch je Pfd bezahlt. In größeren Partien zahlte man für 100 Pfd - so wie die Ware von den größeren Gütern Ostholsteins geliefert wurde - 19 M ( 1 M = 16 Sch). Die Preise waren nicht uninteressant. Jedoch mußte der bäuerliche Produzent sich für seine meistens qualitativ schlechteren Produkte erhebliche Preisabschläge gefallen lassen. Deshalb wurde, als 1869 in Bargfeld das Casino gegründet worden war, in vielen Versammlungen - auch in Verbindung mit dem Hohenwestedter landwirtschaftlichen Verein - darüber diskutiert, ob es nicht zweckmäßiger sei, die Butterproduktion der vielen kleinen bäuerlichen Betriebe zusammenzufassen, um in einer "Gemeindemeierei" die Milch eines ganzen Dorfes zu verarbeiten. Das sei aus Gründen einer nachhaltigen Verbesserung der Qualität der erzeugten Produkte sogar unerläßlich. So argumentierte man bereits 1862 auf der damaligen Hauptversammlung des landwirtschaftlichen Generalvereins in Kiel. Auch der Hohenwestedter landwirtschaftliche Verein hat am 24.3.1869 durch Direktor Liedtke, Landwirtschaftsschule Kappeln, zur Gründung von Dorfmeiereien aufrufen lassen. Liedtke wies dabei auf die beispielhafte Arbeit der mehrfach von ihm und vielen Angliter Landwirten besuchten Genossenschaftsmeierei Hockerup, im Sundewitt an der Straße Flensburg - Gravenstein gelegen, hin. Die Meierei sei von neun Bauern mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 1.000 t gegründet worden. Die nötigen Gebäude hätten die Bauern selbst errichtet. Die Einrichtung der Meierei sei nach dem Swartz'schen Verfahren (Büttenmeierei mit Eiswasser-Kühlung) erfolgt. Der Betrieb sei verpachtet. Der Pächter habe eine Kaution hinterlegt, die etwa der Höhe der Baukostensumme für die Gebäude entspreche. Der Pächter zahle für eine Kanne Milch den siebenten Teil des Hamburger Butterpreises. Für 1 Pfd Butter seien sieben Kannen Milch erforderlich (1 Kanne Milch = 1, 8 - 1, 9 Ltr). Die letzte Abrechnung habe für die beteiligten Bauern eine Einnahme von 7,5 Sch Reichsmünze je Kanne erbracht (= 1 Silbergroschen je Ltr). Dabei sei jedoch zu berücksichtigen, daß keine Mager- und Buttermilch zurückgegeben werde. Dennoch seien die Bauern mit der Leistung ihrer verpachteten Meierei durchaus zufrieden. Der sichere Absatz gäbe Anlaß zu einer verstärkten Produktion und in Verbindung damit zu einer besseren Pflege und Fütterung des Milchviehs.
Auch der Vorsitzende des landwirtschaftlichen Generalvereins Kiel, Gutsbesitzer Bokelmann, Rethwischhöhe bei Oldesloe, hatte 1869 auf der Jahrestagung des Oldesloer landw. Vereins dringend darum gebeten, die Gründung von Genossenschaftsmeiereien zu forcieren. Die Genossenschaft erspare dem Bauern und der Bäuerin viel Arbeit. Nur auf genossenschaftlicher Grundlage könnten größere Buttermengen höchster Qualität produziert werden. Es sei jedoch notwendig, den Betrieb in eigener Regie, in gemeinschaftlicher Selbstverwaltung zu führen, um den Bauern die unmittelbare Beteiligung an den zu erwirtschaftenden Überschüssen sicherzustellen.
Außer diesen beiden Fällen könnten wir viele andere Beispiele anführen, die dafür sprechen, daß wohl die "Zeichen der Zeit" erkannt wurden, daß aber nur wenig Bereitschaft vorhanden war, effektiv zur Gründung solcher genossenschaftlichen Unternehmungen zu schreiten . In Oldesloe sah man das Vorhaben deshalb als äußerst schwierig an, weil der Fettgehalt der Milch der einzelnen Anlieferer zu unterschiedlich sei. In Hohenwestedt lehnte m an den Vorschlag des Referenten mit dem Hinweis ab, man brauche dringend die Magermilch für die Verfütterung an Kälber, Ferkel und Schweine. Eine Beeinträchtigung der Jungviehaufzucht sei ein erheblicher Nachteil für alle Geestbetriebe des Landes. Nachdem Dr. Giersberg 1870 die Leitung der Landwirtschaftsschule Hohenwestedt übernommen hatte, sprach er mehrfach in Vereins- und in Casinoversammlungen in Hohenwestedt und Bargfeld über die Notwendigkeit einer grundlegenden Verbesserung der milchwirtschaftlichen Verhältnisse in den bäuerlichen Betrieben, wobei erneut die Gründung genossenschaftlicher Dorfmeiereien empfohlen wurde: "sie seien ein geeignetes Mittel, bessere Butter und größere Einnahmen zu erzielen."
Er sprach gleichzeitig die Befürchtung aus, daß "falls auf diesem Gebiet keine Fortschritte zu erreichen seien, damit gerechnet werden müßte, daß andere Länder, namentlich Nordamerika und Dänemark, unsere schleswig-holsteinische Butter vom englischen Markt verdrängen würden." Auch diese Hinweise, so überzeugend sie auch vorgetragen wurden, fruchteten nicht.
Erst nach der Erfindung der Zentrifuge (1874 - 1877) - als es möglich war, den Meierei betrieb unter Einsatz technischer Hilfsmittel rentabler zu gestalten - entschlossen sich unsere Bauern, den gut gemeinten Ratschlägen zu folgen , zumal nach 1882 durch die Einführung des sog. "beschränkten Meiereibetriebes" den Wünschen und berechtigten wirtschaftlichen Belangen der Jungvieh - und Ferkelaufzucht vollauf entsprochen wurde und alle anfallenden Mengen an Mager- und Buttermilch an die Anlieferer zurückgegeben wurden. Damit war das Startzeichen für eine umfassende Umgestaltung der milch- und meiereiwirtschaftlichen Verhältnisse unseres Landes - auch des Aukruges - gegeben, wo allein in einem Jahr - 1886 - gleich drei Meiereigenossenschaften gegründet wurden: Bargfeld, Homfeld und Innien. So sehr war man nun von der Richtigkeit des neuen Weges überzeugt.
Doch bevor wir über die Gründung der drei Aukruger Meiereigenossenschaften berichten, müssen wir noch kurz einen Blick in das Nachbardorf Nindorf bei Hohenwestedt werfen, wo seit 1884 eine nach den Grundsätzen eines beschränkten Betriebes eingerichtete Meierei arbeitete. Die dortigen Bauern hatten trotz anfänglicher Bedenken den Bau eines dorfeigenen Meiereibetriebes gewagt. Sie verfügten jetzt schon über die Erfahrungen eines vollen Betriebsjahres. Die vorliegenden Ergebnisse waren gut. Sie regten zur Nachahmung an. Auf Veranlassung der Hohenwestedter Landwirtschaftsschule erschien in dem "Rendsburger Wochenblatt" (Ausgabe vom 25.1.1886} ein längerer Bericht, der in vielen Bauernversammlungen diskutiert wurde und zu einem gleichen Vorgehen in den Nachbardörfern Anlaß gegeben hat:
"Der allzu große Unterschied zwischen den Notierungen und den von den umherziehenden Butterhändlern für Bauernbutter gezahlten Preisen veranlaßte schon seit längerer Zeit die Landwirtschaft unseres Bereichs , über die Produktion besserer Butter und über eine entsprechende Verwertung derselben ernstlich nachzusinnen und nach Kräften dahin zu streben, daß sowohl die Herstellung hochfeiner Ware als auch der Absatz derselben zu den höchsten Börsennotierungen womöglich auch von den mittleren und kleineren Bauern erreicht werden.
Auch in unserem landwirtschaftlichen Casino in Bargfeld (Bünzenerau) wurden im Sommer 1884 dahingehende Fragen ventiliert. Zugleich aber drängte sich dabei die Auffassung in den Vordergrund, daß, falls die Errichtung einer Meierei auf genossenschaftlichem Wege als notwendig erachtet werde, jedenfalls eine solche mit beschränktem Betrieb eingerichtet werden müßte, um durch eine solche Anlage eine Beeinträchtigung der Kälber- und Ferkelaufzucht und der Schweinemast zu verhindern.
Nachdem nun in einer anderen Versammlung unseres Casinos Direktor Conradi, Hohenwestedt, einen durchschlagenden Vortrag gehalten hatte, wurden zwei Bauern aus unserer Mitte nach Zarpen, Kreis Stormarn, entsandt, um die dort seit 1882 in Tätigkeit befindliche Meierei zu besichtigen. Auch hier handelt es sich um einen "beschränkten Meiereibetrieb", der die Mager- und Buttermilch in vollem Umfang an seine Mitglieder zurückgibt. Der Bericht unserer beiden Abgeordneten fiel - wie erwartet worden war - günstig aus. Und sofort wurde mit der Vorbereitung für den Bau einer solchen Meierei begonnen.
Unterhalb einer ergiebigen Quelle wurden mitten im Ort (Nindorf) an der Hauptstraße des Dorfes der Bau ausgeführt, und zwar nach dem unter verschiedenen anderen uns zugegangenen Zeichnungen ausgewählten Plan einer Eckernförder Firma. Schon am 15.10.1884 konnte der Betrieb eröffnet werden. Nachdem nun schon reichlich ein Jahr gearbeitet worden ist, dürfte es von Interesse sein, für andere benachbarte Dörfer einen Auszug aus den Büchern der Meierei einzusehen. Zuvor mag noch erwähnt werden, daß unsere ganze Anlage einfach, aber zweckentsprechend ist und sämtliche Anlagekosten ohne Eiskeller, der erst in jüngster Zeit erbaut wurde, sich auf rund 9.000 M belaufen.
Zwei Zentrifugen der verbesserten Lehfeldt'schen Art, die eine von 1883 und die andere von 1884, besorgen die Entrahmung der Milch. Wenn vielleicht die Lehfeldt'schen Zentrifugen - wie schon von anderer Seite behauptet wurde - etwas schwerfälliger sind als die neuesten, so haben sie dafür den Vorteil, daß sie weniger kompliziert sind.
Im Laufe dieses ersten Geschäftsjahres sind alle diejenigen Bauern, die anfänglich noch Bedenken trugen, sich zu beteiligen, als Mitglieder beigetreten. Einmal, weil ihnen eine bessere Verwertung der Milch mit Zahlen klar belegt wurde; und zum anderen, weil die vor der Inbetriebsetzung unserer Meierei von verschiedenen Seiten vernommenen Gerüchte um eine geringere Güte oder gar völliger Wertlosigkeit der Magermilch sich als vollständig grundlos erwiesen haben, besonders, weil bei uns die Magermilch so fort nach dem Abfließen aus den Zentrifugen abgeholt und verwertet werden kann.
Abrechnung des ersten Betriebsjahres 15.10.1884 – 14.10.1885
Milchanlieferung | 454.844 Ltr |
Versandte Butter netto | 35.011,5 Pfd |
Zurückgelieferte Magermilch | 67 % |
Zurückgelieferte Buttermilch | 27 % |
Für Butter vereinnahmt | 36.367,14 M |
davon ausgezahlt | 30.906,93 M |
Für Amortisation | 2.274,17 M |
An Betriebskosten | 3.182,04 M |
Nach Abzug aller Kosten sind je Liter angelieferter Milch ausbezahlt worden:
Im Oktober 1884 - 9 Pfg Im Juni 1885 - 51/2 Pfg Im September 1885 - 78/10 Pfg."
Wenige Tage später wurde im "Rendsburger Wochenblatt" ein zweiter Bericht veröffentlicht, dessen Verfasser es darauf abgestellt hatte, die Nindorfer Betriebsergebnisse kritisch zu beleuchten:
"Zur Meiereifrage Unter den Meiereien der Umgegend hat die Meierei Nindorf, Kirchspiel Hohenwestedt, den Ruf einer wohlfeilen und doch zweckmäßigen Einrichtung eines reellen Betriebes und einer soliden Verwaltung. Es ist daher gar nicht zu verwundern, wenn bei Errichtung neuer Meiereien, wie sie in vielen Orten projektiert werden, die Augen auf Nindorf gerichtet sind. Glücklicherweise ist man in Nindorf auch gern bereit, das bestehende Objekt vorzuzeigen. Ja, die letzte Nummer unseres Wochenblattes hat uns sogar einen Einblick in die Rechnungsverhältnisse gewährt. Und diese Zahlen möchten wir jetzt etwas näher unter die Lupe nehmen:
1. Aus 454.844 Ltr Milch sind 35.011,5 Pfd Butter erzeugt. Folglich gehören zu einem Pfd Butter 12,99 Ltr Milch.
2 . 35.011,5 Pfd . Butter sind für 36363,14 M verkauft worden. Folglich ist für ein Pfd Butter ein Preis von 103 4/5 Pfg erlöst worden.
3. An die Interessenten sind 30.006,93 M an Milchgeld ausbezahlt worden; also für 1 Pfd Butter 88 1/4 Pfg.
4. Zur Schuldentilgung sind verwandt worden: 2.274, 17 M ; wären die Schulden bereits getilgt, so wäre dieser Betrag mit an die Mitglieder ausbezahlt worden. Mithin dann je Pfd Butter 94 7/10 Pfg.
Diese Zahlen bedürfen keines Kommentars.“
Der letzteren Feststellung des Berichterstatters schließen wir uns voll inhaltlich an. In der Tat - die Zahlen sprechen für sich. Dennoch fragen wir nach der Reaktion einer solchen beispielhaften Arbeit, deren Ergebnisse nicht nur über das im Aukrug in vielen Häusern gelesene „Rendsburger Wochenblatt" bekannt gemacht wurden.Auch in den Vereinsversammlungen wurden immer wieder die unbestreitbaren beachtlichen Fakten der Nindorfer Genossenschaftsmeierei erörtert. Nun hat der Funke gezündet. In vielen Dörfern des Hohenwestedter Bezirks, des Aukrugs - ja des ganzen Rendsburger Kreises - werden entsprechende Vorbereitungen getroffen, neue Meiereianlagen zu erstellen. Kaum ein fortschrittlicher Landwirt verschließt sich der Überzeugung, daß diese Dorfmeiereien auf die Entwicklung der Viehwirtschaft und auch des Ackerbaus - ja, auf die ganze Wirtschaft - einen tiefgreifenden Einfluß ausüben werden. Das stetig wachsende Interesse und die überall spürbare größere Aufgeschlossenheit veranlaßten den Hohenwestedter landw. Verein und das landw. Casino an der Bünzenerau wieder einmal zu einer großen gemeinsamen Bauernversammlung für den 20.3.1886 nach Hohenwestedt einzuladen, wo Ökonomierat Boysen, der Präsident des Verbandes landw. Konsumvereine, Kiel, (des heutigen Raiffeisenverbandes) und Generalsekretär des landw. Generalvereins Kiel über das Thema sprach:
„Welchen Einfluß üben die Genossenschaftsmeiereien mit beschränktem Betrieb auf unsere Wirtschaften aus; bzw. welche Änderungen führen dieselben in unseren Wirtschaftsbetrieben herbei?“
Die Versammlung war von mehr als 250 Bauern besucht. Das war der Auftakt für eine über das ganze Jahr anhaltende Gründungswelle, die dazu führte, daß der Kreis Rendsburg Anfang 1887 schon über 38 Meiereigenossenschaften verfügte. Die treibende Kraft dieser Bewegung war Direktor Conradi von der Hohenwestedter Landwirtschaftsschule. Unermüdlich war er draußen in den Dörfern tätig, um die Bereitschaft zu wecken und Anfangsschwierigkeiten zu überwinden. Darüber hinaus gab er für eine ordnungsgemäße Betriebsführung entsprechende Anleitungen - wie es der einwandfreie Bericht über das erste Geschäftsjahr der Nindorfer Meierei nachweist. Als dann 1887 ein verbandsmäßiger Zusammenschluß der westholsteinischen Meiereien gegründet wurde, übertrug man ihm die Leitung dieses Verbandes. So war die Hohenwestedter Landwirtschaftsschule, an deren Aufbau die Aukrugbauern so maßgeblich beteiligt waren, in den Anfangsjahren der Entwicklung unseres mittelholsteinischen Meiereigenossenschaftswesens eine geistige Führungszentrale, die im Rahmen der genossenschaftlichen Selbstverwaltung beratend und betreuend tätig war.
Doch nun zurück zu den Meiereigründungen im Aukrug, über die das "Rendsburger Wochenblatt" unter dem 28.1.1886 erstmalig aus Hohenwestedt wie folgt berichtete:
'“Die Neigung, Genossenschaftsmeiereien zu gründen, greift wie eine Epidemie um sich. Nachdem unsere Hohenwestedter Meierei, zu der die Bauern von Glüsing, Grauel, Vaasbüttel, Alt- und Neuböternhofen gehören, schon seit einem halben Jahr in Betrieb ist, ist nun auch im benachbarten Homfeld ein derartiges Institut errichtet und neuerdings in Betrieb gesetzt worden."
Die Gründung der Homfelder Meierei muß demnach schon 1885 erfolgt sein. Leider liegen keinerlei Gründungsunterlagen mehr vor.
77 Jahre - von 1885 bis 1962 - hat die Meierei die Milchverwertung der Homfelder Bauern sichergestellt. Als 1962 die Fusion mit der Meiereigenossenschaft Innien beschlossen wurde, betrug ihre letzte Jahresmilchanlieferung (1961) rd. 1 Mill. kg. Bei der seit Jahren schon anhaltenden Steigerung der persönlichen und sächlichen Kosten war bei dem geringen Geschäftsumfang des Betriebes keine Möglichkeit mehr gegeben, eine kostengünstige und marktgerechte Verwertung der Milch der Mitglieder durchzuführen, zumal mit einem weiteren Kostendruck und unaufschiebbaren Investitionen gerechnet werden mußte. Die Verschmelzung mit der Meierei Innien entsprach durchaus den schon seit mehreren Jahren in Vorbereitung und Durchführung befindlichen Maßnahmen einer strukturellen Verbesserung des Organisationsgefüges der schleswig-holsteinischen Meiereiwirtschaft, wenngleich dem ersten Schritt zu einer großräumigen Verbundwirtschaft einige Jahre später noch ein zweiter sich anschließen mußte. Für die Mitglieder der Homfelder Genossenschaft erfolgte im Zuge der Fusion mit Innien eine Kapitalausschüttung von 42 DM je Geschäftsanteil zu Lasten der in früheren Jahren angesammelten Reserven. Die ausgeschütteten Beträge - insgesamt waren es 8.232 DM - dienten der Aufstockung der Geschäftsguthaben der einzelnen Mitglieder bei der Meiereigenossenschaft Innien.
Als Betriebsleiter war während der letzten Jahre in Homfeld der Meiereifachmann Johannes Sievers tätig.
1962 wurde das Meiereigrundstück einschließlich der Gebäude verkauft.Das Anwesen ist inzwischen zu einem Wohnhaus umgebaut.
In Innien erfolgte die Gründung der Meiereigenossenschaft ein halbes Jahr später als in Homfeld. Am 13.1.1886 versammelten sich folgende Hufner aus
a) Innien: A . Pries, Hans Jargstorf, H. Ratjen, H. Voß, Claus Carstens , Claus Rohwedder, Hinrich Reese, Claus Gloy, H. Dammann und H . Reimers
b) Bünzen: H. Carstens, Henning Timm, H. Geerdt, J. Braker und J. Rohwer.
zwecks Gründung der Meiereigenossenschaft. In dem Gründungsprotokoll heißt es wie folgt:
"Nach Beratung der Statuten wurde der Vorstand gewählt:
a) aus Innien: Hans Ratjen, Hans Jargstorf, Hinreich Reese
b) aus Bünzen: Henning Timm, Hinrich Carstens und
c) aus Wiedenborstel: Otto Taube.
Als Aufsichtsratsmitglieder wurden gewählt:
Claus Gloy, Innien, und A. Pries.
Zum Vorsitzenden des Vorstandes wählte die Versammlung Hans Ratjen, Innien.
Das Amt des ·Schriftführers wurde Hans Jargstorf übertragen."
Entscheidend ist die im Protokoll enthaltende Feststellung, daß die neue Meierei mit "beschränktem Betrieb" eingerichtet wird, d. h. also, daß sämtliche Mager- und Buttermilch den Mitgliedern zurückgeliefert werden muß. In einer nachfolgenden Versammlung werden die Bauern aus Böken als Mitglieder aufgenommen. H. Hesebek, Böken, wurde zusätzlich in den Vorstand gewählt.
Schon am 16.3. lagen von sämtlichen Handwerkern die von ihnen erbetenen Angebote vor. Die Maurer- und Zimmerarbeiten wurden H. Voß, Innien, übertragen; die Tischler- und Schlosserarbeiten je zur Hälfte Tischler Voß, Innien, und Tischler Rohwer, Bünzen. Als Betriebsleiter wurde Meierist Wulf angestellt. Es war leider nicht mehr zu ermitteln, wann die Betriebseröffnung stattfand. Am 6.2.1887 verhandelte der Vorstand aber schon mit den Nachbargenossenschaften Mörel, Hohenwestedt und Homfeld wegen eines gemeinsamen Verkaufs der Butter. Sie hofften durch die Zusammenfassung ihrer Angebotsmengen bessere Preise zu erzielen.
1891 wird mit der Firma A.L. Mohr, Margarinefabrik, Hamburg, Bahrenfeld, ein Vertrag wegen Rahmlieferung abgeschlossen. Gleichzeitig wird der Firma Mohr vertragsmäßig das Recht eingeräumt, in der Meierei unter Verwendung von täglich 300 - 400 Ltr Magermilch Kunstrahm-Käse herzustellen. Doch zwei Jahre später wird der Käsereibetrieb wieder stillgelegt.
1893 verhandelt man im Rahmen der Mitgliederversammlung erstmalig über die Frage der Bezahlung der Milch nach Fettgehalt.
1904 wird anstelle des ausgeschiedenen Betriebsleiters Wulf der Meierist J. Schöning eingestellt.
1907 wird nochmals über die Bezahlung der Milch nach Fettgehalt verhandelt. Wiederum ohne Ergebnis. Eine in Hamburg-Ottensen bestehende Einkaufsgenossenschaft der Milchhändler wird mit Frischmilch beliefert. Es wird ein Preis von 14 Pfg je Liter vereinbart.
Nachdem Betriebsleiter Schöning 1908 ausschied, wurde die Neubesetzung des Postens öffentlich ausgeschrieben. Es bewarben sich 92 Meiereifachleute. Neu eingestellt wurde Betriebsleiter A. Hansen, der 1919 auch den Posten eines Rendanten der Spar- und Darlehnskasse übernahm.
In der Inflationszeit (1923) mußte der Butterabnehmer - ein Hamburger Butterhändler - die Butter im voraus bezahlen. Die Bauern erhielten ihr Milchgeld wöchentlich ausbezahlt.
1926 erfolgte ein Umbau der Meierei mit einer Erneuerung der Kesselanlage. Die Finanzierung war nur auf Wechselbasis möglich. Noch 1930 wurde das Milchgeld in bar ausbezahlt. Auch in diesem Jahr wurde ein Antrag, künftig den Überweisungsverkehr einzuführen, erneut abgelehnt.
1940 wird Hans Paulsen als neuer Betriebsleiter eingestellt.
1962 wird die Meiereigenossenschaft Homfeld mit der Meierei Innien verschmolzen. 1969 gehörten der Genossenschaft 70 Mitglieder mit 1.150 Kühen an. Die Jahresanlieferung betrug 4.470 Mill. kg. Mit 38 gegen 12 Stimmen wurde 1964 beschlossen, die Milchanfuhr auf meiereieigene Tankwagen umzustellen. Die bisher verwandten Milchwagen und die für deren Unterstellung in den Dörfen erbauten Milchwagenschuppen wurden verkauft.
1965 wurde die eigene Butterei stillgelegt und beschlossen, den Rahm an das Butterwerk in Hohenwestedt zu liefern. Aus der Meierei mit "beschränktem Betrieb" wurde eine Rahmstation mit der Maßgabe, daß die Magermilch nach wie vor an die Mitglieder zurückgegeben wird. Dieser Beschluß, der zu einer völligen Umstrukturierung des Geschäftsbetriebes führte, bedarf noch einer Erläuterung:
Das Butterwerk Hohenwestedt ist ein Teilbetrieb der Nordbutter GmbH und Co. KG, Rendsburg, die 1959 gegründet wurde, als im Schleswiger Raum zahlreiche kleinere Dorfmeiereien sich dazu entschlossen, ihre Butterei einzustellen, die angelieferte Milch nur zu entrahmen und den Rahm einem zentral zu errichtenden Butterwerk zur weiteren Verarbeitung anzuliefern. Diese Meiereien, die Butter- und Eier-Zentrale Nordmark, Hamburg, ein zentralgenossenschaftlicher Zusammenschluß aller Meiereien unseres Landes, und der schleswig-holsteinische Bauernverband gründeten die vorgenannte Nordbutter GmbH und Co. KG, Rendsburg, deren erste Betriebsstätte in Schleswig als moderne Großbutterei eingerichtet wurde.
Das Werk wurde mit Sahnefrostanlagen ausgerüstet, um die jahreszeitlichen Schwankungen in der Buttererzeugung durch Einfrieren eines Teils der im Sommer gewonnenen Sahne auszugleichen und um dadurch weiter hin eine kontinuierliche Belieferung des Marktes mit einer über das ganze Jahr gleichbleibenden Qualität sicherzustellen. Das war - marktwirtschaftlich gesehen - eine völlig neue Konzeption, um das System der kleinen Dorfmeiereien, das in der Gründungszeit der 80er und 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts entstanden war, nach und nach durch ein rationell geführtes und auf die Marktbedürfnisse der Abnehmer und der Handelsketten eingestelltes meiereiwirtschaftliches Großunternehmen zu ersetzen.
Das zweite in Hohenwestedt errichtete Werk wurde mit Anlagen für die Aufnahme von Erzeugermilch, für die Herstellung von Butter, Käse, Milchfrischprodukten und Trockenmilch aus gerüstet, wodurch ein beachtlicher Rationalisierungseffekt in der Produktion und im Absatz der Erzeugnisse erreicht wurde. Dadurch war es möglich, die starke Produktionszersplitterung im schleswig-holsteinischen Meiereiwesen zu beseitigen und die Produktion milchwirtschaftlicher Erzeugnisse auf wenige Großbetriebe innerhalb eines bäuerlich bestimmten Unternehmensverbandes zu zentralisieren. In den Werken der Nordbutter wurden 1977 mehr als 500 Mill. kg Milch verarbeitet.
Nur unter Berücksichtigung dieser Erläuterungen ist der Beschluß der Meierei Innien, die innere Struktur des Betriebes grundlegend zu verändern und eine bis dahin selbst ausgeübte Funktion nach außer halb zu. verlagern, verständlich, wenn auch zugegeben werden muß daß eine noch weiter gehende Integration in das Butterwerk markt- und absatzwirtschaftlich durchaus möglich gewesen wäre .
Vorerst sollte es aber bei dieser Lösung bleiben. 1967 wurde der Vertrag mit dem Butterwerk dahingehend, ergänzt, daß außer dem Rahm auch Magermilch geliefert wurde, soweit die Mitglieder auf eine Rücknahme verzichteten. Vier Jahre später entschlossen Vorstand und Aufsichtsrat sich dann zu einer weitergehenden Maßnahme, die im Endergebnis zu einer Auflösung der Genossenschaft führte, um auf diese Weise den Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, selber darüber zu entscheiden, in welchem Betrieb künftig ihre Milch verarbeitet werden soll. Außer dem Butterwerk Hohenwestedt waren die an der Versorgung der Stadt Neumünster maßgeblich beteiligten Meiereigenossenschaften Neumünster und Wasbek interessante Vertragspartner geworden, die auch auf die durch die Auflösung frei werdenden Milchmengen reflektierten. Die Mitglieder haben sich, nachdem die Auflösung der Meiereigenossenschaft Innien am 30.11.1971 einstimmig beschlossen worden war, für die Meiereigenossenschaften Neumünster und Wasbek entschieden.
Im Aukrug wurde - außer in Homfeld und Innien - Ende der 80er Jahre noch eine Meierei in Bargfeld gegründet. Nach den Angaben von Lehrer Reimer, Böken, soll die Gründung ebenfalls 1886 vollzogen worden sein - im Zuge jener umfassenden Gründungswelle, von der wir vorstehend bereits gesprochen haben. Bedenklich erscheint uns lediglich die Tatsache, daß einige Jahre später - 1892 - von einer Neugründung berichtet wird. Am 22.5.1892 versammelten sich die Bauern Timm Mehrens, H. Harder, J. Harder, Kl. Stammer, C. Hingst, D. Ratjen, J. Ratjen, J. Jargstorft, H. Thun, P. Giersberg, J. Harms, H. Karsten, H. Stender und J. Lohse (Lehrer) zwecks Bildung einer neuen Genossenschaft.
So steht es unter dem oben angegebenen Datum im Protokollbuch der Meierei vermerkt, wohingegen über den Gründungsvorgang aus dem Jahre 1886 keinerlei Unterlagen mehr vorliegen. Trotzdem sollten wir das Jahr 1886 als das eigentliche Gründungsjahr ansehen und damit der Auffassung älterer Berichterstatter – wie Lehrer Reimer und Schriftführer J. Harder, der im Jahre 1911 über das 25jährige Meiereijubiläum berichtete, folgen. Welche besondere Bewandtnis es mit der Neugründung hatte, ist protokollmäßig nicht festgehalten worden. Sollte vielleicht in der Zeit von 1886 bis 1892 die Meierei als Büttenmeierei betrieben worden sein? Diese Frage scheint deshalb berechtigt zu sein, weil 1892 ein grundlegender Umbau der Meierei erfolgte, wofür sogar eine Baukommission eingesetzt wurde , die für ein volles Jahr ihres Amtes walten mußte.
Die Leitung der Meierei lag seit 1886 in Händen von Frauen. Vier Meierinnen standen von der Gründung bis 1904 in den Diensten der Genossenschaft. Von ihnen dürften den älteren Einwohnern noch Frau Diercks und Frau Rathjen – zu mindest dem Namen nach - bekannt sein. Es verdient anerkennend hervorgehoben zu werden, daß sie als Frauen den 1892 modernisierten Betrieb mit neuzeitlichen technischen Anlagen wie Dampfmaschine, Milcherhitzer, Zentrifuge und vielen anderen Einrichtungen zu leiten in der Lage waren.
Dem 1892 neu besetzten Vorstand gehörten folgende Mitglieder an:
T. Mehrens, J. Jargstorft, Chr. Hingst und H. Thun. In den Aufsichtsrat wurden H. Harder, J. Harms und P. Giersberg gewählt.
Es wurde ausdrücklich protokolliert, daß die Genossenschaft künftig "Neue Meierei-Genossenschaft Bargfeld" heißen sollte. Am 1.4.1892 wurde das bisherige Meiereigrundstück an die neue Meiereigenossenschaft grundbuchmäßig aufgelassen.
1901 wurde ein neuer Alfa-Separator angeschafft und abermals unter Aufsicht einer aus drei Mitgliedern bestehenden Baukommission ein Umbau des Meiereigebäudes in die Wege geleitet.
1902 erhielt die Meierei Fernsprechanschluß.
1905 wurde dem Meieristen Emil Ladehoff die Betriebsleitung übertragen. 18 Jahre lang führten Frauen das Regiment in der Meierei , die unter ihrer sehr v erdienstvollen Leitung sogar zweimal umgebaut und in ihrer maschinellen Ausstattung den fortschreitenden technischen Verhältnissen angepaßt wurde. Das war schon eine Leistung ganz besonderer Art, zumal seiner Zeit allgemein die Auffassung vertreten wurde, daß mit dem Vordringen der Zentrifuge und der Dampfmaschine und einem weitere Fortschreiten der Technisierung Frauen nicht mehr für Führungsaufgaben im Meiereibetrieb geeignet seien.
Von dieser Meinung hielten offenbar die Bargfelder Bauern nichts. Für sie war die Meierin - wie zur Zeit der Büttenmeiereien - nach wie vor eine geachtete Fachkraft - ja sogar eine Respektsperson, die Anspruch darauf hatte, daß beim Ernteball jeder Bauer und Bauernsohn sie mindestens einmal zum Tanz aufforderte – so wird noch heute in Bargfeld erzählt.
Die Meierinnen hatten – auch noch, als schon Zentrifugenmeiereien bestanden - ihre eigenen milchwirtschaftlichen Ausbildungsstätten, die sog. Meierinnenschulen, in Wesebyhof bei Flensburg, in Lensahn bei Oldenburg und in Wensin bei Segeberg. Dort wurde nicht nur bedienstetes Personal ausgebildet. Viele Bauerntöchter unseres Landes haben hier die · für ihre spätere Arbeit im eigenen häuslichen Milchkeller erforderlichen milchwirtschaftlichen Kenntnisse erworben und sie zum Wohle unserer bäuerlichenMilchwirtschaft in vielfältiger Weise eingesetzt.
Die Entscheidung, in Bargfeld die Führung und Aufsicht in einem gemeinschaftlichen milchwirtschaftlichen Betrieb einer Frau zu übertragen, entsprach deshalb durchaus alter bäuerlicher Gewohnheit und Sitte. Im übrigen ersparte sich die Meierei auf diese Weise den Einbau einer Betriebsleiterwohnung; denn die Meierinnen wohnten privat im Dorf. Beköstigt wurden sie auf den Höfen der Mitglieder. Die Meierin gehörte demnach zum Hauspersonal der einzelnen Mitgliedsbetriebe. Sie nahm auch in dieser Beziehung eine besondere Vertrauensstellung ein. Erst 1894 wurde am 21. April in der Mitgliederversammlung darüber beraten, ob der Meierin Kostgeld gezahlt und ihr erlaubt werden soll, selber für ihre Beköstigung zu sorgen. Man einigte sich auf die Zahlung eines jährlichen Kostgeldes von 290 M.
„Jedoch darf die Meierin sich nur dort in Kost verdingen, wo selbige Einwilligung vom Vorstand erhält."
Wohnungsmäßig war die Meierin weiterhin auf einem der Mitgliedsbetriebe untergebracht. Eine Meieristenwohnung wurde erst viel später gebaut. Auch der neue Betriebsleiter Emil Ladehoff mußte sich dieser alten Gepflogenheit anpassen, was ihm sicherlich nicht schwer fiel, da er zunächst noch Junggeselle war.
1911 wurde das 25jährige Bestehen der Meierei gefeiert.
1913 wurde beschlossen, für den Meieristen eine Wohnung zu bauen. Im Protokoll heißt es allerdings, daß "vorläufig ein Grundriß eingeholt werden soll, der im nächsten Monat bei der Auszahlung des Milchgeldes den Mitgliedern vorzulegen ist." Da das Meiereigrundstück sehr beengt ist und kein Gartenland zur Verfügung steht, wurde gleichzeitig beschlossen, das erforderliche Gartenland von Frau Rehder zu pachten.
1930 feierte Emil Ladehoff sein 25jähriges Dienstjubiläum; ihm wurde ein Ehrengeschenk überreicht.
1937 plante der Milch- und Fettwirtschaftsverband Hamburg – die für die Milchwirtschaft Schleswig-Holsteins zuständige Marktorganisation des Reichsnährstandes - die Stillegung des Meiereibetriebes. Hiergegen setzte sich der Vorstand unter Führung von Cl. Harms energisch zur Wehr. Die Generalversammlung beschloß einstimmig, eine etwa notwendig werdende Auflösung abzulehnen und für eine den Zeitverhältnissen angepaßte Modernisierung der Meierei Sorge zu tragen.
15.10.1937. Die Gefahr der Auflösung der Meierei und der Schliessung des Betriebes ist gebannt; alles atmet auf: "Die Verhandlungen mit dem Reichsnährstand in Harnburg führten zu dem Ergebnis, daß eine Stillegung der Meierei nicht mehr in Frage kommt."
Der Umbau muß jedoch sofort in die Wege geleitet werden. Die Meierei wurde in eine Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht umgegründet. Oberprüfer Busch vom Verband der schleswig-holsteinischen landw. Genossenschaften e.V., Kiel (heute Raiffeisenverband), leistete entsprechende Hilfestellung. Der Geschäftsanteil je Kuh wurde auf 50 RM festgesetzt. Damit war für die bevorstehende Investition eine ausreichende Eigenkapitalbasis gegeben.
1938. Die Mitgliederversammlung beschloß die sofortige Durchführung des von Oberprüfer Busch erläuterten Bauvorhabens, das mit einem Kostenaufwand von 30.100 RM abschloß. Davon entfielen 23.600 RM auf Maschinen und 6.500 RM auf Gebäude.
Der Milch- und Fettwirtschaftsverband Hamburg ließ mitteilen, daß entschieden worden sei, die drei Genossenschaften Homfeld, Innien und Bargfeld nicht zusammenzuschließen, sondern den einzelnen Betrieben die Erlaubnis zu erteilen, ihre Anlagen zu modernisieren und auszubauen.
Aus Bünzen traten 13 Bauern, die bisher ihre Milch nach Innien lieferten, der Genossenschaft als Mitglieder bei. Sie zahlten ein Eintrittsgeld von 10 RM je Kuh. Zur Finanzierung des Bauvorhabens sei noch vermerkt, daß dafür ein Darlehn über die Spar- und Darlehnskasse in Höhe von 20.000 RM bereitgestellt wurde. 11.400 RM mußten als Eigenleistung der Mitglieder durch Einbezahlung der Geschäftsanteile aufgebracht werden.
1940. Vorstand und Aufsichtsrat waren wie folgt besetzt:
Vorstand - Johann Harder, Jhs. Harder, Rud. Ratjen, Chr. Carstens.
Aufsichtsrat - Wilh. Ratjen, Jhs. Stender und Klaus Rower.
1949. Als neuer Betriebsleiter wurde der Meierist Steffen eingestellt. Die Genossenschaft zählte 18 Mitglieder und 19' Lieferanten. Die Jahresanlieferung betrug 620.000 kg, Durchschnittsfestgehalt 3,34 %, Rückgabe an Magermilch 52,6 %, Auszahlung 24, 9 Pf je kg, Betriebsunkosten 2,64 Pf je kg.
1956. Den Organen gehörten folgende Mitglieder an:
Vorstand - Hans Behrens, Vorsitzender, Bargfeld, Werner Rathke, Bargfeld, Claus Harros, Bünzen, und Christine Jüngst, Bargfeld.
Aufsichtsrat - Herrn. Ratjen, Bargfeld, Vorsitzender, Ernst Wilh. Rathjen, Bargfeld, und Johs. Harms, Bünzen.
Die Genossenschaft beliefert schon seit vielen Jahren die Heilstätte Tönsheide mit Milch, Butter und Quark. Sie hat in dieser Anstalt einen guten Abnehmer. 9% der anfallenden Vollmilch und 25% der erzeugten Butter werden an die Heilstätte geliefert. Dieser verhältnismäßig gute Absatz bestimmt in entscheidender Weise das Leistungsergebnis, das nach den Urteilen des Verbandes der landw. Genossenschaften, Kiel, als sehr gut bezeichnet werden mußte. Der Meiereifachmann Asmus wurde einstimmig zum Betriebsleiter gewählt.
Die Meierei begann mit den Maßnahmen für die Sanierung der Milchkuhbestände der Mitglieder und Lieferanten (Tbc-Bekämpfung und Eutergesundheitskontrolle). Es wurde einstimmig beschlossen, dem staatlichen Tuberkulosetilgungsverfahren beizutreten· und eine unterschiedliche Milchbezahlung nach Tbc-freien und Tbc-behafteten Beständen durchzuführen. Die qualitätsmäßig beste Anlieferungsmilch soll künftig prämiiert werden.
1959. 17 Mitglieder: - 17 Lieferanten, 260 gezeichnete Kühe, Jahresanlieferung 828.000 kg, Durchschnittsfettgehalt 3,82 %, Rückgabe an Magermilch 75,5%,· Auszahlung 30 Pf je kg, Betriebsunkosten 3,69 Pf je kg.
14.10.1961. Feier des 75jährigen Bestehens der Meierei.
1968 . Die Bilanzsumme, d. h. das in der Genossenschaft arbeitende Betriebskapital, belief sich auf 100.000 DM, davon 62.000 DM Eigenkapital. Die Genossenschaft verfügte demnach über eine gesunde Finanzierungsgrundlage. Es gehörten der Genossenschaft 18 Mitglieder an. Außerdem lieferten 15 Nichtmitglieder als freie Lieferanten ihre Milch an die Genossenschaft.
Anlieferung von 357 Kühen, 1.453.000 kg, Durchschnittsfettgehalt 3,77 %, Rückgabe an Magermilch 55, l %, Auszahlung 34,32 Pf je kg, Betriebsunkosten 4,05 Pf je kg.
1974. Die Anlieferung ging auf 1.351.000 kg zurück. Zwei Mitglieder mit 35 Kühen waren ausgeschieden. Die Betriebs kosten einschl. der Abschreibungen stiegen auf 8, 02 Pf je kg. Die Mehraufwendungen lagen insbesondere bei den Personal-, Energie- und Verpackungskosten. Dennoch waren die Auszahlungsleistungen des Betriebes zufriedenstellend. Die vergleichbaren Auszahlungspreise fü reine 3,7 %ige Milch ab Hof betrug 1973: 40, 95 Pf, 1974: 44,37 Pf und 1975 (Januar): 46,25 Pf je kg.
1975. Ende August 1975 gehörten der Genossenschaft nur noch 12 Mitglieder mit 310 Kühen an; davon lieferten allerdings drei Mitgliede keine Milch mehr. Die schon für 1974 festgestellte Steigerung der Meiereikosten hielt auch in 1975 an. Sie wirkte sich insoweit noch ungünstiger aus, als ein weiterer Rückgang der Anlieferungsmilch zu verzeichnen war. Dabei muß ausdrücklich vermerkt werden, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse der Genossenschaft in jeder Weise geordnet waren. Das Anlagevermögen von 72.588 DM war mit 68.007 DM Eigenkapital finanziert (93,7 %). Dennoch hatten Vorstand und Aufsichtsrat Sorge, ob der Betrieb weiterhin aufrecht erhalten werden könnte. Es überrascht deshalb nicht, wenn
1975 in der am 9.12. abgehaltenen Mitgliederversammlung beschlossen wurde, die Genossenschaft aufzulösen. Nach einer eingehenden Aussprache war festgestellt worden, daß die Meierei in den nächsten Jahren keine Möglichkeit hat, ihr Milchaufkommen zu verbessern. Da die Kosten aber steigen werden, waren die anwesenden 10 Mitglieder der Meinung, daß jetzt der richtige Zeitpunkt für die Auflösung gekommen sei.
Nicht innerbetriebliche Schwierigkeiten, sondern strukturelle Veränderungen in der Milcherzeugung der angeschlossenen Mitgliedsbetriebe seien der Anlaß zu dieser schwerwiegenden Entscheidung gewesen. Der Beschluß erfolgte einstimmig. Zu Liquidatoren wurden bestimmt: Hans Carstens, Bauer, Herrn. Behr, Bauer, und Gerd Heine, Bauer, alle aus Aukrug. Nach der Auflösung der Meierei entschieden sich die Mitglieder hinsichtlich ihrer künftigen Milchlieferung zu Gunsten des Butterwerks Hohenwestedt und der schon im Falle Innien erwähnten Genossenschaftsmeiereien Neumünster und Wasbek.
Die vor mehr als 90 Jahren in Bargfeld, Homfeld und Innien begründete genossenschaftliche Milchverwertung findet nunmehr nach einer langjährigen erfolgreichen Arbeit der drei Dorfmeiereien des Aukrugs ihre Fortsetzung in den größeren genossenschaftlichen Verbundunternehmen des Butterwerkes Hohenwestedt, der Genossenschaftsmeierei Neumünster und der Meiereigenossenschaft Wasbek.
Damals zur Zeit der Gründung fanden Fortschritt und Weitblick unserer Aukrugbauern ihren sichtbaren Ausdruck in dem Aufblühen ihrer Meiereigenossenschaften, in der Erweckung der Kräfte der Selbsthilfe und in der Stärkung des Willens zu einer fruchtbaren sinnvollen Gemeinschaftsarbeit auf dörflicher Grundlage. Diese Grundsätze haben sich nicht gewandelt. Sie gelten auch für die vorgenannten großen meiereiwirtschaftlichen Zusammenschlüsse, die - wie alle Genossenschaften - Erwerb und Wirtschaft ihrer Mitglieder nachhaltig zu fördern, aber gleichzeitig auch dafür Sorge zu tragen haben , die Landwirtschaft möglichst eng mit dem stets größer werdenden Markt zu verbinden.
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