Sagen und Aberglaube

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Titelseite vom Samuel Meigers Buch: De Panurgia Lamiarum, Sagarum, Strigum ac Veneficarum totiusque cohortis magicae Cacodaemonia libri tres. Dat ys: nödige und nütte underrichtinge I. Van der Töverschen geschwinden list und geschicklicheit quodt thodoude, II. Unde dat Töverye eine Düvelsche Sünde sy, de wedder alle teyn Gebade Gades strydet. III. Unde, Wo eine Christlike Overicheit mit sodanen gemeinen Fienden Minschlikes geslechtes ummeghan schöle („Drei Bücher über die Allwirksamkeit der Vampire, Wahrsagerinnen, Zauberinnen und Giftmischerinnen und über die Hinterhältigkeit des ganzen zauberischen Heeres“), Hamburg 1587
Seite aus dem gleichen Werk

Schon Georg Reimer hat über Sagen und Aberglaube in seiner Geschichte des Aukrugs berichtet. 1913 schilderte den Aberglauben der Zeit um das Jahr 1600, dessen Praktiken er dem 1587 erschienen Buch[1] des Nortorfer Pastors Samuel Meigerius (Meiger) entnommen hatte. Dass der Aberglaube Anfang des 20. Jahrhunderts gelegentlich noch "seine Blüten trieb" in Form von Bauernregeln und Wunderdoktoren, hielt Reimer für ein Überbleibsel aus heidnischer Zeit, das durch die "ausbreitende Volksbildung" vergehen würde. Den "krassesten Aberglauben" meinte er in der Zeit von 1517 bis Mitte des 17. Jahrhunderts zu entdecken und widmete ihm ein eigenes Kapitel. Regionale Sagen, die noch nach dem Ersten Weltkrieg mündlich in den Aukrugdörfern überliefert wurden, dokumentierte er in der erweiterten Ausgabe von 1959, in der das Kapitel über den Aberglauben nicht mehr erschien.

Sagen

Der Holunder in Nortorf.

Es wird in der ganzen Welt ein Krieg ausbrechen und alle Völker 'gegeneinander streiten. Unser Heer steht westlich von den Heinkenborsteler Wiesen. In Heinkenborstel hält der König, der die Schlacht leitet. Vom Westen her über Barlohe und Nindorf ziehen immer neue Haufen heran. Oldenhütten muss hart leiden und auch Innien. Die Weberkate auf dem Bökenberg bei Heinkenborstel (jetzt Schmiede) wird in Brand gesteckt. Das ist das Zeichen zum Angriff. Der geht über Innien, das in Flammen aufgeht. Über die Innier Brücke wird dann eine rote Kuh geführt. Es ist in den Monaten September oder Oktober, wenn der Mist für die Roggensaat auf der „Französischen Koppel“ am Böker Kreuzweg steht. Die Truppen ziehen so schnell vorbei, dass der Knecht sich mit „einem Beerkroos und Keesbodderbrot" hinter dem Misthaufen verstecken kann. Der Feind steht zwischen Böken und Gnutz auf dem Viert. Gnutz wird verbrannt. Die Schlacht zieht sich nach Nortorf hin, und die Entscheidung fällt auf dem Thienbüttler Kamp. Es wird ein großer Sieg für uns werden. Während der Schlacht hat der König seinen Schimmel an den Holunderbusch, der aus der Nortorfer Kirchenmauer wächst, gebunden und vom Kirchturm die Schlacht geleitet. Nach dem Sieg sind aber auch von den Unsern so wenige übrig geblieben, dass jeder Soldat von einer Trommel essen kann. Auch der König isst von der Trommel. Dieser Kampf entscheidet den Krieg. Es wird eine Zeit des Aufblühens kommen. Der Holunder an der Nortorfer Kirche ist 1814 von den Feinden abgehauen.

Mudder Ilohsch is dod.

Con Claus Glimmann in Böken sein Kohlhof beet dat hoge Stück an'n Enn ,Hogenhoff. Dar 'hebbt vör Tieden de Unnererdschen wahnt. De Hogenhoff is ,domais noch veel höger weß, un an de Wisciensied weer slims dicht mit Brommelbeerranken bewussen. Dar tinnier de dichten Ranken an dat hoge Öwer von de Bünzauwischen hebbt de lütten Lüd ern Togang hadd. Dar güng en Trepp ut Steen deep na de Eer rin. Se sind fakenins na dat Buurhuus hinkamen un hebbt sick Ketels un Grapens lehnt, wenn sie Köß un Kinnelbeer fiern wulln. Am meisten bruken se den mischen Ketel, dar bruen se Beer in. In'n Schummern bröchen se den Kram wedder, denn kloppen se an dat Finster, un wenn de Lüd de Grapens un Ketels rinhalen, den leeg dar ümmer en Stück Geld ünner in. Malins, as se den Ketel aflavert, kämmt dar en lütt Deern na de Deel rop. Se dricht wat in de Schört. Dat dörft se nüms in de Hand geven, seggt se, un geiht na den Fürherd ran un schüdd dar er Schört ut. Dor sünd dor luter spetsche Dalers in weß. ,.Mader Ilohsch is dod", seggt se un geiht wedder weg. Do ward dat en Poltern in den Keller, de Bur löppt sülben hendal, he will sehn, wat dor los is. Do is de Beerhahn ut de Tonn rutreten, un dat Beer löppt na den Keller rin. En kitten Kerl witscht jüß ut dat Finster rut. „Mak den Hahn to, seggt he, „dat Beer löppt all weg! Moder Ilohsch is dod! Moder Ilohsch is dod", röppt he denn un löppt weg. Do kamt dar ümmer mehr von de Unnererdschen an, he hebbt danzt und sungen: „Moder Ilohsch is dod! Moder llohsch is dod! Nu brukt wi keen Beer mehr to brun'n!" Noch eenmal hebbt se den Ketel lehnen wollt. Do hett de Knech er een ganz schitigen Ketel geven. Do sünd se dull worn un ni wedder kamen. (Erzählt von Frau Anna Glindemann geb. Voß.)

De Ries von'n Glaasbarg. (Dumpfes plattdeutsches aa)

As in Nordörp de Kark but wor, un de Turm to sehn wer, wahn up'n Glaasbarg en Ries. De much keen Karken sehn. He nehm de groten Steen und smeet er na den Karkturm. He konn aver nich sowiet ,smieten, de Steen fulln all hi Viertehöh dal. Dar sand de eenzigen Steen upp dat Bökerfeld (Burvagt Claus Reimers 1910.)

De Spinnfru.

An den Weg von Böken na Bünzen, dor wo de Weg na de Wischen afgeit, sitt Harwstdags nachts von 12-1 en Fru mit en golln Spinnrad. Se spinnt FIaß. Wer denn dor langskömmt, mutt ers en Deel Gorn afhaspeln suns kommt he ni vörbi.

De Deern un de Pogg.

Dar is mal'n Knecht weß un'n Deern, dat Is in Böken weß, de ,sünd bi to Rogg'n meihn. Do seht se dar so'n groten Pußpogg, un de Knech will em dod slagen. „Lat em doch leben", seggt de Deern, „heft di jo nix dan"! Do lett he em doch leben. Na'n paar Dag ward de Deem inladen, ,se schall henkamen to Kinnelbeer na de Ünnererdschen. Se geiht ock mit, un as se vor de Dör kümmt un dar rin will, do süht se dar över de Dör en groten Steen hangen, de hangt an en sieden Band. Do will se dar ni ünnerdör. „Do dat man", seggt de Ünnererdschen, „wes man ni bang, he fallt di ni up'n Kopp. Du hest jo för den Pußpogg sien Leben bed, dat wer een von uns Fruens. Wenn du dat ni dan herrst, denn har de Steen di dodsmeten." Do geiht se dar rin, un se krigt wat to eten, un schenken dot se er ock wat. (Mündl. in Böken.)

Lichter gesehen.

Vor vielen Jahren, bevor die Bahn Heide-Neumünster gebaut wurde, sah man nachts beim Rüm über den Weg nach Bünzen viele Lichter über die Straße fliegen. Jetzt fährt dort die Bahn. Auch in Innien hat man die Lichter gesehen. Als die Bahn zuerst unten im alten Dorf vermessen wurde, sagte ein alter Mann: „Hier ward de Bahn ni but, de ward up düsse Sied von'n Ossenkroog but, dor heff ick de Lichter flegen sehn." So ist es gekommen. In den Wiesen an der Höllenau beim Dorf Böken sah man öfters Lichter brennen. Nachher ist dort eine Frau ertrunken, die man nachts mit der Laterne suchte. Auch auf Glindemanns Auberg sah man Lichter brennen. Jetzt steht dort das Schulhaus.

Knaben in Stein verwandelt.

An'n Boxbarg bi Homfeld stahn twee Steen. Do ward vertellt: Twee Jungens harrn Brot halt. Unnerwegs fungen se an, mit den Bröd to speeln. Do sünd se in Steen verwandelt.

Aberglaube

Pastor Samuel Meyer in Nortorf schreibt in seinem Hexenbuch De Panurgia Lamiarum etc. Hamburg 1587:

Buranpractica:

  • Um Michaeli (30. September) und im März gebrautes Bier ist „duersamer". Ebenso dann gefälltes Bauholz.
  • Bauholz soll man bei abnehmendem Monde fällen, besonders das am letzten Tag des Jahres gefällte Bauholz ist unvergänglich.
  • Leichen vom letzten Tag des Jahres sind unverwesbar.
  • Korn (Roggen) muß man Agidy (1. September) säen, Gerste und Hafer Benedikti (21. März), Erbsen Gregori (9. Mai), Linsen und Wicken Philippi (1. Mai), Hanf Urbani (25. Mai), Buchweizen Bonifatii (14. Mai).
  • Nach Medardi (8. Juni) richtet sich das Wetter in der Ernte.
  • Wenn es am Vormittage von Johanni (24. Juni) und Jakobi (25. Juli) regnet, wird die Eichel- und Bucheckernmast schlecht.
  • Wenn es am Margaretentage (10. oder 12. Juli) regnet, gibt es taube Nüsse.
  • Nach dem Wetter des Fastlamtages richtet sich das Wetter im Sommer.
  • Wenn Petrus und Matthias in der Fasten (22. und 24. Februar) gleiches Wetter haben, gibt es guten Roggen.
  • Wenn es Mariä Berggang (15. August) regnet, gibt es weitere sechs Wochen unbeständiges Wetter, meist regnerisch.
  • Wenn es am Martinitag (10. November) die Sonne scheint, gibt es im nächsten Jahre eine gute Eichel- und Bucheckernmast.

Einzelnachweise