Kriegsende in Mittelholstein

Aus Aukrug Geschichte Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Adolf Hitler im Kampf gefallen Zeitungsband (1945-05-03) - UB Kiel digital
Waffenrufe in Schleswig-Holstein Zeitungsband (1945-05-06) - UB Kiel digital
Waffenruhe über Norddeutschland Text Zeitungsband (1945-05-06) - UB Kiel digital
Vorsicht auch bei Kleinalarm Tiefflieger Zeitungsband (1945-05-02) - UB Kiel digital

Da für Aukrug bisher keine Berichte aus dem Mai 1945 vorliegen, soll die Schilderung des Kriegsendes in Mittelholstein einen Einblick in die Ereignisse rund um die Aukrugdörfer geben. Am 8. Mai endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der Bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht. Für die umliegenden Städte sind die letzten Kriegstage, der Einzug der britischen Besatzungstruppen und die ersten Wochen im Frieden besser dokumentiert.

Bad Segeberg

Der Zweite Weltkrieg endete für die Bad Segeberger am 3. Mai 1945. Britische Soldaten besetzten kampflos die Stadt. Waffen, Ferngläser, Fotoapparate und Fahrzeuge waren abzugeben, die lokale Tageszeitung durfte nicht mehr erscheinen. Am westlichen Stadtrand entstand ein großes Lager. Ehemalige Wehrmachtsangehörige wurden hier registriert und entlassen, Flüchtlinge aus der Sowjetischen Besatzungszone aufgenommen und versorgt und schließlich auch Deutsche von jenseits der Oder-Neiße-Linie betreut und in andere Regionen weitergeleitet. Von Mitte Juni 1945 bis Mitte September 1946 durchliefen etwa 700.000 Menschen das Lager. Nach dem Krieg sind viele Flüchtlinge in Bad Segeberg geblieben. So wuchs die Einwohnerzahl von 6.400 im Jahre 1939 auf über 12.000 im Jahre 1945 an. Aber nicht nur die Versorgung mit Wohnraum, sondern auch die ausreichende Lebensmittelversorgung gestaltete sich bereits ab Sommer 1945 schwierig[1].

Nortorf

Aus dem Bericht des Stadtkämmerers Delles über die Jahre 1945 und 1946 aus der Sicht der Nortorfer Verwaltung:

„Am 1. April 1945 stand bereits fest, daß ein Wendepunkt der Kriegsereignisse nicht zu erwarten war. Im Westen fanden die Kämpfe am Rhein statt. Im Osten war der Gegner bis zur Oder vorgestoßen. Der Flüchtlingsstrom aus dem Osten nahm immer größeren Umfang an. Die Bauerntrecks aus Ostpreußen und Pommern rollten ohne Unterbrechung durch unsere Stadt. Sie wurden in der Treckleitstelle aufgefangen und auf die verschiedenen Ortschaften verteilt. Etwa 40.000 Personen wurden gezählt. Dazu kamen laufend Flüchtlingstransporte mit der Bahn. Am 1. April 1945 traf ein Sonderzug ein und brachte 500 Personen, die in der Stadt untergebracht werden mußten. Es begannen die Vorbereitungen zur Anlegung von Verteidigungsstellen. Militärische Vorkommandos trafen ein, darunter eine ungarische Einheit in Stärke von 500 Mann, die in der Mittelschule Quartier bezog. Die Tätigleit der englischen und amerikanischen Flieger nahm zu. Folgende Großangriffe auf die benachbarten Städte fanden statt: auf Kiel am 4., 9. und 21. April 1945, auf Neumünster am 13. April 1945, auf Rendsburg am 23. April 1945, die einen weiteren Zustrom von Personen aus diesen Städten nach Nortorf brachten.

Ende April hatten englische Truppen die Elbe bei Lauenburg überschritten und stießen schnell auf Lübeck und den Kaiser-Wilhelm-Kanal vor. Am 5. Mai 1945 traf ein englisches Vorkommando in Nortorf ein und ordnete eine kurzfristige Abgabe von Waffen, Munition, Photoapparaten und Ferngläsern an. Die in Nortorf untergebrachten Kriegsgefangenen französischer und belgischer Nationalität wurden von dem Vorkommando mit der Besetzung des Rathauses beauftragt. Der letzte nationalsozialistische Bürgermeister Waldemar Hein, gleichzeitig Ortsgruppenleiter der NSDAP, wurde durch den französischen Sergeanten Baelden im Auftrage der englischen Truppe am 8. Mai 1945 seines Amtes als Bürgermeister enthoben. Er endete am 10. Mai 1945 durch Freitod. Von dem Sergeanten Baelden wurde Ingenieur Gustav Krierke zum Bürgermeister der Stadt Nortorf bestellt. Die Bestätigung erfolgte am 10. Mai 1945 durch den Kommandeur der englischen Besatzungstruppe. Am Nachmittag des 8. Mai besetzten englische Truppeneinheiten die Stadt Nortorf. Die Stadtverwaltung setzte trotz mancher Schwierigkeit ihre Tätigkeit fort. Die Polizei wurde im Amt belassen. Am 14. Juli wurde ein englisches Polizeikommando in Stärke von 15 Mann nach Nortorf verlegt, das bis zum 1. Oktober 1945 im Ort verblieb.

Die Ende April in den Eingängen der Stadt angelegten Panzersperren mußten sofort beseitigt werden. Auf Veranlassung der Militärregierung hatte Bürgermeister Krierke ein zunächst aus 9 Mitgliedern aus verschiedenen Berufsgruppen zusammen-gesetztes Verwaltungsorgan zusammengestellt, das mit Genehmigung der Militärregierung als Gemeinderat berufen wurde und erstmalig am 20. Mai 1945 tagte. Als Beigeordnete zur Vertretung des Bürgermeisters in Behinderungsfällen wurden die Herren Dr. med. Melzer und Fabrikant Paul Köster gewählt.

Am 23. Juni 1945 wurde Bürgermeister Krierke durch die Militärregierung seines Amtes enthoben. Die Führung der Stadtgeschäfte hatte der inzwischen durch die Militärregierung zum 1. stellvertretenden Bürgermeister ernannte Weinhändler Lorenz Lorenzen übernommen, der einen neuen aus 13 Mitgliedern bestehenden Gemeinderat bildete. Am 26. Juni 1945 wurde Oberstleutnant a. D. Hans Witte aus Rendsburg durch den Landrat Seybold des Kreises Rendsburg in sein Amt als Bürgermeister eingeführt.[2]

Hohenwestedt

wird noch ergänzt

Neumünster

Zum Kriegsende wurde Neumünster zur „Offenen Stadt“[3] erklärt[4] und am 3. Mai 1945 kampflos britischen Truppen übergeben.[5] Einen Tag später kapitulierten alle deutschen Truppen in Nordwestdeutschland, den Niederlanden und Dänemark.

Wie auch das restliche Schleswig-Holstein, gehörte Neumünster mit dem Kriegsende zur britischen Besatzungszone. Da „die Alliierten bei Kriegsende nicht wussten, ob die deutsche Bevölkerung auch total kapitulieren“[6] würde, errichteten die britischen Besatzer für ihre Zone 1945 in Neumünster-Gadeland in der Lederfabrik Emil Köster KG das Civil Internment Camp No. 1. Interniert wurden dort alle Personen, bei denen man vermutete, dass sie wichtige Funktionäre der NSDAP gewesen waren.[6] Im Herbst 1945 saßen dort 11.000 Menschen ein. Unter ihnen „befand sich ein vergleichsweiser hoher Anteil mutmaßlicher Kriegsverbrecher, nach denen der britische Geheimdienst – meist erfolgreich – suchte“.[7] Von den anderen wurden viele schon bald wieder freigelassen, da den Briten nicht genug Unterlagen über die vielen Belasteten zur Verfügung standen. Das Lager wurde im Herbst 1946 aufgelöst, die restlichen 6.000 Insassen wurden in das Internierungslager Eselheide bei Paderborn verlegt.

Rendsburg

Großadmiral Dönitz befahl noch am 2. Mai 1945 die Verteidigung von Rendsburg und der Kanallinie. Der Rendsburger Landrat Peters und der Direktor der Schlewag Hans-Georg Schweppenhäuser versuchten daraufhin mit allen Mitteln, die Sprengung der Kanalbrücken zu verhindern und die Rücknahme des Befehls zu erreichen. Zumindest wurden die Sprengungen ausgesetzt. Die Briten machten nach Beginn der Waffenstillstandsverhandlungen auf Höhe Neumünster halt. So kam es erst gar nicht zu einer sinnlosen Verteidigung von Rendsburg und Büdelsdorf.

Am 7. Mai positionierte sich ein britischer Panzer auf der Drehbrücke, während an der Südzufahrt zur Brücke englische Kampfverbände abwarteten. Am Morgen des 8. Mai erschien eine Rendsburger Delegation an der Nordseite der Brücke, während sich von Süden her die Engländer in Bewegung setzten. Die Engländer befahlen den Delegationsmitgliedern, dass sich alle Polizeibeamten um 15 Uhr in der Polizeiwache einzufinden hatten. Anschließend rückten sie kampflos in die Stadt ein - am selben Tag wurde die Gesamtkapitulation Deutschlands unterschrieben[8].

Itzheoe

Im Vergleich zu Elmshorn, Hamburg, Lübeck oder Kiel, die massiven Bombenangriffen ausgesetzt waren hatte Itzehoe kaum unter dem Luftkrieg zu leiden. Wie den Akten, soweit sie noch vorhanden sind, und Zeitungsberichten zu entnehmen ist, wurden nach Oktober 1941 neunmal Bomben über Itzehoe abgeworfen.

Ab Juli 1943, nach den Angriffen auf Hamburg und Kiel, begannen die Bevölkerungszahlen der Stadt Itzehoe anzusteigen. Die durch Bombenangriffe obdachlos gewordenen Menschen strömten in die weitesgehend unberührten Gebiete. Noch deutlicher stieg die Einwohnerzahl als 1944 die Menschen aus dem Osten zu fliehen anfingen. Im Mai 1945 lebten dadurch fast 12000 Menschen mehr in der Stadt als noch im Mai 1943 – die Einwohnerzahl stieg von 21870 auf 33736. Die Welle der Zuwanderer brachte zwangsläufig Probleme mit sich, insbesondere im Bereich Wohnungswesen.

Für Itzehoe war der Krieg am 5. Mai 1945 vorbei. Britische Truppen rückten in die Stadt ein.

Die formale Entnazifizierung begann sehr schnell. Im Juni wurden Plätze und Straßen umbenannt, z.B. Adolf-Hitler-Park in Stadtpark, Peter-Kölln-Straße in Feldstraße und Hermann-Schmidt-Straße in Christian-Lohse-Straße[9].

Kriegstagebuch 1945 Schleswig-Holstein

Angeregt durch das Kriegstagebuch von der Richter, Scharffenberg und Danker in der Exklusiv-Dokumentationdes sh:z[10].

4. Januar
Der Sperrbrecher "Belgrano" wurde von einem britischen Flugzeug in der Flensburger Förde versenkt.
5. Januar
Der in Lübeck geborene Politiker und Journalist Julius Leber wurde in Berlin-Plötzensee hingerichtet.
25. Januar
Das Linienschiff "Schleswig-Holstein" wurde außer Dienst gestellt und im März gesprengt. Die von ihr am 1. September 1939 vom Hafenkanal in Danzig begonnene Beschießung der Westerplatte gilt als der Beginn des Zweiten Weltkrieges.

Einzelnachweise

  1. Bad Segeberg und die Nachkriegszeit
  2. Kriegsende in Nortorf und demokratischer Neuanfang
  3. Im Kriegsrecht bezeichnet offene Stadt eine Stadt oder Ortschaft, die nicht verteidigt wird und daher nicht angegriffen oder bombardiert werden darf. Grundlage ist Artikel 25 der Haager Landkriegsordnung, der den Begriff Offene Stadt jedoch nicht verwendet: „Es ist untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder zu beschießen.“
  4. Institut für schleswig-holsteinische Zeit- und Regionalgeschichte: VIMU. Kriegsende, abgerufen am: 31. Mai 2017
  5. Das Jahr 1945. Neumünster, abgerufen am: 20. Mai 2018
  6. 6,0 6,1 Uwe Danker: Internieren, entnazifizieren und umerziehen – Erste Vergangenheitsbewältigung nach 1945. In: Gerhard Paul, Uwe Danker, Peter Wulf: Geschichtsumschlungen: sozial- und kulturgeschichtliches Lesebuch: Schleswig Holstein, 1848–1948. Berlin 1996, ISBN 3-8012-0237-2, S. 286.
  7. Robert Bohn: „Schleswig-Holstein stellt fest, dass es in Deutschland nie einen Nationalsozialismus gegeben hat.“ Zum mustergültigen Scheitern der Entnazifizierung im ehemaligen Mustergau. In: Jahrbuch Demokratische Geschichte. Bd 17, S. 177.
  8. Das Ende des Zweiten Weltkriegs in Schleswig-Holstein im Aco-Wiki.
  9. Stadtgeschichte Itzehoe
  10. Schleswig-Holstein 1945. Das Kriegsende. Exklusiv-Dokumentation. Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag / Stephan Richter / Heiko Scharfffenberg / Uwe Danker, Verlag: Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, Büdelsdorf