Archiv:Aukrug nach dem Zusammenbruch von 1945

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Aukrug nach dem Zusammenbruch von 1945

a) Flüchtlingsnot

Dann war das Ende da. Englische Truppen zogen im Mai in die Dörfer des Aukrugs. Der Traum vom „Großdeutschen Reich" war ausgeträumt. Nun mußten Männer gefunden werden, die in der Lage waren, die Bürger vor Übergriffen der Besatzungstruppe zu schützen, und im Einverständnis mit der englischen Militärregierung eine neue Ordnung aufzurichten. Und solche Männer fanden sich. Der Kaufmann Richard Braasch in Innien war schon seit Ende der zwanziger Jahre Bürgermeister und blieb auch nach dem Zusammenbruch im Amt und mit ihm sein Stellvertreter Otto Struve, während der gesamte Gemeinderat von der Militärregierung abgesetzt wurde. Richard Braasch bekam den Auftrag, neue Gemeindevertreter zu bestellen und nahm als „Unparteiliche" den Bauern Hans Butenschön und den Arbeiter August Waltemathe beratend hinzu. Es wurden demzufolge folgende Gemeinderäte unter dem 28. Juli 1945 berufen:

  1. Bauer Heinrich Butenschön
  2. Ortsbauernvorsteher Fritz Witt
  3. Schmiedemeister Heinrich Strauß
  4. Händler Hans Lohse
  5. Arbeiter Karl Rieper
  6. Landarbeiter August Waltemathe.

So wie in Innien haben sich auch in den anderen Dörfern Männer gefunden, die unbeirrt von den gewaltigen Veränderungen um sich her die Haushalte beraten und beschlossen und ihre Gemeinden nach den Einsichten gesunder, vernünftiger Überlegungen ruhig und sicher geführt haben. Als Kennzeichen der veränderten Zeit und der vollständigen deutschen Niederlage kam dann der Strom der Flüchtlinge auch in den Aukrug. Schon im Oktober 1945 wurde Max Tumat aus Memel als Flüchtlingsberater bestellt. Eine Wohnungskommission, bestehend aus Heinrich Strauß, Karl Rieper und Max Tumat, sollte die schwierige Unterbringungsfrage bewältigen. Ende Dezember 1945 legte Otto Struve sein Amt als stellvertretender Bürgermeister nieder und Ende Januar 1946 Richard Braasch sein Amt als Bürgermeister. Fritz Witt wurde Bürgermeister und Heinrich Strauß sein Stellvertreter; Marie Gloy wurde als weibliches Mitglied in die Wohnungskommission und der später in Innien allseits bekannte Richard Lüdtke als Flüchtling aus Pommern in den Flüchtlingsausschuß berufen.

Schon im Oktober 1946 wurde Fritz Witt als Bürgermeister wieder abgesetzt und Heinrich Strauß sein Nachfolger. Da noch kein aus dem Willen des deutschen Volkes gebildetes Staatsgefüge mit eigener Machtvollkommenheit vorhanden war, regierte die Militärregierung willkürlich. Der Amts- und Gemeindeverwaltung Innien stand ab Dezember 1945 in dem ehemaligen Marineoffizier Hermann Bennecke, der als Gemeindesekretär eingestellt wurde, eine gewissenhafte, tüchtige Kraft zur Seite, um den vielgestaltigen Verwaltungs- und Schriftverkehr zu erledigen. Allmählich begann sich das Leben in den Aukrug-Gemeinden wieder zu normalisieren. Bedrückende Wohnungsnot war noch lange vorhanden und brachte verständlichermaßen Unwillen und Unzufriedenheit. Es fehlte an Möbeln, die erst nach schwierig zu erreichenden Holzzuweisungen hergestellt werden konnten. Groß war auch die Schulnot. Eine mehr als doppelt so große Schülerzahl sollte in den vorhandenen Räumen unterrichtet werden. Schichtunterricht wurde zur Regel, und trotzdem waren die Klassen überfüllt.

b) Beginn des Aufbaues

Aber alle Beschränkungen wurden ertragen, und jeder freute sich mit, wenn wieder einer der mehrere aus der Kriegsgefangenschaft zurückkamen und Heimkehrer nun fern von der Heimat hier ihre Angehörigen wiederfanden. Die Flüchtlinge wurden in die Gemeinschaft der Aukrug-Dörfer aufgenommen, fügten sich ein, und die menschlichen Bindungen begannen sich zu entwickeln. Durch die Existenznot, durch den Verlust aller beweglichen und festen Habe wuchs 'allgemein die Erkenntnis, daß der sicherste Besitz neben Leben und Gesundheit eine möglichst gründliche und umfassende Schulbildung sei. Geistiger Besitz, so hatte man erfahren, war unverlierbar. Eine über den Stoffbereich der Volksschule hinausgehende Bildung war unter den gegebenen Umständen auf dem Lande nicht zu erhalten. Der Besuch einer weiterführenden Schule in der Stadt war aber aus den verschiedensten Gründen schwer zu bewerkstelligen.

In dieser besonderen Situation wies ein von weitsichtigen Vertretern der Landesbauernschaft in Verbindung mit erfahrenen Landlehrern entwickelter Gedanke, der auch die Zustimmung der inzwischen gebildeten schleswig-holsteinischen Landesregierung fand, einen neuen schulreformerischen Weg. Man beabsichtigte, an größeren zentral gelegenen Landschulen für begabte Schüler des Ortes und der näheren Umgebung sogen. „Aufbauzüge" einzurichten, 'die vom 7. bis 10. Schuljahr diese 'Schüler zur „Mittleren Reife" bringen sollten. So war eine Einrichtung geschaffen, die es den Eltern ermöglichte, ihren Kindern inmitten ihrer ländlich-heimischen Umgebung eine weiterführende Schulbildung zu vermitteln und durch Obersiedlung in eine mit einem Internat verbundene „Ländliche Oberschule" - in Rendsburg - in 4 Jahren das Abitur zu verschaffen.

Eine weiterführende Schule auf dem Lande war ein ganz neuer Gedanke, für Einheimische und Flüchtlinge gleich bedeutsam!

Bürgermeister und Gemeindevertreter der fünf Dörfer erkannten die Bedeutung dieser neuen Schulform, und mit Unterstützung des Kreisschulamtes wurde zu Beginn des Schuljahres 1950/51 die erste Klasse eines Aufbauzuges an der Innier Schule eingerichtet. Infolge der großen Raumnot in der Volksschule, in deren 3 Klassenräumen schon 5 Klassen mit insgesamt 309 Schülern unterzubringen waren, mußte die erste Aufbauzug-Klasse zunächst in der Turnhalle und dann im Gemeindehaus links unterrichtet werden. Die Ostern 1951 eingerichtete 2. Klasse bekam einen kleinen gegenüberliegenden Raum, der völlig unzureichend war. Aber trotzdem gingen Lehrer und Schüler mit großer Hingabe ans Werk. Selbst aus Heinkenborstel kamen Schüler, die unverdrossen täglich den langen und schlechten Weg zurücklegten. Mit jedem Jahr wurde eine neue Klasse eingerichtet; die Raumnot wurde drückend. Daher wurde es von Schülern und Lehrern freudig begrüßt, als im Januar 1954 dank der Tatkraft des damaligen Bürgermeisters Witt für den Aufbauzug ein neues Gebäude errichtet werden konnte. Die Einweihung war ein Festakt, an dem auch der Amtmann und die Bürgermeister und Gemeindevertreter der anderen Dörfer teilnahmen.

Anläßlich der Grundsteinlegung am 1. Juli 1953 wurde eine Denkschrift mit der Unterschrift des Bürgermeisters Fritz Witt und des Schulleiters Gerhard Schlüter eingemauert, die u. a. folgende für die damaligen Verhältnisse interessante Angaben enthält:

„Derzeitige Bevölkerungszusammenstellung der Gemeinde Innien:

719 Köpfe Einheimische

544 Köpfe Flüchtlinge und Evakuierte

Insgesamt: 1263 Köpfe

Die derzeitigen Schulverhältnisse in Innien: Schülerzahl: Volksschule: 171, davon 77 Flüchtlinge und 94 Einheimische Aufbauzug: 101, davon 55 Flüchtlinge und 46 Einheimische

Lehrkräfte:

  1. Gerhard Schlüter, Schulleiter, einheimisch
  2. Heinrich Bünger, Flüchtling aus Mecklenburg
  3. Hans-Joachim Seidenschnur, Flüchtling aus Wittenberge
  4. Ernst Weiß, Flüchtling aus Pommern
  5. Anne Peters, einheimisch
  6. Johanna Hahne, Flüchtling aus Danzig
  7. Walter Grünwald, Flüchtling aus Mecklenburg
  8. Karl Reimers, einheimisch
  9. Ursula Tiedt, Flüchtling aus Ostpreußen

Am Aufbauzug unterrichten die Lehrkräfte 1. bis 5. und an der Volksschule die 6. bis 9."

Es lag in der Absicht der Begründer dieser Schulreform, geringe Klassenfrequenzen zuzulassen, um eine Gewähr dafür zu bieten, daß in 4 Jahren das Ziel der Mittelschule, die „Mittlere Reife", erreicht werden konnte. Bei der jährlichen Aufnahmeprüfung zur „Ländlichen Oberschule" in Rendsburg mußte dieser Nachweis erbracht werden und ist auch mit großem Erfolg erbracht worden.

Es war gewiß ein Zeichen von Idealismus und Gemeinschaftsgefühl, wenn die übrigen Dörfer und ihre Lehrer immer wieder bereit waren, die besten Schiller nach Innien abzugeben. In der Schule ist erfolgreich gearbeitet worden, Lehrer, Studienräte, Offiziere und Ingenieure sind aus ihr hervorgegangen, und zwei der ehemaligen Schüler, Frau Roimann und Reimer Reimers, unterrichten jetzt an der Aukrug-Schule.

Zum Bedauern der ganzen Gemeinde wird nun infolge des großen Absinkens der Geburtenzahlen diese allgemein im ländlichen Raum geschätzte Schulform ihre Tore schließen müssen. Der Aufbauzug war zum erstenmal eine Schule gewesen, die ganz unmerklich zumindest die Elternschaft des Aukruges zusammenführte. Man empfand es schon seit langem als selbstverständlich, daß man auf kulturellem und gesellschaftlichem Gebiet gemeinsam arbeiten müsse, wie es schon die weitblickenden Männer des Landwirtschaftlichen Vereins vor fast 100 Jahren erkannt hatten. Kriegerverein, Gesangverein und TSV waren zum Wegweiser geworden. Die Jugend griff das auf und organisierte sich unter der Führung des jungen Lehrers Carl Reimers in einer „Landjugendgruppe Aukrug". Eine Trennung nach Dörfern gab es für sie nicht, sie empfand sich als Jugend des Aukrugs. Die Bevölkerung unterstützte solche Auffassung, und der Tatkraft des Innier Bürgermeisters Witt blieb es vorbehalten, der Aukrug-Jugend eine Stätte der Begegnung zu schaffen durch den Bau des sog. „Jugendheims" bei der Turnhalle im Laufe des Winters 1959/60. Der schöne große Raum ist heute aus dem öffentlichen Leben des Aukrugs nicht mehr wegzudenken.

Am 19.4.1960 tagte zum ersten Male die Gemeindevertretung von Innien in diesem Raum und am 6. 5. 1970 die erste Gemeindevertretung der neuen Gemeinde Aukrug.

Ein weiterer Richtungsweiser des Hinstrebens zu einer Gemeinsamkeit im Aukrug war die am 26.9.1964 erfolgte Gründung der Volkshochschule Aukrug. Sie ging aus von einer Gruppe von Bürgern des öffentlichen Lebens im Aukrug auf Anregung der Arbeitsgemeinschaft für ländliche Erwachsenenbildung in Rendsburg und war gedacht für die Vermittlung allgemein geistiger Anregung sowie kursus- und seminarmäßiger Beschäftigung mit verschiedenen Sachgebieten und Bildungsdisziplinen. Sie war darüber hinaus aber auch gedacht für die informatorische Behandlung kommunaler Angelegenheiten und den gesamten Aukrug tangierender Fragen.

Durch Beschluß des Amtsausschusses vom 24. 2. 1965 wurde die Volkshochschule Aukrug zur Einrichtung des Amtes erklärt, die mit einem Zuschuß von 0,50 DM pro Kopf der Bevölkerung unterstützt werden sollte unter der Voraussetzung, daß es vom Kreis und Land zusammen in oder gleichen Weise geschehe. Die Volkshochschule ist aus dem Kulturleben des Aukrugs nicht wegzudenken. Sie hat sich bemüht, in Zusammenarbeit mit der Universitätsgesellschaft in Kiel namhafte Professoren zu den verschiedensten aktuellen und allgemein interessierenden Fragen der Wissenschaft, bekannte Journalisten zu Problemen der internationalen Politik und über ihre Erlebnisse und Erkenntnisse in östlichen und fernöstlichen Ländern, Volkswirtschaftler zu Wirtschafts- und Währungsthemen, Theologen über Glaubensfragen sprechen zu lassen. Ausgezeichnete Darbietungen von Solisten der Musikhochschule Lübeck brachten in jedem Winter einen Höhepunkt für die musisch interessierten Mitbürger. Der spätere Leiter, Realschuldirektor Gerhard Schönheim, bereicherte das Programm vornehmlich durch gemeinsame Reiseveranstaltungen, eigene Filmdarstellungen und rege Förderung der VHS-Wandergruppe.

Der Frauenchor der VHS, jetzt unter der Leitung von Frau Necker, steht auf einer beachtlichen Höhe seines Könnens und verschönt mit seinen sorgfältig einstudierten und ansprechend vorgetragenen Gesangsdarbietungen, oft in Zusammenarbeit mit dem Männergesangverein, manche gesellschaftliche und offizielle Veranstaltung. Der gegenwärtige Leiter der Volkshochschule, Heinz Schliep, ist erfolgreich bemüht, die von den maßgebenden Sachbearbeitern in Kiel etwas einseitig auf die Abhaltung von Unterrichtslehrgängen in Fremdsprachen, Schreibmaschine und Steno, von Kursen im Kochen, Nähen, Basteln, Filmen und Photographieren ausgerichteten Programme für unsere Verhältnisse sinnvoll zu gestalten. Der Name „Volkshochschule" hat nach wie vor einen guten Klang in der Bevölkerung.

Bei allem Streben nach Gemeinsamkeiten im Aukrug gab es aber durchaus auch noch deutliche Anzeichen für eine bewußte Eigenständigkeit in den Dörfern. Aus einem solchen Gefühl heraus erklärt sich wohl auch der Beschluß der Gemeinde Böken, unabhängig von einem gemeinsamen Ehrenmal aller Dörfer in Innien neben der Kirche für die Opfer des 2. Weltkrieges, ein besonderes Denkmal für die Böker Gefallenen in Böken zu errichten. Die Böker pflegen und ehren es auch heute noch mit besonderer Sorgfalt.

Ein weiteres Beispiel für eine bewußt eigenständige Haltung gab die Gemeinde Bünzen mit der Teilnahme am Wettbewerb „Schönes Dorf" 1967. Es gelang dem ehrgeizigen und unternehmungsfreudigen Bürgermeister Ehrhard Koopmann seine Mitbürger so sehr für diesen Wettbewerb zu begeistern, daß sie in freiwilliger Gemeinschaftsarbeit darangingen, aus dem unscheinbaren Bauerndorf Bünzen ein rechtes Schmuckkästchen zu machen und den Gemeinschaftssinn so zur Darstellung zu bringen, daß Bünzen aus dem Kreiswettbewerb „Das schöne Dorf" als 2. Sieger hervorging. Auf der Siegesfeier in Nindorf wurde dem Vertreter Bünzens ein Bildpreis „Brücke über den Kanal" überreicht. Die Preisverteilung des Kreiswettbewerbes wurde durch den Landrat Jacobsen vorgenommen. An den Kreiswettbewerb schloß sich dann der Landeswettbewerb an. Auch aus dem Landeswettbewerb am 7. 7. 1967 ging Bünzen als 2. Sieger hervor und wurde mit einer Urkunde und einem Geldpreis belohnt. Bürgermeister Koopmann hatte in Zusammenarbeit mit verschiedenen Bürgern des Dorfes für den Landeswettbewerb eine geschmackvoll ausgestattete Schrift herausgebracht, durch die das Dorf und die dörfliche Gemeinschaft in vorzüglicher Weise zur Darstellung gebracht wurden.

Durch dieses erfolgreiche Abschneiden gelangte Bünzen nun sogar in den Bundeswettbewerb. Im August 1967 erschien eine Kommission des Bundes zur Besichtigung des Dorfes. Der Wettbewerb umfaßte insgesamt 44 Teilnehmer, und davon bekamen 16 eine goldene Plakette; Bünzen belegte dabei den 4. Platz!

Zur Preisübergabe und Siegerehrung auf Bundesebene am 24. u. 25.11.1967 wurde die Gemeinde nach Bonn zur Vorstellung beim Bundespräsidenten Heinrich Lübke durch den Grafen Bernadotte von der Insel Mainau eingeladen. Die Bünzer waren durch folgende Teilnehmer vertreten: Bürgermeister Koopmann und Frau, Friedrich und Günter Pries, Ernst Dedert, Arno Rohwer und Christian Sindt.

Aber die Bünzer wollten diesen einzigartigen Erfolg gar nicht für sich allein genießen. Sie zogen im Rausch der Freude nicht nur durch ihr eigenes Dorf, sondern auch durch Innien, um viele Aukruger teilnehmen zu lassen an dem Sieg der Bünzer, den sie auch zur Ehre des ganzen Aukrugs erstritten haben wollten. Und alle freuten sich neidlos mit. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit wuchs! Aber auch sehr nüchterne Überlegungen veranlaßten die Bürgermeister und Gemeindevertretungen der fünf Dörfer, sich mit dem Gedanken eines möglichen Zusammenschlusses zu befassen. Man mußte erkennen, daß manche Maßnahmen, wie z. B. der Wegebau, die bei allen fünf Gemeinden anlagen, einzeln nur schwierig und unvollkommen voranzutreiben waren. Sie wurden zu leicht zurückgestellt und blieben unverhältnismäßig lange im Instanzenweg der oberen Behörden liegen. Hierbei verdichtete sich allmählich die Erfahrung zu der Erkenntnis: Vereint sind auch die Schwachen mächtig!

So ergab es sich mehr und mehr, daß nicht nur im Überschwang besonders festlicher Ereignisse, emotionell aufgeladen, der Gedanke eines Zusammenschlusses ausgesprochen wurde, sondern allmählich auch in bedächtig nüchternen Erwägungen angesehener und maßgebender alteingesessener Bürger, früherer und gegenwärtiger Bürgermeister. Die Kriegs- und Vorkriegsgeneration war allmählich aus den öffentlichen Ämtern ausgeschieden und hatte Persönlichkeiten mit neuen und fortschrittlichen Gedanken Platz gemacht.

Bünzer Brücke über die B 430 - 1968 (Koopmann-Brücke)

Dieser Brückenbau ist ebenfalls als eine bemerkenswerte Bünzer Einzelleistung einzureihen. Durch den Bau der B 430, die als durchgehende Straßenverbindung zwischen Neumünster und Heide gedacht war, wurden umfangreiche Teile der Bünzer Feldmark vom Dorf abgeschnitten. Die Zufahrt zu den Koppeln und das Umtreiben der Viehherden mußte über die stark befahrene Straße erfolgen. 34 Koppelauffahrten gingen von der Bundesstraße auf der kurzen Strecke des Bünzer Gebiets ab und mußten in der Sommerzeit mindestens zweimal täglich zum Melken befahren werden. Dabei gab es jedesmal nicht nur ein gefährliches Hinanfahren an die Straße mit schwerfälligem Trecker und Milchkannenanhänger, sondern darüber hinaus noch ein besonders gefährliches Überqueren der ganzen Straßenbreite. Das mußte zu einem Gefahrenmoment 1. Ordnung werden!

Bürgermeister Koopmann kam selbst dabei nur um Haaresbreite an einem gefährlichen Unfall vorbei. Das veranlaßte ihn zu sofortigen Maßnahmen. Er unterrichtete das Landesstraßenbauamt in Lübeck und forderte den Bau einer Brücke, und zwar möglichst bald, denn die Flurbereinigung mußte einen Parallelweg jenseits der B 430 einplanen, von dem dann die Koppelauffahrten abgehen konnten. Es gelang dem Bürgermeister, die Behörde von der Notwendigkeit einer solchen Maßnahme zu überzeugen, und schon Anfang 1968 konnte er in der Gemeindevertretung mitteilen, daß der Baubeginn durch öffentlichen Aushang bekanntgegeben würde. Der Bau der Brücke kostete 500 000 DM, die ganz vom Land finanziert wurden. Die Erstellung der Parallelstraße in der Bünzer Flur ging zu Lasten der Gemeinde. Ohne die Initiative von Ehrhard Koopmann wäre die Brücke wohl so schnell kaum gebaut worden.

c) Klassisches Flurbereinigungsverfahren

Während der Ausbau der Bünzau in Zusammenarbeit mit MBA und Kreisbauamt zügig fortschritt, verfolgte Heinz-Wilhelm Fölster schon mit lebhafter Unterstützung von Hans Behrens, Auhof, den Gedanken, das „ klassische Flurbereinigungsverfahren" zur Durchführung zu bringen. Das bedeutete die Einbeziehung aller Bauern mit allen Wirtschaftsflächen zu einer umfassenden Flurneuordnung. Dazu war deshalb die Bereitschaft aller Bauern nötig. Man setzte das Thema „Flurbereinigung" auf die Tagesordnung einer Bezirksbauernversammlung im Aukrug und gewann den ORR Steinkopf vom Kulturamt Itzehoe, das für die Durchführung solcher Maßnahmen zuständig war, als Fachreferenten.

Diese Zusammenkunft wurde zu einer richtungweisenden Aufklärungsversammlung, die die Gedanken der Bauern im Aukrug über das „beschleunigte Zusammenlegungsverfahren" hinaus auf das große Ziel des „klassischen Flurbereinigungsverfahren" lenkte. Die Versammlung hatte Erfolg. Ein solches Unternehmen konnte aber nur in großer Einmütigkeit der Beteiligten durchgeführt werden, denn es mußte sich über die gesamte Feldmark des Aukrugs erstrecken. Der Gedanke der Flurbereinigung hatte gezündet und ließ unsere Landwirte nicht wieder zur Ruhe kommen. Gefördert wurden solche Gedanken durch Planungsarbeiten der Landwirtschaftskammer und gelegentliche Pressenotizen über einen zurückgebliebenen Entwicklungsstand in der Fluraufteilung der Feldmark im Aukrug. So mußten in der Tat im einzelbetrieblichen Bereich die hiesigen Bauern bis zu 20 getrennt gelegene Besitzstücke bearbeiten.

Das unzweckmäßig gestaltete Wegenetz in einer Gesamtlänge von 137 km war nur zu 30 Prozent (I) so befestigt, wie es für die Benutzung von Treckern und Maschinen erforderlich war. Ein sehr dichtes Wallheckennetz (Knicks) begrenzte die oft recht kleinen Koppeln, die ohnehin einen lohnenden Maschineneinsatz (Mähdrescher) fast unmöglich machten. In den einzelnen, damals noch selbständigen Dörfern setzten sich die Bauern zu gemeinschaftlichen Überlegungen zusammen, bildeten örtliche Teilnehmergemeinschaften und bestimmten deren Leiter:

für Bargfeld: Heinz-Wilhelm Fölster,

Homfeld: Klaus-Hermann Kahlke,

Bünzen: Ehrhard Koopmann,

Böken: Hans Carstens,

Innien: Fritz Witt.

Die Verhandlungen in den einzelnen Teilnehmergemeinschaften wurden unterstützt und beraten durch Beamte und Angestellte des Kulturamtes Itzehoe unter maßgeblicher Beteiligung der Herren Thomsen und Krobock.

Durch die Bereitschaft aller Besitzer, ihre Ländereien durch freiwilligen Austausch zu größeren Einheiten zusammenzulegen, konnte das große Werk der Flurbereinigung begonnen werden. Die bunte Vielfalt in Größe und Lage der einzelnen Koppeln erklärt sich wesentlich dadurch, daß bei der Aufteilung (Verkoppelung) der Feldmark im Zuge des Übergangs von der gemeinsamen Feldbestellung zur Privatwirtschaft Ende des 18. Jahrhunderts Rücksicht genommen werden mußte auf die kleinflächigen Besitzungen der sogenannten „kleinen Leute". So wurde in allen fünf Aukrugdörfern nacheinander in der Zeit vom 27. 7. 1963 bis zum 21. 12. 1964 die Flurbereinigung auf einer Gesamtfläche von rund 4650 ha eingeleitet. Der Flurbereinigungsanordnung folgte nach dem Ausbau von Wirtschaftswegen und Vorflutern die Besitzzuordnung durch Anordnung der vorläufigen Besitzeinweisungen in den Jahren von 1964 bis 1971. Dies alles konnte natürlich nur möglich werden durch die Bereitschaft von Landesregierung und Landesparlament, Beträge in Millionenhöhe in solche Vorhaben zu investieren. Dabei mögen die nachkommenden Geschlechter erkennen, daß ein großer Gemeinschaftswille der gegenwärtigen Generation des Aukrugs es zustandegebracht hat, alle Chancen zu nutzen, im umfassenden klassischen Neuordnungsverfahren die gegebenen technischen, wirtschaftlichen und finanziellen Förderungsmöglichkeiten voll auszuschöpfen. Durch die Flurbereinigung wurde im einzelbetrieblichen Bereich infolge der Zusammenlegung von Wirtschaftsflächen eine durchschnittliche Vergrößerung der Bewirtschaftungseinheit von ursprünglich etwa 4 ha auf rund 6 ha erreicht. Durch Aufstockung wurden mittlere Betriebe gefördert und in fünf Fällen eine Aussiedlung im Sinne der erstrebten Dorferneuerung ermöglicht (H. W. Fölster und Ernst-Wilhelm Rathjen in Bargfeld; Willi Reimers und Christian Gloy in Böken; Claus Harms in Bünzen). Es wurden insgesamt rund 64 km Wirtschaftswege ausgebaut, so daß die jetzige Gemeinde Aukrug über ein befestigtes Wegenetz von 105 km verfügt. Weiter konnten 100 km Gewässerausbau und in dessen Folge bodenverbessernde Dränung und Tiefumbruch von ca. 225 ha durchgeführt werden. Diese Flurbereinigungsarbeiten erforderten Investitionen von ca. 7,5 Millionen DM, wovon auf den Wirtschaftswegebau rund 40 Prozent und auf den Gewässerausbau rund 37 Prozent entfielen. Die Herstellungskosten von rund 1600 DM je ha Verfahrensfläche werden von Fachleuten als angemessen bezeichnet. Neben dieser „agrarischen" Flurbereinigung, d. h. Flurbereinigung für die Verbesserung der landwirtschaftlichen Betriebsbewirtschaftung, verfolgte man auch eine „außeragrarische" Flurbereinigung. Mit Hilfe der Schleswig-Holsteinischen Landgesellschaft wurde es möglich, 48 ha Grenzertragsböden, das sind Flurstücke, die in ihrer Ertragshöhe an der Grenze der Bewirtschaftungsmöglichkeit liegen, auszusondern und der allmählichen Umwandlung in Wald zuzuführen.

Weitere 5 ha konnten der neuen Gemeinde Aukrug für die Anlage eines Sport- und Freizeitzentrums, für eine notwendige Friedhofserweiterung, für Kläranlagen und öffentliche Fußwege bereitgestellt werden. Dadurch wurde es möglich, die Wege für den überörtlichen Durchgangsverkehr aus der Verflechtung mit dem innergemeindlichen und landwirtschaftlichen Verkehr herauszunehmen, wie die Straßenbrücke über die B 430 (Koopmannbrücke) und die Aufhebung von Feldwegeinmündungen in klassifizierte Straßen das veranschaulichen. Durch die Flurbereinigung wurde auch das Ausstattungsverhältnis der ehemaligen Einzelgemeinden ausgeglichen und auf ein gleichwertiges Niveau gehoben. Damit waren wesentliche Voraussetzungen für den kommunalen Zusammenschluß der 5 Gemeinden geschaffen, und es wurde ein Ergebnis erzielt, das weit über den Rahmen eines normalen Flurbereinigungsverfahrens hinausgeht. An die Flurbereinigungsmaßnahmen schlossen sich der gemeinsame Flächennutzungsplan, die Planungen zur Dorferneuerung und die Förderung des Ortes Innien unmittelbar an. Die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Aspekte einer abgewogenen Raumplanung haben ebenfalls die Bereitschaft zum Zusammenschluß gefördert.

Im Rahmen der Umordnung der Feldmark Aukrug durch die Flurbereinigung sei hier auch auf den „Landschaftsraum Aukrug" hingewiesen, der durch seine landschaftlichen Schönheiten und seine günstige Verkehrslage die Voraussetzung für ein Naherholungsgebiet erfüllt. Eine solche Nutzung des Raumes mußte bei den Flurbereinigungsmaßnahmen in Betracht gezogen werden. Das galt besonders für den Ausbau des Wegenetzes, der auf eine mögliche Einbeziehung in ein Wander- und Radfahrwegsystem auszurichten war.

So wurde die Flurbereinigung nicht nur die Maßnahme für eine Verbesserung der landwirtschaftlichen Belange des Aukrugs, sondern darüber hinaus zu einer Förderung der Kräfte des Zusammenschlusses und der Entwicklung eines beachtenswerten Fremdenverkehrs. Die Flurbereinigung gehört deshalb zu den bedeutendsten Geschehnissen in der Geschichte des Aukrugs, und es ist verständlich, daß die Gemeinde Aukrug nach der Beendigung aller Maßnahmen am 10. 12. 1976 zu einer „Abschlußveranstaltung der Flurbereinigung in Aukrug" im Gasthof „Aukrug-Tivoli" einlud, zu der außer dem Amtsvorsteher Bracker-Wolter und dem derzeitigen Chef des Amtes für Land- und Wasserwirtschaft, Regierungsdirektor Affeidt, auch der Landwirtschaftsminister Flessner erschienen war.

Der Minister betonte in seiner Rede, daß im Jahre 1976 ein geändertes Flurbereinigungsgesetz vom Bundestag verabschiedet wurden sei. Das neue Gesetz spreche aber nur das aus, was im Aukrug schon von Anfang an praktiziert wurde. So seien die Landwirte Initiatoren und Träger des Verfahrens gewesen, allen voran sein parlamentarischer Vertreter, Heinz-Wilhelm Fölster. Der Minister stellte ferner heraus, daß die Zahl der Betriebe mit mehr als 50 ha sich von 1961 bis 1976, also während der Flurbereinigung, um 20 Prozent erhöht und die von diesen Betrieben bewirtschaftete Fläche sogar um 24 Prozent zugenommen hätte. Die durchschnittliche Betriebsgröße sei von 21,5 ha auf 31,1 ha, also um 45 Prozent gestiegen und die Zahl der Milchkühe von 1282 im Jahre 1961 auf 1720 im Jahre 1975, das bedeute eine Zunahme um 34 Prozent gegenüber einer Zunahme im Bundesgebiet um nur 7,9 Prozent. Das sei, so hob Minister Flessner hervor, eine eindrucksvolle Entwicklung und der Ausdruck des Leistungswillens unserer Landwirte und ihrer Familien im Aukrug. Minister Flessner sagte am Schluß seiner Rede:

„Hier im Aukrug hat die Flurbereinigung das bewirkt, was wir von ihr erwartet haben. Sie hat vor allem die Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft verbessert und zur Entwicklung Ihrer Gemeinde beigetragen. Sie hat damit einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Lebensverhältnisse in Ihrem Raum geleistet. Allen, die daran mitgewirkt haben, sage ich einen sehr herzlichen Dank und Anerkennung für ihren hohen Einsatz und ihre Bemühungen."

Den Reigen der verschiedenen offiziellen Ansprachen beschloß Heinz-Wilhelm Fölster als Sprecher der hiesigen Landwirte mit einer launigen, humorvollen, plattdeutschen Rede. Es wurde eine schlichte, aber würdige Feier!

d) Wasser- und Bodenverband

Wasser- und Bodenverband Bünzen

Schon vor hundert Jahren hatten weitblickende Bauern erkannt, daß hier auf der Geest eine Landwirtschaft nur durch Rindviehhaltung aufblühen kann. Der Gedanke war richtig, aber die Durchführung schwer, denn für die Rindviehhaltung waren ertragreiche Wiesen eine wichtige Voraussetzung. Wiesenland war nur gegeben durch die Täler der Bünzau und ihrer Nebenflüsse. Ohne ausreichende Heuwerbung war eine Vergrößerung des Rindviehbestandes nicht zu erreichen. Um gutes Wiesenland zu erhalten, mußten die weitverzweigten Autäler zweckmäßig bewirtschaftet werden. Das war aber nur durch eine umfassende Gemeinschaftsarbeit möglich. So hat man jahrzehntelang um die Gewinnung fruchtbaren Wiesenlandes gerungen.

Ausdruck dieses zähen Ringens war die derzeitige Gründung der „Bünzau-Entwässerungsgenossenschaft", deren Statut 1882 ministeriell genehmigt wurde. Auf ihre Tätigkeit konnte nicht verzichtet werden. Ähnliche Genossenschaften bestanden auch in anderen Teilen des Landes. Durch die 1. Wasserverbandsordnung von 1937 wurde die Rechtsgrundlage geschaffen, nach der aus den früheren Entwässerungsgenossenschaften die heutigen Wasser- und Bodenverbände gebildet werden konnten. So verwandelte sich die „Bünzau-Entwässerungsgenossenschaft" in den „Wasser- und Bodenverband Bünzau ". Er stand bis 1958 unter der gewissenhaften Leitung des Landwirts Johann Harder aus Bargfeld. Das Wirkungsgebiet umfaßte das Bünzautal vom Zusammenfluß der Fuhlenau, von Gnutz kommend, und der unteren Buckener Au, von Mörel kommend, bis hin zur Stör. Der Verband sah seine Aufgabe nicht nur in der zügigen Entwässerung des Autals, sondern zugleich auch in der zeitweiligen Stauung der Au zur Berieselung der Wiesenflächen. Solche Berieselung sollte der Verbesserung des Wachstums dienen. Um die Berieselung durchführen zu können, mußten die Wiesenflächen von vielen kleinen Gräben durchzogen sein, die von den Bauern in jedem Jahr sorgfältig zu reinigen waren. Solange noch billige Arbeitskräfte in der Landwirtschaft vorhanden waren, mochte das hingehen. Als sich aber nach dem 2. Weltkrieg in unserer Landwirtschaft allmählich die Umstellung von der arbeitsintensiven zur kapitalintensiven Wirtschaftsweise vollzog, kam es zur Abwanderung vieler Landarbeiter. Arbeitskräfte wurden knapp und teuer. Die Grabenreinigung, reine Handarbeit, war nun schwer zu bewältigen. Hinzu kam noch, daß die vielen Gräben den unentbehrlichen Maschineneinsatz zum Düngen, Mähen und Wenden auf den Wiesen sehr behinderten. So kam es allmählich dazu, daß die Berieselung der Wiesen aufgegeben wurde und man sich fast ganz der Mineraldüngung zuwandte.

Wie wichtig die Auregelung für die Landwirtschaft des Aukrugs war, erkennt man an den Protokolleintragungen der regelmäßig stattgefundenen Vorstands- und Ausschußsitzungen, die selbst in der unruhigen Kriegs- und Nachkriegszeit stattfanden. Schon 1947 wies man auf die Notwendigkeit eines Schleusenbaues hin, um noch in gewohnter Weise be- und entwässern zu können. Der Vorstand hatte 1950 einen Kredit von 20 000 DM bei der Landesbank und Girozentrale veranlaßt, aber Ende 1952 lehnte eine außerordentliche Mitgliederversammlung einen weiteren Schleusenbau ab. Für eine Berieselung bestand kein Interesse mehr. War man früher bemüht gewesen, das Auwasser vorübergehend zu halten, so war man jetzt besorgt, es möglichst schnell loszuwerden. Als bei Willenscharen begonnen wurde, die Stör zu regulieren und auszubaggern, forderte der Wasser- und Bodenverband Bünzau 1956 einstimmig und nachdrücklich, eine solche Maßnahme auch auf das Verbandsgebiet auszudehnen. Man hielt eine erhebliche Erweiterung der Stör im Verbandsgebiet für unbedingt nötig, um anschließend einen Ausbau der Bünzau vorzunehmen, wodurch die andauernden Überschwemmungen verhindert werden sollten.

1958 übernahm Heinz-Wilhelm Fölster, Bargfeld, als Nachfolger seines verdienstvollen Schwiegervaters Johann Harder die Leitung des Verbandes.

Nachdem die Mitglieder der zum Verband gehörenden Beitragsabteilung „Bewässerung" in Willenscharen sich für einen Fortfall der Bewässerungsschleusen ausgesprochen hatten, wurde die Abteilung „Bewässerung" aufgelöst, und die Entwässerung, d. h. die Regulierung der Bünzau zur vordringlichen Aufgabe des Verbandes gemacht. Das war sehr nötig, denn es gab immer noch Jahre, in denen das Heu eines ganzen Schnittes von den reißenden Fluten der vom Hochwasser gefüllten Au weggeschwemmt wurde.

Durch die energische und zielstrebige Führung von Heinz-Wilhelm Fölster gelang es, das Marschenbauamt (MBA) Itzehoe und das Kreisbauamt Rendsburg mit dem sehr umsichtigen und einsatzbereiten Kreisbaumeister Paulsen für den Ausbau der Bünzau zu interessieren und schließlich Ausbaumittel in Höhe von 100 000 DM bereitgestellt zu erhalten. Im August 1959 konnte der 1. Bauabschnitt an die Firma Sienknecht, Neumünster, vergeben werden. Bei den entscheidend wichtigen Finanzierungsfragen in Verhandlungen mit dem MBA Itzehoe mußte seitens des Wasser- und Bodenverbands mit Nachdruck auf das sehr ungünstige Verhältnis zwischen dem Einzugs-und dem Beitragsgebiet hingewiesen werden.

Das Einzugsgebiet (Entwässerungsgebiet) beträgt 209 qkm = 20 900 ha und das Beitragsgebiet (Anreinergebiet) beträgt 157 ha (1). Auf die Bünzaustrecke des Verbandes entfallen nur rund 7 Prozent des Abflußanteils. „Diese Tatsache wird als berechtigter Anlaß dafür angesehen, daß der Verband bei den Ausschüssen des Landtages für das neue Landeswassergesetz über den Herrn Landtagspräsidenten einen Antrag auf Übernahme der übergebietlichen Bünzaustrecke als Wasserlauf 1. Ordnung des Landes einreicht." (Protokollbericht)

Würde dem Antrag stattgegeben worden sein, würde das eine Übernahme der Gesamtkosten durch das Land Schleswig-Holstein bedeutet haben. Eine andere Lastenverteilung mußte gesucht und gefunden werden. Der initiativ- und einflußreiche Verbandsvorsteher Heinz-Wilhelm Fölster pflegte scherzhaft, aber mit ernstem Unterton die Bünzau als den „Schicksalsstrom des Aukrugs" zu bezeichnen. Und in der Tat hat dieser kleine Fluß für die Landwirtschaft dieser Gebiete eine besondere Bedeutung. Bei einer Länge von 9,7 km hat er nur eine Verteilerfläche von ca. 150 ha Niederungsgebiete, die direkt an der Au liegen. Diese 10 km bilden ein Schlauchtal von einmaliger Eigenart, das zudem reich an Windungen ist und dadurch einen schnellen Wasserablauf, der nach plötzlichen heftigen Regengüssen (Gewitter), großen Regenfällen nach langer Dürrezeit oder plötzlicher Schneeschmelze erforderlich ist, sehr erschwert.

Flüsse und Auen solcher Art müssen alle 30 bis 50 Jahre neu ausgebaut werden. Ufer- und Böschungswinkel verändern sich bald. Der letzte Regulierungseingriff in den 30er Jahren durch den damaligen Reichsarbeitsdienst war ohnehin nur provisorisch gewesen. Erst in den fünfziger Jahren wurden wieder geldliche Hilfen des Staates möglich. Betriebswirtschaftlich gesehen sollte die Auführung möglichst geradlinig sein. Das würde aber bedeuten, daß manche Wiesenflächen bei der Regulierung durchschnitten werden müßten. Das wiederum bedeutete die Anwendung des sogen. „beschleunigten Zusammenlegungsverfahren" für die Bünzauwiesen. Durch privates Einvernehmen kam man in Bargfeld bald zu einem Regulierungsplan, der später bei der offiziellen Durchführung seitens der Behörde fast ohne Abstrich übernommen werden konnte.

So beschloß eine Mitgliederversammlung des Verbandes im Dezember 1960 die Durchführung des „beschleunigten Zusammenlegungsverfahrens", um den Bauabschnitt 1961 schnell voranzutreiben. Für die nötigen Vorarbeiten wurden folgende Herren bestimmt:

Böken: Hans Carstens, Claus Glindemann Innien: Hans Behrens, Auhof, Claus Butenschön Bünzen: Johann Holm, Rudolf Carstens Bargfeld: Hans Carstens, Wilhelm Voß Ehndorf: Hermann Mester, Martin Harders, Sarlhusen.

Nach dem Plan des Kreisbauamtes Rendsburg vom 1.4.1961 war ein Ausbau von Gewässern in einem 160 ha großen Gebiet von Bargfeld vorgesehen. Es wurde im März 1962 beschlossen, dies Gebiet als Ansch1ußgebiet in den Wasser- und Bodenverband Bünzau aufzunehmen mit der Maßgabe, daß das Anschlußgebiet für den Kapitaldienst eine besondere Beitragsabteilung bilden solle.

In den Jahren 1959 — 1966 wurden die Regulierungsarbeiten an der Bünzau und im Anschlußgebiet Bargfeld durchgeführt und zum Abschluß gebracht. Sie erfuhren eine zeitweilige Verzögerung durch den Rechtsstreit zwischen Hermann Carstens, dem Besitzer der Bünzener Mühle, und der Landesregierung, Abt. Wasserwirtschaft, über alte Staurechte der früher königlichen Mühle.

Am 7. November 1966 erfolgte die Besichtigung der fertigen Bünzauabschnitte von der Einmündung in die Stör bis nach Bargfeld durch Vorstand und Ausschuß des Verbandes, vertreten durch Heinz-Wilhelm Fölster, Claus-Detlef Ratjen, Hans Carstens, Willi Reimers, Hermann Carstens, Heinrich Brockmann und Hans Carstens, Böken; vom Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Kiel, Leitender Ministerialrat Suhr und ORBR Radloff; vom Marschenbauamt Itzehoe RBR Spahr und RBI Ellendt; vom Kreis Rendsburg als Aufsichtsbehörde Landrat Jacobsen und Kreisbaumeister Paulsen; als Auwärter Peter Schau.

Bei der Begrüßung brachte Verbandsvorsteher Fölster zum Ausdruck, „daß der Ausbau der Bünzau überwiegend auch als GroBwirtschaftsmaßnahme anzusehen sei. Dieser vom Verband durchgeführte Ausbau schaffe die Voraussetzungen für weitere Erschließungen in der Höllenau, Fuhlenau und Buckener Au. Es sei den jetzigen Verbandsmitgliedern nicht möglich, aus eigenen Mitteln diesen schwierigen Wasserlauf auf lange Sicht allein zu unterhalten. Die Bildung eines überörtlichen Unterhaltungsverbandes sei für die Bünzau dringend." (Protokoll vom 7. 11. 66) Die besichtigende Kommission hatte einen guten Eindruck von der durch die Firma Sienknecht geleisteten Arbeit und hob die gute Unterhaltungsarbeit des Auwärters Peter Schau hervor. Bei der Abschlußbesprechung erläuterte Landrat Jacobsen die Bemühungen um die Bildung eines Unterhaltungsverbandes für das Einzugsgebiet der Bünzau und stellte in Aussicht, daß nach etwa einem Jahr mit der Gründung des Verbandes gerechnet werden könne.

Am 18. Dezember 1967 erfolgte die Abnahme der von der Firma Voß, Wankendorf, für den Wasser- und Bodenverband, die Teilnehmergemeinschaft Bargfeld und die Gemeinde Bargfeld geleisteten wasserwirtschaftlichen Arbeiten. Alle Arbeiten waren ordnungsmäßig ausgeführt. Die Arbeiten im Anschlußgebiet Bargfeld waren damit abgeschlossen. Eine bleibende Aufgabe mußte es nun sein, intensive Unterhaltungsarbeiten durchzuführen. Dazu war die Gründung eines Unterhaltungsverbandes eine notwendige Voraussetzung. Die Vorarbeiten für die Gründung eines solchen Verbandes wurden zwar beschleunigt, zogen sich aber doch so lange hin, daß erst 1972 mit deren Abschluß gerechnet werden konnte. Am 4. Februar 1972 fand die letzte Sitzung von Vorstand und Ausschuß

des Wasser- und Bodenverbandes Bünzau als Ausbauverband im Beisein von Bürgermeister Brandt, Ehndorf, Bürgermeister Jensen, Aukrug, Amtsvorsteher Bracker-Wolter, ORBR Carstens, MBA, sowie Amtsrat Paulsen und Kreisbauamtmann Wilke vom Kreisbauamt statt. Zur Behandlung stand der Plan zur Bildung eines „Unterhaltungsverbandes" als Erweiterung und Rechtsnachfolger des bisherigen „Ausbauverbandes".

Wasser- und Bodenverband Bünzau (Unterhaltungsverband) in Aukrug vom 10. März 1972

Mit der Gründung des Unterhaltungsverbandes am 10. März 1972 begann eine neue Entwicklung. Das künftige Verbandsgebiet wird sich auf Teilgebiete der Gemeinden Aukrug, Ehndorf, Sarlhusen und Wiedenborstel ausdehnen.

Maßgebend für die Verbandserweiterung wurde die Änderung des preußischen Wasserrechts durch das Wasserhaushaltsgesetz von 1957 und das Landeswassergesetz von 1960. Der Personenkreis der Unterhaltungspflichtigen wurde wesentlich vergrößert. Waren früher nur die Anlieger unterhaltungspflichtig gewesen, wurde nach dem 1.1.1965 die Unterhaltung der natürlichen fließenden Gewässer II. Ordnung den Eigentümern, den Anliegern und Erschwerern sowie den sonstigen Eigentümern von Grundstücken im Einzugsgebiet auferlegt. Für die Durchführung sollte ein zu gründender Wasser- und Bodenverband zuständig sein, dem alle Grundstückseigentümer im Einzugsgebiet angehören müssen. Die Räumungspflicht der Anlieger war damit beseitigt und die Unterhaltungslast auf breitere Schultern gelegt.

Das Niederschlagsgebiet der Bünzau ist rund 20 000 ha groß; zu ihm gehören noch die Verbände Obere Buckener Au, Untere Buckener Au, Fuhlenau, Obere Höllenau und Untere Höllenau. Der Bünzauverband hat insgesamt 43 km offenes Gewässer und 26 km Rohrleitungen zu unterhalten. Seit Juni 1975 ist Hans Grunow, Böken, Auwärter.

Es sind nicht alle Grundstückseigentümer dingliche Verbandsmitglieder, sondern die jeweilige Gemeinde zahlt für ihre in Frage kommende Fläche den entsprechenden Betrag an den Verband. Der Kapitaldienst für den Gewässerausbau bleibt weiterhin bei den Besitzern der Flächen des ehemaligen Ausbauverbandes. Der Verband wird geleitet durch einen Vorstand , bestehend aus dem Vorsteher und 4 Beisitzern und einem Ausschuß, bestehend aus sieben Mitgliedern.

Es wurden gewählt:

Hans Carstens, Böken, zum Verbandsvorsteher Ernst Heeschen, Ehndorf, zum Stellvertreter Heinz-Wilhelm Fölster, Bargfeld, zum Beisitzer Henning Butenschön, Innien, zum Beisitzer Walter Rohwer, Sarlhusen, zum Beisitzer

für den Ausschuß:

Hans-August Jensen, Bürgermeister, Aukrug Hermann Carstens, Bünzen Johannes Looft, Bünzen Klaus-Detlef Ratjen, Bargfeld Heinrich Thomsen, Ehndorf Willi Kröger, Ehndorf Klaus Jargstorff, Sarlhusen.

Zum Verbandsrechner wurde Verwaltungsamtmann Günter Maaß, Aukrug, gewählt.

Alle offenen, fließenden Gewässer im Gemeindebereich Aukrug befinden sich seit dem 1. 1. 1974 im Eigentum des Unterhaltungsverbandes. Die Umlage 1977 ist unverändert gegenüber 1976 festgesetzt mit 6 DM/BE für die allgemeinen Beiträge und 10 DM für den Kapitaldienst des Ausbauverbandes der alten Bünzau. Der genehmigte Haushaltsplan für 1977 ist ausgeglichen in einer Höhe von 84 690 DM. Der Verband zählt 392 landwirtschaftliche und korporative Mitglieder. Er umfaßt 4500 ha Gesamtfläche.

Schlußbetrachtung

Der Wasser- und Bodenverband Bünzau hat in seiner 90jährigen Geschichte als Be- und Entwässerungsgenossenschaft für die Landwirtschaft in unserem Raum eine ungemein wichtige Tätigkeit entfaltet. Er hat in den letzten Jahrzehnten unter der Leitung zweier kraftvoller Persönlichkeiten gestanden:

Johann Harder , Bargfeld, und dann dessen Schwiegersohn und Besitznachfolger Heinz-Wilhelm Fölster, nachmaliger Kreisbauernvorsteher und weithin bekannter, einflußreicher Landtagsabgeordneter; beide haben dem Verband ihren Stempel aufgedrückt.

Heinz-Wilhelm Fölster hat die früher bedeutsame Bewässerungsaufgabe abgelöst und es mit leidenschaftlichem Einsatz verstanden, nicht nur die hies. Landwirte, sondern auch die zuständigen Behörden in Kreis und Land von der Notwendigkeit des Ausbaues der Bünzau zu überzeugen und sie zur Bewilligung der nicht unerheblichen Geldmittel zu bewegen.

Das große Werk der Bünzauregulierung wird immer mit dem Namen Heinz-Wilhelm Fölster verbunden bleiben.

Der Ausbau müßte aber bald an Wirksamkeit verlieren, wenn er nicht sorgfältig überwacht und unterhalten würde. Die nach Abschluß der Ausbauarbeiten schnell erfolgte Gründung des Unterhaltungsverbandes war deshalb ein sehr notwendiger Schritt.

Es war gewiß ein glücklicher Umstand, daß sich in Hans Carstens, Böken, gleich ein engagierter, umsichtiger und gewissenhafter Mann fand, der bereit war, die verantwortungsvolle Leitung des neuen Verbandes zu übernehmen. Hans Carstens, Sohn des vor einigen Jahren verstorbenen, im Aukrug populären „Amtmann" Carstens, übt nun schon über 6 Jahre mit uneingeschränkter Zustimmung der Mitglieder das bedeutungsvolle Amt aus. Der Wasser- und Bodenverband Bünzau ist in Gegenwart und Zukunft eine wichtige Institution für die landwirtschaftliche Entwicklung Aukrugs.

e) Schwimmbad

Es ist auch in der Nachschau erstaunlich, mit welcher Kraft und Zielstrebigkeit die Bürger des Aukrugs die Gunst der Stunde des ungewöhnlichen Wohlstandes in Staat und Wirtschaft zu nutzen wußten. Schon in den 50er Jahren war der Wunsch nach einer Möglichkeit, Schwimmunterricht erteilen und im Freien baden zu können, rege geworden. Bürgermeister Witt und Rektor Schlüter in Innien hatten mehrfach nach geeigneten ausbaufähigen Stellen Ausschau gehalten, um wenigstens den schulischen Anforderungen genügen zu können. An großartige Anlagen für die gesamte Bevölkerung war nie gedacht worden.

Da keine geeignete Stelle gefunden wurde, kam man schließlich zu der Erkenntnis, daß es die Kraft einer Einzelgemeinde übersteigen müsse, ein ausreichendes Schwimmbad zu bauen. Ein Schwimmbad mußte selbstverständlich für alle da sein und konnte daher auch nur als gemeinsames Werk erstellt werden. So wurde der Bau der Badeanstalt zu einer Angelegenheit des Amtes Innien. Es war naheliegend, das Bad in räumlich enger Verbindung mit Sportplatz und Schule zu bringen, zumal diese durch einen Erweiterungsbau zu einer Dörfergemeinschaftsschule und damit zu einem Schulzentrum des Amtsgebietes ausgestaltet werden sollte. Der Platz bei der neuen Schule schien recht günstig. Die große Behmsche Koppel, von der schon das Bauland für die neue Schule erworben war, bot sich für die Errichtung einer großen Sport- und Badeanlage geradezu an. Erst später stellte sich heraus, daß der Besitzer kaum bereit gewesen wäre, das erforderliche Land zu diesem Zweck zu verkaufen.

Manche Bürgermeister glaubten, eine günstigere Möglichkeit in dem Wiesengelände eines Bachlaufes auf der Grenze zwischen Innien und Bünzen gefunden zu haben. Die Wiese gehörte zum größeren Teil dem Viehhändler Heinrich Wiese aus Bargfeld und zum kleineren Teil dem Ziegeleibesitzer Heinz Ulrich aus Innien. Dieser war bereit, seinen Teil gegen einen für ihn wichtigen Geländestreifen als Zufahrtsweg zur Ziegelei zwischen dem früher Hauschildtschen Grundstück und dem Amtsgebäude zur Verfügung zu stellen, und Heinrich Wiese war nicht abgeneigt, seinen Teil an das Amt zu verkaufen. An das Wiesenteil grenzten nach Bünzen zu wenig ertragreiche sandige Koppeln, die im Zuge der Flurbereinigung in Gemeindebesitz übergehen und zu einem Sportgelände mit ausreichenden Ausmaßen gestaltet werden könnten. Diese Überlegungen gaben für die Mehrheit des Amtsausschusses wohl den Ausschlag, die recht große Entfernung zum Schulzentrum in Kauf zu nehmen und sich für den Platz an der Bünzer Straße zu entscheiden. Ende 1962 erschien der Bau der Schwimmanlage auf der Tagesordnung des Amtsausschusses, und am 20.5.1963 beschloß er, das Wiesenstück von Heinrich Wiese für 4500 DM zu kaufen. Über die Finanzierung der ganzen Anlage wurde man sich bald einig, nicht so schnell aber über die Platzfrage. Darüber bestanden zwischen Amtmann und den Bürgermeistern von Bargfeld, Böken, Bünzen und Homfeld einerseits und dem Bürgermeister von Innien andererseits erhebliche Meinungsverschiedenheiten. Am 29. B. 1966 gab es im Innier Gemeindeparlament noch eine lebhafte Aussprache über den mutmaßlich besten Platz. Nach zwei Tagen wurde im Amtsausschuß über die zusätzliche Finanzierung (von 190 000 DM auf 221 000 DM) und über den nun voranzutreibenden Bau an der Bünzer Straße abgestimmt. Der Amtmann und die vier Bürgermeister stimmten dafür, Bürgermeister Wüstenberg, Innien, enthielt sich der Stimme. Vierzehn Tage später behandelte die Innier Gemeindevertretung auf Antrag von Hans August Jensen noch einmal die Platzfrage und beschloß, seinem Vorschlag entsprechend, ein Schreiben an den Amtmann und die vier anderen Bürgermeister zu richten, in dem die Gründe Inniens für eine andere Platzwahl vorgelegt und zugleich zum Ausdruck gebracht wurde, daß alle sich aus der beschlossenen Platzwahl ergebenden Folgelasten vom Amt getragen werden müßten.

Es ist vielleicht für die Nachwelt im Aukrug bedeutsam, die von der Gemeindevertretung formulierten Gründe für ihre abweichende Haltung festzuhalten. In dem Schreiben heißt es: „Der Gemeinderat der Gemeinde Innien hat zur Kenntnis genommen, daß der Amtsausschuß des Amtes Innien in seiner Sitzung am 31. B. 1966 seinen früheren Beschluß nochmals bekräftigt hat, das Freibad Innien an der Straße nach Bünzen zu bauen. Der Gemeinderat der Gemeinde Innien ist nach Prüfung aller Umstände der Meinung, daß es richtiger sei, das Bad hinter der neuen Schule anzulegen. Es leiten ihn dabei folgende Gründe:

  1. Die günstigeren geländemäßigen Voraussetzungen bedingen einen geringeren Kostenansatz für das gesamte Unternehmen.
  2. Die Entfernung zur Schule ist groß genug, daß sich der Badebetrieb nicht nachteilig auf den Unterricht auswirken kann, jedoch so günstig, daß bei Einführung des Schwimmens als Unterrichtsfach nichts im Wege steht.
  3. Es entstehen keine größeren Folgekosten.
  4. Durch die Hinzunahme weiteren Geländes ist die Anlegung eines großen gemeinsamen Schwimm- und Sportzentrums möglich. Wir sind nämlich der Ansicht, daß eine Trennung in zwei Zentren für ein Gemeinwesen in der Größe des Aukrugs nicht erforderlich ist, daß sich dagegen in der Zusammenlegung auch hier Vorteile für die schulpflichtige Jugend ergeben."

Hatte man sich nun nach jahrelangen Erwägungen zum Bau entschlossen, dann wollte man auch eine Anlage errichten, die nach den modernsten Erkenntnissen gestaltet werden sollte. Statt des früher einmal gedachten Kostensatzes von 20 000 DM mußte man nun mehr als das Zehnfache in Rechnung setzen. Als sich zum erstenmal die schöne klare Wasserfläche des großen Beckens den staunenden Augen der Aukruger darbot, waren schon 220 000 DM verbaut!

Es war für den Aukrug ein bedeutungsvoller Augenblick, als am Nachmittag des 30. Mai 1968 Amtmann Carstens namens des Amtsausschusses seine Einweihungsrede mit den Worten schloß: „Möge diese Anlage vielen Badelustigen Freude und Erholung spenden", darauf dem Bezirksschornsteinfegermeister Walter Heuer aus Hohenwestedt die Schere zum Zerschneiden des Sperrbandes reichte und der nun als „Glücksbringer" mit Schornsteinfegermontur und Zylinder als erster in das noch frühlingshaft kühle Wasser sprang. Wovon man jahrzehntelang kaum mal zu träumen gewagt hatte, war jetzt Wirklichkeit geworden. Ein Gemeinschaftswerk des Aukrugs, Vorbote einer neuen Zeit! Welche Gedanken mögen die Seele des alten Amtmanns durchzogen haben, der sich als Kind mit dem Plätschern in dem sprudelnden Wasser der Höllenau in Böken hatte begnügen müssen! Noch immer ist das Freibad eine Attraktion des Aukrugs, die viele wasser- und schwimmfreudige Leute aus der näheren und weiteren Umgebung anzieht. An schönen, sonnigen Sommertagen sind es oft Tausende, die die großräumige Anlage besuchen, um zu baden, ihre Kinder im Planschbecken spielen zu lassen und sich selbst auf den großräumigen Liegewiesen zu sonnen oder den kühlen Schatten der Bäume zu genießen.

Die ganze Anlage ist so großzügig gestaltet, daß sie auch noch den Sport- und Erholungsansprüchen einer späteren Zeit genügen wird, zumal die Gemeinde bemüht ist, sie immer noch zu verbessern und zu vervollständigen. Das Hauptbecken, das Kernstück der Anlage, hat eine Ausdehnung von 21 x 50 m mit acht Startbahnen. Alle Becken sind mit einer von Dipl.-Ing. Müller, Lütjensee, entwickelten Kunststoffolie, einer Duraskin-Haut, ausgekleidet. Das vom Schwimmbecken getrennt gebaute Sprungbecken hat eine Größe von 15 x 14 m bei einer Tiefe von 3,50 m mit einem 1-m- und einem 3-m-Sprungbrett. Das Wasser wird aus der Wasserleitung der Gemeinde geliefert. Um stets sauberes und hygienisch einwandfreies Wasser zu haben, wurde ein Filterhaus mit einer Umwälzanlage gebaut, so daß das Wasser alle zwei bis drei Tage erneuert werden kann. Die Aufsicht des Badebetriebes liegt in den Händen eines Mitglieds der DLRG (Deutsche Lebensrettungsgesellschaft). Den Kartenverkauf, Einlaß und Ordnung in der ganzen Anlage versieht nun schon ein volles Jahrzehnt der allgemein geschätzte und bei den Kindern beliebte Herbert Golchert.

Allmählich wächst auch im Aukrug eine Jugend heran, für die das Schwimmen eine selbstverständliche Eigenschaft geworden ist, ganz im Gegensatz zu ihren Eltern, die solche Möglichkeiten nicht kannten. Die alteingesessenen Aukruger sind deshalb auch immer noch ein wenig wasserscheu und sehen dem munteren Treiben im Wasser lieber bei einer Flasche Bier im kühlen Schatten zu.

f) Dörfergemeinschaftsschule

Hatten die Schulverhältnisse im Aukrug schon durch den gemeinsamen Beschluß der fünf Gemeinden zur Einrichtung des Aufbauzuges eine die Gemeinschaft betonende Entwicklung genommen, so wurde das durch die Auffassung der 60er Jahre, die ländliche Schulorganisation der städtischen anzugleichen, noch gefördert.

Auf Einladung der Volkshochschule hielt Reg.-Schulrat Wriedt, Kiel, Anfang 1965 in Innien einen Vortrag über die Entwicklung zur Dörfergemeinschaftsschule, in dem er das Ende der Ära der einklassigen Volksschule ankündigte und auf das Bestreben der Eltern hinwies, durch die Einrichtung von Jahrgangsklassen eine verbesserte Schulbildung für ihre Kinder zu erreichen. Regierungsrat Wriedt ließ keinen Zweifel, daß das nur durch die Zusammenfassung aller Schüler in Dörfergemeinschaftsschulen möglich sei.

Die Bürgermeister und Gemeindevertreter erkannten die Berechtigung solcher Entwicklung und gingen im Laufe des Jahres an die nötigen Vorbereitungsarbeiten, kauften 1966 von Dipl.-Landwirt Hans Behm das benötigte Land, gründeten 1967 den „Schulzweckverband Dörfergemeinschaftsschule Aukrug-Innien" und wählten Bürgermeister Koopmann zum Verbandsvorsteher.

Die Gemeinden des Aukrugs erwiesen sich als sehr schulfreundlich. Am 29.10.1965 hatte Innien den mit Unterstützung der übrigen Dörfer geschaffenen 2. Bauabschnitt mit Physikraum, Lehrküche und Biologieraum in Benutzung nehmen können. Der Schulzweckverband beschloß dann, um für die Zusammenfassung aller Schüler des Aukrugs den nötigen Unterrichtsraum zu schaffen, die Errichtung eines 3. Bauabschnittes, der am 15.8.1969 eingeweiht werden konnte. Wieder war durch den Gemeinschaftswillen aller ein großes Werk geschafft, das noch weit in die Zukunft für unsere kommenden Generationen wirksam sein wird