Archiv:Ein zusammenfassender Bericht aus dem Jahre 1907

Aus Aukrug Geschichte Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein zusammenfassender Bericht aus dem Jahre 1907

Hünengrab in der Homfelder Feldmark
Genossenschaftsdreschmaschine im Einsatz auf dem Hof Thun / Innien
Genossenschaftliches Buschhacken auf dem Hof Kahlke Homfeld

Die bisherigen Ausführungen zeigen, wie sehr das wirtschaftliche Leben unserer Aukrugdörfer durch eine allgemeine Förderung des Gemeinsinns schon frühzeitig in besonderer Weise geprägt wurde. Neben den erwähnten gemeinschaftlichen und genossenschaftlichen Einrichtungen wurden zahlreiche weitere Institutionen begründet und mit Erfolg betrieben.

Darüber berichtete 1907 Verbandssekretär Jipp vom Verband der schleswig-holsteinischen landwirtschaftlichen Genossenschaften, Kiel, im "Landwirtschaftlichen Wochenblatt" wie folgt:

Reiche, nachahmenswerte Betätigung auf genossenschaftlichem Gebiet.

Durch nachstehende Zeilen will ich von einem Bezirk berichten, der nicht vereinzelt dasteht, immerhin aber zeigen wird, wie viele Zweige des landwirtschaftlichen Betriebes durch den Zusammenschluß der Interessenten, durch die Genossenschaft, gefördert werden können. Es ist der Bezirk des landwirtschaftlichen Vereins an der Bünzau zu Innien, welcher die Dorfschaften Bargfeld, Böken, Bünzen, Homfeld und Innien umschließt.

Diesem landwirtschaftlichen Verein, begründet 1868 unter Leitung des Vorsitzenden, Amtsvorsteher Gloy, haben die nachfolgenden genossenschaftlichen Organisationen mit in erster Reihe ihre Entstehung zu verdanken. Außer der belehrenden Tätigkeit, die ja jedem landwirtschaftlichen Verein als erstes Ziel obliegt, erkannte derselbe bald die den Genossenschaften innewohnende Kraft. Die erste Institution, welche diesem Verein das Leben verdankt, ist die Privat-Spar- und Leihkasse zu Innien. Dieselbe fördert in erster Reihe den Realkredit und das Spareinlagengeschäft. Wenn auch nebenher der Personalkredit nicht ganz aus dem Geschäftsbetrieb ausgeschaltet ist, so bewegt sich derselbe naturgemäß nur in engen Grenzen; die Förderung dieses Geschäftszweiges ist der 1896 gegründeten Spar- und Darlehnskasse überlassen worauf wir, später zurückkommen.

Die Größe der Privatsparkasse ergibt sich aus dem Umsatz, welcher im letzten Geschäftsjahr sich auf mehr als 1 Million Mark belief. Hervorzuheben ist, daß die Dienstboten aus den fünf umliegenden, dazu gehörenden Ortschaften alljährlich 4.000 bis 5.000 M bei der Sparkasse anlegen. Daß sich die Privatsparkasse - obgleich der Name leicht zu anderer Auffassung verführen könnte - in den Dienst der Allgemeinheit gestellt hat, beweist die Tatsache, daß mehr als.1 000 M alljährlich vom Reingewinn an die beteiligten Gemeinden für wohltätige Zwecke überwiesen werden. Weiter verdient Hervorhebung, daß durch das Eingreifen der Sparkasse bzw. deren Mitglieder die Trennung der Kirchengemeinde Innien von der zu Nortorf erleichtert wurde, sodaß erstere eine eigene Kirche erhielt.

Die Gründung der Bünzauer Ent- und Bewässerungs-Genossenschaft ist ein Werk des landw. Vereins. Dieselbe bezweckt die Regulierung und Entwässerung der Bünzau bis zur Mündung in die Stör von ca. 8 km Länge, wodurch wiederum die Regulierung der letzteren erfolgt ist.

Im Jahre 1874 erfolgte die Errichtung des "Ersten schleswig-holsteinischen Waldverbandes", welcher die Pflege des Waldes und die Bepflanzung der Oedländereien bezweckt und, um dieses intensiver betreiben zu können, eine eigene Baumschule angelegt hat. Der Waldverband hat bisher sehr segensreich gewirkt. So sind in den letzten Jahren außer vielem sonstigen minderwertigen Ackerland cirka 200 Hektar Heideländereien mit dem Dampfpflug gepflügt dann angepflanzt. Es ist nicht zu verkennen, daß hierdurch einige sonst ganz waldarme Gemarkungen zu waldreichen umgewandelt sind, auch durch die Pflege der bestehende Laubwald sich bedeutend gebessert hat.

Weiter ist unter Mitwirkung des Landwirtschaftlichen Vereins im Jahr 1885 der Landwirtschaftliche Konsumverein e.G.m.u.H. zu Innien begründet worden. Hier dürfte es interessieren, den Warenbezug kennen zu lernen. Derselbe betrug:

Geschäftsjahr Zahl der Genossen Gesamtwarenbezug in Mark Durchschnittsbezug pro Mitglied in Mark
1986/87 (2 Jahre) 27 10.015 190
1890 26 5.786 223
1893 26 1.852 71
1896 26 5.739 223
1899 34 20.019 589
1902 41 36.803 890
1905 44 45.838 1.042

Diese Zusammenstellung weist im allgemeinen eine günstige Entwicklung des Konsumvereins nach. Auf den ersten Blick erscheint allerdings das Jahr 1893 bedenklich; dies lag aber m.W. An einem Wechsel im Vorstand. Im übrigen ist von Jahr zu Jahr eine Steigerung des Gesamtumsatzes zu verzeichnen, wie auch eine Steigerung des von jedem Genossen beim Bezugsverein gedeckten Bedarfs. Letzteres ist gewiß eine Bestätigung dafür, daß die Genossen die Vorteile des gemeinsamen Bezugs immer mehr erkannt haben. Die Existenzberechtigung dieser Genossenschaft ist somit nachgewiesen.

Im Vereinsbezirk besteht ferner eine Schweinezucht- und Absatzgenossenschaft mit dem Sitz in Innien. Ohne auch hier näher auf die Einzelheiten eingehen zu wollen, sei auch darauf hingewiesen, daß sie durch den gemeinsamen, auf genossenschaftlicher Grundlage basierenden Verkauf der Schweine ihrer Mitglieder durch die Geschäftsstelle der Landwirtschaftskammer (Absatz pro Jahr ca. 1 500 Schweine) bisher recht gute Erfolge erzielt hat. Daß sie nebenher durch Anschaffung und Einführung guter Deckeber für Verbesserung der Schweinezucht eintritt, ist wohl selbstverständlich.

Da es natürlich zu weit führen würde, alle bestehenden Genossenschaften eingehend zu würdigen, sei nur noch darauf hingewiesen, daß im Vereinsbezirk drei Dampfdresch-Genossenschaften bestehen, welche bis dahin auch mit gutem Erfolg arbeiteten. Hervorhebung verdient, daß die Buschhack-Genossenschaften eine zweckentsprechende Ergänzung der ersteren bilden, wie denn auch hier beide miteinander verbunden sind.

In richtiger Erkennung der Tatsache, daß durch Errichtung einer Spar- und Darlehnskasse nur allein die Förderung des Personalkredits dem Bedürfnis entsprechend möglich ist, wurde 1896 zur Begründung einer solchen geschritten. Die Befriedigung des Realkredits wie auch des Spareinlagengeschäfts verblieb der vordem beschriebenen Sparkasse. Auch diese Genossenschaft hat sich im Laufe der Jahre sehr gut entwickelt. Die Kasse konnte die Einlagen in laufender Rechnung im Durchschnitt mit 3 1/4 % verzinsen und berechnete für Entnahmen im Durchschnitt 4 1/2 bis 4 3/4 %. Das Rendantengehalt belief sich auf ca. 400 M jährlich und es konnte ein Reservefonds von 2.200 M erübrigt werden. Berücksichtigt man die gesunde Zinspolitik, so kann man mit dem Reservefonds wohl zufrieden sein, denn die Spar- und Darlehnskassen sollen keine Reichtümer ansammeln, sondern sie sollen vielmehr tagtäglich ihren Mitgliedern nützen und helfen .

Neben drei eingetragenen Meiereigenossenschaften, welche gut prosperieren, bestehen im Vereinsbezirk noch einige Hengstgenossenschaften und Ziegenzuchtvereine, welche ebenfalls zum Wohl und Vorteil ihrer Mitglieder arbeiten. Letztere haben den Zweck, die Milchergiebigkeit der von den kleinen Leuten gehaltenen Ziegen zu steigern. Die von den Vereinen empfohlene Zuchtrichtung ist die Saanenziegenkreuzung.

Neben diesen Genossenschaften bestehen in den verschiedenen Dörfern Stiergenossenschaften, welche dazu berufen sind, die Viehzucht zu heben, und auch diese Genossenschaften können auf größere Erfolge zurückblicken.

Nicht unerwähnt darf bleiben, daß sich in der Gemeinde Innien eine eingetragene Wasserleitungsgenossenschaft gebildet hat. Durch diese ist es den einzelnen Haushaltungen ermöglicht, reines, gut es Trinkwasser bei angemessenen Preisen zu erhalten. Die Genossenschaft hat ein reiches Quellengebiet erschlossen, von dem das Wasser durch Reservoirs in die einzelnen Haushaltungen (auch Meierei) geleitet wird. Der Kostenpunkt ist ca. 4.000 M. Pro Jahr und Haushalt werden 10 M abgetragen bei einer Mitgliederzahl von 40. In Bargfeld desselben Bezirks hat sich eine gleiche Genossenschaft gebildet, wie überhaupt diese Einrichtung in der ganzen Umgebung reiche Nachahmung gefunden hat. Bei dem in letzter Zeit wiederholt aufgetretenen Wassermangel in einzelnen Teilen unserer Provinz ist man bereits vielfach dazu übergegangen, die Gründung solcher Genossenschaften ins Auge zu fassen.

Zwei Eierverwertungsgenossenschaften des Bezirks entwickeln sich ebenfalls sehr gut, und der am Ort bestehende Bienenzuchtverein hat dafür Sorge getragen, daß Innien sehr musterhafte Bienenstände aufzuweisen hat.

Schließlich wollen wir nicht unerwähnt lassen, daß sich die Interessenten sogar zu Telephongenossenschaften zusammengeschlossen haben, ein Zeichen, daß man mit Erfolg tätig ist, dem Landwirt alle Vorteile, welche zur Erleichterung und Verbesserung seines Betriebs beitragen, durch gemeinschaftliches Vorgehen zugänglich zu machen.

Fassen wir das Gelesene zusammen, so werden wir erkennen, daß sich dieser Bezirk merklich dem Ideal eines Genossenschafters nähert. Hier haben die Landwirte schon frühzeitig und noch immer rechtzeitig die Vorteile des Zusammenschlusses erkannt haben erkannt, daß heute der einzelne nichts gilt im Wirtschaftskampf, daß aber alle, zusammengeschlossen in einer Genossenschaft, einen Achtung gebietenden Machtfaktor bilden.“