Feldwirtschaft in Aukrug
Die von Georg Reimer zusammengetragenen Daten von Böken geben uns ein Bild der fortschreitenden Entwicklung der Feldwirtschaft in Aukrug seit 1666. Die erwähnten Tabellen wurden in der Ausgabe von 1959 leider nicht mit abgedruckt.
Da bis ca. 1780 die gesamte Bauernschaft des Dorfes während der Feldgemeinschaft über Saat und Ernte und die Benutzung des Feldes zu entscheiden hatte, ergab es sich, daß an überholten Formen der Bewirtschaftung festgehalten wurde. Neuerungen waren nur schwer durchzusetzen. Die Feldgemeinschaft war in jeder Beziehung ein Hemmschuh für die Entwickelung der Landwirtschaft. Das hatten einsichtige Bauern längst erkannt und beispielsweise schon um 1577 die Feldgemeinschaft in den einigen Dörfern in Angeln aufgehoben.
Bodenbenutzung in Böken 1724 —1950
1666 waren etwa 70 — 100 Tonnen (= ca. 75 ha) Ackerland vorhanden. Jede Hufe hatte durchschnittlich 25 Fuder Heu. Genauer sind die Zahlen von 1724: 150 ha Acker und etwa 100 ha Wiesen. Bis 1780 hatte man weitere 200 ha Acker und 30 ha Wiesen neu gewonnen. Es sollten weitere 360 ha in Kultur genommen werden. Der Plan wurde nicht erfüllt. Trotz der 1842/43 erfolgten letzten Feldaufteilung waren 1866 nur 10 ha Wiesen und 270 ha Ackerland hinzugekommen. 540 ha lagen noch als Ödland, Moor und Wege da. Bis 1912 änderten sich die Zahlen auf 165 ha Wiesen, 47 ha Dauerweiden und 840 ha Acker und Wechselweide. Nur noch 250 ha Ödland waren geblieben. Die Zunahme des Kulturlandes war um 1800 nur möglich durch die um 1780 1m Aukrug eingeführte Bemergelung und von 1866 bis 1912 (und bis jetzt) durch die Einführung des Kunstdüngers und die umfangreiche Schweinemast, die große Mengen Dung lieferte. Nach dem ersten Weltkrieg verschob sich die Wirtschaftsweise erheblich, indem die Wechselweide durch die Dauerweide ersetzt wurde und sowohl Kühe als auch Jungvieh das Sommerfutter auf den Wechselweiden fanden. Es waren 1940 statt der 1912 vorhandenen Dauerweiden jetzt 350 ha, die z. T. ohne Pflügen durch Schweinedung, Kalk und Kunstdünger aus der Heide und z. T. aus niedrig gelegenem Ackerland gewonnen waren. Auch die Aufforstung wurde betrieben. Der Dampfpflug brach von 1905 an große Heideflächen, die mit Tannen bepflanzt oder als Ackerland genutzt wurden, um. Aus dem Tannenanpflanzungen wurden große Mengen Weihnachtsbäume gewonnen, der Rest als Nadelwald erhalten. 1940 waren auf der um 1870 waldlosen Böker Feldmark 85 ha Nadelwald. Von dem noch vorhandenen Ödland geht eine große Menge auf Wege und Auen, so daß nur noch geringe Heideflächen bleiben.
Ackergeräte um 1850
Pflüge und Eggen waren fast ganz aus Holz wie vor Jahrhunderten. Alle eisernen Gerätschaften wurden vom Schmied angefertigt und waren plump. Düngerforken wogen bei vier Pfund. Beim Heu- und Strohschütten benutzte man hölzerne Gaffeln, aus einer natürlichen Weidengabel hergestellt. Die Wagenachsen waren noch um 1900 aus Holz. Statt der Schrauben waren Sticken mit einem Schutzblech vor der Achse angebracht. Die hießen Lünsen.
Bessergestellte Bauern hatten einen Stuhlwagen (Kührwagen, Mehlbüdelswagen, beim Besuch gab es nämlich Mehlbeutel). Die Leitern des Wagens bestanden aus weißgestrichenem Weidengeflecht. Zwischen den Leitern hingen in Riemen zwei Wagenstühle. An den Seiten befand sich ein schmiedeiserner Tritt zum Aufsteigen. Den hintersten Teil des Wagens nannte man das Kälberloch. Erst in den sechziger Jahren kamen Wagen mit Federn auf.
Saat und Ernte
1724
Der Ohrenkamp in Böken soll mit Roggen bestellt werden. Bauer und Knecht holen die schweren hölzernen Pflüge aus der Scheune, sehen sie nach, verkeilen alle Teile gut, denn Schrauben hatte kein Pflug. Alle Teile des Pfluges waren aus Holz, sogar das Streichbrett, nur Schar und Seek waren aus Eisen. Am Montag beginnt das Pflügen. Die Pflüge werden auf Wagen mit hölzernen Scheiben als Räder (Scheibenwegen) geladen oder auf einer Schlöpe zum Acker gebracht. Jeder Vollhufer stellt zwei Pflüge für seine Stücke. Alle Pferde, auch die sog. Holzpferde, die nur in der Zeit der Arbeitsspitzen herangeholt wurden, sonst ihr Futter auf den Heiden und in den Waldungen suchen mußten. Vier bis sechs Pferde werden vor den Pflug gespannt. Sie ziehen ihn langsam durch den verqueckten Boden. Ist das Stück gepflügt, so wird es Mit der Egge mit hölzernen Zinken bearbeitet, aber nur nicht zu sehr eggen, denn die Quecke muß geschont wenden, denn sie soll nach der Ernte und während der Ruhezeit des Ackers das Viehfutter geben. Darauf bindet der Bauer einen Sack um, in dem er das Saatgut hat und streut in breitem Wurf den Roggen auf das Land. Der Knecht eggt die Saat ein. In wenigen Tagen ist der Kamp fertig bestellt. Ein Buschzaun war schon im vorigen Jahr nach dem Aufbrechen aus dem Dreesch gesetzt. Er muß nun ausgebessert werden.
Der Roggen ist gelb geworden. Bauervogt Marx Bracker und sein Nachbar Marx Voß gehen zum Roggenschlag, um zu sehen, ob der Roggen gemäht werden kann. Mit der geöffneten Mütze schlägt der Bauernvogt von unten nach oben in die Ähren. Eine Anzahl Körner liegen in der Mütze. An mehreren Streifen des Kamps wiederholt er diese Prüfung der Reife. Die Zeit zum Schnitt ist gekommen. Die Bauern versammeln sich beim Bauernvogt und beschließen, daß am Dienstag mit dem Mähen begonnen wenden soll. Die Sensen werden gedengelt (= haart), die Haken am Sensenbaum befestigt. Am Dienstagmorgen geht es zum Kamp. Der Bauer und der Knecht mähen, die Mädchen binden die Garben mit dem Strohseil. Einer hockt die Garben auf. Nur wenige Hocken stehen in der Reihe, wenige Fuder sind auf den Baden zu bringen, die Ähren sind klein. Am Ende der Woche kann der Roggen eingefahren werden. Mit der Hungerharke, einer etwa 2 m breiten Holzharke mit langen Zinken, wird die Stoppel abgeharkt, um auch das letzte Korn mitzubekommen. Dann kommt der Kuhhirte mit den Milchkühen zur Stoppelweide. Jeder muß dann sein Korn eingebracht haben, sonst fallen die Kühe darüber her, und der Bauer hat kein Anrecht auf Schadenersatz.
Bald erklingt das Klipp-Klapp des Dreschflegels über die Hofstelle. Saatkorn muß gewonnen wenden, und das Brotkorn war längst knapp geworden. Mit den Ähren zur Mitte werden die Garben auf die große Diele in zwei Reihen gelegt. Sind die Drescher mit einer Lage fertig, so werden die Garben mit einer Gaffel (zweizinkige Holzforke) gewendet und nochmals gedroschen. Dann schüttelt man die Garben aus und bindet sie mit einem Strohband in Klappen, harkt das lose Stroh ab und schiebt mit einem an einem Harkenstiel befestigten Brett den ausgedroschenen Roggen in eine Ecke der Diele. Der Platz für eine neue Lage ist frei. Ist nach einiger Zeit genügend Roggen abgedroschen, so geht es ans Reinigen. Maschinen dazu waren 1724 nicht bekannt. Mit einer kurzstieligen hölzernen Schaufel wirft der Bauer das Korn die Diele entlang. Spreu und Staub fliegen, die besten Körner klatschen gegen die Dielentür, die leichteren fallen vorher auf den Boden. So wird das Korn gereinigt und sortiert.
1880
Anders sieht z. T. die Saat- und Erntearbeit um 1880 aus. Jeder Bauer hat nun seine Koppeln, er braucht sich nicht mehr um Saat und Ernte der anderen Bauern zu kümmern, er sät, was er will, mäht, wenn sein Korn ihm reif erscheint, fährt ein, wenn es ihm paßt. Aber die Gerätschaften für die Landbestellung sind besser geworden. Die Pflüge haben ein eisernes Streichbrett bekommen; statt der Keile verbinden Schrauben die einzelnen Teile. Die Eggen haben eiserne Zinken. (Um 1900 hingen noch Eggen mit Holzzinken an den Scheunenwänden, sie wurden nicht mehr gebraucht, höchstens mal, wenn der Wind des Strohdach beschädigt hatte). Das Land ist viel reiner von Quecke geworden. Für die Ernte waren noch die gleichen Gerätschaften und die gleiche Arbeitsart üblich. Das Dreschen geschah noch mit dem Dreschflegel, aber für die Reinigung des Korns war der „Weiher", die Staubmühle, da. Um 1880 kam die Dreschmaschine mit Göpelantrieb auf.
Die Heuernte vollzog sich noch immmer in der jahrhundertealten Form. Früh um 3 Uhr gingen die Mäher nach der Wiese. Das Gras ist naß, so mäht es sich besser. Um 8 Uhr kommen die Mädchen mit einer tüchtigen Portion Pfannkuchen (natürlich Buchweizenpfannkuchen), die als Morgenkost verzehrt wird. Dann mäht man weiter, solange das Gras noch naß ist. Die Mädchen streuen mit der Heuhiarke das Gras auseinander (vonschlagen). Gegen 10 Uhr wird mit dem Mähen aufgehalten. Es geht nach einer schon gemähten Wiese, um das Heu zu kehren. Das geschieht mit der Heuharke. Ist das Heu genügend angetrocknet, wird es mit der Heuharke in Reihen (Wreden) zusammengeharkt und mit der Heuforke zu Diemen zusammengelegt. Vor dem Einfahren wurden die Diemen meistens noch einmal auseinander gestreut und gediemt. Wieviel einfacher ist es haute!
Entwicklungen im Ackerbau
Fruchtfolge
Die alte Fruchtfolge war: 1. Jahr nach der Aufbrechung Buchweizen, 2. Jahr Roggen und 3. Jahr Hafer mit Gras- und Klee-Einsaat. Kartoffeln und Rüben wurden daneben dort gebaut, wo man Erfolg vermutete. Auf ganz magerem Boden (Bokhorst in Böken) säte man um 1900 im ersten Jahr Lupinen als Gründünger und im nächsten Jahr Roggen, holte also nur jedes zweite Jahr eine magere Ernte von diesem Land.
Mergeln
Einführung des Mergelns in Innien (1780): „Weit und breit war ein Embührener der erste, der 1800 gemergelt hatte, zehn Jahre nach Fritz Reventlow (Emkendorf), dem ersten im Großbetriebe“. So schreibt Paul v. Hedemann-Heespen in „Die Herzogtümer Schleswig-Holstein und die Neuzeit“ S. 797. Aber nicht weit von Embühren in Innien war das Mergeln schon mindestens 20 Jahre früher eingeführt. In Innien lag eine Wirtschaft, der „Ochsenkrug“, den seit 1772 Jürgen Ratjen aus Homfeld im Besitz hatte. Bei ihm kehrten oft Fuhrleute aus der Probstei ein, die Korn nach Itzehoe brachten, und übernachteten hier. 1780 kehrte ein Bauer Wiese aus der Propstei (Schönberg?) bei Ratjen ein. Er berichtete von der wundertätigen Erdart, dem Mergel, den man dort zur Verbesserung des Bodens brauchte. Ratjen horchte auf. Das wäre etwas für seinen mageren Sandboden! Ob es diese Erdart auch wohl hier gibt? fragte er. Wiese meinte: Sicher, die ist bei uns überall, warum sollte sie nicht auch bei euch sein! Er erbot sich, im Herbst herzukommen und den Mergel suchen zu helfen. Das geschah, und bald war Mergel gefunden. Er wurde auf die „Wulfsrade“ gefahren und nach Wieses Anweisungen gestreut. Wiese versprach Ratjen, er könne nun auch Raps und Weizen anbauen. Das hat er auch getan, hat aber bald dies aufgegeben, nicht aber das Mergeln. Die Nachbarn, die den Erfolg des Mergelns sahen, folgten seinem Beispiel und hatten sehr gute Erträge. So erzählte mir vor mehr als vierzig Jahren der 1819 geborene Henning Glöy in Innien, der es von seinem Großvater gehört hatte.[1]
Nachmergelung
Das Mergeln war schon 1780 in Innien zuerst versucht, und allmählich wurde im Aukrug alles Land bemergelt. Nach den guten Erfolgen in den ersten Jahren ließ der Ertrag aber nach, und Nachmergelungen wurden versucht. Um 1900 bekam der Aukrug etwas Mergel aus der Innier Ziegeleigrube. Um 1910 bildete sich ein Mergelverband, der den Mergel aus der Grube Seelust bei Hennstedt bekam. Bis 1914 wurden viele Ländereien südlich der Bahn mit Mergel versorgt. Nach 1920 wurde keine Mergelung mehr vorgenommen, sondern Kalk aus dem Handel benutzt.
Gründüngung
Das Protokoll des Landwirtschaftlichen Vereins a. d. Bünzau berichtet 1869, daß Breyholtz in Wiedenborstel als erster hier Lupinen als Gründünger benutzte. „Deren Dungkraft ist noch nicht erwiesen", bemerkt er dazu. 1872 hatte ein Bauer in Hennstedt Lupinen unter Roggen gesät, auch versucht, sie vor und nach dem Häufeln unter Kartoffeln zu säen. Über den Erfolg ist nichts berichtet. 1871 wurde zuerst Serradella als Futter und Gründung benutzt.
Kunstdünger
Das Protokoll des Landwirtschaftlichen Vereins a. d. Bünzau berichtet 1869, daß Winter auf Nienjahn (später Geschäftsführer des Heidekulturvereins) seine Landwirtschaft nur mit Kunstdünger betrieb. Seit 1844 (er erwarb Nienjahn erst 1857) hat er ihn gebraucht und fortwährend gute Ernten erzielt. „Wo vor zwei Jahren noch Heide gewesen ist, sieht man ausgezeichneten Johannisroggen" (wurde um Johanni gesät zur Heugewinnung und Gräsung). 1869 wurden im Aukrug gebraucht: Peru- und Bakoguano, Gips, Knochenmehl und Knochenkohle, Muschelkalk und Superphosphat. 1869 wurden vom Verein 6300 Pfd. Kali (wohl Kainit) zu Versuchszwecken angekauft, 1875 durch Ludwig Meyn von der Anhaltischen Regierung dem Heidekulturverein 290 Ztr. Kainit zur Verfügung gestellt, die dieser in Portionen von 5 oder 10 Ztr. an Bauern verteilte. 20 Ztr. kamen nach dem Aukrug.
Jauche
Die Jauche floss 1883 überall ungenutzt weg, obschon 1873 im Verein die Anlage von Jauchegruben angeregt wurde. Man war damals aber der Ansicht, dass ein Auffangen der Jauche im Stall durch Einstreu von Stroh oder getrocknetem Torfmull besser sei. 1881 wurde ein Jaucheverteiler vorgezeigt. Erst nach 1890 wurden größere Jauchegruben angelegt. Zum Abfahren wurden hölzerne Jauchetonnen benutzt, die nach 1920 durch solche aus verzinktem Eisenblech ersetzt wurden.
Heidekultur und Dauerweiden
Durch den großen Anfall von Schweinedung, Anfuhr von Kalk, Kainit und Phosphat wurde es möglich, die Heide ohne Pflügen in Dauerweide zu verwandeln. Das geschah von 1900 ab. Schon 1884 war die Anlage von Dauerweiden angeregt. 1912 waren in Böken 47 ha Dauerweiden, 1940 aber 351 ha. 1905 kam der Dampfpflug nach Böken. Die Heide wurde 75 cm tief umgebrochen und darauf mit Nadelholz bepflanzt oder als Ackerland benutzt.
Waldpflege
1874 wurde in Innien der Erste Schleswig-Holsteinische Waldverband, der einen großen Einfluß auf Waldpflege und Neuanpflanzung hatte, gegründet.
Schrotanfuhr
Die große Schweinehaltung nach 1900 erforderte starken Zukauf von Mastfutter. Mehrmals wöchentlich fuhren kleine Bauern nach Kellinghusen, um Gersten-, Mais- oder Kaiserschrot für die Kornhändler zu holen, oder Wagen der Firmen aus Kellinghusen brachten es. Als die Kornfirmen in Kellinghusen sich nach 1925 Lastautos zulegten, hörte der Nebenerwerb der kleinen Bauern auf.
Kartoffelbau
Um 1900 gab es hier nur drei Sorten Kartoffeln, die beliebte holsteinische Eierkartoffel, den Buntkopf und die griese. Sie waren ausgebaut und brachten nur geringe Erträge. Neue Sorten (Magnum bonum, Industrie) kamen auf, aber sie waren bald nicht krebsfest und mußten verschwinden. Als nach dem Zusammenbruch 1945 das Saatkartoffelanbaugebiet im Osten uns verloren ging, wurden bei uns massenhaft Saatkartoffeln angebaut. Aber auch der Bau von Futterkartoffeln nahm stark zu. Die 1953 erbaute Kartoffeldämpfanlage bearbeitet die Kartoffeln als Silofutter.
Der 1910 im Alter von 91 Jahren verstorbene Henning Gloy, erinnerte sich an den ersten Versuch zum Kartoffelbau in Aukrug: „Meine Großmutter erhielt 1788 einige Kartoffeln zum Auspflanzen geschenkt. Sie kannte die Dinger nicht, und das Land im Kohlhof war ihr zu schade. Sie pflanzte sie deshalb unter den Johannisbeerenbusch und erntete nichts."
Buchweizenanbau
Der Buchweizenanbau ist völlig aufgegeben. Er brachte nicht mehr genügenden Ertrag.
Flachs- und Hanfanbau
Auf den Bauernhöfen wurde meistens eine Fläche mit 2 Spint Leinsamen besät (ca. 15 a). Die Dienstboten, besonders die Mädchen, hatten zu ihrem Lohn häufig die Aussaat von 1/2 oder 1 Spint Leinsaat bedungen. Die Düngung der Fläche besorgten die Dienstboten in den Feierabendstunden bei gegenseitiger Hilfe.
Im Juli oder Anfang August wurde der reife Flachs mit der Hand aufgezogen, getrocknet und gedroschen. Der Leinsamen wurde für krankes Vieh zur Reinigung des Darmes benutzt. Er wurde nur gekocht eingegeben.
Nach dem Dreschen breitete man den Flachs ganz dünn in Reihen .auf Heideflächen oder auf Ackerland aus (spreiten). Von Zeit zu Zeit wurde er gewendet, damit die Witterungseinflüsse den Halm mürbe machten, damit der Bast oder Handel sich von dem inneren Stengel (Schefe) löste. So mußte der Flachs etwa 3-4 Wochen liegen, bei Regenwetter kürzere Zeit. Dann wurde der Flachs in große Bündel gebunden und in der Scheune gelagert, um im Spätherbst weiter verarbeitet zu werden.
Andere legten den Flachs, wie er vom Felde gekommen war, in Wasserlöcher mit stehendem Wasser. Die Bündel wurden dazu mit Steinen beschwert untergetaucht. Dann war der Flachs in etwa 8 Tagen zur Bearbeitung fertig. Dies Verfahren wurde hier wenig angewandt, denn infolge der dann erfolgenden raschen Reifung konnte der Bast, wenn man nicht gut aufpaßte, leicht zu mürbe werden.
Zur weiteren Bearbeitung des Flachses diente die Brake, ein aus gezackten Scheren bestehendes hölzernes Instrument. Durch das Ineinandergreifen der Scheren wurde der dazwischengelegte Flachs gebrochen und der innere Teil des Stengels vom äußeren getrennt. Diese Bearbeitung konnte jedoch nur erfolgen, wenn der Stengel ganz trocken war. Darum wurde der Flachs entweder von einem mit brennendem Feuer versehenen Backofen oder auf freiem Felde in einer ca. 3 m langen, 1 m tiefen und breiten Grube, in der ,auf der ganzen Länge ein Feuer aus geschälten Eichenknüppeln brannte, getrocknet. Die im Schleswigschen übliche gemauerte „Brakkuhl" war hier unbekannt. Diese Bearbeitung nannte man Rösten. Die Schefen wurden aber durch dies Braken nur in unvollkommener Weise von den Fasern getrennt. Daher mußte die Arbeit mit einer Kneife wiederholt werden. Die Kneife war ähnlich wie die Brake, doch waren die Scheren glatt und enger gestellt.
Das Braken wunde von 2-4 Personen ausgeführt, denn mehr konnte nicht getrocknet werden. Beim Trocknen des Flachses war natürlich Feuersgefahr vorhanden. In seltenen Fällen geriet das Backhaus in Brand, da die trockenen Flachsbündel leicht Feuer fingen, für den Besitzer zum Schaden, für die mit dem Trocknen beschäftigten Personen zum Spott. — Aber die mit dem Braken Beschäftigten freuten sich im stillen, denn was verbrannte brauchte nicht bearbeitet zu werden. Das Braken war nämlich eine schwere Arbeit.
Der Flachs wunde handvollweise unter der Brake bearbeitet und 21 Handvoll, von denen eine als Band benutzt wurde, gebündelt. Reim Kneifen wurden die Handvoll kleiner, so daß zwei Bunde zusammengelegt wurden. Dies neue Bund hieß „Tapp".
Auf das Braken folgte das „Schwingen“, um die letzten Reste der Schefen zu entfernen. In früheren Zeiten wurde diese Arbeit von den Frauen auf dem „Schwingfuß" gemacht. Dieser war ein auf einem Fußklotz aufrecht stehendes glattgehobeltes Brett. Der Flachs wurde darüber gehängt, mit der linken Hand festgehalten, während mit einem platten Brett, ähnlich einer hölzernen Handschaufel, der überhängende Teil des Flachses durch Schlagen bearbeitet wurde, bis der Flachs rein war. Hierbei gingen die Nachbarfrauen zusammen und rauchten dabei ihre Kalkpfeife. Es war ja eine langwierige Arbeit! Um das Jahr 1850 wurde die Schwingmaschine erfunden. Durch eine Kurbel wurden die vielen Flügel der Maschine in drehende Bewegung gesetzt. Die Flügel bewegten sich ganz nahe an Brettern vorbei. Der Flachs wurde mit Schwung zwischen die Flügel geschlagen, so daß die letzten Schefen wegflogen. Es war wohl die erste Maschine, die auf genossenschaftlichem Wege beschafft wurde.
Nach dem Schwingen folgte das „Hecheln". Dazu war ein Brett in einer Breite von etwa 15 cm mit spitzen, dichtgestellten Nägeln versehen. Die Schule in Böken besitzt noch eine Hechel. Der Flachs wurde hineingeschlagen und durchgezogen. So lagen die einzelnen Fäden glatt nebeneinander. Die abfallende Ware wurde „Hede" genannt. Die Handvoll so gereinigten Flachses wurde am dünnem Ende zusammengedreht, „geknockt", wie man es nannte, und mehrere solcher Knocken wurden in Kranzform zusammengebunden. So lag der Flachs sicher, ohne wieder durcheinander gebracht zu werden, bis das Spinnen losgehen konnte.
Das Braken des Dienstbotenflachses wurde nach Feierabend gemacht. Die jungen Leute halfen sich gegenseitig. Es wurden Äpfel gebraten und auch wohl ein Schnaps eingeschenkt. Diese Zusammenarbeit bezeichnete man als „Brakköst".
Der Hanfbau wunde hier weniger betrieben, meistens wurde dafür ein Stück des Gartens benutzt.
Kornertrag 1875
Über den Kornertrag stehen keine genauen Angaben zur Verfügung. Darum gebe ich die Ernteerträge in Deutschland je ha.
Ernteerträge in Deutschland je ha | 1875 in dz | 1938 in dz |
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Roggen | 11,7 | 19,6 |
Weizen | 14,0 | 26,2 |
Gerste | 13,8 | 24,7 |
Hafer | 13,0 | 22,6 |
Kartoffeln | 95,0 | 173,6 |
Zuckerrüben | 80,0 | 392,7 |
Einzelnachweise
- ↑ Georg Reimer in "Die Heimat", Heft 56, S. XXXI, 1949