Kniestockhäuser in Aukrug

Aus Aukrug Geschichte Wiki
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"Klassisches" Kniestockhaus in der Bargfelder Straße 12, erbaut 1895
Kniestock (schematisch)

Besonders im Ortsteil Innien finden sich viele so genannt Kniestockhäuser, deren Bauform ab 1860 das bis dahin verbreitete Fachhallenhaus ablöste. Das in Schleswig-Holstein im späten 19. Jahrhundert auftretende Kniestockhaus (Drempelhaus) ist ein eineinhalbgeschossiger Bau mit flach geneigtem Dach, welches meist mit Bitumenpappe gedeckt ist bzw. ursprünglich bedeckt war.[1]

Bauweise

Die Bauweise ermöglichte eine bessere Ausnutzung des Dachgeschosses, weil die Dachschräge nicht schon auf Höhe der horizontalen Dachbalkenlage einsetzte, sondern auf der etwas höher gezogenen Umfassungsmauer. Dadurch entstand ein so genannter „Kniestock“ (Drempel). Dadurch bot dieser Haustyp auch im oberen Halbgeschoss voll nutzbare Räume.[2]

Sie haben oft einen so genannten Zwerchgiebel („zwerch = quer, siehe Zwerchfell). Dieser Giebel hatte die gleiche Firsthöhe wie das Haus, ist also keine Gaube. In diesem Quergiebel (Zwerchgiebel) ist oft eine Stube untergebracht. In der Sprache der Architekten wurde dieses Giebeldreieck auch als „Frontispiz" bezeichnet. Die Leute machten daraus, mit Fremdwörtern nicht vertraut, „Franz-Spieß", und die Stube heißt „Franz-Spieß-Stube". Viele dieser Häuser wurden mit auffallender Symmetrie gebaut.

Geschichte

Kniestockhäuser kamen in der Eifel bereits seit Ende des 17. Jahrhunderts vor, deren Dächer waren dort jedoch steiler und überwiegend mit Schiefer eingedeckt.[3] In Schleswig-Holstein setzte sich die neue Bauweise mit dem Aufkommen der Ziegeleien Mitte des 19. Jahrhunderts. Ziegelsteine standen bis dahin nicht in ausreichender Zahl und in guter Qualität zur Verfügung. Erst die Erfindung des Ringofens durch Friedrich Hoffmann (Patent durch das Preußische Patentamt 1858) ermöglichte die Herstellung von Ziegeln (Backsteinen) zu jeder Zeit in beliebiger Menge zu einem günstigen Preis.

In der Ziegelei Innien wurden ab 1888 Ziegel industriell hergestellt. Zur günstigen Bauweise trug auch die Beschaffenheit des Daches bei. Die zunehmende Versorgung der Bevölkerung mit Gas ergab als Nebenprodukt den Anfall von Teer, so dass die Teerpappenherstellung ermöglicht wurde. Zum Reetdach gab es erstmal eine Alternative, die auch geringere Neigungswinkel und damit deutlich preiswertere Dachkonstruktionen erlaubte.

Die im Fachhallenhaus anzutreffende bäuerliche Wohnkultur veränderte sich langsam zu einer bürgerlich geprägten Wohnform. Aus England wurden die ersten Herde und leistungsfähigen Öfen importiert. Damit standen sparsame und sichere Koch- und Heizquellen zur Verfügung, sog. „Kochmaschinen", die zudem rationeller mit Kohle befeuert wurden.

Mit dem Bau des Bahnhofs in Aukrug 1877 stiegen in den folgenden Jahrzehnten die Einwohnerzahlen in Innien stark an (Statistik folgt). Außerhalb des historischen Dorfkerns, der sich bis dahin an der Ecke Hauptstraße/Heinkenborsteler Straße am Kriegerdenkmal Innien befunden hatten, entstanden besonders in der Hauptstraße, der Itzehoer Straße und der Bargfelder Straße viele Neubauten dieses Haustyps. Über drei Dutzend von Ihnen sind heute noch erhalten (2022) und sogar modernere Bauten wurden wieder mit Kniestock, allerdings ohne Quergiebel, errichtet.

Bildergalerien

Kniestockhäuser in Aukrug-Innien

Auch das spätere Kaufhaus Braasch in der Hauptstraße 5 wurde 1893 als Kniestockhaus gebaut.
Die 1914 erbaute Villa in der Hauptstraße 16 zeigt auch noch Elemente eines Kniestockhauses.
Eine weitere Villa mit Kniestockhauselementen in der Hauptstraße 14.
Auch die alte Schmiede in der Hauptstraße 22 war ein Kniestockhaus
Die Schmiede (Nr. 22) wurde 2003 abgerissen

Kniestockhäuser in Aukrug-Böken

Dieses Halbstockhaus im Bäckerredder 1 zeigt noch Elemente eines Kniestockhauses, allerdings schon mit "halbhohen" Drempel.
Auch dieses Haus in der Böker Straße 17 schon mit einem deutlich höheren Drempel, der nicht nur "kniehoch" ist.

Kniestockhäuser in Aukrug-Bünzen

Siehe auch

Einzelnachweise