Meiereigenossenschaft Nindorf
Die Meiereigenossenschaft Nindorf war die erste genossenschaftliche Meierei in der Region und bereitete den Weg für die Gründung der drei Meiereien in Aukrug und vielen weiteren in den Nachbardörfern.
Die Nindorfer Bauern hatten trotz anfänglicher Bedenken den Bau eines dorfeigenen Meiereibetriebes gewagt und produzierten bereits seit 1884 nach den Grundsätzen eines beschränkten Betriebes. Damit verfügten sie als Erste schon im Oktober 1885 über die Erfahrungen eines vollen Betriebsjahres. Die Ergebnisse waren gut und regten zur Nachahmung an.
Berichte im Rendsburger Wochenblatt 1886
Auf Veranlassung der Hohenwestedter Landwirtschaftsschule erschien in dem "Rendsburger Wochenblatt" (Ausgabe vom 25. Januar 1886} ein längerer Bericht, der in vielen Bauernversammlungen diskutiert wurde und zu einem gleichen Vorgehen in den Nachbardörfern Anlaß gegeben hat:
"Der allzu große Unterschied zwischen den Notierungen und den von den umherziehenden Butterhändlern für Bauernbutter gezahlten Preisen veranlaßte schon seit längerer Zeit die Landwirtschaft unseres Bereichs , über die Produktion besserer Butter und über eine entsprechende Verwertung derselben ernstlich nachzusinnen und nach Kräften dahin zu streben, daß sowohl die Herstellung hochfeiner Ware als auch der Absatz derselben zu den höchsten Börsennotierungen womöglich auch von den mittleren und kleineren Bauern erreicht werden.
Auch in unserem landwirtschaftlichen Casino in Bargfeld (Bünzenerau) wurden im Sommer 1884 dahingehende Fragen ventiliert. Zugleich aber drängte sich dabei die Auffassung in den Vordergrund, daß, falls die Errichtung einer Meierei auf genossenschaftlichem Wege als notwendig erachtet werde, jedenfalls eine solche mit beschränktem Betrieb eingerichtet werden müßte, um durch eine solche Anlage eine Beeinträchtigung der Kälber- und Ferkelaufzucht und der Schweinemast zu verhindern.
Nachdem nun in einer anderen Versammlung unseres Casinos Direktor Conradi, Hohenwestedt, einen durchschlagenden Vortrag gehalten hatte, wurden zwei Bauern aus unserer Mitte nach Zarpen, Kreis Stormarn, entsandt, um die dort seit 1882 in Tätigkeit befindliche Meierei zu besichtigen. Auch hier handelt es sich um einen "beschränkten Meiereibetrieb", der die Mager- und Buttermilch in vollem Umfang an seine Mitglieder zurückgibt. Der Bericht unserer beiden Abgeordneten fiel - wie erwartet worden war - günstig aus. Und sofort wurde mit der Vorbereitung für den Bau einer solchen Meierei begonnen.
Unterhalb einer ergiebigen Quelle wurden mitten im Ort (Nindorf) an der Hauptstraße des Dorfes der Bau ausgeführt, und zwar nach dem unter verschiedenen anderen uns zugegangenen Zeichnungen ausgewählten Plan einer Eckernförder Firma. Schon am 15.10.1884 konnte der Betrieb eröffnet werden. Nachdem nun schon reichlich ein Jahr gearbeitet worden ist, dürfte es von Interesse sein, für andere benachbarte Dörfer einen Auszug aus den Büchern der Meierei einzusehen. Zuvor mag noch erwähnt werden, daß unsere ganze Anlage einfach, aber zweckentsprechend ist und sämtliche Anlagekosten ohne Eiskeller, der erst in jüngster Zeit erbaut wurde, sich auf rund 9.000 M belaufen.
Zwei Zentrifugen der verbesserten Lehfeldt'schen Art, die eine von 1883 und die andere von 1884, besorgen die Entrahmung der Milch. Wenn vielleicht die Lehfeldt'schen Zentrifugen - wie schon von anderer Seite behauptet wurde - etwas schwerfälliger sind als die neuesten, so haben sie dafür den Vorteil, daß sie weniger kompliziert sind.
Im Laufe dieses ersten Geschäftsjahres sind alle diejenigen Bauern, die anfänglich noch Bedenken trugen, sich zu beteiligen, als Mitglieder beigetreten. Einmal, weil ihnen eine bessere Verwertung der Milch mit Zahlen klar belegt wurde; und zum anderen, weil die vor der Inbetriebsetzung unserer Meierei von verschiedenen Seiten vernommenen Gerüchte um eine geringere Güte oder gar völliger Wertlosigkeit der Magermilch sich als vollständig grundlos erwiesen haben, besonders, weil bei uns die Magermilch so fort nach dem Abfließen aus den Zentrifugen abgeholt und verwertet werden kann.
Abrechnung des ersten Betriebsjahres 15.10.1884 – 14.10.1885
Milchanlieferung | 454.844 Ltr |
Versandte Butter netto | 35.011,5 Pfd |
Zurückgelieferte Magermilch | 67 % |
Zurückgelieferte Buttermilch | 27 % |
Für Butter vereinnahmt | 36.367,14 M |
davon ausgezahlt | 30.906,93 M |
Für Amortisation | 2.274,17 M |
An Betriebskosten | 3.182,04 M |
Nach Abzug aller Kosten sind je Liter angelieferter Milch ausbezahlt worden:
- Im Oktober 1884 - 9 Pfg
- Im Juni 1885 - 51/2 Pfg
- Im September 1885 - 78/10 Pfg."
Wenige Tage später wurde im "Rendsburger Wochenblatt" ein zweiter Bericht veröffentlicht, dessen Verfasser es darauf abgestellt hatte, die Nindorfer Betriebsergebnisse kritisch zu beleuchten:
Zur Meiereifrage
'Unter den Meiereien der Umgegend hat die Meierei Nindorf, Kirchspiel Hohenwestedt, den Ruf einer wohlfeilen und doch zweckmäßigen Einrichtung eines reellen Betriebes und einer soliden Verwaltung. Es ist daher gar nicht zu verwundern, wenn bei Errichtung neuer Meiereien, wie sie in vielen Orten projektiert werden, die Augen auf Nindorf gerichtet sind. Glücklicherweise ist man in Nindorf auch gern bereit, das bestehende Objekt vorzuzeigen. Ja, die letzte Nummer unseres Wochenblattes hat uns sogar einen Einblick in die Rechnungsverhältnisse gewährt. Und diese Zahlen möchten wir jetzt etwas näher unter die Lupe nehmen:
- Aus 454.844 Ltr Milch sind 35.011,5 Pfd Butter erzeugt. Folglich gehören zu einem Pfd Butter 12,99 Ltr Milch.
- 35.011,5 Pfd . Butter sind für 36363,14 M verkauft worden. Folglich ist für ein Pfd Butter ein Preis von 103 4/5 Pfg erlöst worden.
- An die Interessenten sind 30.006,93 M an Milchgeld ausbezahlt worden; also für 1 Pfd Butter 88 1/4 Pfg.
- Zur Schuldentilgung sind verwandt worden: 2.274, 17 M ; wären die Schulden bereits getilgt, so wäre dieser Betrag mit an die Mitglieder ausbezahlt worden. Mithin dann je Pfd Butter 94 7/10 Pfg.
Diese Zahlen bedürfen keines Kommentars."
Reaktionen auf die Berichte
In der Tat sprachen die Zahlen für sich und warfen die Frage auf, wie wohl die Reaktionen auf die Innovation in Nindorf sein würden, deren Ergebnisse nicht nur über das im Aukrug in vielen Häusern gelesene „Rendsburger Wochenblatt" überregional bekannt gemacht wurden. Auch in den Vereinsversammlungen wurden immer wieder die unbestreitbaren beachtlichen Fakten der Nindorfer Genossenschaftsmeierei erörtert.
Nun hatte der Funke gezündet. In vielen Dörfern des Hohenwestedter Bezirks, des Aukrugs - ja des ganzen Rendsburger Kreises - wurden entsprechende Vorbereitungen getroffen, neue Meiereianlagen zu erstellen. Kaum ein fortschrittlicher Landwirt verschloss sich der Überzeugung, dass diese Dorfmeiereien auf die Entwicklung der Viehwirtschaft und auch des Ackerbaus - ja, auf die ganze Wirtschaft - einen tiefgreifenden Einfluss ausüben würden.
Damit war das Startzeichen für eine umfassende Umgestaltung der milch- und meiereiwirtschaftlichen Verhältnisse unseres Landes - auch des Aukruges - gegeben, wo allein in einem Jahr - 1886 - gleich drei Meiereigenossenschaften gegründet wurden: Bargfeld, Homfeld und Innien. So sehr war man nun von der Richtigkeit des neuen Weges überzeugt.