Jubiläumsbuch 100 Jahre TSV Aukrug - Interview mit Günter Peter und Günter Michalke
Blättern im Jubiläumsbuch: Inhalt | zurück | vor
Ein Interview mit Günter Peter und Günter Michalke
FUSSBALL IST UNSER LEBEN
Liebe "Günters",
wir feiern in diesem Jahr 100 Jahre TSV Aukrug. 63 Jahre davon gibt es die Fußballsparte. Günter Peter war Gründungsmitglied und Günter Michalke ist seit seiner Kindheit am Ball. Wer über Fußball in Aukrug spricht verbindet dies oft mit euren Namen. Ihr habt die Fußballsparte über Jahrzehnte geprägt und gestaltet - und ihr engagiert euch noch immer. Ergänzend zu den Berichten in diesem Jubiläumsbuch möchte ich gerne ein paar persönliche Eindrücke und Erlebnisse von euch erfahren.
Frage: Wie war euer persönlicher Start in den Fußballsport?
Günter Peter: Ich hatte früher Handball im TSV gespielt, war aber eigentlich immer Fußballer. Immer mehr Spieler verließen die Handballmannschaft meist aus beruflichen Gründen, bis wir nicht mehr genügend Spieler zusammen bekamen. Ich ging also nach Gnutz zum Fußballspielen. Da hatte ich nur zwei Spiele in der Zweiten gemacht und wurde dann in die Erste aufgenommen, in der ich zwei Jahre spielte.
Ich war bei Michaelsen in Stellung und hatte zu Willi gesagt, es muss doch möglich sein, hier eine Fußballmannschaft aufzustellen. Bei Bäcker Lembke in Böken war ein Geselle Willi Truschowski, der schon Fußball gespielt hatte. Den hatten wir dann gefragt und er wurde unser erster Trainer. So konnte es mit dem Fußball im TSV losgehen. Wir hatten 1959 nur eine Herrenmannschaft, die am Spielbetrieb teilnahm.
Wir sind oft mit Hubert Michalke (Günters Vater) mit dem LKW gefahren; der wurde mit dem Schlauch abgespritzt und geschrubbt und es kamen ein paar Bänke hinten rein.
Günter Michalke: In Bargfeld spielten wir 1963 mit ein paar Kindern „drei gegen drei“ auf der Teerstraße Richtung Tönsheide. Zwei Steine waren die Tore und wenn ein Trecker kam, mussten wir kurz aufhören.
„Otto“ (eigentlich Werner) Nagel kam vorbei und sagt, dass wir doch auch mit auf dem Sportplatz spielen könnten. Ich überredete meine Kumpels, dass wir uns das mal anschauen. Wir fanden das angenehmer, auf Rasen zu spielen, statt sich auf der Teerstraße die Schuhe abzulaufen und die Bälle zu verschleißen. Daraus ist dann der Jugendfußball im TSV Aukrug entstanden, der alsbald vier Mannschaften von Knaben bis Jungmann vorwies. Auch mehrere Jungs aus Heinkenborstel kamen per Fahrrad zum Training.
Das Training fand anfangs noch bei der Schule statt bevor zum ersten Sportplatz gewechselt wurde (heute Parkplatz des „Aukrug Stadions“. Wir hatten blaue Gymnastikbälle, die sonst wohin sprangen – Fußbälle gab es nicht viele. Ingo Struve wurde damals erster Jugend-Obmann und Trainer; alle Mannschaften trainierten damals zusammen. Auch an den Spieltagen fanden alle Jugendspiele hintereinander statt. Die Mannschaften waren alle knapp besetzt, so dass Otto Nagel uns manchmal ‘ne Mark geboten hatte, wenn wir nach dem C-Jugendspiel auch noch in der A-Jugend oder sogar Jungmann aushalfen.
Zu Auswärtsspielen wurde ein Bus gechartert. Im Winter hatten wir auch mal 1,5 Stunden darauf gewartet, bevor wir dann doch noch im Schneetreiben gegen Union Neumünster spielen konnten – das würde heute keiner mehr machen.
Frage: Als die Sparte 1959 gegründet wurde, gab es das "Aukrug Stadion" noch nicht. Welche besonderen Herausforderungen mussten die "Gründungsväter" damals lösen?'''''
Günter Michalke: Wir hatten anfangs nur wenig Bälle. Das waren richtige Lederbälle. Wenn die nass waren dachte man beim Kopfball, der Kopf fliegt weg. Diese mussten gepflegt werden (reinigen, Nähte fetten, …). Wenn sie kaputt waren, wurden sie zum Sattler Willi Stahl zur Reparatur gebracht.
Die Trikots (weiß mit blauem Brustring) musste sich jeder selbst bei Reese kaufen, selbst waschen und zum nächsten Spiel (hoffentlich) wieder mitbringen. Ich habe noch so eins [Günter Peter: ich auch].
Günter Peter: Wir hatten am Sportplatz eine Baracke [siehe Sportstättenbericht]. Die Fußballer hatten dort kaum Ausrüstung; außer Bällen hatten wir damals nichts.
Frage: Ihr wart beide erfolgreiche Spieler. Wann und in welchen Mannschaften war das? Auf welchen Positionen habt ihr gespielt?
Günter Peter: Ich war anfangs linker Verteidiger. Links konnte sonst keiner und ich konnte beidfüßig spielen. [Günter Michalke ergänzte: Wir waren mit der Ersten in Wankendorf, es war eiskalt, der Boden knallhart gefroren. Du warst 40 Jahre alt und hast das entscheidende Tor zum 0:1 Sieg geschossen.]
Wenige Jahre danach wurde ich in einem Altherren-Spiel so heftig gefoult, dass ich eine Knie-Operation und danach mit dem aktiven Spiel aufgehört hatte.
Günter Michalke: Ich war anfangs im Mittelfeld; da gab es noch einen richtigen Zehner als Spielmacher und Mittelfeld-Motor. Ich habe aber auch andere Positionen gespielt. Von 25 bis 30 war ich Spielertrainer. Mit 30 habe in der Ersten aus gesundheitlichen Gründen aufhören müssen und hab dann noch ein paar Jahre Zweite und Dritte gespielt. Zum Schluss noch Altherren im Tor, weil ich nicht mehr laufen konnte. Mit ca. 38 Jahren habe ich als aktiver Spieler aufgehört.
Frage: An welche besonderen Erlebnisse und Erfolge als Spieler erinnert ihr euch?
Günter Michalke: Ich habe ein Spiel 1975 in Erinnerung. Wir spielten gemeinsam mit dem SV Wasbek bei uns in Aukrug gegen Wacker 04 Berlin (einen Zweitligisten, der damals an der Aufstiegsrunde zur Bundesliga scheiterte).
Die kamen zum Großteil mit ihrer ersten Mannschaft mit bekannten Namen. Der Kontakt war über das Trabrennfahrergestüt Helenenhof entstanden. Wir waren stolz, dass wir nur knapp mit 2:3 verloren hatten.
Zur Begrüßung auf dem Sportplatz hatte Kurt Pahlke einen Plattenspieler aufgebaut und "Das ist die Berliner Luft" gespielt. Abends wurde dann im Helenenhof mit den Berlinern gefeiert.
Frage: Eure Erfahrungen auf dem Spielfeld habt ihr als Trainer an andere Fußballer weitergegeben?
Günter Michalke: Ich war mit 15 schon Jugendtrainer – zusammen mit Kalle Manke, der auch Jugend-Obmann war. Von da an war ich 40 Jahre lang ohne Pause Trainer im TSV – 20 Jahre Jugend, 20 Jahre Erwachsene. Das war eine intensive Zeit. Aus gesundheitlichen und familiären Gründen musste ich 2008 aufhören – sonst wäre ich wohl heute noch Trainer.
Günter Peter: Ich bin auch sehr früh als Jugendtrainer angefangen. Ich habe die gleiche Mannschaft von der D- bis zur A-Jugend acht Jahre lang betreut. Die wollten keinen anderen Trainer haben.
Frage: Euer Engagement endete nicht auf dem Spielfeld. Ihr habt euch vielfältig für die Entwicklung und den Bestand der Fußballsparte eingesetzt. Welche Aufgaben waren das?
Günter Peter: Wir haben viel gebaut. Hier im Sportlerheim habe ich 1972 bis 1974 (erster und zweiter Bauabschnitt) den Keller mit mehreren anderen Sportlern gemauert. [Siehe Sportstättenbericht]
Günter Michalke: Wir hatten dann zusammen die Garage vor der ersten Doppelgarage gebaut und später den zehn Meter langen Holzschuppen danach – das heißt mitgearbeitet (beim Schuppen war Rudi Heeschen Bauleiter), organisiert, Geld besorgt.
Günter Peter: In der Mauer der Garage ist noch eine Cola-Flasche mit meiner Adresse quasi als Grundstein eingemauert worden.
Günter Michalke: Die wichtigste Aufgabe von uns ist die des Platzwartes. Diese teilen wir heute auf drei Leute auf: Bruno Schmidt ist der Platzwart, Günter Peter unterstützt ihn mit seinen über Jahrzehnte gewachsenen Erfahrungen in dieser Funktion und ich kümmere mich um erforderliche Beschaffungen, die Finanzen, Arbeitseinsätze und andere Planungsaufgaben.
Günter Peter: Es ist gut, dass wir heute diese Aufteilung haben. Ich hatte das seit Anfang der 90er-Jahre als Nachfolger von Hein Wolkowski zunächst allein erledigen müssen. Dazu gehörten auch die Verhandlungen mit der Gemeinde – damals war Jürgen George mein Ansprechpartner in der Amtverwaltung. Günter Michalke hatte mich damals auch schon bei verschiedenen Aufgaben unterstützt.
Günter Michalke: Die Zusammenarbeit mit unserem aktuellen Bürgermeister Jochen Rehder ist klasse. Jochen setzt sich für den Sport und den TSV ein und gibt uns Rückhalt in den Gremien – das war mit den Vorgängern nicht immer so.
Günter Peter: … und er macht auch selbst viel und packt mit an!
Frage: Dann gibt es ja auch noch den Fußball-Förderverein, den du, Günter Michalke mit ins Leben gerufen hattest. Wie kam es dazu?
Günter Michalke: Ich hatte mich unter anderem mit Volker Dreeßen und Bernd Wurms zusammengetan. Es ging darum, Geld für die vielfältigen Bedarfe der Sparte zu besorgen. Wir hatten viele junge Spieler, die als Studenten in Kiel oder Hamburg wohnten und Fahrgelder für die Teilnahme an Spielen und Training benötigten. Der Tank musste voll sein, sonst wären die Spieler weg gewesen. So ist der Verein 1990 entstanden.
Der Förderverein arbeitet unabhängig vom TSV Aukrug als eigener gemeinnütziger Verein, der also auch Spendenbescheinigungen für die Unterstützer ausstellen kann.
Heute sind es etwa 55 Mitglieder. Die Stadionzeitung „Aukrug Kickers“ läuft auch über den Förderverein, um über Werbung darin weitere Einnahmen zu generieren. Wichtig war und ist mir, dass es eine informative Zeitung für den gesamten Fußball aller Mannschaften ist – also auch der Jugendmannschaften, denn alle sollen vom Förderverein unterstützt werden.
Finanziert werden zum Beispiel Ausrüstungen der Mannschaften, Jugendfahrten zum Lensterstrand oder mit den älteren nach Dänemark. Wir hatten damals erkannt, dass nicht nur der Fußball wichtig ist, sondern auch Aktivitäten, die man zur Teambildung nebenbei macht. Wir brauchen als Dorfverein auch die Spieler, die sportlich nicht an erster Stelle stehen.
Frage: Besondere Verdienste im Sport werden seit 1998 mit der Sportverdienstnadel des Landes Schleswig-Holstein gewürdigt. Mit dieser Auszeichnung wird insbesondere geehrt, wer sich über einen längeren Zeitraum in Vereinen und Verbänden durch beispielhaften Einsatz hervorgetan hat. Im Jahr 2019 hast du diese Sportverdienstnadel erhalten, Günter Peter. In welchem Rahmen verlief diese Ehrung?
Günter Peter: Ich habe meine Urkunde heute mitgebracht. Die Verleihung war in Kiel beim Innenminister Hans-Joachim Grote, der die Verdienstnadeln im Namen des Ministerpräsidenten an zwölf Sportlerinnen und Sportler verlieh.
Frage: Im gleichen Jahr hast du den Bürgerpreis der Gemeinde Aukrug erhalten. Was bedeuten dir diese Auszeichnungen? Trägst du die Ehrennadel am Revers?
Günter Peter: Ich habe mich über diese Anerkennungen gefreut. Ich hatte ja auch noch ein bisschen Geld bekommen, das ich sofort der Fußballjugend und der Feuerwehrjugend gespendet hatte.
Urkunde und Nadel haben einen Platz bei mir zu Hause; ich trage aber keine Nadeln.
Günter Michalke: Ich habe auch vom Fußballverband die goldene Ehrennadel und andere Auszeichnungen zum Beispiel als Jugendtrainer bekommen. Die sind bei mir in meinem Fußball-Salon.
Frage: Auch die Arbeit von dir, Günter Michalke wurden vielfach gewürdigt - zuletzt auf der Jahreshauptversammlung 2021 durch unseren Vereinsvorsitzenden Frank Michaelsen. Als Christian Scheinpflug 2020 in einem KN-Interview als " Mr. TSV Aukrug" betitelt wurde, wies er das zurück und sagte "Diesen Titel darf und kann bei uns im Verein nur einer tragen und das ist Günter Michalke. Günter hat beim TSV schon allesgemacht und ohne sein Engagement würde es den Verein so nicht mehr geben, da bin ich mir ziemlich sicher. Aber es gibt viele weitere fleißige Helfer, die nicht minder wichtig sind." Ich denke, "Scheinis" Aussage ist eine Bestätigung deiner Arbeit im Verein - wie ist deine eigene Sicht dazu?
Günter Michalke: Ja, das ist wohl so. Für mich war es nie wichtig, dass meine Arbeit öffentlich gewürdigt wurde; das war für mich und andere selbstverständlich - ich habe gemacht. Wenn ich hier zum Sportplatz gefahren bin, bin ich quasi zu meiner zweiten Arbeitsstelle gefahren. Dass Scheini das mal in Worte gefasst hat, ist gut.
Frage: Aus den Reihen des Aukruger Nachwuchses gingen mehrere Spielerinnen und Spieler hervor, die zu Leistungsträgern in höherklassig spielenden Vereinen wurden; ich denke hier zum Beispiel an Thies Carstens und Christian Scheinpflug. Mit Nina Jokuschies wurde eine Aukruger Jugendspielerin sogar Nationalspielerin und mit der U19-Nationalmannschaft Weltmeisterin bei der WM 2004 in Thailand. Günter Peter: du hattest dich sehr für diesen Erfolg von Nina eingesetzt und sie sogar nach ihrem Wechsel unterstützt. Wie kam es dazu?
Günter Michalke: Ja, wir hatten einige, die bei uns das Spielen gelernt hatten und zu anderen Vereinen bis hoch zur Regionalliga der Männer und 2. Bundesliga der Frauen gewechselt waren. Neben Thies, Scheini und Nina fallen mir spontan auch Robert Perschau, Marcelo Schmidt, Claus-Christian Cohrt, Sebastian Althaus, Stefan Schlichting, Kirke Petersen ein – und es gab noch mehr. Die meisten sind später wieder zu uns zurückgekommen.
Günter Peter: Mit Nina habe ich trainiert, als sie bei uns Jugendspielerin war – das war ergänzend zum Training mit den Jungs-Mannschaften ein Sondertraining. Ich habe ihr dabei auch Härte beigebracht. In ihrem ersten Länderspiel hatte sie dann auch gleich eine gelbe Karte bekommen.
Sie war bei uns bis zur C-Jugend; in der B-Jugend musste sie in eine reine Mädchenmannschaft wechseln, die wir nicht hatten. Ihr Weg ging dann über den MTSV Olympia Neumünster zunächst zu Holstein Kiel und später zum HSV.
Ich habe noch alle Medaillen, die sie gewonnen hatte – bis hin zu Länderspielen und der Weltmeisterschaft. Als sie aus Aukrug verzogen war wusste sie nicht, wohin damit und hat sie zu mir zur Aufbewahrung gebracht. Ich war der „Fußball-Vater“ für Nina. Ich habe sie auch noch betreut und mehrfach pro Woche gefahren, als sie bei Holstein Kiel spielte.
Heute lebt Nina als promovierte Sportpsychologin in der Schweiz.
Frage: Wie konntet ihr euer enormes Engagement für die Fußballsparte mit eurem Privatleben vereinbaren? Beruf und Familie forderten ebenso euren Einsatz. Von dir Günter Michalke weiß ich, dass deine beiden Söhne Florian und Sebastian auch als Fußballer aktiv waren bzw. "Flo" es immer noch ist und auch deine Frau Christel war mal als Betreuerin aktiv. War also immer das Verständnis für deinen zweiten Beruf da?
Günter Michalke: na ja – ich habe es manchmal schon übertrieben. Es war nicht immer einfach mit Beruf, Familie, Bauerei und Fußball „rund um die Uhr“ - aber es hat ja bis heute alles gehalten. Fußball ist halt mein Leben!
Herzlichen Dank für eure interessanten Informationen über 63 Jahre Fußball im TSV Aukrug!
Das Interview führte Holger Hauschildt