Bünzer Hafen
Der Bünzer Hafen war ein Binnenhafen an der Bünzau, die als Wasserweg eine wichtige Verbindung zur Außenwelt war, da alle Landwege oft schwer passierbar waren. Über die Wasserwege Bünzau und Stör waren Kellinghusen und Itzehoe gut zu erreichen. Itzehoe war seinerzeit ein bedeutender Handelsplatz für das mittlere Holstein und der wichtigste Ausfuhrhafen für diese Region.
Geschichte
In den vergangenen Jahrhunderten kreuzten sich im Aukrug zwei bedeutende Wege: Der sogenannte Transitweg, eine Verbindung von Norden nach Hamburg, und die Lübsche Trade, der Handelsweg von Lübeck nach Dithmarschen. Georg Reimer schreibt im Heimatbuch des Kreises Rendsburg, 1922: „Eine größere Bedeutung als diese Straßen hatte die Bünzau für den Verkehr des Aukrugs. Bünzen war der Hafen und von dort aus wurden große Mengen Holz nach Kellinghusen und weiter ausgeführt.“ In der „Holsteinischen Topographie von 1803“ von Johann F. A. Dörfer, Diakonus an der Fleckenkirche in Preetz, heißt es in der Beschreibung für das Dorf Bünzen: „Das Dorf liegt an einer Au, welche für kleinere Fahrzeuge, Bollen genannt, fahrbar ist.“ Auch wird dort unter „Holsteinische Gewässer“ die Bünzau erwähnt: „ Bünzerau, bei dem Dorf Bünzen, fällt bei Sarlhusen in die Stör. Auf derselben wird mit kleinen platten Fahrzeugen Bau- und Brennholz nach Kellinghusen transportiert.“
Bei der heutigen Bünzer Brücke im Dorfe gab es flußabwärts beidseitig der Au Stapelplätze für Holz und eine Anlegestelle. Die „Bollen“ konnten 12 – 15 Faden Holz laden und hatten 2 Mann Besatzung. Stromabwärts wurden sie mit Stangen fortgestoßen und gesteuert, stromaufwärts wurden sie mit Seilen gezogen. Hans Ratjen aus Homfeld, geb. 1857, konnte sich daran erinnern, wie auf dem Boxberg Buchen gefällt und in Meilern zu Holzkohle verarbeitet worden sind. Diese Holzkohle wurde dann von Bünzen aus zum Verkauf nach Itzehoe transportiert. Auf dem Rückwege brachten die Schiffer oft Kolonialwaren mit, sehr begehrt war auch Salz.
Auch die Stapelplätze waren eine lukrat ive Einnahmequelle für die Bauern des Ortes. Die Stapelgebühren betrugen 2 ß je Faden Holz. Zu Streitigkeiten mit den übrigen Aukrugdörfern kam es, als in Bünzen die Gebühren auf 4 ß je Faden Holz verdoppelt wurden. Es wurde daraufhin darüber nachgedacht, die Bünzau bis zur Innier Brücke schiffbar auszubauen. So ein Vorhaben mußte natürlich von obriger Stelle genehmigt werden. Bis nach Kopenhagen gingen die Beratungen darüber. Letztendlich wurde der Ausbau abgelehnt, ebenso mußte die willkürliche Erhöhung der Stapelgebühren zurück genommen werden. In Bünzen durften weiterhin nur 2 ß/Faden für die vordere Reihe und 1 ß/Faden für die hintere Reihe erhoben werden. 1751 wurde Kellinghusen das alleinige Recht der Schiffahrt von Itzehoe bis Bünzen auf Stör und Bünzau verliehen. Diese Bestimmung wurde aber nicht allzu ernst genommen. In Bünzen lagen weiterhin „Bollen“ von Aukruger Bauern. In einer Inventarliste eines Homfelder Bauern aus dem Jahre 1754 - nachzulesen in der „Geschichte des Aukrugs“ von Georg Reimer - wird u. a. aufgeführt: „ Ein „Prahm“ mit den dazu gehörigen Gerätschaften liegt in Bünzen“. (Prahm = Kahn mit flachem Boden zur Beförderung von Lasten). Über das Ende der Schiffahrt auf der Bünzau gibt es unterschiedliche Angaben. Aus mündlichen Überlieferungen weiß man, daß 1860 noch etwa 10 – 12 verschiedene „Bollen“ nach Bünzen kamen, danach wurden es immer weniger. Endgültig eingestellt wurde die “Schifferei“ wohl zwischen 1877 und 1884. Die seit 1878 bestehende neue Eisenbahn hat die Aufgaben übernommen und ein neues Zeitalter eingeläutet.
Holzhandel auf der Bünzau
Wie schon erwähnt, ging ein reger Holzhandel die Bünzau und Stör hinab. Bünzen, Willenscharen und Kellinghusen waren die Stapelplätze. Erlaubt war dies eigentlich nicht, denn die Rendsburger Schiffer hatten ein Privileg für den Holzhandel im Amte. „Es ist hierbei dem Hausmann nicht eine geringe Beschwerde (11), daß er sein Holz dem Meistbietenden nicht verkaufen, sondern damit nach der Rendsburgischen Schiffern ihrem Willen richten muß, woraus dann folget, daß der Bauer anstatt was er aus einem Baume haben kann, wohl zwei darum niederzuhauen veranlaßt wird", heißt es 1660 (12). Die vom Amte Rendsburg nach Glückstadt zu liefernden 300 Faden Holz gingen, wenigstens soweit sie von den Kirchspielen Kellinghusen und Nortorf aufgebracht werden mußten, die Stör hinab. Von diesen mußte Kirchspiel Nortorf 83 1/2 Faden nach Kellinghusen oder Willenscharen liefern.
Über den Aukrüger Holzhandel in den Jahren 1749 — 99 gibt uns das schon erwähnte Rechnungsbuch des Hans Ratjen in Homfeld Auskunft. Hans Ratjen hatte, wie alle Homfelder und Innier Bauern, ausgedehnte Hölzungen. Dazu kaufte er Holz in den kgl. Gehegen und von Privatleuten auf und verkaufte es weiter nach Itzehoe, Glückstadt, Krempe und Kellinghusen. 1752 hatte er für 1964, 1753 für 2097 und 1754 für 2150 Mk Holz verkauft. 1759 berichtet er: habe ich nach Bünzen gefahren
40 Faden Böken | a 8 Mk 8 ß | 340 Mk |
33 Faden Böken | a 7 Mk 8 ß | 247 Mk 8 ß |
45 Faden Barken | a 6 Mk | 270 Mk |
8 Faden Heböken | a 7 Mk 8 ß | 45 Mk |
12 Faden Ellern | a 5 Mk | 60 Mk |
Somit hatte er für | 962 Mk 8 ß |
allein nach Bünzen geliefert.
Die Lieferungen nach Kellinghusen, Willenscharen und direkt nach Itzehoe sind nicht gerechnet, und das war manchmal mehr als nach Bünzen. 1761 lieferte er nach Bünzen 20 Faden Buchen, 27 Faden Birken, 14 Faden Hainbuchen, 8 Faden Erlen und nach Kellinghusen 41 Faden Buchen, 26 Faden Birken, 2 Faden Erlen, 1 Faden Erlenknüppel und 1 Faden Hainbuchen. Die Eichen wurden meistens auf dem Stamm verkauft und mit dem Wagen an Ort und Stelle gebracht. Das nach Bünzen gelieferte Eichenholz ist gewöhnlich Pollholz. Das Inventar der Ratjen-Hufe weist uns den Holzeinschlag eines Jahres mit 133 Faden und einigen Bäumen aus. Dabei ist anzunehmen, daß die Witwe nicht übermäßig viel schlagen ließ, sondern daß dies so ziemlich der normale Einschlag des Jahres war.
Zu beiden Seiten der Bünzer Brücke befanden sich die Stapelplätze, die den Bünzer Bauern gehörten. Für jeden Faden mußte ein Standgeld von 1 ß gegeben werden. Um 1870 waren es 2 Hamburger Schilling. Im Februar 1791 faßten die Bünzer einen Beschluß (13), 4 Schillinge Standgeld je Faden zu nehmen. Wer sich nachweislich weniger Standgeld geben ließ, sollte 4 Mk Strafe an die Dorfschaft zahlen. Das Amtshaus wurde um die Genehmigung dieser Behebung gebeten. Der Beschluß gefiel den Holz liefernden Dörfern Böken, Innien und Heinkenborstel durchaus nicht. Sie beschlossen einen Antrag auf Schiffbarmachung der Bünzau bis zur Innier Brücke. Nach alter Abmachung sollte die Au 12 Fuß breit und 2 Fuß tief gehalten und jährlich zweimal geschaut werden. Eine Verbreiterung der Au auf 14 Fuß und eine geringe Vertiefung bis zur Innier Brücke waren nötig. Innien und Böken wollten das Land zur Verbreiterung kostenlos hergeben und auch die Bünzer für deren Landverlust entschädigen.
Bünzen widersprach natürlich dem Antrag. Die 4 ß waren nach ihrer Meinung nötig, weil die Männer, die die Bolln aufwärts ziehen, das Gras niedertreten und somit die Heuernte schädigen. Innien und Böken hätten vor einigen Jahren den Lauf der Au begradigt, wodurch Bünzen durch Überstau und schlechteres Abfließen des Wassers geschädigt sei. Sie bitten um Ablehnung dieses unnützen und schädlichen Projekts.
Kirchspielvogt Mohr in Nortorf stellte sich auf Bünzens Seite. Die Abgabe für die Holzniederlage sei die wichtigste Nahrungsquelle für Bünzen, die man nicht schmälern dürfte. Bünzen sei in dem durch Verjährung erworbenen alleinigen Besitz der Aufahrt zu schützen. Das Amthaus fand die Erhöhung des Standgeldes übertrieben, zumal die Bünzer mündlich sich geäußert hatten, es stände in ihrer Willkür, nächstens sogar 8 ß zu nehmen. Die Größe der Ladestelle betrage nur 1 Tonne Aussaat. Bei 1 ß Standgeld und nur einmaliger Benutzung brächte der Platz schon etwa 200 Mk ein,eine Summe, die auch bei der besten Kultur des Platzes nicht herauszuwirtschaften sei. Da jetzt die Schiffe häufiger fahren, ist die Erhöhung um so befremdlicher. Freilich würde Bünzen bei der Schiffbarmachung bis zur Innier Brücke sehr verlieren. Es versuchte eine gütliche Regelung herbeizuführen. Innien und Böken boten 2 ß, aber Bünzen wollte darauf nicht eingehen. So ging der Streit an die Regierung. Das Amthaus schlug vor, für die vorderste Reihe 2 ß, für die hinterste 1 ß Standgeld zu genehmigen. Die Regierung in Glückstadt gab das Gesuch mit ihrem Gutachten an die Rentenkammer in Kopenhagen weiter. Sie äußerte die Ansicht, daß Bünzen nicht das Recht habe, solche eigenmächtige Vereinbarung zu schließen, aber auch die anderen Dörfer seien nicht berechtigt, die Schiffbarmachung der Au zu beantragen. Letzteres ist ein Vorrecht des Landesherrn und kann den Untertanen nicht zugestanden werden! Sie schlug die Aufhebung der Bünzer Vereinbarung und Festsetzung eines Standgeldes von 1 ß für den Faden vor.
Die Rentenkammer wollte aber nicht selbst entscheiden. Sie gab die Sache an die Deutsche Kanzlei als oberste Behörde weiter. Diese entschied endlich: Das Gesuch um Schiffbarmachung der Au ist abzuweisen, die Bünzer Beliebung über das Standgeld ist abzuändern. Für die vorderste Reihe sind 2, für die hinterste 1 Schilling Standgeld zu erlegen.
1751 wurde Kellinghusen das Privileg des alleinigen Gebrauchs der Schiffahrt auf der Stör und Bünzau von Itzehoe bis Bünzen verliehen (14). Aber dies wurde zunächst nicht streng durchgeführt. Aukruger Bauern hielten sich Kähne, die als Bolln oder Prahm bezeichnet wurden. Ratjen, Marx Heeschen und Hartwig Staven in Bünzen hatten 1743 bzw. 1754 einen. Heeschen behielt sich 1752 bei der Hofübergabe den halben Prahm und die halbe Schiffsstede vor (51). Den größten Anteil an der Schiffahrt hatte Kellinghusen, das 1830 16 — 18 Bolln hatte (16). Um 1860 kamen noch 10 — 12 verschiedene Bolln nach Bünzen (16a). Dann wurden es immer weniger und mit der Auregulierung 1884 hörte die Schiffahrt auf der Bünzau ganz auf.
Die Fracht von Bünzen nach Kellinghusen betrug zu Ratjens Zeit 1 Mk für den Faden, von Willenscharen dorthin 8 ß. Die Bolln konnten 12 — 15 Faden laden. Sie hatten zwei Mann Besatzung. Stromauf wurden sie mit Seilen gezogen, stromab mit Stangen fortgestoßen. Vielfach brachten sie das Holz an Kellinghusen vorbei nach Grönhude, wo größere Schiffe, Prahm oder Ewer genannt, es übernahmen, um es nach Glückstadt oder Hamburg zu bringen. Die meisten dieser Schiffe waren in Itzehoe beheimatet, das ja das Privileg der Störschiffahrt hatte. 1830 waren es 22 von 26 Fahrzeugen (17).