Archiv:Aus der Landwirtschaft

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Aus der Landwirtschaft

a) Technisierung

Schon bald nach dem 1. Weltkrieg setzte eine neue Phase der sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts anbahnenden Technisierung der Landwirtschaft ein. Die Bauern hatten die große Vermögensumwälzung der Nachkriegsinflation (Geldentwertung) verhältnismäßig gut überstanden, denn sie kamen als Besitzer von Sachwerten in die Lage, ihre Verschuldung abzustoßen und Gebäude und Einrichtungen zu verbessern. Darüber hinaus konnten sie nun allmählich moderne Maschinen und in immer größerem Maße den zwar teuren, aber hier auf der Geest unverzichtbaren Mineraldünger verwenden. Die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft nahm enorm zu.

Der „Landwirtschaftliche Verein an der Bünzau" hat in seiner ungemein segensreichen Tätigkeit die Bauern des Aukruges aufgeschlossen gemacht, die modernen Errungenschaften der Agrarwissenschaft und der Landmaschinentechnik für sich zu nutzen und immer mehr entsprechende Veränderungen in der Betriebswirtschaft vorzunehmen.

Die geradezu stürmische Entwicklung landwirtschaftlicher Maschinen nach dem 2. Weltkrieg zwang jeden Landmann dazu, sich der modernen Maschinen zu bedienen, wenn er nicht in seiner Leistungsfähigkeit zurückbleiben wollte. Eine umwälzende Veränderung in der bisherigen Betriebsführung bedeutete der unaufhaltbare Vormarsch der für die unterschiedlichen Bedürfnisse entwickelten Zugmaschine, des Treckers. Schon 1927 tauchte der erste im Aukrug auf.

Nach nunmehr 50 Jahren hat fast jeder Hof einen, jeder mittlere und größere Hof sogar mehrere Trecker unterschiedlicher Größe. In dem Maße nun, wie die Zahl der Trecker zunahm, nahm die der Pferde ab. Arbeitspferde gibt es gar nicht mehr auf unseren Höfen. Pferdehaltung ist nur noch bedeutsam für die Zucht von Reit-, Spring- und Traberpferden. Der Pferdesport hat sich ganz vom ländlich-bäuerlichen Bereich in den städtischen verlagert. Reit- und Fahrkunst, Kenntnisse von Sielengeschirr und Anspannung, von Wagentypen und Fahrkultur sind dem bäuerlichen Nachwuchs verlorengegangen.

Das altehrwürdige Handwerk des Dorfschmieds mit seinem Hufbeschlag ist fast ganz ausgestorben. Maschinenreparaturwerkstätten sind an seine Stelle getreten. Amboß, Blasebalg und Esse, Sense, Reifen, Lederschurz sind selbst von heutigen Landleuten bald nur noch im Museum zu betrachten. Auch Wind- und Wassermühlen haben heute kaum noch Bedeutung.

Es schien zeitweilig sogar, als hätte die gute alte Kartoffel an Bedeutung für die menschliche Ernährung verloren und könnte nur noch auf dem Wege durch den Schweinemagen nutzbringende Verwendung finden. Kartoffeldämpfen wurde bedeutsam, und schon wurde eine neue Maschine aufgestellt.

Eine Kartoffeldämpfanlage wurde von der Raiffeisengenossenschaft auf dem Platz vor dem Warenspeicher errichtet, und in jedem Herbst rollten aus dem gesamten Aukrug und darüber hinaus die Kartoffelwagen heran, um bald mit dampfendem, weil „gedämpftem" Inhalt wieder zurückzukehren. Nach kaum 10 Jahren war die Marktlage völlig verändert, Kartoffeldämpfen nicht mehr gefragt und die Anlage wieder verkauft. Freie Marktwirtschaft! Aber neue Futterveränderungseinrichtungen traten an ihre Stelle.

Hochsilos (Harvestore) ragten auf einigen Höfen mit reiner Viehhaltung wie Kirchtürme aus der Landschaft (H. W. Fölster, Bergeest). Kurz angetrocknetes, gehäckseltes Gras wird im Frühsommer durch eine Förderanlage in den Siloturm gehoben und im Winter als trockenes Fertigfutter mittels eines Schneckenganggetriebes in die Futtertröge der Milchkühe gefördert. Die Fütterung der ganzen Herde erfolgt fast automatisch mit wenigen Handgriffen. Beinahe jeder Hof verfügt über einen Fahrsilo für die Vergärung von Rübenblatt und Futtermais zu einer sehr nährwerthaltigen Silage für die Kühe.

Seit mehreren Jahren übernimmt ein 30 Meter hoher Getreidesilo der Raiffeisengenossenschaft im Speicherkomplex gegenüber dem Bahnhof fast die gesamte Getreideernte des Aukruges zur Trocknung und auch zur Lagerung.

In den letzten Jahren kommen im Aukrug durch das Landmaschinenlohnunternehmen Jürgen Honermeier, Gnutz, u. a. gewaltige Rübenrodemaschinen zum Einsatz, die in einem Arbeitsgang von max. 6 Reihen Rüben das Blatt gewinnen, die Rüben herausheben und in einen mitgeführten Rübenbunker laden. Nur noch das Fortschaffen des Rübenblattes und der Rüben erfordert zusätzliche Arbeitsgänge.

Zum Aufnehmen der Kartoffeln sind Kartoffelrode- und -verlesemaschinen im Einsatz. Sie entsprechen allerdings nicht voll den Erwartungen, weil unsere Moränenlandschaft zu steinig ist und die Maschinen daher kartoffelgroße Steine mit aufnehmen, die dann mühsam ausgelesen werden müssen und überdies die Maschinen beschädigen. Eine geradezu umwälzende technische Neuerung in der landwirtschaftlichen Betriebsführung bedeutet die Verwendung des Mähdreschers. Ursprünglich nur für Großbetriebe konstruiert, ist er inzwischen so gestaltet worden, daß er auch mit großem Erfolg in bäuerlichen Betrieben eingesetzt werden kann. Zunächst erfolgte sein Einsatz auf genossenschaftlicher Basis durch die sogen. „Dreschgemeinschaft Bargfeld-Innien", bald aber auch schon hier und da im Privatbesitz.

Nach der 1975 erfolgten Auflösung der Dreschgemeinschaft geschieht der Einsatz von hochmodernen Mähdreschern im Aukrug vornehmlich durch die schon genannte Firma Jürgen Honermeier, Gnutz. Der Mähdrescher stellt ein Wunderwerk der Technik dar und hat die Jahrhunderte alte, tief in die Lebensgewohnheiten des Landmannes und der Landbewohner eingewurzelte Vorstellung vom Mähen und Garbenbinden und Hockenaufsetzen und Ernte einfahren völlig verdrängt. Eine gewaltige Maschine rauscht durch das Korn, mäht es, drischt es, verladet es und preßt das Stroh. Wo am Morgen noch ein großes wogendes Kornfeld stand, sieht man am Abend nur noch ein Stoppelfeld mit langen Reihen gepreßter Strohballen. Ein uns allen lieb gewordenes, liederumranktes, unser Gemüt bewegendes Brauchtum ist verlorengegangen. Unerbittlich rattert die Maschine darüber hinweg, und unsere Seele trauert!

b) Begründung und Beendigung des genossenschaftlichen Meiereiwesens im Aukrug (1885-1977)

In der 2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts hatte sich in der Milchwirtschaft der Herzogtümer eine Qualitätsverschlechterung eingestellt. Butterhändler und auswärtige Konsumenten waren mit der angebotenen Butter-und Käsequalität nicht mehr zufrieden. Gegenüber den Produkten aus den Gutsholländereien zu Anfang des vorigen Jahrhunderts war ein erkennbarer Güteverlust eingetreten. Das führte zum Rückgang des Exportgeschäftes und damit zum Rückgang der Preise. Die dänische Milchwirtschaft hatte die schleswig-holsteinische überflügelt und deren Produkte auf dem Londoner Markt preislich stark abfallen lassen. Um diesem Übelstand abzuhelfen, wäre ein genossenschaftlicher Zusammenschluß der bäuerlichen Milchviehhalter erforderlich gewesen. Neue technische Methoden fanden in Dänemark schneller Eingang und verbesserten die dänische Marktlage noch mehr. Die ersten genossenschaftlichen Zusammenschlüsse in Schleswig-Holstein erfolgten erst in den 70er Jahren und vornehmlich im damaligen Nordschleswig.

Durch interessante Untersuchungen des Verbandsdirektors i. R. Albert Lüthje wissen wir, daß erst durch die Selbsthilfe der Landwirtschaft, organisiert durch die landwirtschaftlichen Vereine und zusammengefaßt im Generalverein, 1877 in Kiel eine landwirtschaftliche Versuchsstation mit milchwirtschaftlicher Abteilung eingerichtet werden konnte. Zu gleicher Zeit setzte auf technischem Gebiet eine bedeutsame Entwicklung ein, die allmählich zu einer völligen Veränderung der bisherigen Milchverarbeitungsbetriebe führen mußte: „Lehfeldts Zentrifugalmaschine zur Absonderung des Rahmens aus der Milch."

Eine solche Maschine wurde noch 1877 in der Kieler Meiereigenossenschaft aufgestellt. Sie bezeichnete sich stolz, wie Albert Lüthje hervorhebt, als „die erste Zentrifugenmeierei der Welt". Aber trotzdem blieb man in den Dörfern skeptisch und behielt auch in den sich allmählich bildenden Meiereigenossenschaften das alte Satten-verfahren bei oder lehnte die genossenschaftliche Milchwirtschaft überhaupt ab.

Auch in den damaligen Aukrugdörfern wurde die Frage einer besseren Milchverwertung lebhaft erörtert. Jeder Bauernhof butterte für sich. Das war eine schwere, zeitraubende Arbeit. Butterhändler holten die Butter und gegebenenfalls den Käse ab. An Genossenschaftsmeiereien dachte man noch nicht. Eine Privatmeierei hielt man nicht für möglich. „Der ungleiche Fettgehalt der Milch ergibt Schwierigkeiten. Der Meiereibesitzer kann doch nicht alle Milch gleich hoch bezahlen." Genossenschaftsmeiereien hielt man gar für schädlich, denn man befürchtete den Verlust der Mager- und Buttermilch zur Jungviehaufzucht.

Doch bald ergaben sich neue Überlegungen, die zielbewußt durch den damals weithin bekannten Wanderlehrer Dr. Plönnies vertreten wurden. Er wies in seinen Vorträgen darauf hin, daß eine Genossenschaftsmeierei durchaus in der Lage sein könne, die anfallende Mager- und Buttermilch vollständig an die Genossenschaftler zur Jungviehaufzucht zurückzugeben. Voraussetzung müsse sein, den Betrieb ausschließlich auf die Produktion von Butter einzustellen. In einem 1883 vor Dithmarscher Geestbauern gehaltenen Vortrag führte Dr. Plönnies zum erstenmal aus, daß in Gegenden, in denen Jungviehaufzucht anstehe, eine besondere Organisationsform gefunden sei, nämlich die Genossenschaftsmeierei „mit beschränktem Betriebe". In solchen Meiereien könne die Milch durch Zentrifugen entrahmt, der Rahm verbuttert und die gewonnene Buttermilch und abgerahmte Milch sofort den Bauern zur Jungviehaufzucht zurückgeliefert werden. Solche Milch sei frischer und wertvoller für die Kälber und Ferkel als die bisherige oft angesäuerte und zum Teil schon verdorbene. Der Nachteil der beschwerlichen Anlieferung der Milch zur Meierei werde aufgewogen durch die verminderte Arbeit der Hausfrau und Hausmädchen. Zu beachten sei nur, daß man zur Vermeidung langer Anlieferungswege möglichst nicht mehr als 2 Dörfer einer Meierei zuführe. — Hier klang der Gedanke an: Jedem Dorf seine eigene Meierei!

Gründungsphase

Nun wurde die Überlegung, doch auch im Aukrug Genossenschaftsmeiereien zu gründen, immer lebendiger, zumal die Erstellung dieser Art Betriebe nur verhältnismäßig geringe Baukosten erforderte. 1884 hielt der junge Jochim Ratjen aus Bargfeld einen Vortrag über Genossenschaftsmeiereien, und sein Vater, Hans Detlef Ratjen, erbot sich sogar, auf eigene Rechnung eine Meierei zu bauen. 1885 nahm Otto Taube aus Wiedenborstel den Gedanken noch einmal wieder auf. Nun hatte der Gedanke gezündet, und man war bereit, ihn in die Tat umzusetzen.

Homfeld

Am 7. März 1885 beschlossen folgende Bauern in Homfeld die Gründung einer Genossenschaftsmeierei mit beschränktem Betriebe:

Heinrich Heeschen, Klaus Kahlke (Großvater von Klaus Hermann Kahlke), Hans Ratjen (vom Martha-Ratjen-Hof), Friedrich Rathjen (Großvater vom Traberzüchter Friedrich Rathjen, Kämpfer v. 1870/71), Johann Schwieger, Jacob Ratjen (Großvater von Hans-Jacob und Paul Ratjen), Johannes Hölk, Bucken, Hinrich Göttsche, Bucken.

Innien

Im nächsten Jahr, am 13. Januar 1886, erfolgte die Gründungsversammlung für eine Meiereigenossenschaft in Innien. Das Gründungsprotokoll besagt:

„Zur Errichtung einer Genossenschafts-Meierei mit beschränktem Betriebe in Innien war auf heute eine Versammlung anberaumt worden, und waren erschienen aus Innien A. Prieß, Hans Jargstorff, H. Ratjen, H. Voß, Cl. Carstens, Cl. Rohweder, Hinrich Reese, Cl. Gloy, H. Dammann und H. Reimers.

Aus Bünzen H. Carstens, Henning Timm, H. Gehrt, J. Braker und J. Rohwer. Diese Versammlung konstituierte sich, beriet und genehmigte einen Statutenentwurf, wählte zum Vorstand und Aufsichtsrat folgende Personen:

Vorstand: Hans Ratjen, Vorsitzender, Innien, Hans Jargstorff, Schriftführer, Innien, Hinrich Reese, Innien, Henning Timm, Bünzen, Hinrich Carstens, Bünzen, Otto Taube, Wiedenborstel. Aufsichtsrat:

Claus Gloy, Innien, A. Prieß, Innien, und beschloß, eine „Genossenschaftsmeierei mit beschränktem Betriebe in Innien zu errichten".

Bargfeld

Etwas anders war der Verlauf in Bargfeld. Dort ist mit Sicherheit auch im Laufe des Jahres 1886 eine Genossenschaftsmeierei nach dem Muster der Innier und Homfelder gegründet worden, denn man feierte das 25jährige Bestehen der Meierei in der Frahmschen Wirtschaft in Bargfeld 1911.

Aufzeichnungen über die eigentliche Gründung sind leider nicht mehr vorhanden. Einige Jahre nach dieser Gründung trat in Bargfeld anscheinend dadurch eine Veränderung ein, daß ein preußisches Gesetz vom 1. Mai 1889 zu einer Revision der Statuten zwang. Da vielleicht die Bargfelder Statuten den Bestimmungen des neuen Gesetzes nicht entsprachen, hat man sich vermutlich veranlaßt gesehen, mit der Neugestaltung der Statuten eine Neugründung der Genossenschaft vorzunehmen.

Zum Beschluß einer Neugründung kamen zu einer Generalversammlung am 22. Mai 1892 in Bargfeld folgende Personen zusammen, die eine „neue Meiereigenossenschaft e.G.m.u.H. zu Bargfeld" gründeten:

Altenteiler Timm Mehrens, Bargfeld; Halbhufner Hans Harder, Bargfeld; Halbhufner Jochim Harder, Bargfeld; Halbhufner Johann Jargstorff, Bargfeld; Hufner Christian Hingst, Bargfeld; Hufner Detlef Ratjen, Bargfeld; Hufner Johann Ratjen, Bargfeld; Lehrer Jochim Lohse, Bargfeld; Kätner und Schneidermeister Klaus Stammer, Bargfeld; Kätner und Schuhmachermeister Hans Stender, Bargfeld; Hufner Hans Thun, Wiedenborstel; Hufner Peter Giersberg, Wiedenborstel; Hufner Johann Harms, Bünzen; Viertelhufner und Müller Hermann Carstens, Bünzen.

In den Vorstand wurden gewählt: Timm Mehrens, Johann Jargstorff, Christian Hingst und Hans Thun; in den Aufsichtsrat: Hans Harder, Johann Harms und Peter Giersberg. Es mag für die nachfolgenden Generationen, die sonst nichts mehr von einer Meierei im Dorfe wissen, nicht ohne Interesse sein, etwas über die Entwicklung der drei Aukrug-Meiereien zu erfahren.

Daß im Aukrug drei Meierei-Genossenschaften gegründet wurden, hing ja eng mit der schon vorher beschriebenen Auffassung zusammen, wegen der schwierigen Anlieferung auf den z. T. schlechten und langen Wegen möglichst in jedem Dorf eine Meierei zu haben. Trotzdem waren für die Anlieferer noch recht beachtliche Entfernungen zu überwinden, wenn man von Bucken aus nach Homfeld, von Wiedenborstel und Bünzen aus nach Bargfeld oder von Böken, Bünzen samt den Ausbauten von Böker- und Bünzerfeld nach Innien liefern sollte.

Bau und Betrieb

Man ging zu Anfang vorsichtig und sparsam zu Werke. In Homfeld und Bargfeld enthielten die errichteten Meiereigebäude zunächst keine Familienwohnungen. In Homfeld wurden in den ersten Jahren nur Junggesellen beschäftigt, die im Gebäude eine Stube hatten, und in Bargfeld sind nachweislich zunächst Frauen beschäftigt worden.

Vermutlich sind in beiden Genossenschaften nicht sogleich Zentrifugen angeschafft, sondern ist anfänglich noch mit dem „Sattenverfahren" gearbeitet worden, wie es die Gutsholländereien entwickelt hatten. Das Abrahmen der Sattenmilch war gelernte Frauenarbeit. Der Ausdruck „de Meiersche" als Bezeichnung eines Mädchens oder einer Frau im Dienste der Meierei ist heute noch den alten Einwohnern Bargfelds in Erinnerung.

Im Laufe der Jahre wurde die Meierei zu einer festen Einrichtung im Dorf, die keiner entbehren wollte. Besonders in Homfeld und Bargfeld, wo die Bauern häufig persönlich anlieferten, war die Stunde der Milchabnahme zugleich die Gelegenheit einer dörflichen Begegnung und eines verbindlichen „Klönschnacks". Der Fortfall dieser natürlichen „Kommunikationseinrichtung" ist bei der Schließung der Meierei Bargfeld als der letzten im Aukrug allseits schmerzlich empfunden worden, zumal Betriebsleiter Heinrich Asmus diese bedeutsame Nebenaufgabe sehr fein zu aktivieren wußte.

Es hat auch in den dreißiger Jahren, kurz vor dem 2. Weltkrieg, ernsthafte Bestrebungen gegeben, in Innien, auf dem Gelände des früheren Elektrizitätswerkes, eine Zentralmeierei für den Aukrug einzurichten. Die Initiative ging von dem in Kreisen der NSDAP einflußreichen Traberzüchter Theodor Frahm in Bünzerfeld aus und bewirkte, daß die Genossenschaft in Homfeld nach einem erfolgten Umbau zunächst keine Genehmigung erhielt, den Betrieb wieder aufzunehmen. Erst dem Einfluß des „Amtmann" Schwarz aus Bucken und dem schon drohenden Kriegsausbruch ist es wohl zuzuschreiben, daß solche Zentralisierungspläne unterblieben und[Homfeld den Betrieb wieder aufnehmen konnte.

So sind die drei Aukrug-Meiereien noch einige Jahrzehnte in Betrieb geblieben, haben dann aber doch unabhängig voneinander allmählich vor dem Trend zur Großmeierei die Segel streichen müssen. Bald wird die Zeit kommen, in der man gar nicht mehr weiß, was diese wichtigen dörflichen Einrichtungen für eine Bedeutung hatten und wo sie gestanden haben. Sie teilen ihr Geschick mit so mancher längst verschwundenen und vergessenen Dorfschule. Es mag für die nachfolgenden Generationen nicht ohne Interesse sein, etwas über die Entwicklung unserer Meiereien und über die Männer, die sie beeinflußt haben, zu erfahren.

Meiereigenossenschaft Homfeld

Homfeld sei an den Anfang gestellt, denn diese Meierei ist zuerst gegründet und auch zuerst aufgelöst worden. Ihre maßgebenden Vertreter und 1. Vorsitzenden waren: Heinrich Heeschen, vermutlich von der Gründung bis zu seinem Tode 1912; Hans Ratjen von 1912-1916; Wilhelm Schwieger von 1916-1920; Claudius Heeschen von 1920-1924; Claus Kahlke von 1924-1936; Hans-Jacob Ratjen von 1936-1940, dann einberufen zum Kriegsdienst; „Amtmann" Schwarz, Bucken, von 1940-1946; Hans-Jacob Ratjen von 1946-1962. Vorsitzende vom Aufsichtsrat vor dem Kriege Ernst Rathjen, bis 1939; nach dem Kriege Friedrich Rathjen von 1946-1962 (Sohn von Ernst Rathjen und Traberzüchter).

Die Meierei ist in den ersten Jahren von unverheirateten Meieristen betrieben worden, denn im Meiereigebäude war zunächst keine Familienwohnung vorhanden. Man wollte möglichst wenig investieren und hat erst später eine Wohnung eingebaut. Der erste „Meierei-Inspektor" war Jürgen Boje. 1895 wurde dann Otto Carstens sein Nachfolger. Er ist Homfeld treu geblieben und hat 38 Jahre (!) sein Amt verwaltet. Ihm folgte 1933 Johannes Sievers, der in der gleichen Treue bis zur Auflösung der Genossenschaft 1962 die Meierei geleitet hat. Für die Betriebsleiter und das Dorf ein gutes Zeichen!

Die Meiereigenossenschaft war nicht groß. Sie umfaßte etwa 25 Mitglieder mit 260-280 Kühen. Zuletzt wurden ca. 1,2 Millionen Liter Milch angeliefert. Es wurde noch bis kurz vor dem Kriege mit dem sogen. „Holsteiner Butterfaß" gearbeitet. Das war ein Holzgefäß in Form eines abgestumpften Kegels. An einem senkrecht eingeführten Stab befand sich kurz über dem Boden eine durchlöcherte Scheibe, die zunächst mit Dampfmaschinen-, später mit Elektroantrieb zur Rotation gebracht wurde. Ein solches Faß konnte etwa 200 Liter Rahm aufnehmen. Die gewonnenen Fettkügelchen mußten dann in anstrengender Handarbeit auf einer schräg liegenden Platte ausgerollt und vom überflüssigen Wasser befreit werden. 25 Liter Rahm ergaben etwa 1 kg Butter. Die tägliche Leistung betrug etwa 130 kg.

Während der zweiten Kriegshälfte wurde der Betrieb stillgelegt und. Meiereiverwalter Sievers dienstverpflichtet. Erst am 1.4.1946 durfte man wieder beginnen, solange wurde die Milch nach Innien geliefert.

Nach einer Reihe von Jahren ergab es sich, daß die beiden größten Höfe (Hof Bucken und Hof Martha Ratjen) auf die Rücklieferung der Magermilch keinen Wert mehr legten und deshalb aus der Genossenschaft austreten wollten. Das war von nachhaltiger Bedeutung, denn ohne die Anlieferung dieser beiden Höfe wurde die Milchmenge zu gering, um den Betrieb rentabel gestalten zu können. Da auch der Raiffeisenverband in Kiel zur Konzentration drängte, mußte man sich wohl oder übel dazu entschließen, die Genossenschaft zu liquidieren und sich der Meierei Innien anzuschließen. 1962 war das Ende gekommen, nachdem am 9. Oktober 1961 eine außerordentliche Generalversammlung der Innier Genossenschaft der Verschmelzung beider Genossenschaften zugestimmt hatte.

Seit dem 1. Februar 1962 waren die Homfelder Genossenschafter Mitglieder der Meierei-Genossenschaft Innien. Hans-Jacob Ratjen wurde Vorstandsmitglied und Willi Reese, Homfeld, Aufsichtsratsmitglied in Innien. Für die Homfelder Mitglieder wurde eine Kapitalausschüttung von 42 DM pro Anteil beschlossen, insgesamt ein Betrag von 8232 DM.

Meierei-Genossenschaft Innien

Die Innier Genossenschafter gingen nach der Gründungssitzung zielstrebig ans Werk. In kurz aufeinanderfolgenden Versammlungen wurden die erforderlichen Beschlüsse zum Bau eines Meiereigebäudes mit Familienwohnung und zur Vergabe der Maurer- und Zimmererarbeiten an Zimmermeister H. Voß, Innien, sowie der Tischler- und Schlosserarbeiten an H. Voß und Johann Rohwer, Bünzen, gefaßt. Wenig später wurden der Bau eines Röhrenbrunnens durch eine Flensburger Firma und die Anschaffung einer dänischen Zentrifuge beschlossen. Die Innier Genossenschaft war demnach sofort eine Zentrifugen-Meierei.

Alles wurde zügig vorangetrieben, so daß man schon im Mai mit der Firma I.C.H. Schäfer in Altona einen Vertrag über die Lieferung von Butter vereinbaren konnte. Am Ende des Jahres forderte man einen Preis von 2,— DM über den höchsten Hamburger Börsenpreis, falls die Lieferung weiterhin erfolgen sollte. Eine solche Preisfestsetzung durch Verauktionierung in Hamburg behielt man bei. Alle 14 Tage kam ein sorgfältig poliertes, hölzernes Faß mit frischer Butter nach Hamburg, wurde dort verauktioniert, und damit war der Preis festgestellt. Meiereiverwalter oder Meiereihaushalter, wie man zunächst sagte, war von 1887-1903 Hermann Wolf.

Von den Genossenschaftern waren auch Hand- und Spanndienste zu leisten. So mußten die spannfähigen Mitglieder aus Innien den Transport der Rahm- und Butterlieferungen zur Bahn und der leeren Gefäße zurück besorgen, dafür die Böker und Bünzer den Transport von Steinkohlen und Eis. Die nicht spannfähigen Mitglieder sollten beim Eisabladen helfen. Der Betrieb der Meierei entwickelte sich gut. Schon 1894, also nach 8 Jahren, war die Schuldenlast amortisiert, und der Abzug für Unkosten konnte von 1 Pfennig auf 0,7 Pfennig pro Liter gesenkt werden. Im selben Jahr wurde der Bau eines neuen Eiskellers beschlossen und der erforderliche Bauplatz von T. Boye für den Preis von 45 Mark pro Quadratrute gekauft. Den Bauauftrag erhielt mit der Mindestforderung von 990 Goldmark der Zimmermeister I. Hein aus Böken.

Die Milch sämtlicher Mitglieder wurde einmal wöchentlich in Kiel auf ihren Fettgehalt untersucht. Anträge auf Auszahlung nach Fettgehalt wurden aber in den Generalversammlungen immer wieder abgelehnt. Als Mindestfettgehalt wurden 2,5 Prozent festgesetzt; wer das nicht erreichte, sollte ausgeschlossen werden.

Da der Fettgehalt bei der Auszahlung keine Rolle spielte, sondern nur die angelieferte Menge, kam es hin und wieder zu Milchfälschungen. Solche Vergehen wurden in der Weise geahndet, daß die Betreffenden ein Jahr hindurch keine Milch mehr anliefern durften und die Kosten der Untersuchung tragen mußten. Ein Bünzer Anlieferer wurde wegen fortgesetzten schweren Verdachts der Milchfälschung aus der Genossenschaft ausgeschlossen.

Ein bezeichnendes Licht auf die Unbekümmertheit, mit der man mit der Milch umging, wirft die nicht selten erhobene Klage des Meieristen über Fremdkörper in der Milch (Füllöffel!). Sie sollten 1897 mit der für den damaligen Geldwert nicht unerheblichen Strafe von 10 Mark geahndet werden. Der Gedanke der genossenschaftlichen Verwertung der Milch hatte sich allem Anschein nach bald erfolgreich durchgesetzt, denn immer mehr Landleute traten der Meiereigenossenschaft bei, so daß man schon zwei Jahre nach der Gründung auf der Generalversammlung vom 30. Dezember 1888 34 abstimmende Mitglieder zählte. Am 1. Oktober 1889 waren es 57 eingetragene Mitglieder und knapp 10 Jahre später, 1898, waren es sogar 91 Genossen aus den Dörfern Innien, Böken und Bünzen.

Der schon 1888 von dem Hufner Jochim Kaack aus Böken eingebrachte antigenossenschaftliche Antrag, die Genossenschaftsmeierei einem Pächter zu übertragen, wurde trotz Ablehnung zwar in einer dazu eingesetzten Kommission behandelt, aber doch nicht weiter verfolgt. Man bekannte sich zum Genossenschaftsgedanken!

Eine bedeutsame Angelegenheit war immer wieder die Bewältigung der Milchanfuhr. Es wurden zwei Milchwagen eingesetzt, der eine für Böken und der andere für Bünzen. Ab Mai 1888 wurde beschlossen, die Milchwagen zur Meierei in den Monaten April bis September zweimal und in den anderen Monaten einmal täglich fahren zu lassen. Für jedes Jahr wurde diese Anfuhr „zum öffentlichen Aufgebote gebracht". Die Bewerber unterboten sich gegenseitig, bis das niedrigste Angebot vorlag. Nach Ablauf einer einwöchigen Frist, während der noch niedrigere Angebote abgegeben werden konnten, wurde dann der Zuschlag vom Vorstand erteilt. Die Innier Bauern mußten ihre Milch selbst anliefern und vor dem Ankommen der Milchwagen abgefertigt sein. Zur Erleichterung und Beschleunigung der Anfuhr mußte jeder Anlieferer an dem Weg zu seinem Gehöft eine auf vier Pfählen ruhende Plattform in Wagenhöhe errichten (Milchbock), damit der Milchfahrer die darauf bereitgestellten Kannen, ohne vom Wagen zu steigen, aufladen bzw. die .zurückgebrachten Kannen mit Mager- und Buttermilch wieder absetzen konnte.

Für die ausgebauten Besitzer war dieser regelmäßige Milchfahrdienst in besonderen Ausnahmefällen eine schnelle und günstige Verbindung zu den Geschäften und zum Bahnhof in Innien, für die Fahrer hingegen, besonders in der Dunkelheit des frühen Wintermorgens und der zugeschneiten Wege, eine beschwerliche und nicht gerade großartig bezahlte Dienstleistung. Der alte Meiereiverwalter Hermann Wolf, der von Beginn an den Meiereibetrieb geleitet hatte, ist vermutlich aus Altersgründen ausgeschieden; 1904 übernahm als Nachfolger J. F. Schöning die Verwaltung der Meierei. 1906 wurde Reimer Witt, Vater des weithin bekannten späteren Bürgermeisters Fritz Witt, Innien, Vorsitzender des Vorstandes und leitete die Genossenschaft bis 1925.

Vor der Generalversammlung am 14.2.1908 reichte der Meiereiverwalter Schöning seine Kündigung zum 1. April ein, die ihm auch genehmigt wurde. Auf der schon am 3. März 1908 abgehaltenen neuen Generalversammlung konnte der Vorsitzende bekanntgeben, daß sich in dieser kurzen Zeit für die vakante Stelle 92 (!) Bewerber gemeldet hätten. Nach sorgfältiger Beratung des Vorstandes wurden vier davon zur engeren Wahl gestellt. Alle vier Bewerber stellten sich der Versammlung vor. Das Ergebnis der durch Stimmzettel vorgenommenen Wahl wies 30 von 44 Stimmen für Adolf Hansen auf, der damit gewählt war und am 1. 4. 1908 sein Amt übernahm. In diesem Jahr beschloß man auch, ab 15. November 1908 das Licht vom Innier Elektrizitätswerk zu nehmen. Zu dieser Zeit schon elektrisches Licht in einem dörflichen Betrieb zu haben, war fast eine Sensation.

Unter der sicheren Leitung des 1. Vorsitzenden und des neuen Verwalters ging der Betrieb in den nächsten Jahren unbehindert weiter. Auch der beginnende 1. Weltkrieg brachte keine Veränderung. Nur einzelne Angaben in den Protokollen lassen erkennen, daß viele Mitglieder und Einwohner die Heimat in Feindesland verteidigen und gar oft Not leiden mußten. Deshalb beschloß der Vorstand im November 1914, daß „sämtliche Krieger der Ortschaften Innien, Böken und Bünzen, die in Feindesland stehen, als Liebesgabe 1 Pfund Butter bekommen sollen".

Aus verschiedenen Beschlüssen wird deutlich, wie die Knappheit der Lebensmittel infolge der gegen Deutschland verhängten Blockade auch die bäuerliche Bevölkerung zu Verbrauchseinschränkungen zwang. So wurden die Mitglieder aufgefordert, den Kleinverkauf im Butterhandel einzuschränken und nur noch Entnahmen für den eigenen Verbrauch zu tätigen. Mit Ausnahme des Versands an Pfundpaketen für die Krieger sollte jedes Verschicken von Butter unterbleiben. Im weiteren Verlauf des Krieges machte sich die Knappheit der Nahrungsmittel auch in der Veränderung der Preisgestaltung bemerkbar. Mager- und Buttermilchpreise wurden erhöht, und der Meiereiverwalter erhielt eine Teuerungszulage. Die Last des Krieges wurde immer drückender empfunden, und 1917 wurde auch in den sonst so nüchternen Protokollaufzeichnungen der Wunsch nach baldiger Beendigung des Krieges vernehmbar. Wohl um der Spar- und Darlehnsgenossenschaft in den Notzeiten zu helfen und dem bewährten Meiereiverwalter eine zusätzliche Einnahme zu verschaffen, wurde ihm gestattet, nebenamtlich die Geschäfte eines Rendanten der Spar- und Darlehnskasse in den Räumen seiner Wohnung zu versehen.

1921 wird das monatliche Gehalt von Adolf Hansen auf 1000 Mark festgesetzt und der Preis für Vollmilch auf 2,50 Mark, für Magermilch auf 0,96 und für Buttermilch auf 1,— Mark. Die Not der Geldentwertung machte sich bemerkbar. Ein Antrag des Landrats an alle Meiereien, eine Milchverbilligung für bedürftige Volksschichten zu beschließen, wurde abgelehnt und nur eine Verbilligung für bedürftige hiesige Einwohner festgesetzt.

Die Geldentwertung wuchs immer mehr und wurde 1923 so groß, daß die Papiermark fast kein Wertmaßstab mehr war und daher das monatliche Gehalt für die Arbeit des Vorsitzenden auf den Wert von einem Pfund Butter festgesetzt wurde. Der Meiereiverwalter erhielt 2 Prozent der Bruttoeinnahme und mußte davon auch das Personal bezahlen.

Immer wieder wurde eine Bezahlung der Milch nach Fettgehalt abgelehnt. 1925 übernahm als Nachfolger seines Vaters Fritz Witt die Leitung der Meiereigenossenschaft. 1926 wurde das Gehalt des Verwalters nach der inzwischen erfolgten Einführung der Rentenmark auf 11/2 Prozent der Bruttoeinnahmen festgesetzt und ihm zu seiner Silberhochzeit ein Geschenk von 100 DM gemacht.

Der genossenschaftliche Zusammenschluß zur maschinellen Verarbeitung der Milch hatte sich im Laufe des damals schon 40jährigen Bestehens so sehr gefestigt, daß ein Protokoll von 1928 eine Anwesenheit von 65 stimmberechtigten Personen verzeichnen konnte. Das Milchgeld sollte weiterhin bar ausgezahlt und Vorschuß nicht gegeben werden. Das Geld in der Landwirtschaft wurde knapper. Anscheinend wurde in Anbetracht dieser Lage eine Tarifsache Anlaß zu Auseinandersetzungen zwischen dem Vorsitzenden und dem Verwalter, die ein Kündigungsschreiben von Adolf Hansen an den Vorstand zur Folge hatten. Eine außerordentliche Generalversammlung stellte ihm aber mit 44:5 Stimmen bei 2 Enthaltungen das Vertrauen aus, das nach einem Jahr durch ein Abstimmungsergebnis von 59:2 Stimmen erneut bestätigt wurde. Daraufhin legte Fritz Witt sein Amt nieder, und Hans P r i e s wurde Nachfolger. Er hat das Amt 11 Jahre wahrgenommen, und unter seiner Leitung hat sich die Genossenschaft stetig erweitert, so daß im Februar 1932 sogar 73 stimmberechtigte Mitglieder auf der Generalversammlung gezählt werden konnten.

1936 machte sich die autoritäre Regierungsform der nationalsozialistischen Herrschaft auch in der Genossenschaft bemerkbar, indem der Geschäftsführer des nationalsozialistischen Milchversorgungsverbandes anordnete, die Milchanfuhr habe ab 1. 7. 1936 auf Kosten der einzelnen Genossen zu erfolgen. Gegen diese Anordnung wurde aber sofort mit Erfolg Beschwerde eingelegt.

Zu Beginn des 2. Weltkrieges legt Adolf Hansen aus Altersgründen sein Amt nieder, und Hans Paulsen wurde nach dem Vokabular der damaligen Zeit „Meiereibetriebsleiter". Während bisher stets der Vorsitzende des Vorstandes die Generalversammlungen geleitet hatte, wurde ab 1936 diese Tätigkeit von dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats wahrgenommen, das war zu dieser Zeit Hinrich Glindemann, Innien, der das Amt bis 1939 innehatte und sich dann nicht mehr zur Wiederwahl stellte, weil er seinen Besitz abgeben wollte. Nachfolger als Vorsitzender des Aufsichtsrats wurde Hermann Carstens, Böken. Er führte das Amt mit kurzen Unterbrechungen 20 Jahre bis 1959. Mit seiner Person und den zu seiner Zeit aufeinander folgenden Vorsitzenden des Vorstandes Wilhelm Pries, Heinrich und Hans Butenschön standen erfahrene und bewährte Männer an der Spitze der Genossenschaft.

Daß auch der Betriebsleiter Hans Paulsen ein befähigter Mann war, wird deutlich in dem Lob für vorzügliche Betriebsleitung, das der Oberprüfer des Genossenschaftsverbandes 1953 über ihn aussprach. 1954 geschah die Umwandlung der Genossenschaft in eine solche mit „beschränkter" Haftpflicht, und am 9. Oktober 1961 wurde auf einer außerordentlichen Generalversammlung der Beschluß zur Verschmelzung der Genossenschaft Innien mit der Meiereigenossenschaft Homfeld gefaßt. Seit dem 1. Februar 1962 waren die Homfelder Genossenschafter Mitglieder der Genossenschaft in Innien. Hans Jacob Ratjen, Homfeld, wurde Vorstandsmitglied und Willi Reese, Homfeld, Mitglied des Aufsichtsrats.

Für die Homfelder Mitglieder wurde eine Kapitalausschüttung von 42 DM pro Anteil beschlossen, insgesamt ein Betrag von 8232 DM. Bald darauf beschloß man die Anschaffung von zwei motorisierten Milchsammelwagen und den Verkauf der alten Milchwagen.

Ab 1966 erhielten alle Mitglieder, die im Jahresdurchschnitt 20 Punkte erreicht hatten, als Leistungsanerkennung einen silbernen Löffel.

Im Mai 1970 schied der langjährige, angesehene 1. Vorsitzende Hans Behrens, Auhof, nachdem er seinen Hof an seinen Sohn übergeben hatte, aus seinem Amt. Für seine Verdienste erhielt er vom Genossenschaftsverband eine Ehrenurkunde und vom Raiffeisenverband eine Goldmünze. Sein Nachfolger wurde der erfahrene und umsichtige Landwirt Heinrich Möller, Innien, und 2. Vorsitzender Hans Dieter Behm, Homfeld, Enkel der verstorbenen Martha Ratjen, Eigentümerin des nach ihr benannten Martha-Ratjen-Hofes.

Zugleich schied auch Otto Struve, Böken, als Vorsitzender des Aufsichtsrates aus. Er hatte das Amt über 10 Jahre gewissenhaft verwaltet und wurde dafür durch eine Ehrenurkunde ausgezeichnet. Sein Amt übernahm der junge Thies Rohwer, Viertshöhe.

Im November 1971 fand eine außerordentliche Mitgliederversammlung statt, um die Frage der Liquidierung zu erörtern. Zur Beratung der Mitglieder waren Oberprüfer Großmann vom Raiffeisenverband und Dr. Busch von der Landesvereinigung geladen. Es hatte sich innerhalb der Genossenschaft die Vorstellung entwickelt, daß es nach der Gründung des großen, modernen Butterwerks „Nordbutter" in Hohenwestedt, also in unmittelbarer Nähe des Aukrugs, ratsamer sei, dem allgemeinen Trend zu Großbetrieben zu folgen, um eine noch bessere Preisgestaltung zu erreichen. Da auch die zu der außerordentlichen Versammlung geladenen Fachleute einer Liquidierung der Genossenschaft und einem Anschluß an einen Großbetrieb das Wort redeten, glaubte man, den Schritt tun zu sollen, den Meiereibetrieb aufzulösen und den Mitgliedern freie Hand zu lassen, sich günstigen Großmeiereien anzuschließen. Am 18. November 1971 faßte eine außerordentliche Mitgliederversammlung im Bahnhofshotel einstimmig den Beschluß, den Betrieb der Meiereigenossenschaft Innien zum 30. 11. 1971 stillzulegen.

Heinrich Möller, Innien, Hans Carstens, Böken, Max Stange, Bünzen, und Hans Dieter Behm, Homfeld, wurden einstimmig zu Liquidatoren gewählt.

Knapp 2 Jahre später, am 23.8.1973, fand im Gasthof Aukrug-Tivoli die ordentliche Mitglieder- und Schlußversammlung der „Meiereigenossenschaft eGmbH in Liquidation zu Innien" statt. Schlußbilanz und Schlußabrechnung wurden genehmigt und den Liquidatoren und dem Aufsichtsrat Entlastung erteilt.

Eine fast 90jährige genossenschaftliche Milchverarbeitung und -verwertung in den Aukrugdörfern Innien, Böken, Bünzen und Homfeld hatte damit ihr Ende gefunden. Nur die Meierei Bargfeld war nun noch in Betrieb.

Es waren große Milchmengen zu verarbeiten gewesen, die im Laufe der Jahre eine ständige Steigerung zu verzeichnen gehabt hatten. So weisen die Geschäftsberichte 1926 eine angelieferte Milchmenge von 1 414 544 1 mit Cp 3,33 Prozent Fettgehalt, 1961 (also vor Anschluß Homfelds) von 2 501 946 kg mit 0 3,66 Prozent Fettgehalt, 1970 von 4 454 086 kg mit 0 3,76 Prozent Fettgehalt aus.

Ausgezahlt wurden 1926 pro Liter 14,2 Pf, 1961 pro kg 32,89 Pf, 1970 pro kg 34,07 Pf. Der Kuhbestand wies 1927 560 Stück à 2754 1 Milchleistung, 1961 743 Stück à 3367 kg, 1970 1044 Stück à 4266 kg Milchleistung auf.

Der Umsatz betrug 1926 199 036 Mark, 1961 709 508 DM, 1970 1 540 856 DM. Aber nicht nur Milchqualitäten und -quantitäten sowie ihre finanzielle Nutzanwendung seien zum Abschluß der Darstellung über die Innier Meierei angefügt, sondern mit besonderem Bedacht sei die Liste der Männer angefügt, die mit ihrem Namen und mit ihrem Einsatz im Laufe von fast 9 Jahrzehnten die Geschicke der Genossenschaft präsentiert und gelenkt haben. Sie haben alle nach den Maßgaben ihrer Zeit den wirtschaftlichen Belangen ihrer Berufskollegen wie auch der Versorgung der Bevölkerung gedient.

1. Vorsitzende des Vorstandes:

  • 1886-1888 Hans Ratjen, Innien, vom Boye-Ratjen-Hof
  • 1888-1889 Hans Jargstorff, Innien, Vollhufner
  • 1889-1890 Joachim Wittorf, Innien, Pächter der ehemals Schneede-Thunschen Stelle; 1897 an den Setzwirt Hans Boye
  • 1890-1897 Claus Rohweder, Innien, Vollhufner, parzelliert; Reststelle Familie Pries
  • 1897-1906 Hans Boye, Innien, Setzwirt
  • 1906-1925 Reimer Witt, Innien, Kätner und Schmied, eingeheiratet in die Schmiede von Heinrich Ibs, seit 1902 nur Landwirt
  • 1925-1930 Fritz Witt, Innien, Sohn und Nachfolger; nach dem 2. Weltkrieg Bürgermeister
  • 1930-1941 Hans Pries, Innien, Großvater des letzten Eigentümers der dann verparzellierten Stelle
  • 1941-1944 Wilhelm Pries, Innien, Vater des letzten Eigentümers
  • 1944-1946 Heinrich Butenschön, Kätner, Sohn des Mitbegründers und Vater von Claus Butenschön
  • 1946-1959 Hans Butenschön, Innien, Kätner, Sohn des Rademachers Claus Butenschön
  • 1959-1970 Hans Behrens, Innien, „Behrens-Auhof", Sohn des Kornhändlers Johannes Behrens
  • 1970-1973 Heinrich Möller, Innien, auf dem Besitz Jargstorff-Glindemann.

1. Vorsitzende des Aufsichtsrates: Das Amt des 1. Vorsitzenden des Aufsichtsrats erhielt dadurch eine gewisse Aufwertung, als ab 1936 der Aufsichtsratsvorsitzende die Mitgliederversammlungen zu leiten hatte. Nun werden die Namen auch in den Protokollen erwähnt.

  • 1933-1939 Hinrich Glindemann, Innien
  • 1939-1949 Hermann Carstens und Johannes Reimers, Böken. Johs. Reimers war Kätner, Imkermeister, Gemeinde- und Amtsvorsteher, bedeutende Persönlichkeit des Aukrugs
  • 1949-1958 Hermann Carstens, Böken, Landwirt und Gastwirt, Amtmann, angesehene, allseits bekannte Persönlichkeit
  • 1958-1970 Otto Struve, Böken, Landwirt
  • 1970-1973 Thies Rohwer, Viertshöhe, Landwirt.

Reihenfolge der Meiereiverwalter:

  • 1887-1903 Hermann Wolf
  • 1903-1908 I. F. Schöning
  • 1908-1939 Adolf Hansen
  • 1939-1971 Hans Paulsen.

Meiereigenossenschaft Bargfeld

Die Neue Meierei-Genossenschaft Bargfeld besaß die längste Lebenskraft. Das ist wohl gewiß auf die Absatzmöglichkeit an die Lungenheilstätte Tönsheide der LVA in unmittelbarer Nachbarschaft des Dorfes zurückzuführen. Die Genossenschaft war nicht sehr groß. Vom Januar 1893 liegt eine sehr aufschlußreiche Liste über die Mitglieder und ihre Kuhzahl vor, die einen Blick tun läßt in den Viehbestand der damaligen Zeit. Sie sei hier deshalb wiedergegeben:

Nr. Name Bemerkung Kühe
Nr. 1 Peter Giersberg (Wiedenborstel) 12
Nr. 2 Göpel (Wiedenborstel) 8
Nr. 3 H. Harder (Bargfeld) 9
Nr. 4 I. Harder 10
Nr. 5 I. Harms 17
Nr. 6 I. Jargstorff 7
Nr. 7 H. Karstens 9
Nr. 8 I. Lohse (Lehrer) 2
Nr. 9 T. Mehrens (Altenteiler) 2
Nr. 10 Cl. Rehder 10
Nr. 11 D. Rathjen 14
Nr. 12 W. Rathjen 16
Nr. 13 H. Rathjen 4
Nr. 14 H. Stender 2
Nr. 15 Cl. Stammer 2
Nr. 16 P. Törper 2
Nr. 17 H. Thun (Wiedenborstel) 11
Nr. 18 Wwe. L. Taube (Wiedenborstel) 18
Nr. 19 Chr. Hingst 12
Gesamt 167


Es fällt auf, daß die Zahl der Milchkühe auf den einzelnen Höfen, gemessen an den gegenwärtigen Verhältnissen, sehr gering ist, und man kann hinzufügen, daß auch die Milchquantität wie Milchqualität (Fettgehalt) nicht mit den gegenwärtigen Verhältnissen konkurrieren konnte. Die Zahl der Kühe ist im Laufe der Zeit auf 380 gestiegen, und es war noch 1960 so, daß 20 Bauern nicht mehr Milch anlieferten als zum Schluß 7.

Da nach der mündlichen Überlieferung in den ersten Jahren Frauen den Meiereibetrieb versahen, ist anzunehmen, daß zunächst noch nach dem sogenannten „Sattenverfahren" gearbeitet worden ist. Dann kam als Meierist Emil Ladehoff, 1905, der zunächst bei Johann Harder gewohnt hat, bis 1913 für den Meieristen eine Familienwohnung eingerichtet wurde. Der erste Betriebsleiter der Meierei war in seltener Betriebstreue von 1905 bis 1948 tätig.

Das für einen Meiereibetrieb so wichtige Wasser nahm man zunächst aus der Tönsbek, dann vom „Kleve", einem Geländeabhang auf der Feldmark von Hans Carstens, aber das Wasser genügte den Ansprüchen nicht. Man benutzte schließlich einen 13 m tiefen Brunnen im Garten der Meierei. Auch in Bargfeld waren die Mitglieder zu Hand- und Spanndiensten verpflichtet gewesen. 1912 beschloß man, diese Leistung zu verdingen und das Steinkohlefahren für 10 Pf pro Zentner an Johs. Ratjen sen. und das Butterfahren für 1,20 Mark pro Fuhre an Detlef Ratjen bis zum 1. 3. 1913 zu vergeben.

1927 wurde beschlossen, daß jeder Interessent von 16 Liter Milch mit 3,3 Prozent Fettgehalt ein Pfund Butter zurückerhalten konnte.

1928 wurde die Untersuchung der Milch in der Meierei mit einer Untersuchungszentrifuge beschlossen und Johannes Stender als Milchkontrolleur angestellt.

1930 wurde die Landesversicherungsanstalt als Besitzer des landwirtschaftlichen Betriebes „Annenhof" in die Genossenschaft aufgenommen.

1932 wurde beschlossen, schon auf 14 Liter 3,3 prozentige Milch ein Pfund Butter für Interessenten zurückzugeben, und zwei Jahre später dazu, daß der Kühl- und Aufbewahrungsraum für verarbeitete Butter den Interessenten unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden dürfe, dafür mußten sie als Gegenleistung die Anfuhr des Eises übernehmen.

1934 wurde Johann Harder zum 1. Vorsitzenden gewählt.

1935 wurde beschlossen, einen Teil des Eiskellers zu einem Butteraufbewahrungsraum auszubauen.

Auch in der Meierei Bargfeld wirkte sich die durch die Machtübernahme des Nationalsozialismus gegebene autoritäre Regierungsweise aus. So wurden neue Satzungen verfügt, die aber sogleich einstimmig abgelehnt wurden. Ebenso wurde zum Beitritt zur Vereinigung der Milchprüfringe des Milchwirtschaftsverbandes Nordmark aufgefordert, aber eine außerordentliche Mitgliederversammlung lehnte auch das ab.

1935 wurde von der „Nordmark" eine Verordnung zur Aufhebung des Werkvertrages bezüglich der Rückgabe von Butter an die Milchlieferanten erlassen. Die Durchführung dieser Verordnung wurde ebenfalls abgelehnt. Man war mit erstaunlicher Zivilcourage nicht bereit, sich ohne Widerspruch den Verordnungen von „oben", die das freie Selbstbestimmungsrecht der Genossenschaft berührten, zu fügen.

Aber der Widerstand nützte nicht viel. Im September 1936 mußte der Aufhebung des Werkvertrages zugestimmt werden.

Ein Jahr später griff der Milchwirtschaftsverband wiederum in die Geschicke der Meierei ein und stellte die Auflösung der Genossenschaft in Aussicht. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung vom August 1937 lehnte einstimmig eine Auflösung ab, beschloß aber sogleich die Neuanschaffung von Maschinen und einen Umbau der Meierei bis zu einem Betrage von 20 000 RM. Diese schnelle Reaktion hatte es wohl bewirkt, daß man in Verhandlungen mit dem Verband die beabsichtigte Auflösung endgültig verhindern konnte.


Eine außerordentliche Generalversammlung faßte am 22. April 1938 im Beisein maßgebender Vertreter der Milchwirtschaft, der technischen Prüfungs- und Überwachungsstelle und des Genossenschaftsverbandes wichtige Beschlüsse, die die fernere Entwicklung der Meierei Bargfeld bestimmen sollten. Anwesend waren die folgenden 14 Mitglieder: Hans Behrens, Johannes Stender, Hermann Ratjen, Rudolf Ratjen, Wilhelm Rathjen, Johannes Harder, Willi Voß, Werner Rathke, Johann Harder, Eggert Rohwer, Claus Harms, Christian Carstens, Friedrich Harms und Hans Voß (LVA „Annenhof").

Man beschloß auf Vorschlag der Technischen Prüfungs- und Überwachungsstelle ein Bauvorhaben von insgesamt 30 100 RM durchzuführen (23 600 für Maschinen und 6500 für Baukosten). Vom Milchwirtschaftsverband wurde bekanntgegeben, daß eine ursprünglich in Aussicht genommene Zusammenlegung der Meiereien Innien, Bargfeld und Homfeld nicht mehr erfolge, vielmehr den einzelnen Betrieben, wenn die Voraussetzungen dafür geschaffen würden, die Baugenehmigung zum Ausbau gegeben werden sollte.

Finanzierungsplan:
Baukosten 30100,— RM
noch vorhandene Schulden 1 900,— RM
aufzubringen 32 000,— RM
Anleihe bei 950 000 kg Anlieferung und achtjähriger Tilgung 20 000,— RM
erforderliches Eigenkapital 11 900,— RM
bei einer Kuhzahl von 380 und Geschäftsanteilen von 30 M pro Kuh 11 400,— RM
Rest aus Betriebsüberschüssen zu erwirtschaften 500,— RM

Damit war der Fortbestand der Bargfelder Meierei gesichert. Bald darauf wurde der Anschluß der Betriebe aus Bünzerfeld, Frahm, Hell und Horstmann, bei Vergütung der Anfuhr von 1/2 Pfennig pro kg Milch genehmigt, ebenfalls der Ab-Hof-Verkauf der Bünzer Anlieferer an die dortigen Einwohner.

Anscheinend unbehelligt von dem inzwischen ausgebrochenen 2. Weltkrieg ging der Betrieb der Meierei weiter, ja man beschloß sogar 1941 die Beschaffung eines Butterfertigers und Rahmreifers.

Im Laufe des Jahres 1944 allerdings wurde infolge Kohlenmangels die Meierei stillgelegt und die Milch zur Innier Meierei gebracht. Aber schon im März 1945 beschloß man die Wiederaufnahme der Tätigkeit ohne Kohlenzuteilung, indem man den Brennstoffbedarf aus eigener Kraft regelte. Die Mitglieder kamen überein, daß für 10 000 1 Milch ein Fuder Torf oder 11/2 rm Holz angeliefert werden mußte.

1948 trat der alte, bewährte Betriebsleiter Ladehoff nach 43 Dienstjahren in den verdienten Ruhestand, und Heinz Steffen , Sohn des Schmiedemeisters Steffen in Bargfeld, wurde zu seinem Nachfolger gewählt. Man betrieb nun mit allem Nachdruck die Verbesserung der Betriebseinrichtungen, um endlich zu einer vollen Leistungsfähigkeit zu kommen, und wollte im Winter evtl. Magermilch und Butter zukaufen, um die Lungenheilstätte Tönsheide voll versorgen zu können.

1952 schied Johann Harder aus seinem Amt als 1. Vorsitzender des Vorstandes, das er 18 Jahre mit sicherer Hand und vollem Einsatz verwaltet hatte. Hans Behrens wurde durch Zuruf zu seinem Nachfolger ausersehen.

1956 gab dann Betriebsleiter Heinz Steffen seine Stelle in Bargfeld auf, und Heinrich Asmus wurde einstimmig zu seinem Nachfolger gewählt. Einige Jahre später beschloß man noch einmal einen Umbau für 15 000 DM.

1964 verstarb Hermann Ratjen, langjähriger Vorsitzender des Aufsichtsrats. In der nächsten Mitgliederversammlung wurde seiner ehrend gedacht und Ernst-Wilhelm Rathjen zu seinem Nachfolger gewählt.

1972 traten bedeutsame personelle Veränderungen ein. Es starb Claus Harms, der 20 Jahre dem Vorstand angehört hatte. Hans Behrens legte aus Altersgründen sein Amt als 1. Vorsitzender nieder. Er hatte von 1944 bis 1972 dem Vorstand angehört und war 20 Jahre sein 1. Vorsitzender gewesen. Werner Radtke, der von 1946 bis 1972 dem Vorstand angehört hatte, davon die letzten 6 Jahre als stellvertretender Vorsitzender, trat ebenfalls von seinem Amte zurück.

Beide erhielten für ihre Verdienste eine Urkunde vom Raiffeisenverband und die Raiffeisennadel in Gold. Zum 1. Vorsitzenden wurde Hans Carstens gewählt und Wilfried Voß zu seinem Stellvertreter.

1975 wurde noch die Umstellung auf Ölfeuerung durchgeführt, und am 12. November 1976 feierte man im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im Gasthof „Aukrug-Tivoli" in Aukrug-Innien mit Angehörigen und einigen Gästen das 90jährige Bestehen der Meierei mit einem Essen.

Im Laufe des Jahres 1977 ergab es sich, daß die Zahl der anliefernden Landwirte zurückging und die Milchmenge nicht mehr gesteigert werden konnte. Bei wachsenden Unkosten würde der Auszahlungssatz größerer Meiereien in der näheren Umgebung (Wasbek, Neumünster, Butterwerk Hohenwestedt) nicht mehr zu erreichen sein. So kam es am 9.12.1977 zu der entscheidenden außerordentlichen Mitgliederversammlung in „Hanßen's Gasthaus", in der über Weiterführung oder Auflösung entschieden werden sollte. Anwesend waren die 10 Mitglieder und als Gäste, wie bei solchen entscheidenden Beschlüssen üblich, ein Vertreter des Raiffeisenverbandes, Dr. Bauch, und der Verbandsprüfer Boysen. In der Aussprache kamen alle Mitglieder zu der Auffassung, daß der Zeitpunkt der Auflösung gekommen sei, und die Versammlung beschloß einstimmig, den Betrieb der Meierei zum 31.12.1977 einzustellen. Die drei Vorstandsmitglieder Hans Carstens, Hermann Behr und Gerd Heine wurden zu Liquidatoren bestimmt. Der bewährte und geschätzte Betriebsleiter Heinrich Asmus konnte zum 1. 1. 1978 eine seinem Fachgebiet entsprechende Anstellung in der Zentrale des Raiffeisenverbandes in Kiel antreten.

Die vor 100 Jahren in der schleswig-holsteinischen Milchwirtschaft eingesetzte Entwicklung zur genossenschaftlichen Zentrifugenmeierei hatte auch bald die Aukrug-Dörfer erfaßt und hier 90 Jahre hindurch, allen Stürmen der Zeit trotzend, eine moderne und erfolgreiche Milchverarbeitung ermöglicht.

Mit dem Verschwinden der dörflichen Meiereien geht eine Epoche landwirtschaftlicher Entwicklung zu Ende. Der Trend zum Großbetrieb hat gesiegt.

Kann das auch eines Tages unsere bäuerlichen Familienbetriebe erfassen?

1. Vorsitzende des Vorstandes:

  • Johann Jargstorff bis 1914
  • Johannes Jargstorff 1914-1934
  • Johann Harder 1934-1952
  • Hans Behrens 1952-1972
  • Hans Carstens 1972 bis zum Schluß.

c) Das Trabergestüt „Helenenhof" heute

Über die Entstehung des Gestüts in Bünzen hat Georg Reimer schon seinerzeit ausführlich berichtet (S. 143). Die Chronistenpflicht gebietet es, die weitere Entwicklung dieses bedeutsamen Unternehmens bis in die Gegenwart kurz aufzuzeigen.

Das Trabergestüt „Helenenhof" von Bernhard Frahm hat seinen Entwicklungsgang in den letzten 20 Jahren erfolgreich fortsetzen können. Im „Album des Trabrennsports 1977" wird das Züchterchampionat von 1947 bis 1977 aufgeführt. In diesen 30 Jahren ist das Gestüt „Helenenhof" 14mal Sieger und Bernhard Frahm der erfolgreichste Züchter im deutschen Trabrennsport. Die im Frahm'schen Gestüt gezüchteten Traber haben bisher die größte Gewinnsumme erbracht, die je auf deutschen Rennbahnen erzielt worden ist, im Laufe der letzten 25 Jahre ca. 15 Millionen DM!

Trotzdem bleibt die Traberzucht ein sehr empfindliches Geschäft, denn kein Züchter kann mit Sicherheit voraussehen, in welchem Maße die Produkte seiner Züchtungen auf der Rennbahn einschlagen und die erforderlichen Gewinnchancen besitzen werden. Erst wenn sich bewährte Blutlinien herausgebildet haben, ist mit gewinnbringenden Verkaufserlösen zu rechnen.

Voraussetzung für eine hochwertige Zucht sind erstklassige Hengste. Die sind aber so teuer, daß sie von einem bäuerlichen Gestüt kaum erworben werden können; man muß sich mit Pachthengsten begnügen. Für eine leistungsfähige Zucht im Frahm'schen Gestüt kommen französische, amerikanische und eigene Hengste von dem erfolgreichen „Bibijunge" in Frage. 1977 deckten auf dem Gestüt „Helenenhof" die amerikanischen Hengste Missile Speed mit einer Rennleistung von 1:14,3 und der Hengst Ballon Rouge mit 1:17,4.

Frahms „Helenenhof" ist das einzige bäuerliche Gestüt dieser Größenordnung in Deutschland, das laufend zu den erfolgreichsten zählt. Produkte, die hier geboren wurden, haben auf den Rennbahnen so hohe Gewinne gebracht, wie die selbst mit den Galoppern nicht erreicht worden sind.

Grundüberlegung von Bernhard Frahm ist es, bodenständig zu züchten. 11/zjährig kommen die Traberpferde ins Training. Haben die Mütter sich bewährt, wird das Pferd verkauft und nach Beendigung der Rennzeit wieder zurückgegeben. Das wird gleich im Kaufvertrag festgelegt. Die Blutlinien von „Bibijunge" und „Bünzer Mädel" zählen zu den besten Blutlinien Deutschlands.

In der Fachwelt hat sich das Gestüt Helenenhof einen Namen gemacht als zielbewußter Wegweiser für eine Qualitätsverbesserung in der Zucht, und zwar in Hinsicht auf die technische Besamung. In Zusammenarbeit mit den Tierärzten Dr. Allmeling und Dr. Köhler, Wahlstedt, unternahm man Studienfahrten nach Skandinavien, befragte namhafte Fachleute in Deutschland und schuf die Voraussetzungen, um für die Decksaison 1975 technische Besamungen vornehmen zu können. Im Helenenhof liegen die ersten Erfolge bereits vor. Das Gestüt mußte diesen Weg, der in Skandinavien und den USA schon mit größtem Erfolg beschritten worden war, auch wählen, um den vielen gemeldeten Stuten eine optimale Bedeckung zu gewähren.

In Frahms Eigenbesitz befinden sich an Mutterstuten, Jährlingen und Fohlen etwa 70 bis 80 Pferde, davon 25 Mutterstuten.

Bisher wurden die Jährlinge ohne Rennerfahrung verkauft. Jetzt aber, nachdem auf dem Gestüt zwei Trainingsbahnen von 800 und 1200 m erbaut worden sind, die den Maßen der wirklichen Rennbahnen entsprechen, entsteht ein eigenes Trainingszentrum. Die beiden Söhne, Dierk und Folker Frahm, inzwischen gelernte Trainer, können dann mit selbst trainierten Pferden an Rennen teilnehmen, eine nicht unbedeutende Erweiterung der geschäftlichen Möglichkeiten. Insgesamt sind ca. 150 Pferde auf dem Betrieb. Einige 70 sind Pensionspferde oder fremde Pferde im Training.

Die Haupterwerbsquellen dieses Gestüts sind in erster Linie der Verkauf wertvoller Pferde, sodann die Zuchtprämien und schließlich in zunehmendem Maße die Pensionshaltung. Der Verkauf geht vornehmlich nach Bayern, Hamburg und Westdeutschland. Die ganze Zucht wird ausschließlich auf den Rennsport zugeschnitten. Für andere wirtschaftliche Zwecke findet sie keine Verwendung. Das Frahm'sche Trabergestüt „Helenenhof" hat in Deutschland einen anerkannten Ruf und ist für den Aukrug ein Unternehmen besonderer Art, das viele Fachleute, Pferdeliebhaber und Käufer anzieht. Das um so mehr, als Frau Frahm in dem großen, stattlichen Wohnhaus eine gut ausgestattete Ferien-Pension mit 20 Betten und Vollpension eingerichtet hat. Für Liebhaber von Pferden und bäuerlicher Landwirtschaft gewiß ein anziehender Erholungsaufenthalt. Die weiten Flächen des jetzt etwa 150 ha umfassenden Besitzes werden zum großen Teil als Weide für die Traber und für rund 100 Stück Rindvieh zum Gräsen gebraucht. Die restlichen Flächen werden landwirtschaftlich zur Hafer-, Heu- und Strohgewinnung für die Fütterung genutzt.