Archiv:Die älteste geschichtliche Zeit

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Die älteste geschichtliche Zeit

Das Gebiet des Aukrugs wird zum erstenmal urkundlich nachgewiesen in der Zeit Vicelins, und zwar ist es ein Fürstenmord, der den Anlaß zur Erwähnung Inniens gibt. Die in Wagrien wohnenden Wenden hatten seit 1066 die Oberhand gewonnen. Sie durchstreiften vielfach unser Land und raubten und plünderten. Erst das Jahr 1111 brachte eine Änderung. Herzog Lothar von Sachsen, der spätere Kaiser, schickte in dem Grafen Adolf I. von Schauenburg einen tüchtigen Regenten ins Land. Seitdem ließen die Wendeneinfälle nach. Der Wendenkönig Heinrich war dem Christentum geneigt.

Vicelin, der 1126 durch holsteinische Edelinge aus dem Falderagau nach Wippentorp (Neumünster) gerufen war, wollte seine Tätigkeit ins Wendenland ausdehnen. Heinrich starb aber schon 1126. Seine Söhne Knud und Zwentepolch stritten um die Herrschaft. Knud wurde 1127 in Lütjenburg umgebracht, und Zwentepolch herrschte nun allein. Er war dem Christentum geneigt und hielt Freundschaft mit den Holsten. Mit ihrer Hilfe unternahm er einen Zug ins Obotritenland (Mecklenburg). Doch seine Herrschaft nahm ein jähes Ende. „Zwentepolch wurde bald hernach (1128 oder 29) durch die Hinterlist eines gewissen Daso, eines sehr reichen Holsteiners, ermordet[1]. Dieser Daso wird uns nicht näher bezeichnet. Wir dürfen aber annehmen, daß es sich um den 1149 in der Urkunde Heinrichs des Löwen von Heikenbuttle[2] erwähnten Daso de Ennige handelt[3]. In der genannten Urkunde wird gleich nach dem Overboden Markrad genannt: Vergotus filius Daso de Ennige cum fratribus suis (Vergotus von Innen mit seinen Brüdern). Aus der Stellung gleich nach dem Overboden, dem obersten Richter und Anführer des Heeresaufgebots, dürfen wir auf die angesehene Stellung des Vergotus und seiner Brüder schließen, denn „rangmäßig folgen die Namen und Würden der Zeugen in den Urkundenschlüssen. Das war die Freude des Zeitalters"[4].

Daso war der Stifter einer angesehenen Adelsfamilie, der Dasoniden, wie die Visio Godescalcii Gottschalk Kap. 21 erkennen läßt. Diese berichtet die traumähnlichen Erscheinungen, die ein Bauer Gottschalk aus Horche (Harrie) hatte. Sie wurden um 1190 im Kloster Neumünster aufgezeichnet. Heinrich der Löwe war von seiner Verbannung nach England zurückgekehrt. Um wieder in den Besitz von Wagrien zu gelangen, belagerte er die Burg Segeberg, die sein Großvater auf Vicelins Rat angelegt hatte. Die holsteinischen Kirchspiele mußten ihm der Reihe nach Mannschaften stellen. So traf auch die Reihe das Kirchspiel Neumünster. Der Bauer Gottschalk aus Harrie mußte mit, obgleich er schwächlich war. Vor Segeberg verfiel er in einen traumhaften Zustand, in welchem er in die unsichtbare Welt versetzt wurde. Er sah Himmel und Hölle und in letzterer in besonders großer Qual einen verstorbenen Gottschalk, den Sohn des älteren Daso aus dem Kirchspiel Nortorf. Es wird dieser Gottschalk ein Bruder des vorerwähnten Vergotus von Innien sein. Ein dritter Sohn des Daso muß Daso der Jüngere sein, da der Vater als der ältere Daso bezeichnet wird.

Der Dasonide Gottschalk verbündete sich mit einer slavischen Bande, den Bakariden, deren Stammvater Tributus im Gau Faldera (Kirchspiel Neumünster) wohnte. Sie selbst wohnten wie Gottschalk im Kirchspiel Nortorf. Vielleicht erinnert der Ortsname Wennebek an diese Bande. Die Bakariden raubten und plünderten, wo sie nur konnten. Sie machten die ganze Gegend unsicher. Auf Gottschalks Anraten unterstanden sie sich sogar, Kirchenraub zu begehen, „denn in einer Nacht schlichen sie durch ein niedriges Fenster[5] in die Kirche zu Nortorf und nahmen alles Kirchengerät samt dem Schrein, in welchem die Reliquien des heiligen Martin, welchem die Kirche geweiht war, lagen, mit sich fort". Auch die hölzerne Kirche in Givenstede (Jevenstedt) raubten sie aus.

Die gestohlenen Reliquien kaufte die Kirche später für 20 Mk der Bande wieder ab. Die Übeltaten konnten nicht ungestraft hingehen. Graf Adolf II. berief eine Volksversammlung nach Lachstide (Lockstedt) und lud zu dieser Gottschalk und den Hauptdieb Hubico, damit sie durch Überschreiten glühender Pflugscharen ihre Unschuld erhärten sollten. Die Angeklagten erschienen nicht. Auf Vermittlung der Neumünsterschen Geistlichkeit verschob der Graf, wenn auch widerwillig, das Urteil, und auch später, als sich Gelegenheit zum Urteil bot, ließ Adolf II. die Übeltäter in Ruhe. Auch angesehene und mächtige Holsten, die anfangs gegen Gottschalk losziehen wollten, beruhigten sich. Die Dasoniden waren eben zu mächtig, und so lebten sie unbehelligt in ihrem Wohnsitz weiter.

Gottschalk beteiligte sich dann an der Vertreibung der Bakariden, als die Bewohner des Kirchspiels Nortorf Jagd auf die Räuberbande machten, ja, er tat sich dabei besonders hervor und suchte so die Holstenherren zu versöhnen. Leider ist uns die Jahreszahl der Volksversammlung von Lockstedt nicht überliefert. Sie fällt in die Zeit von 1143-1164. Vielleicht können wir die Zeit noch einschränken auf 1149-64, dem Todesjahr Adolfs II.

Der Wohnsitz der Herren von Ennige ist verschollen. Ich möchte ihn an der Bünzau suchen, und zwar in der südöstlichen Ecke von Glöys Sören am Fußsteig nach Böken. Die Ecke bildet einen kleinen Hügel, der durch eine, allem Anschein nach künstliche Vertiefung von der Koppel abgeschnitten wird. Südlich stößt der Hügel an ein schmales Wiesental, welches vom Burbek durchflossen wird. Bünzau und Burbek waren ehedem viel wasserreicher als heute, so daß der Hügel ganz vom Wasser umgeben gewesen sein kann. Die Annahme, daß hier der Burgplatz zu suchen ist, erfährt ihre Bestätigung dadurch, daß der Burbek noch 1759 als Borgbek bezeichnet wird[6].

Auch in Bünzen wird eine Ritterfamilie ansässig gewesen sein. Vor Bünzen liegt an der Au ein Hügel. Die anliegende Koppel heißt „Bori", 1724 wird sie Borgkamp genannt[7]. Die eine Seite des Hügels bildete der Kapellenbek, bevor man ihm eine andere Richtung zur Speisung des Bünzer Mühlenteiches gab. Eine andere Seite stößt an das Tal der Bünzau. Die dritte Seite wird von einem bogenförmigen Graben begrenzt. Der Hügel ist bedeutend höher als die anliegende Koppel. Es wird der Grabenaushub auf den zu bebauenden Burgplatz geworfen sein. Von der Burg ist nichts mehr zu entdecken, zumal an der Auseite Erde zur Verbesserung der Wiesen abgefahren ist. Man will dort Kohlen, Knochenreste und Scherben gefunden haben. Erhalten ist davon nichts. Das Gebäude wird jedenfalls ein Holzbau gewesen sein. Es hat bei kleinen Überfällen den Bewohnern des Dorfes Schutz bieten können, ist vielleicht durch seine Lage an der damals noch schiffbaren Au in der Lage gewesen, eine etwas längere Belagerung auszuhalten. Ob die Reventlows, die eine Hufe in Bünzen für eine Präbende in der Plöner Kirche gestiftet haben[8], hier seßhaft waren, kann man nicht beweisen. Der geschenkte Besitz (Timm) liegt an der Koppel Bori. Eine Adelsfamilie von Buntzinghe ist urkundlich bezeugt. Am 12. Mai 1351 verkaufte Iwan von Krummendiek[9] an den Knappen Timmo de Buntzinghe die Dörfer Haverkamp, Fleckeby, Holm und Götheby (Kr. Eckernförde) für 900 Mk lübsch, Timmo hatte drei Söhne, Timmo, Hinrick und Nicolaus.

Solche Adelssitze, wenn man sie so nennen darf, lagen in vielen Dörfern. Sie umfaßten wohl nur einen Bauernhof, der drei „alte" Hufen umfaßte[10]. Die Bauern des Dorfes mußten zur Instandhaltung vielleicht hilfreiche Hand leisten und etwas Getreide dorthin liefern, damit im Falle der Not die Burg sich etwas länger halten konnte. Dafür genossen die Bauern bei einem Überfall den Schutz, den die Burg bieten konnte.

Ein Adelssitz war auch Bucken. Im Güterverzeichnis des Klosters Neumünster[11], das um 1200 aufgestellt ist, wird ein Nenno von Bucken genannt, von dem das Kloster einen Acker in Einfeld gegen einen anderen in Remmels (Rameslah) eingetauscht hatte. Man vermutet, daß daraus die Besitzung Papenau enstanden ist.

Adelige werden uns aus jener Zeit genannt aus: Geresthorp (Jahrsdorf), Kerleggehusen (Kellinghusen), Hanstide (Henstedt bei Hamweddel), Langwedele, Godeland, Padenstede, Enenthorpe (Ehndorf), Werzebeke (Wasbek), Erpestorpe (Arpsdorf), Withorpe, Holtorp u. a.

Fußnoten

  1. Helmold, Slavenchronik, S. 102.
  2. Hasse, S.-H. Urkunden u. Regesten I. 88.
  3. Paul Bahr, Studien z. nordelbingischen Geschichte im 12. Jhdt. Leipziger Diss. 1885.
  4. Staatsb. Mag. IV. 551.
  5. Die alten Kirchen hatten zwei Reihen Fenster, wie noch in Schenefeld zu erkennen ist.
  6. Ältestes Kontraktenprotokoll d. Kirchsp. Nortorf im L. A. Schleswig.
  7. Speciele Beschreibung des Kirchspiels Nortorf 1724.
  8. S. Erwerbungen des Klosters Itzehoe, einige S. weiter.
  9. Urkunden u. Reg. IV. Nr. 484.
  10. Es gab vor 1800 eine andere Hufenzahlung, da ein Bauernhof mehrere Hufen umfassen konnte. ZSHG 1954, S. 147: G. Reimer: Vom Amte Rendsburg.
  11. Urkd. u. Reg. I. 222.