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Vorgeschichtliche Zeit
Der Aukrug hat zwei verschieden alte Landschaftsformen. Die Höhen südlich der Bünzau gehören der vorletzten Vereisung an. Sie sind seit etwa 100 000 Jahren eisfrei und können früh besiedelt gewesen sein. Es besteht die Möglichkeit, in den Autälern dieses Gebiets Spuren früher Besiedlung zu finden. Beobachtet sind bisher keine derartigen Spuren. Das Augenmerk wäre auf Gerätschaften aus Ren- oder Hirschgeweih zu richten.
Das Gebiet nördlich der Au gehört zum Spülfeld der letzten Vereisung, die im Osten unseres Landes die Höhen hinterlassen hat. Dort sind die Gletscher seit etwa 10 000 Jahren verschwunden. Das Spülfeld bezeichnet man als den Neumünsterschen Sander. Der Sandberg und die Höhe am Hollenberg in Böken werden Reste aus der vorletzten Vereisung sein, die allerdings von dem in breiter Flut dahinströmenden Wassermassen der auftauenden Gletscher überspült sind.
Die vorgeschichtlichen Bewohner des Aukrugs haben uns in ihren Gerätschaften die einzigen Nachrichten über ihre Anwesenheit hinterlassen. Wir finden als Oberflächenfunde auf allen Feldmarken ihre aus Flintstein hergestellten Waffen und Messer. Die Zeit, in der die Steinwaffen gebraucht wurden, bezeichnet man als Steinzeit, und wir unterscheiden eine ältere und eine jüngere Steinzeit. Während in der ersteren die Beile roh behauen sind, sind die der jüngeren Steinzeit sorgfältig geschliffen.
Auf den Stätten der steinzeitlichen Handwerker finden wir zahlreiche Abschläge messerartiger Art. Eine solche Werkstatt soll nördlich des großen Moors bei Viertshöhe gewesen sein. Auch östlich der Bredenbekbrücke liegen auf den Feldern viele solcher Abschläge.
Unter den vielen Funden auf der Böker Feldmark befindet sich eine Seltenheit. Es ist ein durchbohrter Hammer aus Grünstein. Nach Angabe von Prof. Schwantes ist er aus einer Thüringer Werkstatt hervorgegangen. Handelsware oder Kriegsbeute? Der Hammer wurde an das Vorgeschichtsmuseum in Schleswig abgegeben. Die Schule hat dafür eine Nachbildung bekommen.
Die in Böken gemachten vorgeschichtlichen Funde sind auf der nebenstehenden Karte eingetragen. Die Karte zeigt, wieviel vorgeschichtliches Material auf unseren Feldern liegt und geborgen werden kann, wenn alle genauen Beobachtungen gemeldet werden.
Steinzeitliche Hünengräber sind im Aukrug nicht mehr vorhanden. Die ältesten Grabformen sind die Dolmen oder Steintische. Drei oder vier Steinblöcke wurden dazu aufgerichtet und ein großer Block als Deckstein darübergelegt, so daß man früher diese Bauten als Opferaltäre ansah. Ein solches Dolmengrab ist der Brutkamp bei Albersdorf. Auch im Aukrug befand sich ein solches Grab. Der Nortorfer Chronist, Pastor Domeier, hielt es für einen Opferaltar. Er berichtet darüber:
„Der gewesene Opferaltar auf der Bargfelder Feldmark war im Holze (Hain) dieser Dorfschaft. Er ruhte auf zwölf anderen drei Ellen hohen Steinen. Oben war er wie geschliffen oder behauen, und seine ganze Größe war so ansehnlich, daß ein Kührwagen mit zwei Pferden darauf Platz gehabt hätte. Seine Form stellte ein längliches Quadrat vor. Unstreitig war dieser auch ein Opferaltar. In den Jahren 1781 und 82 wurde auch leider! diese Seltenheit mit Pulver zersprengt. Ich habe es aber nicht erfahren, wozu die Fragmente angewandt sind".(1)[1]
Ähnliche Dolmen befanden sich nach Domeiers Angaben zwischen Eisendorf und Warder, bei Langwedel und Blumenthal. Nach dieser Beschreibung ist das Bargfelder Grab jedenfalls eins der schönsten gewesen. Das Grab lag an dem Wege nach Sarlhusen auf der linken Seite. Einzelne Steinreste befanden sich noch 1910 dort.
Wahrscheinlich wurde der Stein zum Bau der Brücke über den Bredenbek bei den Dithmarscher Bergen benutzt. Der Bau dieses „zweiläufigen Sieles" erfolgte auf Befehl der Rentekammer (2)[2] vom 11. 5. 1799 auf Kosten des Königs und des Klosters Itzehoe. Es kostete 116 Rthlr.
Auf dem Tönsberg am Tönsbek liegt ein großer Stein, der mannshoch und sehr breit und lang ist, der vielleicht ein Opferaltar oder ein Stück von einem Riesengrab gewesen sein mag. So berichtet Langheim 1809. Der Stein ist nicht mehr vorhanden.
Auf die Steinzeit folgte von etwa 2000-500 v. Chr. die Bronzezeit. In ihr wurden Waffen und Schmucksachen aus Bronze, einer Mischung von Kupfer und Zinn, etwa unserm Messing in seiner Goldfarbe ähnlich, hergestellt. Von diesem blanken Metall stammen die Sagen von den goldenen Wiegen und goldenen Schwertern in den Hünengräbern.
In der älteren Bronzezeit bis etwa 1500 v. Chr. behielt man die Bestattung der Toten in Hünengräbern bei. Alle Hünengräber des Aukrugs sind in dieser Zeit entstanden. Es sind noch eine ganze Anzahl erhalten.
Auf der Bünzer Feldmark liegen drei Hünengräber östlich der Bredenbeksbrücke. Sie werden als „Dithmarscher Berge" bezeichnet, wohl in Erinnerung an das Schlachtfeld von Bünzen (1317). Auf der Bargfelder Feldmark liegen zwei Hünengräber am alten Wege zum Glasberg, in der „Bargfelder Schweiz".
Der mit Buchen bestandene "Kluesbarg" an der Itzehoer Chaussee ist das schönste Hünengrab des Aukrugs. Von ihm sagte ein alter Besitzer: So lange Ratjen op dissen Hoff sitt, ward dat nich anrögt! Eine nachahmenswerte, stolze Zusicherung! Auf dem gegenüberliegenden Knick steht ein einzelner Baum, und im Knick erkennt man die letzten Reste eines Hünengrabes. Im „Mühlenberg", dem Tannengehölz an der Koppel mit dem Kluesberg, in dem sich ein Soldatenfriedhof befindet, liegt ein niedriges Hünengrab. Auf Tönsheider Gebiet an der Grenze nach Wiedenborstel findet sich ein weiteres Hünengrab, dicht dabei auf Wiedenborsteler Feldmark sind zwei weitere Gräber.
Auf dem Landsberg bei Bucken sind Hünengräber. Ob Steinpackungen auf dem Boxberg auch Hünengräber enthalten, ist nicht untersucht.
Innien hat keine Hühnengräber. Bei Böken lagen auf der „Sandkoppel", heute Hauskoppel von Heinrich Reimers, zwei Hünengräber, die um 1890 abgefahren sind. Dabei soll ein Bronzeschwert gefunden sein. Die Lage der beiden Hünengräber ist noch im frischgepflügten Boden zu erkennen. Etwa 50 m westlich der Hünengräber fand man beim Rigolen für Spargelbeete in 1 m Tiefe in gleichmäßigen Abständen kleine Haufen aufgesetzter Steine, die ich als Packungen um die Pfosten eines bronzezeitlichen Hauses ansehen möchte.
Um 1500 v. Chr. setzte sich allmählich die Leichenverbrennung auf dem Scheiterhaufen durch. Der Leichenbrand wurde in Urnen aus Ton der Erde übergeben. Vielfach findet man die Urnen in dem Erdmantel der Hünengräber beigesetzt. Aber auch ganze Urnenfriedhöfe gibt es bei uns. In Böken liegt ein Urnenfriedhof auf Johannes Lüthjes „Lohkoppel" am Karkweg. Er erstreckt sich bis in den Sandberg hinein. Die Urnen sind in unregelmäßigen Abständen in Steinpackungen beigesetzt. Meistens sind sie mit einem flachen Stein geschlossen. Der Friedhof stammt aus der Zeit um 800 v. Chr.
Ein anderer bronzezeitlicher Urnenfriedhof befindet sich in Bargfeld auf Ernst Wilhelm Rathjens Koppel am alten Wege nach dem Glasberg in der Nähe der vorhin erwähnten Hünengräber. Dort wurde 1939 eine größere Zahl Urnen beim Tiefpflügen herausgepflügt. Der Krieg verhinderte eine genauere Untersuchung des Grabfeldes. Einzelne Bronzespangen konnten wir aufsammeln. In einem Brand fanden wir große und kleine Kugelköpfe von Armen. Mutter und Kind waren hier verbrannt. Aus dieser Gegend dürfte auch die Bronzefibel (Gewandspange in Art der Sicherheitsnadel) stammen, die im Vorgeschichtsmuseum liegt: Eine Bronzefibel aus einer Urne, gefunden bei Bargfeld. Von Homfeld besitzt das Vorgeschichtsmuseum drei Urnen, gefunden auf dem Boxberg. Auf dem Tönsberg bei Tannenfelde wurden ebenfalls Urnen gefunden Von den Urnen hat wohl der „Taterbusch", das kleine Gehölz an der „Lübschen Trade" bei Tannenfelde, das durch den Bau der neuen Straße verschwunden ist, den Namen. Die Urnen werden im Volksmunde als „swarte Pött" oder „Taterpött" bezeichnet.
Um 500 v. Chr. kam das Eisen in unsere Gegend. Es beginnt die Eisenzeit. Aus ihr kennen wir im Aukrug zwei Urnenfriedhöfe.
Im Sommer 1910 wurden beim Ausheben einer Kalkgrube auf der Thunschen Hofstelle in Innien, die sich damals noch durch mächtige Eichen auszeichnete, einige besonders schöne Urnen, die aus der Zeit von 400 bis 450 n. Chr. stammen, geborgen. Sie sind im Besitz des Vorgeschichtsmuseums in Schleswig.
Dicht hinter dem Neubau von Hans Jakob Ratjen in Homfeld (1933) befand sich ein kleiner Höhenrücken, der zur Ausebnung der Baustelle 1934 abgefahren wurde. Hier entdeckte man viele Urnen. Geborgen wurden keine, nur Scherben wurden gerettet. Der Urnenfriedhof erstreckt sich weit in die Koppel hinein. Beim Besuch mit Prof. Rothmann fanden wir in der Sandbank mitten in der Hauskoppel eine Wohngrube aus karolingischer Zeit (800 n. Chr.). In der einen Ecke der Grube lag ein Haufen Feldsteine, der Feuerherd. Durch eine gefundene Tonscherbe konnte die Zeit um 800 festgestellt werden. Auch die Urnen mit dem dicken Wulst am Hals gehören dieser Zeit an. Viele Leichenbrandstellen waren zu sehen.
Auf der Siedelung von Werner Struve bei Viertshöhe finden sich vorgeschichtliche Feuerstellen. Etwa 50 cm unter der Oberfläche liegen 1 m bis 1,50 m Durchmesser messende Steinpackungen aus kindskopfgroßen Steinen. Durch ihre berußte Oberfläche erweisen sie sich als Feuerstellen. Sie beginnen am großen Moor und erstrecken sich im Bogen über die Siedelung, die Koppel von Johannes Lahann am Ausgang des Karkswegs in die Chaussee bis in den Mastbrook. Scherben zu ihrer zeitlichen Bestimmung sind nicht geborgen. Angeblich sollen in einer Feuerstelle Eisenschlacken gefunden worden sein.
Auf dem Krützkamp in der Innier Enklave Sandberg, zweite Koppel vom Böker Weg ab, fand Albert Friedrich beim Tiefpflügen einige Hundert kleine Steinpackungen, nicht flach liegend, sondern aufgesetzt. Sie zeigten geringe Spuren vom Feuer. Ihr massenhaftes Auftreten konnte ein Techniker des Vorgeschichtsmuseums nicht erklären. Scherben wurden nicht beobachtet.
Das erste Eisen wird eingeführt sein. Bald lernten die Bewohner, das im Boden liegende Raseneisenerz in Eisenschmelzen zu gewinnen. Auf allen Feldmarken des Aukrugs finden wir Eisenschlacken, die von der vorgeschichtlichen Eisengewinnung zeugen. Im Volksmunde werden diese Schlacken als „Sünnerklüten" bezeichnet. Innerhalb eines Jahres brachten mir meine Schüler Eisenschlacken von zehn verschiedenen Stellen unserer Feldmark. Im Innier Bornveh hat Hans Reimers um 1890 einen Schlackenhaufen, der 17 Fuder Schlacken enthielt abgefahren. Die Unterlage bildete eine Steinpackung. Reichhaltig an diesen Funden ist das Gebiet beiderseits der Ostgrenze der Böker Feldmark. Besonders auf Wasbeker und Timmasper Feld sind bedeutende Schlackenfunde zu machen. Vom Dödingschen Besitz in Wasbekermoor wurden während des zweiten Weltkrieges mehrere Waggons Eisenschlacken zur weiteren Verhüttung abgefahren. Auf der Timmasper Enklave südlich des Ilohforstes sind noch unberührte Schlackenhaufen vorhanden. Da das Land aber unter Kultur genommen ist, werden sie bald verschwinden.
In dem Gebiet zwischen Neumünster und Jevenstedt befand sich in der frühen Eisenzeit das Eisenhüttenzentrum Holsteins, wie Hans Hingst (3)[3] nachgewiesen hat. Das zum Schmelzen nötige Holz lieferte die Ilohheide, die erst nach diesem Riesenverbrauch vollständig entwaldet und der Heide anheimgefallen ist. Während die Schlackenhügel um Neumünster und in der Krattsheide bei Jevenstedt von Hans Hingst untersucht sind, fehlt noch die Untersuchung des dazwischenliegenden Gebiets. Da der Heideboden, der allein unberührte Schlackenhügel hat, bald gänzlich verschwunden sein wird, drängt die Zeit zur Untersuchung.
Die vorgeschichtliche Landesaufnahme im Kreise Rendsburg, mit der durch Manfred Peters ein Anfang gemacht wurde, kam durch Geldmangel zum Erliegen. Hoffentlich wird der Kreis bald Mittel für die Landesaufnahme flüssig machen können, damit der Kreis endlich, seiner Bedeutung in vorgeschichtlicher Zeit entsprechend, durchforscht werden kann.
Ich bitte alle Leser im Aukrug, den örtlichen Lehrern Mitteilung von Bodenfunden aller Art sofort zu machen, damit vor der Zerstörung durch die Arbeiten eine Untersuchung durch das Museum vorgenommen werden kann. Bei Moorfunden dürfen die Gegenstände nicht gereinigt werden, da die in der Moorerde enthaltenen Pollen zur Zeitbestimmung des Fundes dringend nötig sind. Es wird leider meistens viel zu spät Mitteilung von solchen Funden gemacht. So wurde bei der Regulierung der Buckener Au um 1930 ein Schädel gefunden. Ich bekam erst nach zehn Jahren die Nachricht. Da war natürlich nichts mehr zu machen.
In den Weihnachtsferien 1936 fand ich in einer Torfsode vom Böker Schulmoor einen Stoffrest, den ich zum Industriemuseum in Neumünster brachte. Carl Schlabow, der Erforscher der vorgeschichtlichen Tuchwebereien, bezeichnete den Tuchrest als Teil eines Mantels aus der Zeit um 450 n. Chr. Bei einem Besuch Schlabows fanden wir die letzten Reste in der Bank des Torfstichs. Sie lagen 60 cm unter der Oberfläche. Auf dem Setzplatz fanden wir weitere Reste. Die Funde sind im Industriemuseum Neumünster ausgestellt. Leider wurde der Mantel durch den Torfstich nur in Fetzen geborgen, so daß er nichts über die Machart aussagen kann. Im nächsten Jahr fand ich im Torf einen viel dünneren Stoffrest. Carl Schlabow bezeichnete diesen als den ersten Fund, in dem Kette und Schuß von verschiedener Beschaffenheit waren.
Über den Bohlendamm bei der Innier Brücke s. Wege.