Parteien und Wählergruppen in Aukrug
Bis zum Zusammenschluss der Aukrugdörfer 19701 gab es noch keine Parteien und Wählergruppen in Aukrug, die heutigen Ortsteile wählten noch eigenständig insgesamt 47 Gemeindevertreter und fünf Bürgermeister[1]. Es vergingen fast drei Jahrzehnte mach dem Zweiten Weltkrieg, bevor sich die Aukruger zur Gründung politischer Ortsgruppen entschließen konnten.
Geschichte
Die Lebensweise in den Aukrugdörfern war noch bis zum Ersten Weltkrieg denkbar schlicht und einfach. Sie wurde bestimmt durch harte körperliche Arbeit, die von morgens früh bis in den Abend dauerte. Diesem harten Gesetz der Arbeit waren alle unterworfen, der Bauer sowohl wie der Katenmann, Knechte wie Mägde, Handwerker und die Angestellten in den Meiereien, an Bahn und Post. Aber die Arbeit wurde nicht als Fron empfunden. Man war es so gewohnt, war zufrieden und oft gar vergnüglich dabei. Unterschiede in den politischen Anschauungen gab es kaum. Durch Elternhaus, Schule, Kirche und Militärdienst wurden alle in der gleichen Anschauung erzogen. Es war die Zeit der Devise: „Mit Gott für König und Vaterland“, und die Begriffe Thron und Altar charakterisierten die Zeit. Man war konservativ in der Grundhaltung und erkannte den Obrigkeitsstaat als gottgegeben. Für die Bildung von politischen Gruppen bestand kein Bedürfnis. Die dörfliche Lebensgemeinschaft war von so bindender Kraft, dass trotz sichtbarer materieller Unterschiede die Gemeinschaft in der Arbeit, in der Bildung, in der Lebensweise, die Zusammengehörigkeit von Kindheit an fast so etwas wie eine klassenlose Volksgemeinschaft entstehen ließ. Man sprach Plattdeutsch, sagte „du“ zueinander, was die Menschen viel mehr verbunden sein ließ als das distanzierte „Sie“ im Hochdeutschen.
Nach dem Ersten Weltkrieg begannen sich auch die ländlichen Lebensgemeinschaften zu lockern und Gegensätze zwischen Stadt und Land aufzuwerfen. Die bisherige hierarchische Ordnung des Staates schien nicht mehr gottgegeben. Man begann, zu kritisieren. Einige waren für die neue Ordnung, andere leidenschaftlich dagegen. Das steigerte sich, als nach der Inflationszeit ein Preisverfall für ländliche Produkte und damit wirtschaftliche Not auf dem Lande eintrat. Man fühlte sich vom „Bank- und Börsenkapital“ „verschaukelt“, vom Staat durch übermäßige Steuern ausgesogen und ließ sich durch radikale Hetzredner aufstacheln zu Gewaltakten gegen Regierungsgebäude und Finanzämter. Auch im Aukrug ließen sich sonst so besonnene Landleute dazu verleiten, der schwarzen Fahne der Gewalt zu folgen und nicht nur in Neumünster und Rendsburg zu demonstrieren, sondern sich sogar Sprengstoff zu Gewaltakten zu verschaffen. Zwar siegten schließlich doch Vernunft und Einsicht, aber es führte auch zu Eingriffen in die familiäre Sphäre. So saß eines Tages Wilhelm Rathjen mit seinem Bruder Johannes in der Gaststube seiner Gastwirtschaft in Bargfeld, als plötzlich der Hof von schwerbewaffneter Polizei umstellt und nach kurzer Feststellung der Personalien Gastwirt Rathjen verhaftet und abgeführt wurde. Er saß 14 Tage unschuldig in Untersuchungshaft, denn in Wirklichkeit war nicht er gemeint gewesen, sondern der harmlos bei ihm sitzende Bruder Johannes. Der wurde dann auch später verhaftet und verurteilt. Er war bis zu seinem Lebensende unter der Bezeichnung „Hannes Deutschland“ im ganzen Aukrug als schrulliges Original bekannt.
Um diese Zeit, in den zwanziger Jahren, gründete sich in Innien ein wohl aus dem Gedanken der Arbeiterselbsthilfe entstandener Konsumverein mit einem Verkaufsladen an der Straße nach Nortorf in dem jetzigen Michaelsen´schen Hause. Daraus kann man auch wohl auf eine SPD-Ortsgruppe schließen, die hier damals bestanden haben mag, denn eine hiesige Einwohnerin kann noch ein Mitgliedsbuch der SPD vom August 1926 aufweisen. Von einer wirksamen politischen Tätigkeit kann aber nicht gesprochen werden.
Im Jahr 1970 bestand die Gemeindevertretung nach der Gründung der Gemeinde Aukrug nur aus Mitgliedern einer kommunalen Wählergemeinschaft, so dass parteipolitische Gegensätze in der Vertretung nicht vorhanden waren. Die politischen Kräfte in den fünf Aukrug-Dörfern hatten sich vor der Wahl des Jahres 1970 darüber verständigt, dass im neuen Gemeinderat die einzelnen Dörfer entsprechend ihrer Größe vertreten sein sollten. Um dieses Ziel erreichen zu können, war eine kommunale Wählergemeinschaft für den gesamten Aukrug gegründet worden, in der jeder wahlberechtigte Bürger Mitglied sein konnte. In jedem Dorf wurden in öffentlicher Wahl die für den Gemeinderat vorgesehenen Kandidaten gewählt und in einer Einheitsliste zusammengestellt.
Es bestanden zu dieser Zeit in der Gemeinde noch keine örtlichen Gliederungen der politischen Parteien, so dass diese Möglichkeit der Kandidatenauswahl ohne Widerspruch vor sich gehen konnte. Alle waren sich auch darüber einig, dass mögliche Reibungspunkte in parteipolitischer Hinsicht vermieden werden sollten, um den Start in die neue Gemeinde Aukrug nicht unnötig zu erschweren.
Gründung politischer Ortsgruppen
Nach dem Zusammenschluss der Dörfer und dem damit gegebenen größeren Gemeindeparlament konnte die bisherige Form der Kandidatenauswahl durch Absprache in einer Wählergemeinschaft nicht mehr befriedigen. Es erfolgte bald nach dem Zusammenschluss, am 9. Juli 1970, auf Veranlassung des Landtagsabgeordneten Heinz-Wilhelm Fölsters die Gründung eines CDU-Ortsverbandes.
Ein Jahr später, am 26. Februar 1971, erfolgte die Gründung einer Ortsgruppe der SPD auf Initiative von Carl Reimers und Hauke Andersen. 1. Vorsitzender wurde Hermann Kröger. Nach seinem schon im nächsten Jahr erfolgten Tode wurde Ingo Ziehm sein Nachfolger. Erst im Februar 1974 gründete sich der Ortsverband Aukrug der FDP. Den Vorsitz übernahm Günter Ott. Alle drei Parteien sind seit der Kommunalwahl 1974 im Gemeindeparlament vertreten.
In weiten Kreisen der Einwohnerschaft gab es zunächst Zweifel, ob eine solche Politisierung im Gemeindeparlament und eine Betätigung von verschiedenen Parteien in einer ländlichen Gemeinde nicht die Gefahr einer Vergiftung des öffentlichen Lebens und eine Störung des so gut gewachsenen Gemeinschaftsempfindens zur Folge haben könnte. Erfreulicherweise sind derartige Erscheinungen bisher nicht aufgetreten. Das gute Einvernehmen in den unterschiedlichen Vereinen und in der Behandlung öffentlicher Angelegenheiten ist geblieben, Sachlichkeit und Toleranz werden bei allen Auseinandersetzungen beobachtet. In der Gemeindevertretung hat es zwar schärfere Gegensätze gegeben als in früheren Zeiten, aber die sachliche Arbeit ist dadurch niemals gestört, hingegen manches Vorhaben sorgfältiger geprüft und vorsichtiger erwogen worden, um möglichst die Zustimmung aller Gemeindevertreter zu erreichen.
Gründung von Wählergemeinschaften
Mit der Aukruger Interessengemeinschaft (AI) entstand Ende 1981 die erste Wählergemeinschaft in Aukrug nach dem Ende der kommunalen Wählergemeinschaft (siehe oben). Sie wurde gegründet von einer Gruppe politisch interessierter und aktiver Bürger Aukrugs, die ökologische Interessen in die Politik einbringen wollten, da „grüne" Aspekte zur damaligen Zeit von den etablierten Parteien nicht vertreten wurden. Die AI begann mit aufklärenden Flugblättern ihre damals noch außerparlamentarischen Aktionen. Seit 37 Jahren ist die AI mit zwei oder drei Sitzen im Aukruger Gemeinderat vertreten (Stand 2023).
Auf Initiative des ehemaligen CDU-Ortspolitikers Gerd Looft-Böttiger trafen sich im Februar 2013 zwanzig Aukruger zu einer Informationsveranstaltung und gründeten die Wählergemeinschaft EfA Einwohner für Aukrug. Auf der darauf folgenden ersten Mitgliederversammlung am 19. März 2013 wurde die Satzung verabschiedet und Kandidatinnen und Kandidaten für die anstehende Kommunalwahl nominiert. Seit der Wahl im Mai 2013 stellt die EfA zwei Gemeindevertreter im Aukruger Kommunalparlament und hat sich nach eigenen Aussagen als neue politische Interessenvertretung etabliert (Stand 2023).