Ärzte in Aukrug

Aus Aukrug Geschichte Wiki
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Die erste Praxis im alten Innier Schulhaus von 1834, Hauptstraße 24. Das Foto zeigt das Gebäude im März 2022 vor dem Abriss. Auf dem Grundstück wurde 2023 ein Wohnblock errichtet.
In der Bargfelder Straße 19 befand sich neben der Kirche die Praxis von Dr. Ramelow
Dr. Dobicki vor seiner Praxis im Böker Stieg 1
Der ehemalige Eingang zur Praxis
Das Haus, in dem Dr. Dobicki wohnte und arbeitete, in der Gesamtansicht

Lange lebten die Aukruger:innen ohne Ärzte in Aukrug. Sie wurden bis Ende des Ersten Weltkrieges von Ärzten aus Nortorf und Hohenwestedt versorgt. 1755 war eine Hebamme für den Aukrug und Meezen in Homfeld. Der Bezirk baute das Wohnhaus für sie. Heute hat die Hebamme ihren Sitz in Innien. 1807 impfte der Pastor Hieronymus Meier aus Nortorf mit Kuhblattern in Innien und Langwedel. Die ersten amtlichen Impflisten sind von 1813 und liegen in den Amtsrechnungen (A.R.) 1817.

Arztpraxen

Um 1895 ließ sich ein Arzt in Homfeld in der heutigen Schmiede nieder. Er konnte sich nicht halten. Der Aukrug wurde von Ärzten aus Nortorf und Hohenwestedt versorgt. Seit 1919 gab es folgende Arztpraxen in Aukrug:

Dr. Seiffe
1919 eröffnete im alten Schulhaus in Innien Dr. med. Eugen Seiffe, Marinegeneralarzt, eine Praxis. Nach 1945 waren zwei Ärzte in Innien.
Dr. Dobicki
1955 übernahm Dr. Erwin Dobicki (*1917; †2010) die Praxis von Seiffe im alten Schulhaus in Innien. Später verlegte er diese in sein neu errichtetes Haus im Böker Stieg 1, in dem er auch wohnte. Dr. Appunn übernahm die Praxis 1989.
Dr. Appunn
Dr. med. Hans Jürgen Appunn hatte seine Praxis im Böker Stieg 2. Er übernahm die Praxis von Dr. Dobicki.
Ortsübergreifende Gemeinschaftspraxis Aukrug
Ullrich Krug, Dr. med. Angela Pape, Dr. med. Juliane Rump, Dr. med. univ. Robert Lawrenz betreiben die ortsübergreifende Gemeinschaftspraxis in Groß Vollstedt, Nortorf und Aukrug. Hier sind sie in der ehemaligen Praxis von Dr. Appunn ansässig.
Dr. Ramelow
Bis 1968 praktizierte er in der Bargfelder Straße 19 in dem weißen Kniestockhaus mit dem Turm in der Dachmitte. Rechts von Eingang befand sich seine Praxis, links seine Wohnung.
Dr. Domnick
Dr. Jochen Domnick hatte seine Praxis in der Hauptstraße 7
Rio Morawe
Allgemeinmediziner mit seiner Praxis Am Raiffeisenturm 2

Zahnärzte

Angeblich behandelte nach dem Zweiten Weltkrieg Dr. Herchenröder Patienten im Bahnhofshotel. Bisher dokumentiert sind die Praxen von:

Friedrich Kobarg
Hatte seine Praxis im 1. Stock des Amtsgebäudes.
Lore Albert
in der heutigen Praxis von Dr. Niziak.
Dr. Diercks
Nachfolger in der Praxis Albert
Dr. Peter Niziak
seit 1992 in den Räumen der Vorgänger Albert und Diercks
Richard Knopik
Praxis in der Hauptstraße hinter der ehemaligen Apotheke, heute Dr. Eray Ferad.

Tierärzte

War das Vieh krank, so war früher der Hirte der geborene Tierarzt, der die Krankheiten und die Heilmittel kannte, sammelte und zusammenbraute. Um 1820 war der Homfelder Schmied Tierarzt des Aukrugs.

1923 ließ sich der erste Tierarzt dauerhaft in Aukrug nieder. Das Chronikteam sucht noch Informationen. Bisher bekannt sind die Tätigkeiten von:

Claus Rohwer
Rohwer (* 1818; † 1906) aus Bünzen war ein Schuhmacher und Tierheilkunde-Autodidakt, der als Viehdoktor bei den Bauern hoch angesehen war. An Claus Rohwer soll mit seiner Urwüchsigkeit und Besonderheit erinnert werden. Eine Pressenotiz vom 4. Dezember 1906 lässt seine Persönlichkeit für die Nachwelt deutlich werden:" „Ein Tierheilkunde-Autodidakt, der nicht nur im Bereich seines Heimatbezirks sich hoher Wertschätzung erfreute, ist am letzten Sonntag, 88 Jahre alt, zur letzten Ruhe gebettet worden, es war der Schuhmacher Claus Rohwer aus Bünzen. Er ist während seines langen Lebens nie ernstlich krank gewesen, hat nie einen Arzt gebraucht, regelmäßige Alkoholgaben wirkten bei ihm konservierend. Mag ihn der Mangel nie gedrückt haben, so hat er doch auch nie Überfluß an materiellen Gütern gehabt. — Seine Freude war es, in durchaus selbstloser Weise mit seinen Kenntnissen vom Haustierleben, die er sich auf eigene Hand angeeignet hatte, anderen zu dienen, und als hochgeachteter Viehdoktor hat er durch seinen scharfen Blick, seinen klugen Rat und seine geschickte Hand viele Jahrzehnte hindurch der hiesigen Landwirtschaft viele Tausende von Werten erhalten. Das große Leichengefolge bewies, wie dieser einfache Mann in allen Kreisen geschätzt wurde.'"
Heinrich Kaak
Kaak, geboren 1891 in Böken, erhielt im März 1920 die tierärztliche Approbation und wurde praktischer Tierarzt in Innien. Offenbar nur kurz, denn ab 1921 arbeitete er als praktischer Tierarzt in Schenefeld.[1]
Dr. Wünscher
Seine Praxis wurde später übernommen von Dr. Hans Schmidt. Mit Dr. Wünscher kam auch die künstliche Besamung der Rinder auf die Höfe. Diese Tätigkeit wird heute von speziellen Tierzuchttechnikern durchgeführt. Claus Johann Harms erinnert sich daran, dass Dr. Wünscher bei einer Rinderschwergeburt auf dem Hof seines Vaters seinen ersten Kaiserschnitt durchgeführt hat. Das war damals (um 1960) etwas Besonderes und natürlich auch Dorfgespräch. Aus Erzählungen berichtet er auch von einem Dr. Fölster aus Brokstedt, der auch in den Aukrug gerufen worden ist und Prof. Voß aus Nortorf. Prof. Voß wurde nicht zu "Kleinigkeiten" gerufen, hier musste es schon etwas "Schwerwiegenderes" sein[2].
Hans Schmidt
Praktizierte nach Dr. Wünscher von 1970 bis 1989 in dessen Praxis im Böker Stieg.
Richard Gozdzielewski
Tierarztpraxis in Aukrug-Böken in der Böker Straße 18. Im Ruhestand zog er mit seiner Frau nach Polen.

Mein Leben als Landarzt

von Dr. Dobicki

Es war im Frühjahr 1955, als ich mit meiner Familie in einem DKW 3/6, der bestens auf Wechsel lief, bei stürmischem Regenwetter Innien erreichte. Auf Kopfsteinpflaster erreichten wir unser Ziel: eine Reetdachkate, die unser neues Zuhause sein sollte und in der auch die zu übernehmende Praxis war. Diese war mir nach langem Warten, wie damals üblich, endlich zugeteilt worden. Nun, bei fünf Patienten, die im Ort und in der Umgebung wohnten, wurde ich bekannt gemacht; alles Weitere sollte sich einlaufen. Tat es auch, wenn es anfangs auch langsam ging.

Innien war seinerzeit noch ein richtiges Bauerndorf. Die Durchgangsstraße war mit Kopfsteinen gepflastert, und in der Umgebung gab es sonst nur mit Gräben und Knicks eingesäumte Feldwege, auf denen man bei trockenem Wetter so schöne Staubwolken erzeugen konnte, aber bei schlechtem Wetter, besonders im Winter bei Eis und Schnee, sich auch mitunter festfuhr. Eine Landpraxis ist oder war hauptsächlich Besuchspraxis. Früher gab es kaum ein Auto, höchstens ein Fahrrad. Zu Fuß waren die Wege auch zu unbequem und weit, besonders für kranke und ältere Patienten.

Deshalb habe ich viele Patienten in regelmäßigen Abständen in ihren Wohnungen aufsuchen müssen. Ich wurde schon meist erwartet. „Hüüt kummt de Dokter“ hatte es vorher schon geheißen. Sie waren erfreut und zufrieden, und so gab es auch mal einen Köm oder eine gute Tasse Kaffee.

Im Allgemeinen hielt ich vormittags in der Praxis Sprechstunden ab und machte am Nachmittag die Hausbesuche, oft bis in den späten Abend. Ich war immer in Bereitschaft — ob Tag oder Nacht, ob Werk- oder Feiertag. Ich fuhr bei jedem Wetter, auch bei der großen Schneekatastrophe 1979. Zuerst konnte ich noch zu Fuß einige Besuche machen, denn mein Auto war in der Garage total eingeschneit. Auf der Auffahrt waren Schneewehen bis in Höhe der Dachrinne des Wohnhauses.

Dank der Hilfe eines Bauern, der mit seinem Frontlader den Schnee unermüdlich wegräumte, konnte ich dann die entfernteren Patienten aufsuchen und auch Notfälle versorgen. Obwohl Fahrverbot bestanden hatte, ich durfte fahren. Die Menschen hier waren eigentlich immer hilfsbereit. Als ich mit meinem Wagen außerhalb auf einem Feldweg steckenblieb, holte ein Bauer seinen Trecker heraus und kam mir zu Hilfe.

Auf dem Lande musste man immer für alle und für alles da sein: vom Schnupfen bis zur Lungenentzündung, von Ohrenschmerzen bis zu Augenverletzungen, vom Herzinfarkt bis zu Entbindungen.

Die Hausentbindungen waren immer belastend und zeitaufwendig und doch auch wiederum etwas Einzigartiges und Besonderes. Ungewöhnlich war es einmal, als ein Baby mit einem Zahn zur Welt kam. Auch kleine Operationen in örtlicher Betäubung oder Vollnarkose mussten gemacht werden. Als endlich die sogenannte Betonstraße — B 430 — gebaut worden war und die Autos zunahmen, wurden auch die Verkehrsunfälle mehr.

So schwer und belastend oft die Arbeit war, so erfreut und glücklich war man, wenn alles gut gegangen war — besonders beim ersten „Babyschrei“. In den ersten Jahren war ich hier mit einem älteren Kollegen im Aukrug tätig. Aus Altersgründen war dieser dann weggezogen. Einige Jahre musste ich so allein alles schaffen, bis eine Vertretungsgemeinschaft mit einem Nachbarbezirk gegeben war. Man muss ja mal etwas ausspannen können. Inzwischen hatte sich ein junger Kollege am Ort niedergelassen und gut eingearbeitet. Meine Praxis habe ich nach 30-jähriger Tätigkeit in jüngere, sehr befähigte Hände gegeben. Mit zwei Ärzten ist der Aukrug noch gut betreut; es sei denn, dass die Einwohnerzahl weiter zunimmt.

Ich denke, dass die Kollegen, genau wie ich, später einmal mit viel Genugtuung und Freude an die erste Zeit in Aukrug zurückdenken werden.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Berliner Tierarztliche Wochenschrift, Schmaltz-Berlin, 1921, S. 120 [1]
  2. Email von Claus Johann Harms vom 23. August 2023